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CazisGemeinde

Politische Gemeinde des Kantons Graubünden, Kreis Thusis, Bezirk Hinterrhein. Talgemeinde westlich des Hinterrheins, mit dem Strassendorf Cazis, den Siedlungen Ober- und Unterrealta, Luvreu, Ratitsch, Summaprada, Schauenberg und Valleina sowie seit 2010 mit Portein, Präz, Sarn und Tartar. 926 Cacias, romanisch Tgazas. 1803 420 Einwohner; 1850 755; 1900 738; 1950 1441; 1970 1687; 2000 1575.

Ur- und Frühgeschichte

"Ansicht von Kaezis im Domleschg". Kolorierte Aquatinta von Johann Jakob Meier, veröffentlicht um 1835 in "Meyer's Bergstrassen durch Graubünden [...] mit Einleitung und Erklärungen von Herrn Doctor Johann Gottfried Ebel" (Rätisches Museum, Chur).
"Ansicht von Kaezis im Domleschg". Kolorierte Aquatinta von Johann Jakob Meier, veröffentlicht um 1835 in "Meyer's Bergstrassen durch Graubünden [...] mit Einleitung und Erklärungen von Herrn Doctor Johann Gottfried Ebel" (Rätisches Museum, Chur).

Auf der markanten Kuppe des Petrushügels wurden 1938-1940 und 1951 Grabungen, 1981-1982 Nachgrabungen durchgeführt. Neben einer grösseren Grube mit Kulturschicht ― nach den ersten Grabungen als jungsteinzeitliches Grubenhaus gedeutet ― und mehreren Herd- und Feuerstellen wurden auch Trockenmauerkonstruktionen, Steinsetzungen und Pfostenverfärbungen beobachtet. Das Fundmaterial umfasst dickwandige Keramik, Steinbeile, Silex- und andere Steinartefakte sowie Knochen- und Hirschgeweihgeräte und datiert in das späte 4. und das 3. Jahrtausend v.Chr. Durch die Nachgrabungen sind auch bronzezeitliche und spätmittelalterliche Bodenbefunde belegt. Die Station wird gegenwärtig als saisonal begangenes Areal für Jagd, Viehweide, Stein- und Knochen-/Hirschgeweihverarbeitung interpretiert.

Die bronze- und eisenzeitliche Siedlung Cresta liegt in einer schluchtartigen Felskluft auf einer Hügelkuppe. Grabungen fanden 1943-1944 und 1947-1970 statt. In der Felskluft wurden mehrere Meter dicke Kulturschichten mit früh-, mittel- und spätbronzezeitlichen sowie auch eisenzeitlichen Siedlungsniveaus gefasst. Bedeutende Siedlungsstrukturen der frühen und mittleren Bronzezeit mit einzeiliger Reihensiedlung und Weganlage sind belegt, ebenso zahlreiche einfache Holzhütten-Konstruktionen mit Herdstellen. Reichhaltig ist das Fundmaterial der sogenannten inneralpinen Bronzezeit-Kultur.

Mittelalter bis heute

Reste eines Rundturms (vermutlich 11./12. Jh.) finden sich bei Rentiel, hochmittelalterliche Burgstellen (ohne Mauerreste) in Montair/Montera und Niederrealta. Mit fünf Grosshöfen in Cazis und am Heinzenberg wurde das Stift Cazis vom 12. Jahrhundert an grösste Grundbesitzerin der linken Talseite. Die Pfarrrechte von St. Martin, eines frühmittelalterlichen Kirchenbaus, gelangten 1156 (erstmals erwähnt) an die Klosterkirche St. Peter. Landesherren waren bis 1337 die Freiherren von Vaz, sodann Werdenberger und Rhäzünser. Die Nachbarschaft Cazis war 1473 Mitinitiantin zur Verbesserung des Viamala-Wegs. Als Teil der Port Imboden profitierte sie vom Transitverkehr, somit auch von der 1818-1823 erbauten Fahrstrasse über den Splügenpass. Bis 1851 war Cazis Teil der Gerichtsgemeinde Thusis; die bischöflichen Rechte waren 1709 ausgekauft worden. Die Rheinkorrektion nach 1830 erschloss Kulturland in Realta. Dort entstanden 1855 die Kantonale Strafanstalt und 1919 die Psychiatrische Klinik. 1896 erhielten Cazis und Rodels-Realta Stationen der Rhätischen Bahn. Seit 1955 führen die Klosterfrauen eine Haushaltungsschule. Der rätoromanische Sprachanteil ist von knapp 60% (1860) auf 5% (2000) gesunken.

Quellen und Literatur

  • Kdm GR 3, 1940 (19752), 178-200
  • JbSGUF 43, 1953, 118 f.; 51, 1964, 97 f.; 53, 1966/67, 99 f.; 56, 1971, 183-185
  • Gem. GR
  • M. Primas, Cazis-Petrushügel in Graubünden, 1985
  • R. Wyss, Die bronzezeitl. Hügelsiedlung Cresta bei Cazis, 2002
Weblinks
Weitere Links
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Zitiervorschlag

Jürg Rageth; Jürg Simonett: "Cazis (Gemeinde)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.12.2016. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001485/2016-12-02/, konsultiert am 29.03.2024.