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Oensingen

Politische Gemeinde des Kantons Solothurn, Bezirk Gäu, am Jurasüdfuss beim Ausgang der Klus von Balsthal gelegen. 968 Oingesingin cum ecclesia. 1739 583 Einwohner; 1798 828; 1837 995; 1850 1032; 1900 1165; 1950 2428; 2000 4517.

Ur- und Frühgeschichte

Älteste und wichtigste Fundstelle ist die Rislisberghöhle aus der jüngeren Altsteinzeit (Spätmagdalénien, um 14'000-12'000 v.Chr.). Die kleine Höhle von ca. 20 m2 Fläche liegt am südlichen Ausgang der Klus, ca. 15 m über dem heutigen Talboden. Sie wurde 1969 entdeckt; 1971 und 1973 durchgeführte Ausgrabungen ergaben drei Feuerstellen und drei kleine Gruben (Kochgruben?). An Fundmaterial wurden über 35'000 Knochen (Reste der zeitgenössischen Wildtierfauna) und mehr als 20'000 Silices geborgen (darunter ca. 2000 Werkzeuge). Dazu kommen zahlreiche Knochen- und Geweihgeräte wie Pfriemen, Nadeln, Harpunen und Geschossspitzen. Mehrere Knochenstücke weisen Gravierungen auf. Am bedeutendsten ist ein Schulterblattfragment mit Gravierung eines Steinbock-Kopfes.

Verschiedene Einzelfunde belegen eine Begehung und Besiedlung von Oensingen in der Jungsteinzeit (Steinbeile, Silexpfeilspitzen, Keramik), in der Bronzezeit (Randleistenbeil, Keramik) und in der älteren Eisenzeit (Armringfragment aus Lignit). Speziell zu erwähnen sind die beiden bronzezeitlichen Höhensiedlungen auf der Lehnfluh und der Ravellenfluh beidseits der Klus. Münzfunde im Bereich der Lehnfluh könnten auf ein keltisches Höhenheiligtum hindeuten, das bis in die römische Zeit Bestand hatte.

Gemeinde

Reste römischer Ansiedlungen fand man im Oberdorf und bei der Kirche sowie einen Gutshof im Chrüzacher. Das frühmittelalterliche Gräberfeld in der Aegerten zeugt von einer lückenlosen Siedlungskontinuität. Das heutige Oensingen geht auf zwei Dörfer zurück, von denen das am Ausgang der Klus gelegene Benken (1337 ze Bencken, ze Benckon, heute Oberdorf) in Oensingen aufging. Dorf und Kirche waren 968 im Besitz der Abtei Moutier-Grandval. Die Kirche St. Georg war Mutterkirche für das westliche Gäu. Die Kapelle St. Jost in der Äusseren Klus wurde erstmals 1423 erwähnt.

Nach Nordnordwesten ausgerichteter Dorfplan Oensingens, angefertigt von Johannes Erb, 1741 (Staatsarchiv Solothurn).
Nach Nordnordwesten ausgerichteter Dorfplan Oensingens, angefertigt von Johannes Erb, 1741 (Staatsarchiv Solothurn). […]

Nicht bezeugt sind Erbauer und Bauzeit der mittleren und der unteren Erlinsburg auf dem Felsband westlich des Klusausgangs sowie der Neu-Bechburg östlich davon, des Wahrzeichens von Oensingen 1313 besassen die Grafen von Frohburg die bischöfliche Lehensherrschaft über den Buchsgau. 1366 fielen Schloss und Herrschaft Neu-Bechburg mit dem Dorf Oensingen an die Erben der Frohburger und 1415 durch Kauf an die Stadt Bern, die Solothurn die Mitherrschaft im Oberen Amt der Vogtei Bechburg mit dem Gerichtsort Oensingen gewährte. Im Teilungsvertrag von 1463 kamen die Burg als Landvogteisitz und die Herrschaft Bechburg ganz an Solothurn. Ab 1798 gehörte Oensingen zum Distrikt Balsthal, ab 1803 zum Oberamt Balsthal, 1832 zum Wahlkreis, der die ehemaligen Gerichte Oensingen und Egerkingen umfasste und ab 1841 Bezirk Thal-Gäu genannt wurde. Seit 1986 ist Oensingen Teil des Bezirks Gäu in der Amtei Thal-Gäu.

Die Dünnern und die Verkehrslage bestimmten die Siedlungsentwicklung. Im 16. und 17. Jahrhundert erhielt Oensingen drei Tavernen und verschiedene Gewerbebetriebe an der Dünnern, 1531 die Kornscheune, 1598 eine Schule, im Unterdorf im 17. Jahrhundert und im Oberdorf im 18. und 19. Jahrhundert zum Teil stattliche Bauernhöfe oder Steinbauten. Solothurn erteilte 1678 das Marktrecht für Wochen- und Jahrmärkte. Traditionell landwirtschaftlich und gewerblich geprägt, bauten die Oensinger 1805 ihr erstes gemeindeeigenes Schulhaus. 1843 wurde das Kornhaus zum Schulhaus umgebaut. 1875-1925 besass Oensingen ein Telegrafenbüro, ab 1925 ein Telefonortsnetz und seit 1931 eine automatische Zentrale. Seit 1903 ist eine zentrale Trinkwasserversorgung in Betrieb, und seit 1976 ist Oensingen an die ARA Falkenstein angeschlossen.

Nach den Auswanderungswellen stieg die Bevölkerung ab dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts kontinuierlich an. Die starke industrielle Entwicklung erfolgte in drei Schüben: nach der Eröffnung der Gäubahn 1876, nach der Dünnernkorrektion 1933-1943 sowie mit der Eröffnung der Autobahn A1 und dem Anschluss Oensingen 1966. Auf der Jurasüdfussachse gelang es Oensingen zeitweise, sich als drittes Zentrum zwischen Olten und Solothurn zu etablieren. 1995 wurde die Ingenieurschule HTL Oensingen eröffnet, die aber 2003 als Teil der Fachhochschule Solothurn nach Olten verlegt wurde. Begünstigt auch durch die Nähe des Autobahnkreuzes Härkingen und eine eigene Wirtschaftsförderung nahm die Zahl der Arbeitsplätze am Ende des 20. Jahrhunderts mit einigen konjunkturellen Schwankungen stetig zu und betrug 2005 4207 Arbeitsplätze. Oensingen wies damit am meisten Arbeitsplätze im Gäu auf. Zudem verzeichnete es 2000 die grösste Anzahl Zupendler (fast doppelt so viele wie Wegpendler). War 1990 fast ein Viertel der Bevölkerung von Oensingen Ausländer, so war es 2005 mehr als ein Viertel.

Quellen und Literatur

Ur- und Frühgeschichte
  • E. Müller, «Archäolog. Entdeckungen im Kt. Solothurn», in HA 8, 1977, 82-87
  • Rislisberghöhle, hg. von H.R. Stampfli, 1983
  • SPM 1
Gemeinde
  • J. Pfluger, Solothurn. Gäu, 1963
  • 1000 Jahre Oensingen, 1968
  • Oensingen, 1992
  • R.M. Kully, Solothurn. Ortsnamen, 2003, 547-551
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Pierre Harb; Erich Schenker: "Oensingen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.08.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001063/2009-08-20/, konsultiert am 19.03.2024.