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Saint-Brais

Politische Gemeinde des Kantons Jura, Bezirk Freiberge. Das Gemeindegebiet erstreckt sich von der Hochebene der Freiberge bis zum Doubs und umfasst mehrere Weiler sowie abseits liegende Einzelhöfe. Das Dorf liegt an der Strasse Glovelier-Saignelégier. 1275 Sem Bris, deusch früher St. Brix. 1818 307 Einwohner; 1850 463; 1870 562; 1900 394; 1950 343; 2000 212; 2010 221.

Saint-Brais: Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.
Saint-Brais: Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.

Urgeschichte

Drei zwischen 950 und 1000 m liegende Höhlen an der Schnittstelle der Hochebene der Freiberge und dem Westende des Delsbergertals wurden ab 1935 bis in die 1960er Jahre von Frédéric-Edouard Koby erforscht und durch einmalige Funde bekannt. 1955 stiess Koby in der Höhle 2 auf den linken oberen Schneidezahn eines Menschen aus dem Moustérien. Somit wurde Saint-Brais zum ersten Ort der Schweiz, an dem Reste eines Neandertalers (ca. 40'000-35'000 v.Chr.) gefunden worden waren. Am selben Ort befanden sich auch viele Tierknochen aus dem Pleistozän, insbesondere von Höhlenbären. Die Höhle 1 offenbarte einige behauene Feuersteine und Knochenwerkzeuge aus dem Ende der Eiszeit (um 10'000 v.Chr.) und dem Neolithikum. In allen drei Höhlen legte man auch eine grosse Anzahl von Keramikobjekten aus dem Ende der mittleren und dem Anfang der späten Bronzezeit (1450-1200 v.Chr.) frei. Ob sich die verschiedenen Gruppen eher zufällig in den Höhlen aufhielten oder ob die Menschen aus dem Tal von Delsberg sie bei ihren Aufenthalten in den Bergen regelmässig als Unterkunft benutzten, bleibt offen, da es keine genaueren Untersuchungen der Schichten gibt.

Gemeinde

1139 ist Saint-Brais unter den Gütern des Kapitels von Saint-Ursanne bezeugt, 1275 wird es als vom Dorf Planey abhängig erwähnt. Planey soll 1637 von den französischen Soldaten niedergebrannt worden sein. Es befand sich im Osten des heutigen Dorfs, das um die Pfarrkirche Saint-Brice entstand. 1656 und 1765 wurde die Kirche durch einen Neubau ersetzt sowie 1965 restauriert und mit einem Westwerk aus Quadersteinen versehen. Auch Montfavergier gehört zur Pfarrei. Saint-Brais war Teil des Priorats von Saint-Ursanne (Fürstbistum Basel). Unter französischer Herrschaft gehörte die Gemeinde 1793-1813 zum Departement Mont-Terrible bzw. Haut-Rhin und 1815-1978 zum Kanton Bern. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist Saint-Brais eine gemischte Gemeinde, bestehend aus den zwei selbstständig verwalteten Fraktionen Saint-Brais und Les Métairies. Der Weiher von Bollement lieferte die Wasserreserven für den Betrieb einer Mühle und einer Sägerei, bevor er unter Naturschutz gestellt wurde. 2005 bot die Landwirtschaft immer noch 73% der Arbeitsplätze. 2009 wurden in Saint-Brais die ersten zwei Windräder des Kantons Jura installiert.

Quellen und Literatur

  • F. Chèvre, Histoire de St-Ursanne, du chapitre, de la ville et de la prévôté de ce nom, 1887, 849-861, (Neudr. 1981)
  • F.-E. Koby, «Une nouvelle station préhistorique (paléolithique, néolithique, âge du bronze): les cavernes de St-Brais (Jura bernois)», in Verh. der Naturforschenden Ges. in Basel 49, 1937-1938, 138-196
  • F.-E. Koby, «Une incisive néandertalienne trouvée en Suisse», in Verh. der Naturforschenden Ges. in Basel 67, 1956, 1-15
  • G. Jeanbourquin, Un village disparu: Planey: glanures historiques; et, Notices sur Saint-Braix, 1987
  • N. Pousaz et al., Sites protohistoriques à Courfaivre et âge du Bronze dans le Jura (Suisse), 1994, 101-185
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

François Schifferdecker; François Kohler: "Saint-Brais", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.07.2020, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002972/2020-07-13/, konsultiert am 17.04.2024.