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Eschenz

Politische Gemeinde des Kantons Thurgau, Bezirk Frauenfeld. Eschenz mit Schloss Freudenfels (seit 1812) und der Insel Werd liegt am Ausfluss des Untersees in den Rhein und ist heute räumlich nahezu mit Stein am Rhein (Ortsteil Burg) zusammengewachsen. 1851 wurde die Munizipalgemeinde Hüttwilen von der Munizipalgemeinde Eschenz abgetrennt. 155 Taxaition, 799 in castro Exsientie, 972 Aschenza. 1831 2115 Einwohner; 1860 (nach der Abtrennung von Hüttwilen) 1009; 1900 929; 1950 1101; 2000 1513; 2010 1668; 2020 1868.

Eschenz: Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.
Eschenz: Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.

Vorrömische Zeit

Die bis anhin bekannt gewordenen prähistorischen Ufersiedlungen auf der Insel Werd und in den «Seeäckern» (nordöstlich von Eschenz) zeichnen sich durch ein umfangreiches Fundmaterial aus, das wesentlich zur Klärung der Siedlungsgeschichte im engeren Bodenseeraum beitrug. Die beiden im Ausflussbereich von Untersee und Hochrhein gelegenen Werdinseln verdanken ihre Entstehung postglazialen Kalkablagerungen. Natürliche Furtenbildungen im Rhein begünstigten die Siedlungstätigkeit über nahezu sämtliche ur- und frühgeschichtliche Epochen.

1858 wurde der Siedlungsplatz auf der Hauptinsel entdeckt. Der Grabungskampagne 1882-1883 durch Bernhard Schenk folgten 1931-1936 umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen durch Karl Keller-Tarnuzzer sowie 1962 kleinere Sondierungen in der Otmarskapelle. Die erste Besiedlung der Insel erfolgte kurz nach 4000 v.Chr. (frühe Pfyner Kultur) und fällt mit dem Siedlungsaufkommen in den voralpinen Feuchtgebieten zu Beginn des Jungneolithikums zusammen. Eine zweite Siedlungsphase (späte Pfyner Kultur) setzte nach längerem Unterbruch vor der Mitte des 4. Jahrtausends ein. Nach einer dritten Siedlungsphase (Horgener Kultur, zweite Hälfte 4. Jt.) dürfte ein Anstieg des Seespiegels – dies dokumentieren mächtige Seekreidelagen – die gesamte Insel unter Wasser gesetzt haben. Mit einer schnurkeramischen Niederlassung (Schnurkeramikkultur) in der ersten Hälfte des 3. Jahrtausends endete die neolithische Siedlungstätigkeit; erst im mittleren Abschnitt der Spätbronzezeit (11. Jh. v.Chr.) sind wieder Siedlungsspuren auszumachen. Wiederum belegt ein Überschwemmungshorizont im Schichtenprofil der Insel einen Siedlungsunterbruch und trennt die Kulturschichtablagerungen aus der Schlussphase der Spätbronzezeit (9. Jh. v.Chr.). Zahlreiche gefundene Pferdezaumbestandteile lassen vermuten, die Insel sei dank ihrer günstigen Verkehrslage ein Umschlagplatz gewesen. Seit 2011 gehört die Fundstelle Insel Werd zum Unesco-Welterbe «Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen».

Von der römischen Zeit bis in die Gegenwart

Der römische Vicus Tasgetium, der sich südlich der Rheinbrücke entwickelte und seinen Höhenpunkt vermutlich im 2. und 3. Jahrhundert erlebte, hatte seinen Kern in Untereschenz. Ihre Fortsetzung fand diese Siedlung im Kastell auf Burg, das zusammen mit denjenigen in Pfyn sowie Arbon im 4. Jahrhundert die römische Grenzverteidigung im Bodenseeraum gewährleistete.

958 kam Eschenz an das Kloster Einsiedeln; die Offnung datiert von 1296. 1623-1798 übte der Statthalter des Klosters auf Schloss Freudenfels die niedere Gerichtsbarkeit im Dorf aus. Die Pfarrei Eschenz wurde 1362 dem Stift Einsiedeln inkorporiert. Während der Reformation (1525-1529) trat die Gemeinde zum neuen Glauben über. Im Zuge der um 1560 erfolgten Rekatholisierung wurde die reformierte Bevölkerung zur Minderheit und in die benachbarte Kirchgemeinde Burg verwiesen; der Friedhof in Eschenz wurde bis 1690 paritätisch genutzt. 1851 erfolgte die Abtrennung der jenseits des Seerückens gelegenen Munizipalgemeinde Hüttwilen von der Munizipalgemeinde Eschenz. Die Munizipal- und die Ortsgemeinde Eschenz, räumlich identisch, wurden 1870 zur Einheitsgemeinde Eschenz zusammengelegt. Eschenz gehörte in der Helvetik zum Distrikt sowie 1803-2010 zum Bezirk Steckborn. Die Papiermühle in Eschenz, die mindestens bis ins Jahr 1679 zurückgeht und vermutlich älter ist, war 1835 noch in Betrieb. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts lösten Viehwirtschaft, Acker- und Obstbau den Rebbau und die Fischerei ab. In Eschenz gelang mit Ausnahme der Unipektin AG, die in der Nahrungsmittelbranche tätig ist, die Ansiedlung von Industrie nicht. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts prägten Gewerbebetriebe und zahlreiche Wohnbauten das Dorfbild.

Quellen und Literatur

  • Netzhammer, Raymund: Die Insel Werd bei Eschenz, Kt. Thurgau. Aus der Geschichte einer Pfahlbauerinsel, 19342.
  • Netzhammer, Raymund: Eschenz. Geschichtliches aus Dorf und Pfarrei, 1938.
  • Hardmeyer, Barbara; Hasenfratz, Albin et al.: Eschenz, Insel Werd, 4 Bde., 1983-1989.
  • Winiger, Josef; Hasenfratz, Albin: Ufersiedlungen am Bodensee. Archäologische Untersuchungen im Kanton Thurgau, 1981-1983, 1985.
Von der Redaktion ergänzt
  • Erni, Peter; Raimann, Alfons: Der Bezirk Steckborn, 2001, S. 24-51 (Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, 6).
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Verena Rothenbühler; Albin Hasenfratz: "Eschenz", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 28.06.2021. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001973/2021-06-28/, konsultiert am 19.03.2024.