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SchaffhausenGemeinde

Politische Gemeinde des Kantons Schaffhausen, Bezirk Schaffhausen. Der am Rhein gelegene Kantonshauptort fusionierte 1947 mit der politischen Gemeinde Buchthalen, 1964 mit Herblingen und 2009 mit Hemmental. 1045 Scâfhusun. Französisch Schaffhouse, italienisch Sciaffusa, romanisch Schaffusa. Auf dem Gebiet der Gemeinde liegt die jungpaläolithische Siedlung Schweizersbild, in der auch neolithische Gräber zutage kamen. Weitere Gräber aus dem Neolithikum wurden im Dachsenbühl, solche aus der Hallstattzeit im Wolfsbuck entdeckt. Die ältesten Funde in der Altstadt sind alemannische Gräber und Eisenverhüttungsreste aus dem 7. Jahrhundert. Da der Rhein unterhalb von Schaffhausen nicht schiffbar ist, entstand die Siedlung als Warenumschlagplatz. Eberhard von Nellenburg erkannte deren handelspolitische Bedeutung, baute sie zur Stadt aus und gründete 1049 das Kloster Allerheiligen. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit blieb das Siedlungsgebiet im Wesentlichen auf den Talkessel beschränkt. Im 19. und 20. Jahrhundert wuchs die Stadt dem Rhein entlang und im Mühlental. Die umliegenden Anhöhen wurden für Wohnzwecke und als Industriequartiere erschlossen. Schaffhausen wandelte sich zu einem der bedeutendsten Industriezentren der Schweiz.

Schaffhausen ist Sitz der kantonalen Behörden sowie Handels- und Dienstleistungszentrum für die wachsende Agglomeration, zu der auch Gemeinden des Zürcher Weinlands, des Kantons Thurgau und der deutschen Nachbarschaft gehören. Im Bereich der Kultur nimmt Schaffhausen zentralörtliche Aufgaben wahr. Wegen seiner weitgehend erhaltenen barocken Altstadt und seinem Wahrzeichen, der Rundfeste Munot, ist Schaffhausen ein beliebtes Reise- und Ausflugsziel, das durch den Rhein als Naherholungsgebiet ergänzt wird.

Bevölkerungsstruktur der Gemeinde Schaffhausena

Jahr139215201550158216201640167217661798
Einwohnerca. 4 000ca. 3 500ca. 5 300ca. 6 350ca. 5 950ca. 3 650ca. 5 0506 9695 482
          
Jahr18501870b18881900191019301950197019902000
Einwohner8 47711 04913 09916 32019 26723 14127 26137 03534 22533 628
Anteil an Kantonsbevölkerung24,0%29,4%34,7%39,3%41,8%45,2%47,3%50,8%47,4%45,8%
Sprache          
Deutsch  12 93215 69318 00122 02925 85630 15728 65328 340
Italienisch  443971 0127289413 9861 6831 069
Französisch  96179154262314312213209
Andere  27511001221502 5803 6764 010
Religion, Konfession          
Protestantisch7 9879 37210 11412 05913 46216 65419 93522 04017 54214 502
Katholischc4881 6862 8684 2155 6776 0716 90813 38110 6009 267
Andere277117461284164181 6146 0839 859
davon jüdischen Glaubens  2621383944161318
davon islamischen Glaubens       1961 1122 450
davon ohne Zugehörigkeitd       6613 9804 907
Nationalität          
Schweizer7 6949 1749 81611 78912 89519 43025 44629 01726 81725 070
Ausländer7831 9613 2834 5316 3723 7111 8158 0187 4088 558

a Angaben 1850-2000 gemäss Gebietsstand 2000

b Einwohner: Wohnbevölkerung; Religion, Nationalität: ortsanwesende Bevölkerung

c 1888-1930 einschliesslich der Christkatholiken; ab 1950 römisch-katholisch

d zu keiner Konfession oder religiösen Gruppe gehörig

Bevölkerungsstruktur der Gemeinde Schaffhausen -  Oliver Landolt; eidgenössische Volkszählungen

Stadt und Kloster im Hochmittelalter

Um 1000 wurde die erste Stadtkirche gebaut, ein Kalksteinbruch und Kalköfen stehen damit in Zusammenhang. Der Aufstieg Schaffhausens ist eng verknüpft mit den Grafen von Nellenburg. 1045 verlieh Kaiser Heinrich III. Graf Eberhard das Münzrecht für die Stadt. Eberhard errichtete einen Umschlagplatz für Handelswaren, die wegen der Stromschnellen im Rhein auf dem Landweg weitertransportiert werden mussten. Eine Umgehungsstrasse um den Rheinfall durchschnitt den in ovaler Form angelegten Stadtwall mit Graben. Sie war zuerst gepflastert und wurde später mehrfach aufgekiest. Eine Stein-Erdemauer sicherte die hochwassergefährdete Rheinseite der Stadt. Diese Befestigung umschloss etwa 18 ha.

Mit der Gründung des Benediktinerklosters Allerheiligen und der Weihe des Bauplatzes 1049 durch Papst Leo IX. festigten Eberhard und seine Frau Ita ihre Herrschaft in Schaffhausen. Das 1064 vollendete Eigenkloster wurde rasch zur repräsentativen Grablege der Nellenburger ausgebaut. Es verfügte über einen einzigartigen Kreuzhof: Die Aussenkrypta und die Kapellen des Klosters bildeten die Eckpunkte eines Kreuzes und sind so in den Schriftquellen erwähnt. Nach Eberhards Tod verzichtete sein Sohn Graf Burkhard von Nellenburg 1080 auf alle seine Rechte zugunsten der Kirche, blieb aber Vogt und liess das Kloster durch Wilhelm von Hirsau reformieren. Um 1090 wurde die Nellenburger Memorialanlage abgerissen, um Platz für eine fünfschiffige Kirche zu schaffen, von der aber nur die Fundamente angelegt wurden. Auf diesen steht heute das um 1105 geweihte dreischiffige Münster, ein Beispiel für die Hirsauer Reformbauten.

