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Tschlin

Ehemalige politische Gemeinde des Kantons Graubünden, Kreis Ramosch, Bezirk Inn, die das gleichnamige Dorf auf einer Terrasse links des Inns mit den Fraktionen Strada und Martina sowie die Siedlungen San Niclà, Chaflur, Sclamischot und Vinadi umfasst. Sie fusionierte 2013 mit Ramosch zur neuen Gemeinde Valsot. Deutsch Schleins (bis 1943 offizieller Gemeindename). 1835 665 Einwohner; 1850 571; 1900 553; 1930 648; 1950 590; 2000 392.

Bronze- und eisenzeitliche Funde. Im 10. Jahrhundert schenkte Bischof Hildibald dem Domkapitel in Chur einen Hof in Tschlin. Im Hochmittelalter war Tschlin vom Grosshof in Ramosch abhängig; aufgrund der zwei romanischen Kirchen ist von dieser Zeit an ein reges Leben zu vermuten. Die Kirche St. Blasius wurde 1515 als gotischer Bau neu errichtet, vielleicht von Bernardo da Poschiavo; von der Kirche St. Johann Baptista steht seit dem Dorfbrand von 1856 nur noch der Turm. Das Datum der kirchlichen Trennung Tschlins von Ramosch ist unbekannt; die Reformation wurde 1545 eingeführt. 1574-1582 wirkte der Reformator und Historiker Ulrich Campell in Tschlin.

Im Spätmittelalter stiessen Tschlin und Ramosch zur Erschliessung neuer Weidegebiete in die Täler Samnaun und Paznaun vor. 1499 bewahrte Duonna Lupa Tschlin angeblich mit einer List vor der Zerstörung durch ein österreichisches Aufgebot; grosse Schäden fügten Alois Baldirons Truppen dem Ort 1621-1622 zu. 1652 erfolgte der Loskauf von Österreich. Ab 1854 bildete Tschlin eine eigene Gemeinde, deren Grenzverlauf mit Österreich erst 1868 bereinigt wurde. Bis ca. Mitte des 20. Jahrhunderts war der Ackerbau wichtig, danach überwog die Milch- und Fleischproduktion. Vom 15. bis ins 19. Jahrhundert verkaufte der Ort grosse Mengen Holz an die Salinen von Hall im Tirol, die auf dem Schergenbach und dem Inn geflösst wurden. Ende 17. Jahrhundert bestand eine Buchdruckerei, die dann nach Strada verlegt wurde. Tschlin hat Anteil am Zollausschlussgebiet von Samnaun und verfügt in Acla da Fans über entsprechende Einkaufsmöglichkeiten. 2005 stellte der 1. Sektor immer noch 33% der Arbeitsplätze; 76% der Bevölkerung waren 2000 romanisch-, 24% deutschsprachig.

Quellen und Literatur

  • R. Notegen, L'istorgia da Tschlin, 2005
Von der Redaktion ergänzt
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Zitiervorschlag

Paul Eugen Grimm: "Tschlin", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.07.2017. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001528/2017-07-12/, konsultiert am 29.03.2024.