Politische Gemeinde VD, Bezirk Broye-Vully, seit 2011 mit Oulens-sur-Lucens sowie seit 2017 mit Brenles, Chesalles-sur-Moudon, Cremin, Forel-sur-Lucens und Sarzens. An der Broye gelegen. 964 in villa Losingus, dt. früher Losingen. 1850 892 Einw.; 1900 1'517; 1950 1'621; 2000 2'221. Durch Flugprospektion wurden Spuren einer röm. Strasse festgestellt. In Vallon des Vaux fanden sich Reste ma. Festungen. L. gehörte dem Bf. von Lausanne und entwickelte sich auf Kosten von Curtilles, das am rechten Ufer der Broye liegt. Das Schloss von L. wurde im 12. Jh. mehrmals zerstört und wieder aufgebaut, 1476 verwüsteten es die Eidgenossen. Seine strateg. Lage ermöglichte die Kontrolle des Broyetals, das einen wichtigen Durchgangskorridor darstellte, und der zahlreichen Besitzungen des Bischofs in der Region. Vom MA bis 1536 diente es als bischöfl. Residenz. Unter der Berner Herrschaft (1536-1798) war L. Vogteisitz: 1542 bezog der Vogt von Moudon das Schloss, das 1579-86 vergrössert wurde und als Zeughaus und Feste an der Grenze zu Freiburg diente. Später gelangte es in den Besitz des Kantons, der es 1801 an versch. Private verkaufte. 1925 wurde es in ein ref. Töchterinstitut umgewandelt, 1965-70 war es Sitz der Stiftung Conan Doyle und blieb auch danach in privater Hand. Pfarrgenössig war das Dorf stets nach Curtilles. Die Kapelle St. Agnes entstand Ende des 14. Jh. und enthält Fresken aus dem 15. Jh. Das Spital und das Siechenhaus wurden um 1350 gebaut. Das alte Zehntenhaus von 1647 trägt den Namen Belle-Maison. Die Brücke über die Broye wurde etliche Male neu erbaut und ist seit 1612 aus Stein. 1798-2006 gehörte L. zum Bezirk Moudon. Ende 19. Jh. löste die Industrie den Tabak- und Kartoffelanbau ab. Mit der Gründung der Edelsteinschleiferei durch Louis-Edouard Junod 1862 begann der wirtschaftl. Aufschwung. Eine Glasfaserfabrik (1939) sowie Unternehmen des Baugewerbes und der Miktrotechnik siedelten sich in L. an. Infolgedessen stieg die Bevölkerungszahl stark an und viel neuer Wohnraum wurde geschaffen. Der Versuchsreaktor, der 1968 seinen Betrieb aufgenommen hatte, wurde schon ein Jahr später infolge eines Reaktorunfalls geschlossen.
Ansicht des Schlosses von Südosten. Aquarell eines unbekannten Malers, Ende 18. Jahrhundert (Bernisches Historisches Museum) © Fotografie Stefan Rebsamen.
[…]
Quellen und Literatur
- A. Kohler, «Le château de L. sous Leurs Excellences de Berne», in RHV 44, 1936, 65-85, 129-151, 193-217
- J. Delaporte, L., 1965
- H. Rieben et al., Portraits de 250 entreprises vaudoises, 1980, 156-163
- Fontannaz, Monique; Pradervand, Brigitte: Le district de la Broye-Vully I, 2015, S. 122-247 (Les monuments d’art et d’histoire du canton de Vaud, 8).