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BeromünsterGemeinde

Gebäude und Masten des Radiosenders Beromünster, der seinen Betrieb 1931 aufnahm (Museum für Kommunikation, Bern).
Gebäude und Masten des Radiosenders Beromünster, der seinen Betrieb 1931 aufnahm (Museum für Kommunikation, Bern).

Politische Gemeinde des Kantons Luzern, Amt bzw. Wahlkreis Sursee, im oberen Wynental. Beromünster besteht aus zwei Siedlungskernen, dem Flecken in einer Mulde und dem Stift Beromünster an deren westlichem Rand auf einem Hügel, und umfasst seit 2004 auch Schwarzenbach, seit 2009 Gunzwil und seit 2013 Neudorf. Drei Häuserzeilen in geschlossener Bauweise, neu gebaut nach dem Brand von 1764, entlang einer Haupt- und einer Nebengasse bilden den Flecken. 1223 villa Beronensis, 1333 Münster in Ergöwe, bis 1934 Münster (LU). Die schon vor der Stiftsgründung bestehende Siedlung entwickelte sich zum Zentrum der Stiftsherrschaft, Marktort, Zentrum verschiedener Landzünfte, Gerichts- und Amtshauptort sowie zur luzernischen Zollstation. 1695 ca. 890 Einwohner; 1798 939; 1837 1071; 1850 1148; 1860 1198; 1900 973; 1950 1434; 2000 2358.

Die ältesten Siedlungsspuren wurden 1986 anlässlich archäologischer Untersuchungen im Bezirk der Pfarrkirche St. Stephan gefunden. Ein Silexabschlag, ein Leistenziegel- und ein Lavezbecherfragment deuten auf eine Besiedlung hin, die über das Frühmittelalter und die Römerzeit hinaus in die Steinzeit zurückreicht. Der Flecken Beromünster gehörte vor 1798 zum Michelsamt und hatte darin eine Sonderstellung: Zum einen war er exemt von der Vogtgerichtsbarkeit. Über Frevel richtete der Stiftspropst; Totschläger wurden von ihm verhaftet und dem Vogt an ein Gericht ausserhalb des Fleckens ausgeliefert. Auch die Vogtsteuer durfte nur vom Propst erhoben werden. Zum andern hatte das Dorf Beromünster einige städtische Freiheiten, so ein Burgrecht für alle, die in seinen Gemarkungen wohnten, und einen Rat. 1440 ist von Ammann, Rat und Burgern die Rede. Ursprung und Kompetenzen des Rats sind unbekannt. Spätestens ab Mitte des 14. Jahrhunderts war Beromünster Marktort mit einem Wochenmarkt und sechs Jahrmärkten. 1490 wurden die Rechtsverhältnisse zwischen Stift und Flecken neu geregelt: Von den acht Mitgliedern des Gerichts wurden vier vom Propst, vier vom Rat von Beromünster ernannt. Die Aufgaben bestimmter Amtsleute des Fleckens bezogen sich auf das ganze Michelsamt. So führte der Ammann einerseits die Geschäfte des Fleckens, andererseits hatte er an Stelle des Propstes den Vorsitz im Gericht inne. Ebenso beschränkte sich die Tätigkeit des Flecken- bzw. Amtsschreibers nicht auf den Ort.

