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ContheyGemeinde

Politische Gemeinde des Kantons Wallis, Bezirk Conthey, am rechten Ufer der Rhone im Mittelwallis. Die Gemeinde besteht aus Conthey (Plan-Conthey, La Place, Le Bourg und Saint-Séverin) im Talgrund bzw. an dessen Rand, den Dörfern Aven, Erde, Sensine, Premploz und Daillon am Hang sowie dem Berggebiet Derborence. Sie erstreckt sich vom Rhonetal bis zum Diablerets-Massiv. Auch Vétroz und Magnot gehörten zu Conthey, bis der Staatsrat 1862 Vétroz zur selbstständigen Gemeinde ernannte. Um 800 curtis Contextis, 1146 ecclesiam de Plano Contesio. 1850 2488 Einwohner; 1900 2920; 1950 3485; 1980 4828; 1990 5853; 2000 6261.

Ur- und Frühgeschichte

Zwischen 1850 und 1950 wurden bei Arbeiten in den Rebbergen Hunderte von Gräbern gefunden, die von der Bronzezeit bis ins Frühmittelalter datieren; mit Ausnahme der römerzeitlichen handelt es sich dabei durchwegs um Erdbestattungen. Die zahlreichen Funde sind von der Ebene bis hoch zu den Maiensässen gestreut und zeugen von einer dichten Besiedlung, auch wenn bis heute keine prähistorische Siedlungsstelle identifiziert werden konnte. Viele Gräber enthielten Beigaben: Scheibennadeln, Halsringe, Armreifen und Armschienen, Fibeln, Ohrgehänge und Dolche aus der Bronzezeit; Halsreifen, eine durchbrochene Scheibe, einen Dolch, Fibeln, Armspangen, "Walliser" Bronzeringe, Eisenschwerter und bemalte Keramik aus der Eisenzeit, Fibeln, Münzen, Bronzestatuetten, Keramik und Glas aus der Römerzeit sowie verschiedene Gürtelschnallen und Schmuck aus dem Frühmittelalter. Von vielen Objekten, die sich in diversen Museen befinden, sind heute die genauen Fundumstände nicht mehr bekannt.

In keltischer und römischer Zeit bildete die Morge bei Conthey die Grenze zwischen den Gebieten der Seduner und der Veragrer. 1900-1901 entdeckte man in Plan-Conthey Überreste einer Villenanlage. An ihrer Westseite kam eine gewölbte Grabkammer mit zwei Vertiefungen zu Tage, in die Bleisarkophage eingelassen waren. Gedeckt waren diese teilweise mit wieder verwendeten Stelen aus dem 1. Jahrhundert n.Chr. Man fand auch ein zwölfteiliges Glasservice, das im 4. Jahrhundert n.Chr. in Kleinasien hergestellt worden war. Andere zwischen 1883 und 1930 im gleichen Gebiet gefundene Bleisarkophage enthielten einen Prunkmantel aus Wolle und Chinaseide, Eichenblätter aus einer Krone und Münzen, darunter eine des Constantius II. (337-361 n.Ch.). Die Villa und das Mausoleum gehörten demnach einer reichen und vornehmen Familie aus spätrömischer Zeit.

Vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert

Conthey war Sitz des Vizedominats und wurde 1254 Hauptort der gleichnamigen Kastlanei und damit auch derjenige der Mittelwalliser Territorien des Grafen von Savoyen. Das am rechten Morgeufer gelegene Conthey gehörte zum Grenzgebiet, in dem wiederholt Kämpfe zwischen den Truppen von Savoyen und denen des Bischofs von Sitten ausgetragen wurden (1348, 1384, 1416, 1475). 1324 gewährte Eduard von Savoyen Conthey das Marktrecht. 1352 erteilte Amadeus VI. dem befestigten Marktort (bourg) zusätzliche Freiheiten, die 1356, 1364, 1419, 1431 und 1457 jeweils erweitert wurden. Savoyen wollte Conthey zu einem Sitten ebenbürtigen Zentrum machen. Der Kastlan – die Kastlanei umfasste den Marktort selber sowie die Dörfer Vétroz und Nendaz – hatte zivile, militärische und richterliche Befugnisse; Letztere teilte er mit dem Vizedominus. Die am Berghang liegenden Dörfer Daillon, Aven, Erde und Premploz waren in einer Meierei zusammengefasst; der in Daillon residierende Meier befehligte das Aufgebot. 1375 wurde das Schloss des Vizedominus und 1475 das des Kastlans zerstört, und die Bedeutung des Marktorts nahm ab. Von 1475 bis 1798 gehörte Conthey zur Landvogtei Saint-Maurice, das Untertanengebiet der Landschaft Wallis war. 1802 kam Conthey zum Bezirk Sitten; seit 1815 bildet es mit den umliegenden Dörfern den Bezirk Conthey.