Das Kloster Allerheiligen von Norden in der Schaffhauser Chronik von Johann Jakob Rüeger. Aquarell von Hans Kaspar Lang, um 1600 (Staatsarchiv Schaffhausen, Chroniken A 1/2 bei 546).
Das Kloster Allerheiligen von Norden in der Schaffhauser Chronik von Johann Jakob Rüeger. Aquarell von Hans Kaspar Lang, um 1600 (Staatsarchiv Schaffhausen, Chroniken A 1/2 bei 546). […]

Ita von Nellenburg stiftete zusammen mit ihrem Sohn und Abt Siegfried um 1080 das Nonnenkloster St. Agnes, dessen Kirche ausserhalb des Stadtwalls lag. Älterer Grundherrschaftsverhältnisse wegen war die Stadtkirche St. Johann nicht in Nellenburger, sondern in anderem, unbekanntem Besitz; formales Vorbild aber war Allerheiligen, insbesondere für die Säulen und Würfelkapitelle. Ähnliche Kapitelle finden sich an einem Wohnturm mit ummauertem Hof im Oberhaus beim Obertor, am höchsten Punkt der damaligen Stadtanlage. Dieser Turm ist die 1098 im Zusammenhang mit der Enteignung von Gütern von Allerheiligen bezeugte Stadtburg des Vogts Adalbert von Morisberg, einem engen Verwandten von Burkhard von Nellenburg.

Ein Güterbeschrieb von Allerheiligen verzeichnet um 1120 in der damals bedeutendsten Stadt zwischen Basel, Zürich und Konstanz Abgaben von neun Bier- und zwei Weinschenken, von Brotbäckern, Marktbänken, Münze, Schiffs- und Strassenverkehr, den beiden Klostermühlen und 112 Hofstätten. Der archäologische Siedlungsbestand ist fragmentarisch: Spuren früher Holzbauten wie im nahen, wüstgelegten Berslingen wechseln sich ab mit Steinbauten. Zwei Ziegelarten, die mächtigen Hohlziegel einer Wasserleitung und noch auf dem Münsterdach liegende Flachziegel von gleicher Machart, stammen aus der Zeit um 1100 und gehören zu den ältesten der Schweiz.

Mit Burkhards Tod 1101/1102 endete die erste Nellenburglinie. Die herausragenden Steindenkmäler, eine der Stifterfamilie gewidmete Memorialplatte und die Grabplatten von Eberhard, Ita und Burkhard, heute auch als Rekonstruktion an originaler Stelle im Münster aufgestellt, zeugen von Macht und Ruhm des einstigen Grafengeschlechts.

Herrschaft, Politik und Verfassung vom Hochmittelalter bis ins 18. Jahrhundert

Mit dem Verzicht des Grafen Burkhard von Nellenburg auf sämtliche Besitzrechte und sonstigen Privilegien und der Übertragung dieser Rechte 1080 an das Kloster Allerheiligen wurde der Abt faktisch Stadtherr. Nach Hirsauer Sitte übte das Kloster diese weltlichen Rechte nicht selbst aus, sondern übertrug sie im 12. Jahrhundert von Abt und Konvent frei gewählten Klostervögten, die das Kloster allerdings oft eher bedrängten als beschützten. Kaiser Heinrich VI. stellte Kloster und Bürger im späten 12. Jahrhundert unter den Schutz des Reichs. Wenig später gelangte Schaffhausen unter die Herrschaft der Zähringer. Nach deren Aussterben 1218 fiel die Stadt als Königsgut an das Reich zurück. Dies bestätigt die Erwähnung Schaffhausens in einem Abgabenverzeichnis von Reichsgut 1241. Einzelne Hoheitsrechte (Schiffs- und Brückenzoll, Stapelrecht usw.) wurden durch das Kloster als Erblehen an verschiedene aus dem Niederadel stammende Familien vergeben; auch das Schultheissenamt kam am Ende des 13. Jahrhunderts auf diese Weise in die Hände der Familie von Randenburg. Damit verlor das Kloster allmählich die Oberherrschaft über die Stadt. 1330 wurde Schaffhausen durch Kaiser Ludwig den Bayern an Habsburg-Österreich verpfändet, was der habsburgfreundliche Stadtadel, der die österreichischen Herzöge militärisch wie finanziell unterstützte, begrüsste. Auch während der Zeit der habsburgischen Verpfändung betonten Bürgerschaft und Rat den reichsstädtischen Status beim Abschluss von Bündnissen wiederholt. Ende der 1370er Jahre entmachteten die österreichischen Herzöge die Randenburger als Schultheissen und setzten einen Stadtvogt ein, was einem wesentlichen Eingriff in die innerstädtischen Machtverhältnisse gleichkam. Die Bedeutung von Schaffhausen innerhalb der vorderösterreichischen Herrschaft zeigt sich darin, dass sich die habsburgischen Herzöge im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert wiederholt in der Stadt aufhielten.