Beromünster liegt an einer Strasse, die in der frühen Neuzeit als Verbindungsachse Luzern-Aarau an Bedeutung gewann. In den 1670er Jahren hatte Luzern hier einen Zoll eingerichtet, der in den 1730er Jahren zu den wichtigeren Zollstationen der Luzerner Landschaft aufrückte. Im späten 16. Jahrhundert entwickelte sich Beromünster neben den Luzerner Landstädten und dem Dorf Ruswil zu einem Landzünfte-Zentrum (Bauleute, Schuhmacher, Schneider, Schmiede, Weber, Kunsthandwerker). Die Struktur von Handwerk und Gewerbe war grossenteils durch die Bedürfnisse des Stifts geprägt: Bau- und Kunsthandwerk, Versorgung mit Lebensmitteln sowie Bekleidung. Beromünster liegt im ehemaligen Zelgengebiet. Zwei Mühlen, die beide zum ältesten lenzburgischen Stiftungsgut an das Stift Beromünster gehören, weisen auf einen einst intensiveren Getreidebau hin. Die Allmendaufteilung erfolgte erst im 19. Jahrhundert. Nordwestlich des alten Fleckens steht das Schloss Beromünster, ein Wohnturm, der mit seinen 70-80 cm dicken Mauern keinen Wehrcharakter hatte. Die Entstehungszeit ist unbekannt; das Mauerwerk deutet auf das 14. Jahrhundert hin. Damals bewohnte ihn ein Zweig der Truchsessen von Wolhusen. Im späten 15. Jahrhundert war der Chorherr Helias Helye von Laufen Besitzer des Schlosses, der hier 1470 den "Mamotrectus", ein Lehrbuch für schwierige Ausdrücke der Heiligen Schrift, gedruckt haben soll. Seit 1928 ist ein Verein Eigentümer des ehemaligen Wohnturms und hat darin ein Heimatmuseum eingerichtet. In Beromünster gibt es seit dem 10. Jahrhundert zwei Pfarreien: Der Flecken bildet die Pfarrei St. Stephan, der Stiftsbezirk die Stiftspfarrei mit eigenem Leutpriester. Rechtmässiger Pfarrer von St. Stephan ist der Stiftspropst, der jedoch immer einen Leutpriester anstellt. Die Kirche St. Stephan ist älter als die Stiftskirche. Der erste Bau war eine Holzkirche aus dem 8. Jahrhundert. Es folgte im 10. Jahrhundert der erste Steinbau, dessen Chor im 12. Jahrhundert umgebaut wurde. 1469 ersetzte man diese Kirche durch einen grösseren Neubau. Die bestehende, 1985-1986 renovierte Kirche wurde 1623 errichtet.

Während der Helvetik war Beromünster Verwaltungszentrum des luzernischen Distrikts Münster. 1803 wurde der Flecken dem Amt Sursee zugeteilt. 1803-1814 war Beromünster Sitz des Gemeindegerichts Münster mit Beromünster, Gunzwil, Pfeffikon, Schwarzenbach, Rickenbach und Ludigen (Gemeinde Römerswil), 1813-1913 Sitz des Bezirksgerichts Münster mit Beromünster, Gunzwil, Neudorf, Pfeffikon, Rickenbach und Schwarzenbach. Seit 1831 gibt es in Beromünster wie vielerorts im Kanton Luzern vier Gemeindeorganisationen: die Einwohnergemeinde, die Bürgergemeinde, welche die Sozialvorsorge und die Führung der Altersheime als Aufgabe hat, die Korporationsbürgergemeinde, die als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Fleckengenossenschaft ihren überkommenen Grundbesitz (Wald und Höfe) verwaltet und die Wasserversorgung der Gemeinde betreibt, und – als vierte – die Kirchgemeinde.

In Beromünster spielte wie im übrigen Wynental ab dem 18. Jahrhundert die Heimindustrie eine grosse Rolle. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts arbeiteten viele Einwohner für Aargauer Baumwollfabrikanten. Nach dem Zusammenbruch der Baumwollindustrie stellte man zunächst auf Buntweberei, danach vor allem auf Strohflechten um. Die Auftraggeber kamen wiederum aus dem Aargau. Trotz Eröffnung der Bahnlinie Beromünster-Reinach (AG) im Jahr 1906 liessen sich in Beromünster kaum nennenswerte Industriebetriebe nieder. Der Mittelwellensender Beromünster steht auf Gunzwiler Boden. 1990 waren 7% der in Beromünster Erwerbstätigen in der Landwirtschaft, 34% in Industrie, Handwerk und Gewerbe sowie 59% im Dienstleistungssektor tätig. Die Gemeinde beherbergt seit 1964 als Nachfolgerin der Stiftsschule eine Kantonsschule (seit 1977 Maturitätsschule).

Quellen und Literatur

  • P.A. von Segesser, Rechtsgesch. von Stadt und Republik Luzern, 4 Bde., 1850-58
  • A. Dormann, J. Wallimann, Die Gesch. der Pfarrei St. Stephan Beromünster, 1959
  • F. Glauser, J.J. Siegrist, Die Luzerner Pfarreien und Landvogteien, 1977
  • A. Suter, Beromünster einst und jetzt, 1986
  • G. Egloff, Herr in Münster: Die Herrschaft des Kollegiatstifts St. Michael in Beromünster in der luzern. Landvogtei Michelsamt am Ende des MA und in der frühen Neuzeit (1420-1700), 2003
Von der Redaktion ergänzt
  • Reinle, Adolf: Das Amt Sursee, 1956, S. 7-172 (Die Kunstdenkmäler des Kantons Luzern, 4). 
Weblinks
Normdateien
GND
Kurzinformationen
Variante(n)
Münster (bis 1934)

Zitiervorschlag

Anton Gössi: "Beromünster (Gemeinde)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.10.2017. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000633/2017-10-05/, konsultiert am 11.12.2024.