Politische Gemeinde des Kantons Waadt, Bezirk Broye-Vully, bestehend aus der Stadt Payerne und vier Weilern, darunter Vers-chez-Perrin. Ab 1536 besass die Gemeinde Rebberge im Lavaux, die sie von der Abtei Payerne geerbt hatte. 1806 trennte sich Corcelles-près-Payerne von Payerne. 961 ecclesie sancte Marie Paterniacensis (Kopie 12. Jh.), 1049 in loco Paterniaco, deutsch früher Peterlingen. 1536-1798 gehörte Payerne zum gleichnamigen Gouvernement. Anfang 1798 war es kurz Hauptort des Kantons Sarine et Broye, dann bis 1802 des helvetischen Distrikts Payerne im Kanton Freiburg. 1802-2006 Hauptort des waadtländischen Bezirks Payerne 1416 340 Feuerstätten; 1764 1685 Einwohner; 1803 2002; 1850 3078; 1900 5224; 1950 5649; 2000 7294.

Neolithische Funde, bronzezeitliche Siedlungsspuren, Hügelgräber aus der Hallstatt- und Latènezeit (goldene Halsreifen bei Le Bois de Roverex gefunden), keltische Brücke und römische Strasse im Gebiet Les Aventuries, römische Gebäude inner- wie ausserhalb der Stadtmauern, Nekropolen, Inschrift einer Weihung des Publius Graccius Paternus, frühmittelalterliche Haufensiedlung. 587 liess Bischof Marius die villa Paterniacum und eine Marienkapelle, aus der später die Pfarrkirche hervorging, erbauen; der heutige gotische Bau wurde im 14. Jahrhundert über romanischen Fundamenten errichtet und in den 1990er Jahren renoviert. Das im 10. Jahrhundert gegründete Cluniazenserpriorat (später Abtei) war Herr von Payerne. 1033 wurde Kaiser Konrad II. in der Abteikirche zum König von Burgund gekrönt. Die ersten bezeugten städtischen Beamte hiessen milites, ihre Funktion dürfte derjenigen der Meier in anderen Städten entsprochen haben. 1302 bezichtigte der Prior die Bürger, einen Rat gegründet und ein Siegel geschaffen zu haben. 1348 wurde der Rat in dem der Stadt gewährten Freibrief formell anerkannt. Den Vorsitz dieses Zwölferrats übernahmen abwechslungsweise der Schultheiss und der Bannerherr. Im 16. Jahrhundert ist ein ebenfalls zwölf Mitglieder umfassender Zweitrat (rière conseil) bezeugt, der Geschäfte behandelte, für die man nicht alle Bürger und Adligen zusammenrufen wollte. Die Bürgerschaft und das Kloster lagen oft miteinander im Streit. Payerne schloss Burgrechtsverträge mit Bern (1344), Freiburg (1349), dem Grafen von Neuenburg (1355) und Murten (1364) ab. 1362 wird ein Hospital, 1395 ein Schulmeister und 1449 ein Kollegium erwähnt.
Nach der Eroberung der Waadt 1536 gewährte Bern Payerne eine privilegierte Rechtsstellung. Der Schultheiss, ein Bürger von Payerne – und nicht etwa ein Berner Vogt – vertrat Bern, das diesen in sein Amt berief. Oberhaupt der Stadt war der von den Bürgern gewählte Bannerherr. Der von ihm präsidierte Rat der Sechzig gliederte sich in den Conseil Premier-Douze, den Conseil Second-Douze und die Communauté mit 36 Mitgliedern, von denen einige von Corcelles und den Weilern entsandt wurden. 1769 wurde der Rat auf 50 Mitglieder verkleinert. Das Rathaus von Payerne stammt von 1572 (ab 1964 Sitz des Kantonsgerichts). Das Schloss, das der Berner Schaffner bewohnte, wurde 1640 auf dem Gelände des Klosters erbaut; vom beginnenden 19. Jahrhundert bis Ende 20. Jahrhundert beherbergte es das Gymnasium. 1688 schuf die Stadt eine Kammer für Gesetzesreformen, 1689 eine für die Rechnung und 1699 eine für die Waisen. Die Stadt besass einen Gerichtshof und ein Berufungsgericht; die Rekurse gingen nach Bern zur Deutschen Appellationskammer. 1617 weigerte sich Payerne, das Landrecht des Waadtlands anzuerkennen; sein Stadtrecht wurde 1733 aktualisiert und gedruckt. Die Stadt besoldete einen Arzt, einen Chirurgen und einen Apotheker. Bern entlöhnte drei Regentes am Kollegium, Payerne einen vierten. Ab 1761 unterrichtete eine Lehrerin die Mädchen, 1784 war ein Deutschlehrer vorgesehen. 1791 lehnten die Gemeindebürger die Fronarbeit für die Strasse ab; 1795 forderten sie die Teilung der Allmend. Nachdem die Stadt 1798 während einiger Wochen Hauptort des Kantons Sarine et Broye gewesen war, musste sie diese Funktion an Freiburg abtreten. Daraufhin verlangte Payerne, dem Kanton Léman zugeteilt zu werden, was 1802 beschlossen wurde.
