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Windisch

Politische Gemeinde des Kantons Aargau, Bezirk Brugg. Zwischen Aare und Reuss gelegen, bestand Windisch ursprünglich aus den Strassendörfern Windisch und Oberburg, den Einzelhöfen Fahrgut, Schürhof, Lindhof, Bachtalen und dem Areal Königsfelden, die inzwischen teilweise zusammengewachsen sind. Römischer Name Vindonissa, 1064 Vinse, 1175 Vindisse. Bis ins 19. Jahrhundert lautete der offizielle Name Windisch und Oberburg. 1529 33 Haushaltungen; 1578 61; 1736 77; 1736 402 Einwohner; 1815 661; 1850 1287; 1880 2052; 1900 2389; 1910 3231; 1950 4363; 1980 7598; 2000 6650.

Im Mittelalter gehörte Windisch zum habsburgischen Eigenamt. Die Habsburger besassen hier eine dichte Grundherrschaft mit einem Meierhof sowie die hohe und niedere Gerichtsbarkeit. Sie gründeten 1309 zum Gedenken an die Ermordung König Albrechts I. (1308) mitten im Gemeindebann das Kloster Königsfelden und dadurch ein neues politisches Zentrum unter der Königin Agnes von Ungarn. Grundherrschaft und Kirche Windisch gingen an das Kloster über, Hoch- und Niedergericht 1348 an Agnes von Ungarn, 1411 an das Kloster. Die habsburgische Eigenkirche (in der Antike eventuell Martins-, im Mittelalter Marienpatrozinium) geht historisch auf die Bischofskirche des 6. Jahrhunderts zurück, der heutige Bau mit spätromanischem Schiff und gotischem Chor wurde 1310-1330 errichtet. Das Beinhaus baute man 1793 zum Schulhaus um. 1965 wurde wiederum eine Marienpfarrei (katholische Kirchgemeinde Brugg) gegründet und eine Kirche eingeweiht.

Nach der Eroberung durch Bern und der Einführung der Reformation (1528) diente das aufgehobene Kloster bis 1798 als Residenz der Berner Landvögte (Hofmeister). Leute aus Windisch wurden hier als Knechte, Mägde und Handwerker beschäftigt, die Armen mit Almosen bedacht. Haupterwerbsgrundlage blieb, neben Handwerk, Fährbetrieb, Fischerei, Schiffahrt, Taverne und Eisenerzabbau beim Lindhof, der Ackerbau. Über die Reuss führte eine Fähre als Teil der Landstrasse Bern-Zürich; seit 1799 steht hier eine Brücke. Pestepidemien (1667 fielen 60% der Bevölkerung der Seuche zum Opfer) und die restriktive Zuwanderungspolitik der Gemeinde bremsten das demografische Wachstum. Dennoch erfolgte im 18. Jahrhundert mit dem Auftreten neuer Erwerbszweige eine bedeutende Bevölkerungszunahme: Kappen- und Strumpfwirkerei in Heimindustrie (1806 31 Meister in Windisch) und neue Wasserkraftnutzungen mit Flussverbauungen in Aare und Reuss (Lohstampfe, Öle, Strumpfwalke, Gips- und Getreidemühlen). Gleichzeitig erfuhr die Landwirtschaft eine Intensivierung. Mit den Nachbarn des Städtchens Brugg bestanden jahrhundertelange Konflikte um Weiderechte, städtische Monopole, Steuerpflicht und vor allem den Verlauf der Gemeindegrenze. 1863 trat Windisch 45 ha Gemeindebann an Brugg ab.

Das 19. Jahrhundert brachte wirtschaftliche Veränderungen: 1825 gründete Heinrich Kunz eine Baumwollspinnerei (1846 567 Beschäftigte). Man baute Arbeiterwohnhäuser und eine Fabrikschule. 1804 wurde Königsfelden in ein Kantonsspital umgewandelt (1872 erfolgte der Neubau, seit 1887 psychiatrische Klinik). Mit dem Bau des Eisenbahnnetzes wurden Brugg und Windisch zum Bahnknotenpunkt mit grosser Depot- und Reparaturwerkstätte (v.a. für Dampflokomotiven). Diese Neuerungen bewirkten die Zuwanderung von Fabrikarbeitern, Pflegepersonal und Bahnangestellten, ab 1890 verstärkt durch den Aufbau der Industrie in Brugg. Dies führte zu einer Umstrukturierung der Bevölkerung: So sank der Ortsbürgeranteil von 88% (1815) über 55% (1837) und 21% (1900) auf 4% (1970), der Anteil der Katholiken stieg von 9% (1850) auf 45% (1970). Die Landwirtschaft beschäftigte 2005 nur noch 0,7% der Erwerbstätigen. Seit 1965 ist Windisch Sitz einer Höheren Technischen Lehranstalt (heute Fachhochschule). Die veränderte Bevölkerungsstruktur führte zu politischen Verlagerungen zugunsten der SP (1921-1949 war die Zeit des "roten Windisch"). Das Siedlungsgebiet wurde im 20. Jahrhundert erweitert. Bei ausgeprägter Betonung der politischen Eigenständigkeit wuchs Windisch baulich und wirtschaftlich mit Brugg zusammen.

Quellen und Literatur

  • M. Baumann, Gesch. von Windisch, 1983
Von der Redaktion ergänzt

Zitiervorschlag

Max Baumann: "Windisch", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 04.11.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001715/2013-11-04/, konsultiert am 07.10.2024.