Innerstädtisch lassen sich ab dem späten 13. Jahrhundert gewaltsame Unruhen zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen feststellen, in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts vor allem Auseinandersetzungen unter den Mitgliedern der adligen Oberschicht. Ein 1332 erlassenes Verbot für Handwerker, sich in Zünften zusammenzuschliessen, zeugt davon, dass auch andere Bevölkerungsgruppen nach politischer Partizipation strebten. Als religiöse Vereinigungen durften die Handwerkerverbände bestehen bleiben. Die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts war durch verschiedene Änderungen der städtischen Verfassung (1350, 1367, 1375, 1405, Verfassungsentwürfe von 1388 und 1391) geprägt, deren Ursachen politische Differenzen zwischen der adligen Oberschicht und den aufstrebenden Kaufleuten und den sich immer stärker organisierenden Handwerkern waren. Seit den 1370er Jahren sind Trinkstuben von Handwerkern und Gewerbetreibenden sowie der Adligen belegt und auch als militärische Einheiten traten die Handwerkervereinigungen auf. Die 1411 eingeführte sogenannte Zunftverfassung beruhigte die innerstädtischen Verhältnisse. Fortan bestimmten zehn Handwerkerzünfte sowie die Herren- und die Kaufleutengesellschaft im Kleinen und Grossen Rat weitgehend die innen- und aussenpolitischen Angelegenheiten der Stadt. Ausdruck dieses städtischen Selbstbewusstseins war das noch heute erhaltene Rathaus, das zwischen 1382 und 1412 – nach je einem Vorgängerbau an der Sporren- und der Vordergasse – errichtet wurde. Im Kleinen Rat sassen vor allem die vermögenden Stadtbürger, die für die zeitaufwendigen Ämter (Bürgermeister, Stadtrechner usw.) abkömmlich waren. Die Zünfte und die beiden Gesellschaften besetzten das Stadtgericht, das als Zivil- und Schuldengericht fungierte, sowie das Vogt- bzw. Bussengericht als Strafgericht. Letzteres diente bei schweren Delikten auch als Blut- oder Malefizgericht.

1415 erlangte Schaffhausen im Reichskrieg gegen Herzog Friedrich IV. von Habsburg erneut die Reichsfreiheit, welche die Stadt zunächst in verschiedenen Bündnissen mit süddeutschen Städten zu bewahren suchte. Schaffhausen wurde in der Mitte des 15. Jahrhunderts in den süddeutschen Städtekrieg verwickelt, der den stark verschuldeten Finanzhaushalt weiter belastete. Aufgrund des Friedens von 1450 zwischen den süddeutschen Städten und den Fürsten konnte Schaffhausen von seinen Bündnispartnern keine Hilfe mehr erwarten. 1454 schloss es daher mit den eidgenössischen Orten ein Bündnis als zugewandter Ort, das 1479 verlängert wurde. Nach kriegerischen Verheerungen im eigenen Territorium im Schwabenkrieg von 1499 trat Schaffhausen 1501 als zwölfter Ort dem eidgenössischen Bündnis endgültig bei. Turbulenzen bereitete insbesondere die Reformationszeit (u.a. Rebleutenaufstand 1525), wobei die Bürger nach innerstädtischen Auseinandersetzungen die Reformation 1529 annahmen.

Holzschnitt aus der Schweizerchronik von Johannes Stumpf, 1548 (Zentralbibliothek Zürich).
Holzschnitt aus der Schweizerchronik von Johannes Stumpf, 1548 (Zentralbibliothek Zürich). […]

Trotz wiederholter Unruhen bestimmte der sich im 16. Jahrhundert zur Obrigkeit ausbildende, zünftisch verfasste Rat bis zum Untergang der Alten Eidgenossenschaft 1798 weitgehend die Politik des Stadtstaats Schaffhausen. Im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit erwarb Schaffhausen einen Grossteil des heutigen Kantonsgebiets. An sozialen Institutionen entstanden vermutlich schon im 13. Jahrhundert das Heiliggeistspital wie auch das Sondersiechenhaus. Im 14. Jahrhundert sind das für die Hausarmen zuständige Spendamt und die für auswärtige Bedürftige eingerichtete Elendenherberge fassbar. Das 1273 erstmals erwähnte städtische Kornhaus, das der kommunalen Vorratshaltung diente, lag in der Nähe des Fronwagplatzes, sein Nachfolgebau ist das 1678-1679 errichtete Korn- oder Kaufhaus auf dem Herrenacker. Das Zeughaus wurde Ende des 15. Jahrhunderts gebaut.

Wirtschaft und Gesellschaft vom Hochmittelalter bis ins 18. Jahrhundert

Projektplan des Munots. Kolorierte Tuschzeichnung, Anfang 17. Jahrhundert (Staatsarchiv Schaffhausen, Karten und Pläne 1/1268,7).
Projektplan des Munots. Kolorierte Tuschzeichnung, Anfang 17. Jahrhundert (Staatsarchiv Schaffhausen, Karten und Pläne 1/1268,7). […]

