Politische Gemeinde des Kantons, Amtsbezirk Erlach. Die Gemeinde am rechten Ufer des Bielersees liegt am Fuss des Feibergs, besitzt Anteile am Grossen Moos und stösst an den Hagneckkanal an. Sie umfasst das Dorf Lüscherz und den Weiler Gurzelen. 1271 Luschiers, französisch früher Locras. 1764 227 Einwohner; 1850 403; 1900 365; 1950 332; 2000 492.
Vorrömische Zeit
Mehrere archäologische Fundstellen auf dem Schuttkegel des Dorfbachs und im östlich anschliessenden Strandboden zeugen von einer ungewöhnlich konstanten jungsteinzeitlichen Besiedlung von ca. 3700 bis 2700 v.Chr. Holzpfähle stecken in beträchtlicher Anzahl im Seegrund, doch mangels systematischer Ausgrabungen sind keine Überbauungsstrukturen bekannt. Heute liegen die ehemaligen Siedlungsplätze teils im Wasser, teils im trockenen Uferbereich. Intensives und berüchtigtes Einsammeln von Pfahlbau-Altertümern machte im 19. Jahrhundert die Station Dorf berühmt und brachte grosse Fundmassen aus der Cortaillodkultur (Mitte 4. Jt. v.Chr.) in die Museen, während sich landeinwärts ein bemerkenswert ausgedehntes, noch weitgehend unberührtes Siedlungsareal erstreckt. Erste dendrochronologische Hinweise einer Siedlungstätigkeit um 3400 v. Chr. liegen für die sogenannte Kleine Station vor. In der Station Binggeli ist für das 32. Jahrhundert v.Chr., innerhalb von nur einem Dutzend Jahren, eine äusserst intensive Siedlungstätigkeit mit Bränden und Wiederaufbauten dendrochronologisch nachgewiesen. Das zugehörige Fundgut stammt aus der Zeit der Horgener Kultur. Überregionale archäologische Bedeutung haben die endneolithischen Fundstellen und Fundschichten in Lüscherz Dorfstation, in der Fundstelle Binggeli, der Kleinen Station und der Fluhstation. Die hier vertretene Keramikgattung mit runden Böden und mit aufgesetzten linsenförmigen Knubben und Leisten als Verzierungen wurde namengebend für die sogenannte Lüscherzkultur. Die frühe Bronzezeit ist nur durch sporadische Funde vertreten. Am westlichen Rand des Siedlungsareals wurde 2004 vor dem Riedmätteli ein einzeln stehendes spätbronzezeitliches Gebäude dokumentiert, dem vermutlich eine Sonderfunktion zugekommen war. Südlich von Lüscherz, jenseits des Seerückens im Bereich des Grossen Mooses, stiess man auf siedlungsgeschichtlich bemerkenswerte Lesefunde von spätpaläolithischen (12. Jt. v.Chr.) und neolithischen Silexartefakten.
Vom Mittelalter bis heute
Mauerreste um Gurzelen (1335 Gurtzellon villa), das 1635 fünf Häuser und 1730 noch deren drei besass, sowie Ackerterrassen am Feiberg weisen auf einen im Spätmittelalter einsetzenden Siedlungsrückgang hin. Als Teil der Herrschaft Erlach gehörte Lüscherz ab 1474 zur bernischen Landvogtei Erlach (Landgericht Ins, innerer Viertel). Ab 1470 sammelte Lüscherz Geld für seine von einem Waldbruder betreute Wallfahrtskapelle Zu den sieben Eichen (Marienpatrozinium) am Kirchweg nach Vinelz (nach 1528 abgegangen). Die Einwohner des Fischerdorfs Lüscherz, die von einem weiträumigen Fischhandel lebten, trieben auch Acker- und Rebbau. Aus der Weide im Moos, die Lüscherz mit anderen Gemeinde teilte, erhielt es Ende des 18. Jahrhunderts seinen Anteil, das sogenannte Lüscherzmoos. Seit den 1960er und 1970er Jahren prägen zahlreiche Wochenend- und Ferienhäuser, die Hafen- und Strandanlage (1957), der Campingplatz am See sowie die Gastronomie den Charakter der Gemeinde, in der heute neben der Landwirtschaft und Fischerei der Bootsbau und Tourismus eine wichtige Rolle spielen. 2000 pendelten rund zwei Drittel der Erwerbstätigen in Lüscherz hauptsächlich in die Regionen Biel und Bern.
Quellen und Literatur
- P. Aeschbacher, Lüscherz, 1927
- H. Dubler, «Die Fischerei in Lüscherz», in Aus der Gesch. des Amtes Erlach, 1974, 291-315
- J. Winiger, Bestandesaufnahme der Bielerseestationen als Grundlage demograph. Theoriebildung, 1989
- Archäologie im Kt. Bern 2, 1992, 11-16
- K. Zaugg, Bauinventar der Gem. Lüscherz, 2000
- A. Hafner, J. Francuz , «Lüscherz – Riedmätteli: Rettungsgrabung 2004», in Archäologie im Kt. Bern 6B, 2005, 77-79
- A. Hafner, P.J. Suter, «Lüscherz – innere Dorfstation», in Archäologie im Kt. Bern 6B, 2005, 389-430
- Moser, Andres: Der Amtsbezirk Erlach. Der Amtsbezirk Nidau 1. Teil, 1998, S. 318-324 (Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern Land, 2).