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Bivio

Ehemalige politische Gemeinde GR, Kreis Surses, Bezirk Albula, 2016 mit Cunter, Marmorera, Mulegns, Riom-Parsonz, Salouf, Savognin, Sur und Tinizong-Rona zur neuen Gemeinde Surses fusioniert. Dorf am Fusse von Julierpass und Septimerpass mit den Aussensiedlungen Stalveder, Mott, Cavreccia und Valetta da Beiva. Um 840 de stabulo Bivio, rom. Beiva, dt. früher Stallen, bis 1895/1903 ital. Stalla. 1808 182 Einw.; 1850 211; 1900 141; 1920 121; 1950 224; 1980 238; 2000 204.

Septimer- und Julierpass im Süden von B. (dt. Scheideweg) wurden in röm. Zeit mit Wagen befahren. Das churrät. Reichsgutsurbar nennt um 840 B. als Stapel- und Unterkunftsort. Evtl. aus dieser Zeit, spätestens aber aus dem 12. Jh. stammt das Hospiz auf dem Septimer, über den Bergeller Älpler und Siedler nach B. gelangten. Kontakte pflegten die mehrheitlich italienischsprachigen Einwohner der im 13. und 14. Jh. noch stark bewaldeten Gegend über den Julier und talabwärts zu romanischen, über den Stallerberg nach dem Avers zu deutschsprachigen Nachbarn. Kirchlich gehörte B. zu Tinizong, erhielt aber 1219 einen eigenen Pfarrer; 1459 ist die Kirche St. Gallus bezeugt. Nach der Reformation (vor 1584) erhielt das bis heute parität. Dorf erst 1675 eine ref. Kirche. Vom späten 15. Jh. an kannte das oberste Oberhalbstein ein eigenes niederes Gericht sowie einen Landammann; es war nur in Kriminalsachen dem bischöfl. Landvogt zu Riom verpflichtet. Im Gotteshausbund bildete Stalla (B. und Marmorera) bis 1851 mit dem Avers eine Gerichtsgemeinde, diese mit dem weit entfernten Gericht Remüs (Ramosch) im Unterengadin ein Hochgericht. Neben der Viehwirtschaft war der Passverkehr für B. bis zur Eröffnung der Albulabahn 1903 von grosser Bedeutung. Das seit dem 15. Jh. mehrsprachige B. erlebte im 1. Weltkrieg den bisher letzten Siedlungsschub von Bergeller Bauern, die v.a. in den Aussensiedlungen wohnen. Mit dem aufkommenden Tourismus (1959 erster Skilift) nahm die dt. Sprache stark zu. 64% der Arbeitsplätze gehörten 1985 zum 3. Sektor, 79% der 2'044 Fremdenbetten befanden sich in Zweitwohnungen. Der ital. Sprachanteil sank von 80% (1860) auf 42% (1980). Im dreisprachigen Dorf lebten 1980 18% Romanisch und 37% Deutsch Sprechende.

Quellen und Literatur

  • Kdm GR 3, 1940 (19752), 227-238
  • A.M. Kristol, Sprachkontakt und Mehrsprachigkeit in B., 1984
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Zitiervorschlag

Jürg Simonett: "Bivio", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 08.12.2016. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001422/2016-12-08/, konsultiert am 29.03.2024.