Die Pest und andere Epidemien sorgten im Spätmittelalter wie auch in den besonders gut dokumentierten Jahren 1519, 1611 und 1628-1629 im dicht bebauten Schaffhausen für Bevölkerungseinbrüche. Die Befestigung Schaffhausens, die schon im Hochmittelalter angelegt worden war, wurde im Spätmittelalter ausgebaut. In der frühen Neuzeit erfuhren vor allem die Stadttore - nicht zuletzt wegen der Stellung von Schaffhausen als eidgenössischer Grenzstadt - eine Verstärkung durch Bollwerke. Die Festung Munot, zwischen 1564 und 1589 erbaut und noch heute städtisches Wahrzeichen, stellte den Abschluss dieser Wehrbauten dar. Sie war schon bei ihrer Vollendung wehrtechnisch überholt. Die Siedlungsentwicklung innerhalb der Stadtmauern lässt sich anhand der schriftlichen und archäologischen Überlieferung ermitteln: Die Klöster – neben Allerheiligen das um 1080 gegründete Benediktinerinnenkloster St. Agnes wie auch das 1253 erstmals erwähnte Franziskanerkloster – bestimmten im Mittelalter die Siedlungsstruktur stark. Zugewanderte Adelsfamilien, aber auch reiche Handwerker errichteten im 13. Jahrhundert steinerne Wohntürme. 1372 zerstörte eine Brandkatastrophe einen Grossteil der Stadt, worauf durch gesetzliche Massnahmen die Steinbauweise gefördert wurde. Neben romanischer Bausubstanz (Kloster Allerheiligen) und einzelnen gotischen Bauwerken (Stadtkirche St. Johann, Scheiben- oder Salzhof, Turm am Ort, unterer Diebsturm, Obertorturm, Schwabentor) haben sich vor allem Renaissance- (Haus zum Ritter, Zeughaus, Munot, Goldener Ochsen), Rokoko- (Engelburg) und Barockbauten (Herrenstube, Gerberstube) wie auch im klassizistischen Stil errichtete Zunft- und Bürgerhäuser in der Altstadt (Kaufleutenstube, Haus zum Rüden) erhalten. Nach der Einführung der Reformation 1529 kam es zu Umgestaltungen bzw. Umnutzungen der Klosterbauten: 1542 wurde das im Bereich westlich des Fronwagplatzes gelegene Heiliggeistspital in das aufgehobene Kloster St. Agnes überführt. Teile des im Bereich der Stadthaus-, Krumm- und Repfergasse gelegenen Franziskanerklosters wurden nach und nach abgerissen und neue Häuserzeilen errichtet. Vom 16. Jahrhundert an bauten reiche Patrizierfamilien Landsitze ausserhalb der Stadtmauern (u.a. Schloss Herblingen, Sonnenburggut).

Vom Mittelalter an stellte der Rhein die Lebensader Schaffhausens dar. Er bot reiche Fischgründe, diente als Verkehrs- und Handelsweg und verhalf der Stadt zu Zolleinnahmen. Der Handel, insbesondere mit Salz aus dem bayrischen und österreichischen Raum, spielte innerhalb des städtischen Wirtschaftslebens eine bedeutende Rolle. Auch der Wein aus den Schaffhauser Rebbergen wurde teilweise exportiert. Im 13. Jahrhundert hatte Schaffhausen Anteil am Fernhandel im Tuchgewerbe: Die Messen in der Champagne, Oberitalien und das Mittelmeergebiet werden als Absatzorte von Schaffhauser Leinwand erwähnt, wobei die Stadt damals zur Gewerberegion des Bodenseegebiets gehörte. Vom 16. bis ins 18. Jahrhundert gründeten Handelsherren Gesellschaften oder errichteten Handelshäuser mit ausgedehnten Fernbeziehungen.

Das Webergewerbe gab im 14. Jahrhundert seine Exportorientierung auf und produzierte fortan lediglich Grautuche für den regionalen Markt. Eine überregionale Bedeutung spielte im 16. und 17. Jahrhundert das Kunsthandwerk der Glasmaler und die Goldschmiedekunst, die bis heute ihren Stellenwert nicht verloren hat. Vom 14. bis ins 19. Jahrhundert setzten auch zahlreiche Glockengiesser ihre Produkte überregional ab. Schaffhausen hatte für seine Umgebung eine Zentrumsfunktion, was sich in einem stark differenzierten Handwerk und Gewerbe spiegelte. Die gewerbliche Entwicklung im städtischen Umland wurde dagegen vom Rat aus protektionistischen Gründen unterdrückt.

Schon im Hochmittelalter zog der Marktort Schaffhausen eine sozial breit gefächerte Bevölkerung aus der näheren und weiteren Umgebung an. Niederadlige Familien aus dem Umland nahmen zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert Wohnsitz in der aufstrebenden Stadt und erwarben klösterliche Hoheitsrechte als Erblehen. Während der Krisen des Spätmittelalters verarmten zahlreiche Adelsfamilien oder starben aus. Die von 1392 bis in das späte 17. Jahrhundert überlieferten Steuerbücher geben Aufschluss über die Vermögensverhältnisse der Einwohner: Einer kleinen Schicht von Reichen stand die grosse Masse der Bevölkerung mit geringen finanziellen Ressourcen gegenüber. Während die Bürger politisch wie wirtschaftlich vollberechtigt waren, verfügten die Beisassen zumeist über wenig Vermögen und mindere Rechte. Im Lauf des 16. Jahrhunderts war der Erwerb des städtischen Bürgerrechts nur noch mit hohem finanziellem Aufwand möglich. Juden sind in Schaffhausen seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts belegt. Nach den Pogromen von 1349 und 1401 liessen sich jeweils wenige Jahre später wieder Juden in der Stadt nieder. Im 14. und frühen 15. Jahrhundert wurde auch Lombarden bzw. Kawerschen als christlichen Geldverleihern der Aufenthalt gestattet. 1472 kündigte die Stadt den Juden das Wohnrecht auf. Dieses Wohnverbot dauerte abgesehen von einem kurzen Intermezzo im 16. Jahrhundert bis zum Ende der Alten Eidgenossenschaft 1798.