Die Kastlanei Conthey liess den verschiedenen Dörfern, die sie bis 1798 umfasste, freie Hand bei der internen Verwaltung. Im 19. Jahrhundert entstand aus einem Teil der alten Kastlanei die politische Gemeinde; ein Gemeinderat besteht als Exekutive seit 1815.

Die 1146 erwähnte Kirche von Plan-Conthey gehörte zur Abtei Saint-Maurice. Die romanische Kirche Saint-Séverin stammt aus dem zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts. Sie stand unter dem Patronat des Bischofs, war zuerst eine Filialkirche von Plan-Conthey und wurde wie auch die Kapelle von Vétroz noch vor Ende des 12. Jahrhunderts zur Pfarrkirche. Die Pfarrei von Erde, die aus den höher gelegenen Dörfern besteht, wurde 1929 gegründet.

Die romanische Kirche Saint-Séverin und die Rebberge von Plan-Conthey. Fotografie von André Kern, um 1930 (Mediathek Wallis, Martigny).
Die romanische Kirche Saint-Séverin und die Rebberge von Plan-Conthey. Fotografie von André Kern, um 1930 (Mediathek Wallis, Martigny).

In der zum Teil versumpften Talebene wurde bis Ende des 18. Jahrhunderts Ackerbau betrieben, am Bergfuss waren Weinberge und Felder angelegt und in den Hanggebieten wurden Wälder und Maiensässe bewirtschaftet. In allen drei Höhenzonen wurden ausserdem auch Weiden genutzt. Im 19. Jahrhundert entstanden unter 800 m immer mehr Rebberge, und die Viehzucht ersetzte teilweise den Getreideanbau. Die neue Eisenbahnlinie förderte den Export von Wein und Produkten der Viehwirtschaft. Durch die Eindämmung der Rhone wurden ab 1850 neue Anbauflächen gewonnen. Nach 1950 liessen sich kleine und mittlere Unternehmen in Conthey nieder, was seine wirtschaftliche Struktur veränderte. Zwischen 1980 und 1990 stieg die Einwohnerzahl sehr stark an, und Conthey wurde zum Teil zu einem Wohndorf (mehr als die Hälfte der Bewohner arbeitet ausserhalb der Gemeinde, vor allem in Sitten). Conthey ist jedoch immer noch eine der grössten Wein produzierenden Gemeinden des Kantons.

Quellen und Literatur

Ur- und Frühgeschichte
  • M.-R. Sauter, «Préhistoire du Valais», in Vallesia, 1950, 84-89; 1960, 252
  • Le Valais avant l'histoire, Ausstellungskat. Sitten, 1986, 350-354
  • F. Wiblé, «Le mausolée de Plan-Conthey», in Vallis Poenina, Ausstellungskat. Sion, 1998, 184-186
Vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert
  • J.E. Tamini et al., Essai d'histoire du district de Conthey, 1933
  • Conthey, mon pays, 1979
  • Saint-Séverin, 1994
  • F.-O. Dubuis, A. Lugon, «Les premiers siècles d'un diocèse alpin», in Vallesia, 1995, 36-43, 112-114, 142-144, 173-175
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

François Wiblé; Maurice Terettaz: "Conthey (Gemeinde)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.08.2005, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002672/2005-08-11/, konsultiert am 19.03.2024.