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Schiers

Politische Gemeinde des Kantons Graubünden, Region Prättigau/Davos. Strassendorf im untersten Talkessel des Prättigaus, im Mündungsgebiet des Schraubachs. Zentrum des mittleren und äusseren Tals. Die Gemeinde besteht aus dem Dorf Schiers mit Tersier im Tal und den bäuerlichen Fraktionen Lunden, Fajauna-Stels, Maria-Montagna, Pusserein sowie Schuders rechts der Landquart an den Südhängen. 1101 Scieres, romanisch Aschera. 1780 1110 Einwohner; 1850 1741; 1900 1654; 1950 2312; 2000 2637; 2010 2549.

Ansicht der Realschule und des reformierten Lehrerseminars. Stich von A. Kaufmann, herausgegeben von der Buchhandlung Grubenmann in Chur, um 1840 (Rätisches Museum, Chur).
Ansicht der Realschule und des reformierten Lehrerseminars. Stich von A. Kaufmann, herausgegeben von der Buchhandlung Grubenmann in Chur, um 1840 (Rätisches Museum, Chur). […]

Aus der Bronzezeit stammen ein Einzelfund in Schiers sowie ein Depot- oder Hortfund in Montagna. Eine späteisenzeitliche Siedlung ist auf der Chrea in Schiers nachgewiesen. Aus römischer Zeit datiert ein Münzfund in Montagna. Funde und Befunde in Schiers und Umgebung belegen eine Siedlungskontinuität von der Antike bis ins Frühmittelalter. Im Pfrundgarten kamen 1955-1960 Überreste zweier kleiner frühchristlicher Friedhofskirchen mit über 100 Bestattungen (5.-7. Jh.) zum Vorschein. Durch eine bischöfliche Stiftung um 1100 und Schenkungen aus weltlicher Hand waren die Domherren von Chur im 12. Jahrhundert bedeutendste Grundbesitzer in Schiers geworden. Grundherren waren im 13. Jahrhundert auch die Freiherren von Vaz und die Ritter von Aspermont. Die Hoheitsrechte hatten nach dem Aussterben der Vazer bis 1436 die Grafen von Toggenburg inne, dann die von Montfort und von Matsch, ab 1452 im ganzen Gericht Schiers die Vögte von Matsch. Die österreichische Herrschaft dauerte 1496-1649. Innerhalb des aus der Herrschaft Solavers entstandenen Gerichts Schiers hatte sich aus der geistlichen Grundherrschaft ein Chorherrengericht entwickelt, das 1436 mit der Gerichtsgemeinde Schiers dem Zehngerichtenbund beitrat. 1506 wurde es dem Gericht Schiers einverleibt, das sich 1679 in zwei Halbgerichte teilte. Die Germanisierung vom Rheintal und durch Walser von Davos her war Mitte des 16. Jahrhunderts abgeschlossen. Schiers gehörte bis 2000 zum gleichnamigen Kreis im Bezirk Unterlandquart bzw. 2001-2015 im Bezirk Prättigau/Davos. Die 1101 erstmals erwähnte Kirche St. Johann, damals vermutlich Talkirche, hatte im Spätmittelalter einen Kirchsprengel, der von Seewis im Prättigau bis Küblis reichte; das Kollaturrecht lag bei der weltlichen Herrschaft. Kurz nach der Reformation in Schiers (1563) verliessen die Domherren das Dorf, 1677 verkauften sie ihre letzten Güter und Rechte. Kirche und Dorf wurden zweimal zerstört: 1622 durch ein österreichisches Heer, 1767 durch einen Dorfbrand. Um 1800 waren mindestens 80% der Einwohner mit Viehzucht (Alpwirtschaft) und Ackerbau beschäftigt. Die Bedeutung der Landwirtschaft sank jedoch stetig; 2005 bot sie nur noch 10% der Arbeitsplätze in der Gemeinde, während der 3. Sektor 65% stellte. Die Verkehrsentwicklung (Talstrasse 1849, Bahn 1889, Umfahrung 1967) und die Industrialisierung förderten die Migration. Nach 1945 setzte die Mechanisierung der Landwirtschaft ein. Das alteingesessene Gewerbe (u.a. Orgelbau in der ersten Hälfte des 19. Jh.) wurde im 20. Jahrhundert vielfältig ergänzt (Grossmetzgerei, Buchdruckerei, Holzverarbeitung, Baugewerbe). Als Zentrum des Prättigaus beherbergt Schiers die Evangelische Mittelschule Schiers (1837 als Lehrerseminar gegründet), eine Bäuerinnen- und Haushaltungsschule (seit 1950), ein Tagungszentrum auf Stels, das Regionalspital Prättigau (seit 1881) mit angegliedertem Alters- und Pflegeheim (Flury-Stiftung) sowie die Prättigauer Zeitung (ab 1901, seit 1996 Prättigauer und Herrschäftler).

Quellen und Literatur

  • M. Thöny, Schiers, 1934 (21995)
  • F. Oswald et al., Vorromanische Kirchenbauten, 1966-1971 (21990), 304-305
  • E. Kobler, La commune de Schiers, 1970
  • Archäologie in Graubünden, 1992
  • F. Hitz, «Landesherrschaft und Gemeindekirche, Heterodoxie und politischer Widerstand: Schiers an der Schwelle zur Konfessionalisierung», in Konfessionalisierung und Konfessionskonflikt in Graubünden, 16.-18. Jahrhundert, 2006, 45-77
Von der Redaktion ergänzt
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GND
Kurzinformationen
Ersterwähnung(en)
1101: Scieres
Endonyme/Exonyme
Aschera (romanisch)
Schiers (deutsch)

Zitiervorschlag

Otto Clavuot: "Schiers", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.04.2020. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001609/2020-04-24/, konsultiert am 18.03.2025.