Im Spätmittelalter gewann der städtische Rat durch die aus seiner Mitte stammenden Pfleger Einfluss über kirchliche Institutionen in der Gemeinde (Pfarrkirche St. Johann, Kapellen). Wegen finanzieller Misswirtschaft der monastischen Gemeinschaften griff die Stadt auch in deren Verwaltung ein: Von der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts an lassen sich verschiedentlich städtische Pflegschaften gegenüber dem Benediktinerkloster Allerheiligen feststellen, wobei ab 1377 Konflikte zwischen Stadt und Kloster im sogenannten Fünfergericht geregelt wurden. Obmann in diesem Gericht war der österreichische Vogt, nach der Wiedererlangung der Reichsfreiheit 1415 der Bürgermeister. Abt und Rat stellten je zwei Beisitzer. Im 15. Jahrhundert sind Ratspfleger in weltlichen Geschäften für das Frauenkloster St. Agnes, das Franziskanerkloster und die Beginensamnung zum Heiligen Kreuz belegt, schon ab dem frühen 15. Jahrhundert auch für das ausserhalb der Stadtmauern gelegene, ab 1330 mit Schaffhausen verburgrechtete Klarissenkloster Paradies. Nach der Reformation 1529 wurden die Klöster säkularisiert und deren Güter als sogenannte Klosterämter bis ins 19. Jahrhundert von Rat und Klosterpflegern als ökonomische Einheiten weiterverwaltet. Nicht wenige, vor allem vornehme Familien verharrten im alten Glauben und wanderten unter anderem nach Solothurn, Luzern, Österreich, ins Elsass oder in den süddeutschen Raum ab. Der Rat setzte ein Ehegericht und die drei städtischen Hauptpfarrer als Triumvirn ein, welche die Kirche unter Aufsicht des Rats leiteten. Die 1536 in der Synode vereinigte Geistlichkeit bestimmte bis ins 19. Jahrhundert die Kirchenordnung. Der sogenannte Scholarchenrat war für Kirchen- und Schulsachen zuständig.

Im Hochmittelalter existierte eine vom Kloster Allerheiligen betriebene Klosterschule. Im Spätmittelalter entstanden eine städtische Schule und eine Lateinschule; 1534 wurde eine Mädchenschule durch den städtischen Rat gegründet. Im 17. Jahrhundert wurde ein Gymnasium und schliesslich das Collegium humanitatis, dessen bescheidene Anfänge bis in die 1570er Jahre zurückreichen, eingerichtet. Es bereitete Schaffhauser Schüler auf das Studium an auswärtigen Universitäten vor. In wechselnder Kombination wurden die Fächer Griechisch, Latein, Rhetorik, Physik, Logik, Metaphysik, Hebräisch, Geschichte, Politik, Philosophie und Theologie angeboten. Mit säkularisiertem Klostergut wurde im 16. Jahrhundert ein Stipendienfonds zur Förderung des Theologiestudiums geäufnet.

Titelblatt der Schaffhauser Chronik von Johann Jakob Rüeger. Illustration von Hans Kaspar Lang, 1606 (Staatsarchiv Schaffhausen, Chroniken A 1/1 Titel r​​).
Titelblatt der Schaffhauser Chronik von Johann Jakob Rüeger. Illustration von Hans Kaspar Lang, 1606 (Staatsarchiv Schaffhausen, Chroniken A 1/1 Titel r​​). […]

Theateraufführungen, d.h. Fasnachts- und Passionsspiele, sind für das Spätmittelalter belegt. Auch nach der Einführung der Reformation spielten Schüler Stücke biblischen Inhalts. Gegenüber auswärtigen Theatertruppen wurde dagegen unter dem Einfluss der reformatorischen Orthodoxie eine strenge Zensur ausgeübt und Aufführungsgesuche bis ins 18. Jahrhundert restriktiv behandelt. Mit Johann Jakob Rüeger erlebte Schaffhausen den Anfang lokaler Geschichtsschreibung, mit Johannes von Müller erreichte die nationale schweizerische Historiografie einen ersten literarischen Höhepunkt.

Politik und Administration im 19. und 20. Jahrhundert

1799 wurde das Staats- vom Stadtgut getrennt, doch der Kantonsrat legte 1803 und 1815 Regierung und Verwaltung von Kanton und Stadt wieder zusammen. Erst die liberale Kantonsverfassung von 1831 schuf die selbstständige Stadtgemeinde. Seither bestehen in der Stadt Schaffhausen die Kantons- und die Stadtverwaltung nebeneinander, was seit 1970 manchmal als ineffizienter Dualismus kritisiert wird, vor allem weil in der Stadt Schaffhausen mit 34'563 Einwohnern (2009) 46% der Kantonsbevölkerung wohnen.

Die zwölf Gesellschaften und Zünfte übten ab 1411 die eigentliche Herrschaft über Stadt und Landschaft aus, ab 1831 nur noch über die Stadt. Sie wählten 1831 je vier Vertreter in den neu geschaffenen Grossen Stadtrat, der den 15-köpfigen Stadtrat bestimmte. Erster Stadtpräsident wurde 1831 Johann Conrad Fischer, der Begründer der Stahlwerke (später Georg Fischer AG). Bedeutende Schaffhauser Stadtpräsidenten waren 1895-1917 der Freisinnige Carl Spahn und 1933-1968 der Sozialdemokrat Walther Bringolf. Mit der Kantonsverfassung von 1834 wurden die zwölf Gesellschaften und Zünfte je dreigeteilt und die Teile zu drei Wahlsektionen zusammengefasst, wodurch die Zünfte ihre politische Bedeutung weitgehend einbüssten. Seit 1852 sind sie politisch gänzlich ohne Funktion und spielen als private Vereinigungen nur noch eine gesellschaftliche Rolle.

1847 wurde die Gemeindeversammlung – die Versammlung aller Stadtbürger – eingeführt. Sie tagte jeweils nach dem Gottesdienst in der Stadtkirche St. Johann. Mit der Stadtverfassung von 1918 wurde die Gemeindeversammlung abgeschafft und Abstimmungen und Wahlen an der Urne eingeführt. 1861 erhielten auch Niedergelassene aus anderen Kantonen teilweise das Stimm- und Wahlrecht. 1875 konstituierte sich die Einwohnergemeinde. Die Bürgergemeinde verlor ihre Funktion, als das Fürsorgegesetz von 1935 das Bürgergut und die Armenfürsorge der Einwohnergemeinde übertrug.

