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Trun

Politische Gemeinde des Kantons Graubünden, Kreis Disentis, Bezirk Surselva, die aus dem Hauptort Trun, den Weilern und Höfen Cumadé, Bardigliun, Campliun, Gravas, Caltgadira, Cartatscha, Flutginas, Darvella Dadens sowie der Fraktion Zignau besteht und seit 2012 auch die ehemalige Gemeinde Schlans umfasst. Der Ort ist seit jeher von Lawinen (Munt, Cavistrau), Rüfen und Hochwasser (Zavragia, Zinzera, Rhein) bedroht. 765 Tauronto (Kopie), deutsch Truns. 1850 1047 Einwohner; 1900 974, 1950 1598, 2000 1322.

Eine bronzezeitliche Siedlung (um 1200 v.Chr.) wurde in Caltgeras nördlich der Strasse Trun-Darvella, eine prähistorische Nekropole in Darvella und eine hallstättische Siedlung (ab 400 v.Chr.) bei Grepault entdeckt. Siedlungskontinuität bezeugen eine frühmittelalterliche Wehrmauer am selben Ort und eine Saalkirche aus dem 6. oder 7. Jahrhundert. Die Kolonisation des Trunser Beckens war spätestens im Frühmittelalter abgeschlossen. Bischof Tello schenkte der Abtei Disentis 765 drei zum Schlanser Hof gehörende Kolonen in Trun. Vom Mittelalter an bildete Trun als Nachbarschaft der Cadi in dessen Gericht (cumin) zusammen mit Sumvitg den vierten Hof. Klosterburgen – der Burgturm Cartatscha ob Trun (um 1100), die Burg Friberg (rätoromanisch Farbertg) an der Strasse nach Schlans (ca. 1248), Ringgenberg (erwähnt 1283) und Phiesel – grenzten den Gottesstaat bei Trun gegen die Herrschaft Waltensburg bzw. Jörgenberg ab; sie sind zu Ruinen zerfallen. 765 wird ein Presbyter Sylvanus in Trun erwähnt, 1272 das auf die fränkische Zeit weisende Martinspatrozinium. Die Kollatur lag bis 1631 bei der Abtei Disentis. Eine Filialkirche stand in Zignau. 1663-1664 wurde die heute noch bedeutende Wallfahrtskirche Maria Licht in Acladira (Benefiziat) gebaut. Trun war Gründungsort des Oberen bzw. Grauen Bundes, bis 1798 dessen Gerichts- und bis 1814 dessen Tagungsort (Jörgentag). An die frühere zentralörtliche Bedeutung erinnern der Ahorn, Symbol der errungenen Freiheit, unter dem der Bundsbrief 1424 beschworen und bis 1778 periodisch erneuert wurde, die 1500 erwähnte Kapelle St. Anna, die 1701 um eine Vorhalle mit historischen Gedenkbildern erweitert wurde, und die Cuort Ligia Grischa, der ehemalige Klosterhof, in dem von 1428 an der Bundstag des Grauen Bundes abgehalten wurde (zu Beginn des 21. Jh. im Besitz der Stiftung Cuort Ligia Grischa, die dort das Museum Sursilvan untergebracht hat). 1739 kaufte Trun den Klosterzehnten aus. Vom 16. bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Silber auf der Alp Nadels sowie Eisen- und Kupfererz auf der Alp Punteglias abgebaut. Trun war während der Helvetik Hauptort des Distrikts Rheinquellen und Sitz der Präfektur des Kantons Rhätien. 1851 wurde es Sitz des Bezirksgerichts Vorderrhein. Bis 1912 beherbergte es eine wichtige Pferdepoststation. In Trun lag auch das älteste und grösste Industrieunternehmen der Surselva: Die 1863 errichtete Schafwollspinnerei und Weberei ging 1868 wieder ein. Auf sie folgte 1875 eine Papierfabrik und 1912 die Tuchfabrik Truns AG (Konkurs 2001). Diese Industrie und der Anschluss an die Rhätische Bahn 1912 bewirkten einen grossen Innovations- und Bevölkerungsschub. Fabrikarbeit und Bauhandwerk wurden dominant, während die Anzahl der Bauernbetriebe stetig zurückging. Seit dem 19. Jahrhundert verzeichnet Trun einen bescheidenen Bildungstourismus und seit den 1960er Jahren profitiert es von den nahe gelegenen Wintersportzentren der Surselva. Bei der St. Annakapelle befindet sich der Curtin d'honur (Ehrengarten) für herausragende Persönlichkeiten aus dem Gebiet des ehemaligen Grauen Bundes. 1966 wurde das Armenhaus von 1889 durch ein Altersheim ersetzt, 1977 das Behindertenheim Casa Depuoz errichtet. 2000 waren ca. 81% der Bevölkerung romanisch- und 15% deutschsprachig.

Quellen und Literatur

  • P.A. Vincenz, «Historia della vischnaunca de Trun», in Annalas 54, 1940, 1-80; 55, 1941, 1-66
  • Kdm GR 4, 1942 (19752), 411-450
  • Gem. GR
  • C. Tomaschett, Die Orts- und Flurnamen der Gem. Trun, 1991
  • A. Collenberg, Drei Berggem. – drei Entwicklungen: Trun, Andeer und Saas i.P. (1850-1950), 2002
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Zitiervorschlag

Adolf Collenberg: "Trun", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 07.01.2014. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001619/2014-01-07/, konsultiert am 10.11.2024.