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Bichelsee

Ehemalige Orts- und Munizipalgemeinde des Kantons Thurgau, seit 1996 politische Gemeinde Bichelsee-Balterswil, Bezirk Münchwilen. Die Munizipalgemeinde Bichelsee bestand 1803-1995 und umfasste die Ortsgemeinden Bichelsee und Balterswil. Zur Ortsgemeinde Bichelsee zählten die an der Strasse von Turbenthal nach Wil (SG) gelegene Haufensiedlung Bichelsee, die Weiler Höfli und Niederhofen am Bichelsee sowie Itaslen. 894 Pichelense. Ehemalige Munizipalgemeinde Bichelsee: 1850 1071 Einwohner; 1870 953; 1900 1205; 1910 1442; 1950 1417; 1970 1554; 1990 2065. Ehemalige Ortsgemeinde Bichelsee: 1870 605 Einwohner; 1900 728; 1910 782; 1950 691; 1970 696; 1990 935.

Durch Schenkung der Udalrichinger gelangte Bichelsee im Frühmittelalter an das Kloster St. Gallen. Im Hochmittelalter liessen sich die im Dienste des Klosters stehenden Herren von Bichelsee auf der Feste (Alt-)Bichelsee nieder. Im frühen 13. Jahrhundert erbauten sie Neu-Bichelsee, das bereits 1274 von den Habsburgern zerstört wurde. 1358 erwarb Hermann IV. von Landenberg-Greifensee Alt-Bichelsee sowie sämtliche Rechte und Besitzungen inklusive die Vogtei Balterswil. 1407 wurde Alt-Bichelsee von den Appenzellern niedergebrannt. Nach dem Wiederaufbau kaufte die Abtei Fischingen 1419-1421 Burg, Herrschaft und Pfarrei (Inkorporation), so dass Bichelsee bis 1798 zum alten Fischinger Gericht gehörte – jedoch ohne das im Tannegger Amt gelegene und bis 1812 selbstständige Itaslen. Die ab 1275 belegte Pfarrei und die Nikolauskirche (später Blasius-Patrozinium) entstanden vermutlich im 12. Jahrhundert. Unter Führung des Klosters Fischingen, das die Gemeinde bis 1769 kirchlich versorgte, wurde Bichelsee 1529 reformiert, ab 1542 aber wieder rekatholisiert. Die evangelische Kirchgemeinde ist seit 1550 Filiale von Dussnang. Die Blasiuskirche blieb aber, auch nach dem Neubau von 1864, bis zur Auflösung des Simultanverhältnisses 1954 in simultanem Gebrauch. 1960 wurde die evangelische Kirche gemäss dem Proportionssystem Le Corbusiers erbaut. Landwirtschaft und Kleingewerbe prägten noch Ende des 20. Jahrhunderts das Erwerbsleben. Acker- und Obstbau wurden Ende des 19. Jahrhunderts von der Milchwirtschaft abgelöst; 1979 begannen in der Munizipalgemeinde umfangreiche Güterzusammenlegungen. Hausweberei bzw. Stickerei boten im frühen 19. Jahrhundert bzw. um 1900 Nebenverdienst. 1899 gründete Johann Evangelist Traber in Bichelsee die erste schweizerische Raiffeisenkasse. Grösster Arbeitgeber ist die aus einer Stickerei (gegründet 1908) hervorgegangene Strickwarenfabrik Traxler AG. Mit der nach 1970 einsetzenden Zuwanderung und zahlreichen neuen Einfamilienhäusern wurde Bichelsee zur ländlichen Wohngemeinde (Ortsgemeinde Bichelsee 1990 62% Wegpendler).

Quellen und Literatur

  • R. Braun, Die Gesch. der Herrschaft und Gem. Bichelsee, 1925
  • H. Specker, Gesch. der kath. Pfarrei Bichelsee, 1956
  • M. Gmünder, 1100 Jahre Bichelsee, 894-1994, 1994
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Gregor Spuhler: "Bichelsee", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 28.04.2004. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001950/2004-04-28/, konsultiert am 29.03.2024.