Rheinbad Schaffhausen. Fotografie von Carl Hans Koch, um 1906 (Archiv Foto Koch, Schaffhausen).
Rheinbad Schaffhausen. Fotografie von Carl Hans Koch, um 1906 (Archiv Foto Koch, Schaffhausen). […]

1831-1847 umfasste der Grosse Stadtrat 48 durch die Gesellschaften und Zünfte gewählte Mitglieder, danach noch 36. Diese Sitzzahl wurde 1918 auf 50 erhöht, 2008 aus Rationalitätsgründen wieder auf 35 gesenkt. 2009 kam ein Sitz für Hemmental dazu. Seit 1952 wird der Grosse Stadtrat nach Proporz gewählt. Der Frauenanteil im Stadtparlament betrug 2009 28%. Der (kleine) Stadtrat wurde 1834 von 15 Mitgliedern (1831) auf zwölf, 1847 auf neun, 1861 auf sieben und 1875 auf fünf reduziert. Seit 1981 üben nur noch der Stadtpräsident und ein weiterer Stadtrat ihre Funktionen vollamtlich aus, die übrigen halbamtlich. 1847 wurden das Referentensystem (jeder Stadtrat ist für ein Sachgebiet verantwortlich) und die persönliche Haftung der Exekutivmitglieder eingeführt.

Im frühen 19. Jahrhundert umfasste die städtische Verwaltung die Zweige Erbteilung, Waisenaufsicht, Fürsorge, Polizei, Finanzen, Sittenaufsicht, Flurstreitigkeiten, Einwohnerkontrolle und Schulen. Die Stadtverwaltung, nach 1831 aus Kommissionen, wenigen Amtsträgern und drei Polizisten bestehend, wurde bis 2010 auf 1500 Personen (1050 Vollpensen) ausgebaut. In verschiedenen Bereichen ergaben sich Zuständigkeitsverschiebungen zwischen Stadt und Kanton: 1901 übernahm der Kanton das städtische Krankenhaus und führt es seither als Kantonsspital, 1972 entstand die gemeinsame kantonal-städtische Datenverarbeitung, 1984 wurde die städtische Gewerbeschule kantonalisiert, 1993 erfolgte die Zusammenlegung der Schulzahnkliniken von Stadt und Kanton. Die Vereinigung von Kantons- und Stadtpolizei zur Einheitspolizei geschah in zwei Schritten: 1989 wurde ein gemeinsames Kommando geschaffen, 2000 wurden die Korps zusammengelegt. Seit 2004 führt die Stadt für alle Schaffhauser Gemeinden das Zivilstandsregister. Die städtische Gas- und Wasserversorgung bedient zahlreiche umliegende Gemeinden, mit Neuhausen am Rheinfall besteht ferner im Bereich Verkehrsbetriebe eine enge Zusammenarbeit. Die städtischen Verkehrsbetriebe übernahmen nach 1987 auch wesentliche Teile des ehemaligen privaten Bustransportunternehmens Rattin und der PTT-Buslinien. In den von der Stadt aus geführten Regionalen Verkehrsbetrieben Schaffhausen sollen langfristig alle Betriebe des lokalen öffentlichen Verkehrs zusammengefasst werden.

Bevölkerung, Siedlung, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur im 19. und 20. Jahrhundert

Nach einer schwachen Bevölkerungszunahme bis 1850 folgte mit der Industrialisierung ein rasanter Wachstumsschub. Die Einwohnerzahl nahm zwischen 1850 und 1910 von 8477 auf 19'267 Personen zu. Dieses Wachstum wurde von einem hohen Geburtenüberschuss und einer starken Zuwanderung getragen. Der Ausländeranteil stieg von 10 auf 34% (Deutschland 75%, Italien 16,5%, Österreich 6,5%).

Stadtentwicklung von Schaffhausen 1850-2000
Stadtentwicklung von Schaffhausen 1850-2000 […]

Mit dem Abbruch der alten Befestigungsanlage zwischen 1826 und 1877 öffnete sich die Stadt nach aussen, erhalten blieben Munotanlage, Schwabentor, Obertorturm und einige Mauerreste. In den 1860er Jahren setzte eine rege Bautätigkeit ein. An den Hängen rund um die Altstadt wurden Fabrikantenvillen sowie Siedlungen für Arbeiter und Angestellte errichtet. Dem Rhein entlang entstand ein Industriequartier mit mächtigen Fabrikbauten. Das enge Mühlental wurde zum Standort grosser Werkanlagen der Eisen- und Stahlgiesserei Georg Fischer. Eine dritte Industriezone richtete die Stadt 1911 auf dem Ebnat ein. Das Wachstum der Stadt und ihre Rolle als Kantonshauptort führten zum Bau markanter öffentlicher Gebäude, so des städtischen Krankenhauses (1843-1846), der kantonalen Irrenanstalt Breitenau (1888-1891), des kantonalen Zeughauses (1871-1873), des Bachschulhauses (1867-1869), der Kantonsschule (1900-1902) und der Kantonalbank (1902-1903). An prominenter Lage an der Bahnhofstrasse errichtete die Eidgenossenschaft das Post- und Telegraphengebäude (1899-1902) und die Kreiszolldirektion (1913-1914). Westlich der Altstadt entstand 1857 das Bahnhofgebäude, das 1867-1869 durch den heute noch bestehenden Bau ersetzt wurde. Zwischen 1901 und 1913 erhielt die Stadt ein Strassenbahnnetz mit vier Linien.

