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Agno

Politische Gemeinde des Kantons Tessin, Bezirk Lugano, mit den Fraktionen Cassina, Mondonico und Serocca, Zentrum des Malcantone, früher Kirchenort und weltlicher Hauptort der ehemaligen Pieve Agno. 818 Anium, deutsch früher Eng. 1591 158 Haushalte; 1801 575 Einwohner; 1850 911; 1900 723; 1950 909; 2000 3655; 2010 3981.

Gemeinde

Aufgrund seiner verkehrsgünstigen Lage am Nordende eines Arms des Luganersees und an der Strasse von Varese über Ponte Tresa zum Monte Ceneri war Agno möglicherweise Mittelpunkt eines römischen Pagus (archäologische Funde im örtlichen Museo plebano). Mehrere Marktprivilegien belegen die Rolle Agnos als altes Handelszentrum und noch immer wird der Jahrmarkt Fiera di San Provino am zweiten Montag im März abgehalten. Zum Besitz des Erzbischofs von Mailand gehörte im Mittelalter auch ein Fischereirecht, das später an den Bischof von Como, dann in lokalen Privatbesitz überging und schliesslich 1843 durch die kantonalen Behörden aufgehoben wurde. Die Stiftskirche San Giovanni Battista, in der Reliquien des Schutzpatrons San Provino – des zweiten Bischofs von Como – aufbewahrt werden, steht auf den Fundamenten eines romanischen Vorgängerbaus. Am Fuss der Kirche lag der älteste Dorfkern, der sich später  gegen den Hügel und vor allem in der Ebene und entlang der Strassenachsen ausdehnte. Durch die Korrektur des Flusses Vedeggio 1906 und die Trockenlegung der Ebene von Agno, mit der schon im 19. Jahrhundert begonnen worden war, vergrösserte die Gemeinde ihre nutzbare Fläche beträchtlich, die anfänglich vor allem als Agrarland diente. Die rasche Ausbreitung von Industrie und Gewerbe nach dem Zweiten Weltkrieg und des Tourismus als Wirtschaftsfaktor widerspiegelten sich ab 1960 im Bevölkerungswachstum. Der Flugplatz von Agno fertigte ab 1980 Linienflüge ab und steigerte seine Bedeutung aufgrund des Tourismus und des wachsenden Finanzplatzes in Lugano (1990 16’270 Flüge und mehr als 300’000 Passagiere), bis er sich mit immer grösseren Problemen konfrontiert sah.

Pieve

Die Entstehung der Pieve Agno steht im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Christentums in spätrömischer Zeit entlang der Achse Mailand-Como-Riva San Vitale. Die Johannes dem Täufer geweihte Stiftskirche weist auf ihre ursprüngliche Funktion als Taufkirche hin. Die Urkunden von 735 und 818 (Schenkungsurkunde Kaiser Ludwig des Frommen) bezeugen die Existenz eines kirchlichen Zentrums. Ursprünglich vermutlich eine ambrosianische Gründung, gelangte Agno wahrscheinlich 1002-1004 in den Besitz des Bischofs von Como. Ein Stiftskapitel wird 1192 erstmals erwähnt; erster bekannter Propst ist Guilielmus de Merchurolo (1288). Aufschluss über die Ausdehnung der Pfarrei (von Bironico bis Marchirolo) gibt die Pergamenthandschrift «pergamena di Sessa» (1352). Die Visitationsakten des Bischofs Giovanni Antonio Volpe von Como (1571) überliefern einen detaillierten Bericht über die Güter der zur Pieve gehörenden Pfarreien und Unterpfarreien. Auf eidgenössischem Gebiet lagen Agno, Aranno, Arosio, Astano, Bedigliora, Bironico, Bioggio, Bosco Luganese, Breno, Cademario, Camignolo, Caslano, Castelrotto, Curio, Isone, Magliaso, Medeglia, Mezzovico, Miglieglia, Mugena, Muzzano, Neggio, Novaggio, Ponte Tresa, Pura, Rivera, Robasacco, Sant'Abbondio (Gentilino und Montagnola), Santa Maria (Iseo und Cimo), Sessa, Sigirino, San Pietro di Gravesano, Torricella, Vernate, Vezio und Vira. Zur Pieve gehörten zudem die heute auf italienischem Gebiet liegenden Pfarreien Arbizzo, Ardena, Cadegliano, Cremenaga, Cugliate, Fabiasco, Lavena, Marchirolo, Marzio und Viconago. Mit Ausnahme von Cremenaga blieben sämtliche Pfarreien bis 1633 Teil der Pieve Agno. In weltlicher Hinsicht gehörte die Pieve erst zu Como, später zum Herzogtum Mailand. Anfang des 15. Jahrhunderts wurde sie Teil der communitas Vallis Lugani und ernannte eigene Vertreter in den Rat der Vogtei. Mit der Mediationsakte von 1803 verlor die Pieve ihre politische Bedeutung gänzlich.

Quellen und Literatur

  • Comune parrocchiale di Agno, Agno, Archivio capitolare.
  • Maspoli, Enrico: La pieve di Agno. Memorie storiche, 1917 (Neuausgabe 2003).
  • Boldini, Rinaldo; Borella, Pierluigi et al. (Hg.): Le chiese collegiate della Svizzera italiana, 1984, S. 38-50 (Helvetia Sacra, II/1).
Von der Redaktion ergänzt
Weblinks
Normdateien
GND
Kurzinformationen
Ersterwähnung(en)
818: Anium
Endonyme/Exonyme
Eng (deutsch nicht mehr gebräuchlich)

Zitiervorschlag

Bernardino Croci Maspoli: "Agno", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 30.06.2009, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002130/2009-06-30/, konsultiert am 28.03.2024.