Guillaume Farel und Pierre Viret verkündeten 1532 bzw. 1532-1533 in Payerne die Reformation; die Stadt trat schon vor der Eroberung durch Bern zum neuen Glauben über. Das Territorium der Kirchgemeinde deckte sich mit dem Gemeindegebiet. Im Zuge der Erweckungsbewegung wurde 1847 eine Freikirche gegründet, die 1966 mit der Staatskirche fusionierte. Die deutsche reformierte Kirchgemeinde stammt aus dem 19. Jahrhundert, bereits 1784 war ein deutschsprachiger Pfarrer in Payerne eingesetzt worden. 1930 erfolgte die Wiedererrichtung einer katholischen Pfarrei (1928-1929 Kirchenbau).
In den 1830er und 1840er Jahren wurden die Stadtmauern und die drei Stadttore abgerissen, von denen heute nur noch Reste von vier Türmen zeugen. Das ehemalige Klosterstädtchen breitete sich nach allen Richtungen aus und wuchs allmählich mit Corcelles zusammen. Eine fünfköpfige Exekutive und ein Gemeinderat mit 70 Mitgliedern führen die politischen Geschäfte der Stadt. Die Gemeindewahlen von 1929 markierten das Ende einer vierzigjährigen Vorherrschaft der Freisinnigen. Nach der Gründung der Christlichsozialen Partei 1961 kam es während drei Jahren zu Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten. 1964 weihte die Stadt ihr neues Rathaus ein.

Landwirtschaft (1803 Abschaffung der freien Überfahrt) und Handwerk waren während Jahrhunderten die wichtigsten Erwerbszweige in Payerne, das im 18. und 19. Jahrhundert auch Gerbereien aufwies. Der 1719 begonnene Tabakanbau erlebte im 19. Jahrhundert einen Aufschwung und führte zur Gründung von Zigarrenmanufakturen (1868-1965 Frossard; 1876-1965 Fivaz). 1890-1933 stellte Nestlé in Payerne Kondensmilch her. Die Stadt ist ausserdem für ihre Wurstwaren bekannt. Schon im Mittelalter bestand in Payerne eine Ziegelei. Die 1898 gegründete Ziegelfabrik wurde 1934 von der Familie Morandi erworben und blieb bis 1969/1970 in Betrieb. 1955 liess sich die Firma Eternit (Produkte aus Asbestzement) in Payerne nieder. Der Dienstleistungssektor stellte 2005 80% der Arbeitsplätze. Payerne liegt seit dem Mittelalter an der Hauptstrasse Bern-Lausanne sowie seit 1876 bzw. 1877 an den Eisenbahnlinien Freiburg-Yverdon-les-Bains und Palézieux-Lyss. Der Anschluss an die Autobahn A1 erfolgte 2001; eine S-Bahn-Verbindung nach Bern besteht seit 2005. Der 1926 eröffnete Militärflugplatz wurde Ende der 2000er Jahre für den Zivilluftverkehr freigegeben. Seit 1940 betreibt der Bund in Payerne eine aerologische Station. Durch die Errichtung des Hôpital Intercantonal de la Broye im Jahr 1999, das aus der Fusion der Bezirksspitäler von Payerne (1972 als Nachfolgeeinrichtung der 1867 gegründeten Krankenstube geschaffen) und Estavayer-le-Lac entstand, sowie die Eröffnung eines interkantonalen Gymnasiums im Jahr 2005 ist Payerne näher an Freiburg herangerückt.