In der Zwischenkriegszeit wuchs die Bevölkerung moderat. Der Ausländeranteil sank bedingt durch die Rückwanderung und eine restriktive Einwanderungspolitik bis 1950 auf 6,7%. In zwei Etappen entstand die fächerförmig angelegte Gartensiedlung Niklausen (1927-1928 und 1943). Zwischen 1928 und 1938 errichteten einheimische Architekten zahlreiche Gebäude im Stil des Neuen Bauens, so unter anderem das Gelbhausgarten-Schulhaus (Eduard Lenhard) und die Turnhallen Emmersberg (Karl Scherrer und Paul Meyer).

Schaffhausen erlebte am 1. April 1944 einen versehentlichen Bombenangriff durch amerikanische Flieger. Rund 400 Brand- und Sprengbomben fielen auf das Stadtgebiet und lösten nahezu 50 Brände aus. Dabei wurden 40 Menschen getötet und 270 verletzt, 450 Personen verloren ihr Obdach. 66 Gebäude wurden vollständig zerstört oder schwer beschädigt. Im Museum zu Allerheiligen und im Naturhistorischen Museum gingen unschätzbare Kulturgüter in Flammen auf. Der Wiederaufbau der einzelnen Quartiere und Einzelgebäude dauerte mehrere Jahre und veränderte das Stadtbild in einigen Bereichen wesentlich.

Mit der Hochkonjunktur in den 1950er Jahren setzte ein massiver, durch einen Geburtenüberschuss (Babyboom) bedingter demografischer Wachstumsschub ein, der durch die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte noch verstärkt wurde. Zwischen 1950 und 1970 nahm die Bevölkerung von 27'261 auf 37'035 Personen zu (Ausländeranteil 22%). Damit verbunden war ein grosses Siedlungswachstum mit Wohnblöcken in den Aussenquartieren. In diese Zeit fallen wichtige Infrastrukturbauten wie das neue Kantonsspital (1949-1954), das neue Elektrizitätswerk (1960-1967), die Rheinuferstrasse (1962-1969) sowie der Ausbau des als Industriezone geplanten Herblingertals zu einem Gewerbegebiet ab 1965. Die rezessionsbedingte Rückwanderung ausländischer Arbeitskräfte und die Stadtflucht führten 1970-1985 zu einem markanten Bevölkerungsrückgang. Schaffhausen bildet zu Beginn des 21. Jahrhunderts das Zentrum einer Agglomeration mit über 60'000 Einwohnern, zu der auch die vier Zürcher Gemeinden Feuerthalen, Flurlingen, Laufen-Uhwiesen und Dachsen zählen.

Rheinkraftwerk und Moserdamm während der Bauzeit. Aufnahme eines unbekannten Fotografen, 1864 (Archiv Foto Koch, Schaffhausen).
Rheinkraftwerk und Moserdamm während der Bauzeit. Aufnahme eines unbekannten Fotografen, 1864 (Archiv Foto Koch, Schaffhausen). […]

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte Schaffhausen noch einen weitgehend handwerklich-kleinstädtischen Charakter. Das Gewerbe wehrte sich gegen Zuzüger und neue Produktionsverfahren. Es existierten zwei grosse Betriebe der Textilindustrie mit je über 100 Arbeitern. Zwischen 1860 und dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich Schaffhausen zu einer der am stärksten industrialisierten Städte der Deutschschweiz. Wichtige Impulse dazu gaben die Anbindung Schaffhausens ans Eisenbahnnetz 1857 sowie die Eröffnung des von Heinrich Moser gebauten Rheinkraftwerks 1866, des damals grössten Wasserkraftwerks der Schweiz. Dieses lockte Unternehmen wie die International Watch Co. (IWC) und die Schöller'schen Kammgarnfabriken nach Schaffhausen und ermöglichte den Ausbau bestehender Gewerbebetriebe zu Fabriken (z.B. Amsler Präzisionsinstrumente und Materialprüfmaschinen). Ab 1890 produzierte das Kraftwerk Strom, bis um 1910 war die Elektrifizierung des Stadtgebiets abgeschlossen.

Als führende Industriebranche wurde die Textilindustrie um 1890 von der Metall- und Maschinenindustrie überholt. Eine herausragende Stellung nahm dabei die Georg Fischer ein. Die 1802 gegründete Metallgiesserei entwickelte sich gegen Ende des Jahrhunderts zur Grossindustrie und expandierte ins Ausland. Sie beschäftigte 1910 in Schaffhausen 2000 und 1950 rund 4000 Angestellte und war damit mit Abstand das einflussreichste Unternehmen am Ort. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlagerte der Konzern seine Tätigkeit verstärkt ins Ausland.

Wirtschaftskrisen und Globalisierung führten ab den frühen 1970er Jahren zu einem tief greifenden Strukturwandel, der die Industriestadt empfindlich traf und viele Betriebsschliessungen nach sich zog. Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten sank zwischen 1965 und 1998 von 21'000 auf 14'000, ein Verlust, der im schweizerischen Städtevergleich überproportional war. Der wirtschaftliche Abwärtstrend wurde 2000 gestoppt. Markant verschob sich das Verhältnis zwischen Sekundär- und Tertiärsektor. Schaffhausen entwickelte sich fortan zur Dienstleistungsstadt, wenn auch der 2. Sektor relativ stark blieb. Zwischen 1985 und 2008 nahm der Anteil der Beschäftigten im Dienstleistungsbereich von 56 auf 70% zu, jener in Industrie und Gewerbe fiel auf 30%. Seit 1997 bemüht sich die kantonale Wirtschaftsförderung erfolgreich um die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schaffhausen. Bis 2009 wurden knapp 100 neue Unternehmen in der Stadt angesiedelt.

