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Marly

Politische Gemeinde des Kantons Freiburg, Saanebezirk, 5 km südlich von Freiburg an der Ärgera gelegen. Industrieort und regionales Zentrum. 1970 Fusion der Gemeinden Marly-le Grand und Marly-le Petit, 1976 von Marly und Chésalles. 1055 in marlensi, 1466 deutsch Mertellach, deutsch früher Mertenlach. 1850 435 Einwohner; 1900 774; 1950 1334; 1980 4329; 2000 7184 (davon 17,3% deutschsprachig).

In Le Port wurden zwei hallstattzeitliche Grabhügel nachgewiesen, in Les Râpettes eine gallorömische Villa (1. Jh. - zweite Hälfte 3. Jh. n.Chr.). Aus dem Frühmittelalter datieren die Gräber bei Le Publiet. Zwischen dem 12. und dem 14. Jahrhundert traten die lokalen Vasallenfamilien der Herren von Arconciel, de Marly, de Vuicherens und Messel als Wohltäter des Klosters Hauterive auf. Spätestens ab 1442 war Marly Teil der Alten Landschaft der Stadt Freiburg (Burgpanner). 1798-1848 gehörte es zum Bezirk Freiburg und wechselte dann zum Saanebezirk. Die nach 1157 zum Dekanat Freiburg gehörende Pfarrei Marly umfasste im Spätmittelalter die Gemeinden Marly, Pierrafortscha, Villarsel, St. Silvester, Giffers und Tentlingen. Die 1294 erstmals erwähnte Pfarrkirche St. Peter (seit 1663 St. Peter und Paul) wurde 1491 der Kirche St. Niklaus in Freiburg inkorporiert. Sie ist bekannt für ihre Schreinmadonna aus mehrfarbig bemaltem Holz (um 1360), ihre Taufbecken (1511) und ihren barocken Altaraufsatz. 1630 wurde die Pfarrei auf die Gemeinden Marly-le Grand (um 1650 40 Haushalte), Marly-le Petit (4), Pierrafortscha (18) und Villarsel (6) reduziert, sie umfasste also ca. 400 Personen. Dabei spielten sprachliche Gründe keine unerhebliche Rolle, war die neue Pfarrei doch mehrheitlich französischsprachig. Die ersten Gemeindestatuten von Marly-le Grand datieren von 1600, jene von Marly-le Petit wurden 1764 verfasst. Ein Herrenhaus von 1664 wurde im 18. Jahrhundert renoviert. Entlang der Ärgera siedelten sich im 12. und 13. Jahrhundert Gewerbebetriebe an, so eine Schmiede, eine Sägerei, Mühlen und Hammerwerke. Vom 16. bis 18. Jahrhundert bestanden eine Walke und eine Pulverfabrik. Im 19. Jahrhundert kamen Käsereien auf. Eine bekannte Papiermühle war 1411-1921 in Betrieb. 1886-1920 wurden in Marly Akkumulatoren produziert, 1962 siedelte sich die Uhrenindustrie, 1978 der Chaletbau an. 1963 eröffnete Ciba-Geigy ein Forschungs- und Entwicklungszentrum für Fotografie, 1980 eine Abteilung für Kunst- und Zusatzstoffe und beschäftigte damals rund 1000 Mitarbeitende in Marly. In der Krise der 1990er Jahre wurde die Fabrik aufgegeben, nachdem die Ciba-Gruppe entschieden hatte, 1999 ihre Forschungstätigkeit in Basel zu konzentrieren. In den 1960er Jahren liessen sich 2534 Neuzuzüger, davon 651 Deutschsprachige, in Marly nieder. Dies führte zu Wachstumsproblemen und einer Identitätskrise. Im 19. Jahrhundert hatten zeitweise zweisprachige Klassen bestanden. Ab 1963 bzw. 1970 gestatteten Marly-le Petit und Marly den deutschsprachigen Schülern, auf Gemeindekosten die deutschen Schulen in Freiburg zu besuchen. Diese Massnahme löste zu Beginn der 1990er Jahre Diskussionen und einen juristischen Streit über das Territorialprinzip der Sprachen aus.

Quellen und Literatur

  • G. Andrey, «Du moulin à papier à la bibliothèque […]», in Annales fribourgeoises, 1977-78, 201-233
  • Marly, son histoire, hg. von L. Monteleone, 1992

Zitiervorschlag

Claude Simonet: "Marly", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 03.03.2011, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000962/2011-03-03/, konsultiert am 19.03.2024.