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Samedan

Politische Gemeinde des Kantons Graubünden, Kreis Oberengadin, Bezirk Maloja. Zentral gelegen im Oberengadin am Inn, in der Mitte des Oberengadins. Zur Gemeinde gehört der Weiler Punt Muragl, der hintere Teil des Val Bever und als Exklave fast das ganze Rosegtal. 1137-1139 Samadene (Kopie), 1156 Samadn, deutsch früher Samaden. 1850 412 Einwohner; 1900 967; 1930 1783; 1950 1685; 1970 2574; 2000 3069.

Für 1288 ist im oberen Dorfteil ein Wohnturm nachgewiesen. 1462 wurde Samedan Sitz der niederen Gerichtsbarkeit und gehörte zum Gericht Sur Funtauna Merla. Kirchlich bildete es eine der drei alten Grosspfarreien des Oberengadins. 1491 wurde an den romanischen Turm die spätgotische Kirche St. Peter angebaut. 1551 erfolgte die Einführung der Reformation. Die 1914 abgerissene Kapelle St. Sebastian wurde erstmals 1501 erwähnt, ebenso die St. Antoniuskapelle, an deren Stelle sich die heutige evangelische Pfarrkirche befindet. Ab 1860 wuchs die Gemeinde der Katholiken an, worauf 1911 die katholische Herz-Jesu-Kirche im neuromanischen Stil errichtet wurde. 2000 waren 49% der Bevölkerung reformiert, 39% katholisch.

Im Zuge des Schwabenkriegs brannte das Dorf 1499 ab. Ab dem 16. Jahrhundert gelangten einzelne Familien (v.a. die von Salis und die von Planta) zu grossem Reichtum und liessen im Dorf prächtige Bauten errichten. Den finanziellen Erfolg verdankten sie unter anderem ihren politischen Ämtern in den bündnerischen Untertanengebieten, aber auch der Auswanderung und den fremden Diensten. 1812 wird das erste Spital erwähnt. Handel und Gewerbe entwickelten sich im 19. Jahrhundert früher und stärker als anderswo im Tal. 1830 setzte der Tourismus ein: Hotelbauten entstanden, Berge wurden erstmals bestiegen, englische Touristen liessen 1872 die englische Kirche im neugotischen Stil errichten (1965 abgebrochen), 1893 wurde ein Golfplatz und 1907 die Drahtseilbahn auf Muottas Muragl gebaut. Gleichzeitig entstanden SAC-Hütten. Später erweiterten Campingplätze und Parahotellerie das Angebot. 1888 erfolgte der Bau des Elektrizitätswerks, 1895 jener des Kreisspitals Oberengadin. Banken und eine Druckerei liessen sich in Samedan nieder. 1903 wurde das Dorf an die Rhätische Bahn angeschlossen. In der Folge entwickelte es sich zum wichtigsten Bahnknotenpunkt des Engadins. 1937 wurde der Flugplatz eröffnet. 1943 erfolgte die Errichtung der Familienstiftung der von Planta (Fundaziun de Planta), ein Zentrum für rätoromanische Kultur. Im gleichen Jahr öffnete die evangelische Lehranstalt, die heutige Academia Engiadina, ihre Tore. Irrtümlicherweise wurde das Dorf am 1. Oktober 1943 von amerikanischen Flugzeugen bombardiert (Sachschaden). Nach grossen Überschwemmungen dämmte die Gemeinde den Inn ab den 1920er Jahren verstärkt ein und verlegte 2004 den Fluss Flaz weg vom Dorf ganz auf die rechte Talseite. In den 1980er Jahren wuchs die kommunale Infrastruktur (Schulhaus, Berufsschule, Behindertenheim usw.). Verschiedene kantonale und regionale Ämter nahmen Sitz in Samedan. Mit der Zerstörung alter Bausubstanz und der konjunkturbedingten Entstehung neuer Quartiere und Strassen entwickelte sich das ehemals romanische Bauerndorf zu einem modernen Dienstleistungszentrum, in dem 2000 die deutschsprachige Bevölkerung (43%) stärker vertreten war als die rätoromanische (32%). Samedan ist Sitz des Kulturarchivs Oberengadin (Archiv culturel d'Engiadin'Ota).

Quellen und Literatur

  • Kdm GR 3, 1940 (19752), 374-388
  • D. Kaiser, Das Mini-Imperium des Bergdorfes Samedan, 1979
  • Bündner Ztg., 22.1.1983; 4.6.1988
  • D. Kaiser, Samedan: eine Dorfchronik, 1994
Weblinks
Weitere Links
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Zitiervorschlag

Ottavio Clavuot: "Samedan", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.06.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001542/2012-06-20/, konsultiert am 29.03.2024.