Die Einführung liberaler Bürgerrechte veränderte im 19. Jahrhundert die städtische Gesellschaft. Durch Zuwanderung nahm die Zahl der Einwohner ohne Schaffhauser Bürgerrecht laufend zu (1860 61%). Obwohl bald in der Mehrheit, verfügten diese über keine politische Mitsprache und wurden sozial benachteiligt. Erst die Einführung der politischen Einwohnergemeinde 1875 brachte den Niedergelassenen die weitgehende Gleichstellung mit der Bürgerschaft. Der wachsenden Zahl der Katholiken gelang es 1841 gegen erheblichen Widerstand, eine Pfarrei zu gründen. Der katholische Gottesdienst fand anfänglich in der St.-Anna-Kapelle beim Münster statt. 1883-1885 wurde die Kirche St. Maria im Fäsenstaub errichtet.

Die Arbeiterschaft begann sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Gewerkschaften, Vereinen und Parteien zu organisieren. Sie gewann zunehmend an Einfluss, was zu erbitterten Konflikten und einer starken Polarisierung zwischen ihr und dem Bürgertum führte. Mit der äusseren Bedrohung im Zweiten Weltkrieg und dem steigenden Wohlstand in den 1950er Jahren entspannte sich die Lage zusehends. In den 1930er Jahren erhielten die frontistischen Bewegungen einen im schweizerischen Vergleich starken Zulauf.

Der grosse Bedarf an Arbeitskräften während der Hochkonjunktur führte zu einer starken Immigration vor allem aus Italien. Die Italiener, die eigene Organisationen und Vereine gründeten (z.B. Colonia Libera Italiana di Sciaffusa, Missione cattolica italiana), stiessen auf manche Widerstände seitens der einheimischen Bevölkerung. Integrationsbemühungen führten dazu, dass die zweite Generation besser assimiliert ist. Seit den 1980er Jahren wandern vermehrt Menschen aus Osteuropa und weiter entfernten Kulturkreisen ein, was sich unter anderem in einer wachsenden Zahl muslimischer Einwohner niederschlägt.

Die Garantie der Vereins- und Versammlungsfreiheit durch die Verfassung von 1831 führte zu zahlreichen Vereinsgründungen. 1859 zählte die Stadt schon 39 Vereine unterschiedlicher Ausrichtung. Das Vereinswesen wurde zu einem wichtigen Kulturträger, der alle gesellschaftlichen Schichten durchdrang und bis heute das kulturelle Leben massgeblich prägt.

Schaffhausen verfügt über diverse städtische und private Kulturinstitutionen. Aus der 1636 gegründeten Bürgerbibliothek entwickelte sich im 19. Jahrhundert die öffentliche Stadtbibliothek, die auch als Kantonsbibliothek fungiert. Mit dem Imthurneum am Herrenacker erhielt Schaffhausen 1867 ein Theater-, Konzert- und Ausstellungshaus, das 1954-1956 einem Neubau wich (Stadttheater). Seit 1928 besteht das städtische Museum zu Allerheiligen, das 1935-1938 erweitert wurde. Mit einer Ausstellungsfläche von über 6000 m2 zählt es zu den grösseren Museen der Schweiz und umfasst die Bereiche Archäologie, Kulturgeschichte, Naturgeschichte und Kunst. Die auf privater Basis 1984 eröffneten Hallen für Neue Kunst zeigen herausragende, nach 1965 entstandene Werke internationaler Künstler. Seit 1946 werden in Schaffhausen das renommierte Bachfest und seit 1990 das Jazz-Festival durchgeführt, beide mit überregionaler Ausstrahlung. Etablierte Orte der alternativen Kulturszene sind die Genossenschaft zum Eichenen Fass mit Bühne, Restaurant und Läden (1978) sowie das Kulturzentrum Kammgarn mit Konzert- und Ausstellungsräumen sowie Restaurant (1997).

Quellen und Literatur

Allgemein
  • Kdm SH 1, 1951
  • Schib, Schaffhausen
Ur- und Frühgeschichte bis Frühmittelalter
  • K. Bänteli et al., «Die Stadtkirche St. Johann in Schaffhausen. Ergebnisse der Ausgrabungen und Bauunters. 1983-1989», in SchBeitr. 67, 1990, 21-90
  • K. Bänteli, «Kt. Schaffhausen», in Stadt- und Landmauern 2, 1996, 229-242
  • K. Bänteli, «Schaffhausen. "Boomtown" der Nellenburger im 11. und 12. Jh.», in Centre, Region, Periphery, hg. von G. Helmig et al., Bd. 2, 2002, 39-47
  • K. Bänteli, H.P. Mathis, Das ehem. Kloster zu Allerheiligen in Schaffhausen​​​​, 2004
Spätmittelalter und frühe Neuzeit
  • H. Ammann, Schaffhauser Wirtschaft im MA, [1949]
  • K. Schmuki, Steuern und Staatsfinanzen, 1988
  • P. Scheck, Die polit. Bündnisse der Stadt Schaffhausen von 1312 bis 1454, 1994
  • O. Landolt, Der Finanzhaushalt der Stadt Schaffhausen im SpätMA, 2004
  • M. Schultheiss, Institutionen und Ämterorganisation der Stadt Schaffhausen 1400-1550, 2006
19. und 20. Jahrhundert
  • INSA 8
  • Caroline Mezger: 1787-1843, Ausstellungskat. Schaffhausen, 2000, 9-29
  • SchaffGesch.
  • S. Stoll et al., Fortschritt im Alltag, 2010
Weblinks
Normdateien
GND
Kurzinformationen
Endonyme/Exonyme
Schaffhausen (deutsch)
Schaffhouse (französisch)
Schaffusa (romanisch)
Sciaffusa (italienisch)

Zitiervorschlag

Kurt Bänteli; Oliver Landolt; Eduard Joos; Mark Wüst: "Schaffhausen (Gemeinde)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 31.07.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001281/2015-07-31/, konsultiert am 19.03.2024.