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Gebenstorf

Politische Gemeinde des Kantons Aargau, Bezirk Baden, an den Mündungen von Reuss und Limmat in die Aare gelegen, bestehend aus dem gleichnamigen Dorf alemannischen Ursprungs, dem Weiler Reuss an der Fähre nach Windisch, dem Dorf Vogelsang in der Flussniederung und den hochmittelalterlichen Rodungshöfen Petersberg und Schwabenberg. Bis zu ihrer Loslösung 1884 gehörten auch das im 19. Jahrhundert entstandene Fabrikdorf Turgi und die alemannische Siedlung Wil zu Gebenstorf. 1247 Gobistorf. 1798 630 Einwohner; 1880 2435; 1888 (ohne Turgi und Wil) 1570; 1900 1574; 1950 2110; 1990 4079; 2000 4182; 2010 4649; 2020 5479.

Gebenstorf: Situationskarte 2023 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2023 HLS.
Gebenstorf: Situationskarte 2023 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2023 HLS.

Aus der Bronzezeit sind Einzelfunde überliefert. Ein römischer Meilenstein (heute im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich) stand in Wil an der Strasse Windisch-Baden, die wie die heutige Hauptstrasse auf der schmalen Schotterterrasse am Fuss des Gebenstorfer Horns verlief. 1330 übertrugen die Habsburger ihre 1247 erwähnte Kirche und ihren Besitz in Gebenstorf dem Kloster Königsfelden, das von nun an der wichtigste Grundherr war. In habsburgischer Zeit gehörte das Dorf zum Amt Baden, nach der Eroberung des Aargaus 1415 wurde es Teil des inneren Amts Gebenstorf in der Grafschaft Baden (1415-1798). Nach der Reformation blieb Gebenstorf paritätisch. Die Katholiken, die rund ein Drittel der Einwohner ausmachten, wurden in der von beiden Konfessionen genutzten Kirche (Kirchgemeinde, Pfarrei) von Gebenstorf durch den Pfarrer von Birmenstorf betreut. 1889 entstand eine katholische, 1891 eine neue reformierte Kirche. Die Schulen blieben bis 1895 konfessionell getrennt. Seit 1911 besteht die katholische Kirchgemeinde Gebenstorf-Turgi, die seit 1950 als katholische Gesamtkirchgemeinde die Pfarreien Gebenstorf und Turgi umfasst.

Luftaufnahme des Dorfteils Vogelsang aus den 1920er Jahren, gegen Norden (Sammlung Arthur Luthiger, Oberrohrdorf).
Luftaufnahme des Dorfteils Vogelsang aus den 1920er Jahren, gegen Norden (Sammlung Arthur Luthiger, Oberrohrdorf). […]

Bis zur Industrialisierung lebte die Bevölkerung hauptsächlich vom Ackerbau und teilweise von Flussschifffahrt und Fischerei. Mit der Eröffnung grosser mechanischer Baumwollspinnereien in Turgi (Familie Bebié, 1828-1962) und Windisch (Kunz, 1829-2000) verdoppelte sich in den 1830er Jahren die Einwohnerschaft. In Turgi bildete sich ein proletarisch geprägtes Fabrikdorf (Arbeitersiedlungen), das 1856 den einzigen Bahnhof der Gemeinde erhielt. Der Gegensatz zwischen Alteingesessenen und Zugezogenen eskalierte in der 1884 vollzogenen Gemeindetrennung. Gebenstorf blieb eine Arbeitergemeinde. Eine 1862 in Vogelsang gegründete Spinnerei wurde 1899 in eine Metallwarenfabrik umgewandelt (Metallverarbeitende Handwerke), den grössten Betrieb in der verkleinerten Gemeinde (1909-1998 BAG Turgi, eine der grössten Leuchtenfabriken der Schweiz; Beleuchtung). Der Pendelverkehr in die Spinnereien von Turgi und Windisch sowie nach Baden (Brown Boveri & Cie.) blieb jedoch vorherrschend. 1910-1970 lag der Beschäftigtenanteil des 2. Sektors stets zwischen 70 und 80%. 2000 betrug er weniger als ein Viertel, während zwei Drittel der Stellen in Gebenstorf dem 3. Sektor zufielen.

Quellen und Literatur

  • Haller, Adolf: Gebenstorf. Im Flug durch die Jahrhunderte, 1971.
  • Sauerländer, Dominik; Steigmeier, Andreas: «Wohlhabenheit wird nur Wenigen zu Theil». Aus der Geschichte der Gemeinde Gebenstorf, 1997.
Von der Redaktion ergänzt
Weblinks
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VIAF
Kurzinformationen
Ersterwähnung(en)
1247: Gobistorf

Zitiervorschlag

Andreas Steigmeier: "Gebenstorf", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 16.12.2024. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001640/2024-12-16/, konsultiert am 19.04.2025.