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Stabio

Politische Gemeinde des Kantons Tessin, Bezirk Mendrisio, an der italienischen Grenze gelegen, mit den Ortsteilen San Pietro und Gaggiolo. 1067 Stabio. 1591 500 Einwohner; 1643 660; 1723 827; 1801 1060; 1850 1780; 1900 2255; 1950 1796; 2000 3627.

Stabio: Situationskarte 2022 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2022 HLS.
Stabio: Situationskarte 2022 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2022 HLS.

Grabungen im Gebiet von San Pietro belegen eine Siedlungskontinuität von ca. 400 v.Chr. bis ins 7. Jahrhundert. Auf die Bestattungen aus der Eisenzeit folgen ein Gräberfeld und herrschaftliche Siedlungsstrukturen aus der Römerzeit, Spuren des Merkurkults und zahlreiche langobardische Gräber. 1999 wurden die reichhaltigen Grabbeigaben eines langobardischen Kriegers entdeckt. 1181 trat die Familie Orelli von Locarno die Zehntrechte in der Region dem Bischof von Como ab. 1275 besassen unter anderen die Benediktinerabteien Sant'Abbondio in Como und Sant'Ambrogio in Mailand Güter und Rechte in Stabio. Kirchlich gehörte Stabio zum Vikariat Mendrisio, von dem es sich vor 1575 trennte. Die alte Pfarrkirche Santi Pietro e Lucia, die auf das 7. Jahrhundert zurückgeht, wurde im 12. und 13. Jahrhundert neu gebaut. Die 1275 erwähnte heutige Pfarrkirche Santi Giacomo e Cristoforo martire wurde Ende des 16. Jahrhunderts neu errichtet und im 18. und 20. Jahrhundert erweitert. Haupterwerbszweige waren Ackerbau, Viehzucht und Rebbau. Dazu kam die Auswanderung von Handwerkern und Künstlern, zuerst in die Städte Nord- und Mittelitaliens, später nach Übersee. Am 22. Oktober 1876 ereigneten sich in Stabio schwere Ausschreitungen zwischen Konservativen und Liberalen, die drei Todesopfer forderten (sogenannte Schiesserei von Stabio) und zu einer eidgenössischen Intervention führten. Der anschliessende Prozess erregte grosses Aufsehen.

Farblithografie in Erinnerung an die Ereignisse in Stabio vom 22. Oktober 1876 (Archivio di Stato del Cantone Ticino, Bellinzona).
Farblithografie in Erinnerung an die Ereignisse in Stabio vom 22. Oktober 1876 (Archivio di Stato del Cantone Ticino, Bellinzona). […]

Im 19. Jahrhundert entwickelten sich die Seidenspinnerei und später die Tabakindustrie. Die erste Fabrik in Stabio war die 1902 gegründete Hemdenfabrik Realini, die 1976 von der Gruppe Ermenegildo Zegna übernommen wurde (2005 ca. 900 Mitarbeitende). Die um 1850 entdeckten Thermalquellen von Stabio führten zur Einrichtung einiger Bäder; deren Wasser wurde noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu therapeutischen Zwecken genutzt. 1926 wurde die Bahnlinie Stabio-Mendrisio eröffnet, der Betrieb nach nur zwei Jahren aber wieder eingestellt. Seit den 1960er Jahren erlebt die Gemeinde einen industriellen Aufschwung in den Branchen Lebensmittel, Maschinenbau, Textilien und Bekleidung sowie Elektro- und Hybridfahrzeuge. Stark entwickelt haben sich auch der Wohnungs- und mit dem Zollfreilager sowie den Grenzübergängen Gaggiolo und Clivio der Strassenbau. 2005 entfielen 73% der überwiegend von Grenzgängern besetzten Arbeitsplätze in der Gemeinde auf den 2. Sektor. Seit 1981 beherbergt Stabio das Museum der bäuerlichen Kultur des Mendrisiotto.

Quellen und Literatur

  • ISOS TI 1, 2005, 233-253
  • C. Pastore, «Archeologia a Stabio», in AST 138, 2005, 309-318
  • Stabio antica, hg. von R. Cardani Vergani, S. Pescia, 2006
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Stefania Bianchi: "Stabio", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 30.06.2022, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002245/2022-06-30/, konsultiert am 28.03.2024.