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WaltherStampfli

Zeichnung von Gregor Rabinovitch aus dem Nebelspalter, 1947, Nr. 51 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern; e-periodica).
Zeichnung von Gregor Rabinovitch aus dem Nebelspalter1947, Nr. 51 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern; e-periodica). […]

3.12.1884 Büren (SO), 11.10.1965 Zürich, katholisch, später reformiert, von Aeschi (SO), Solothurn, Olten und Büren (SO). Sohn des Kaspar, Bezirkslehrers und Bauern, und der Emilie geborene Füeg. Bruder des Oskar Stampfli. 1916 Ida Kuoch, Tochter des Thomas, eidgenössischen Telegrafendirektors. Nach der Matura an der Kantonsschule Solothurn studierte Walther Stampfli 1902-1904 am Polytechnikum Zürich und 1904-1905 an der Universität Göttingen, wo er das auf Otto von Bismarck zurückgehende Sozialversicherungssystem kennenlernte. 1905-1906 studierte er an der Universität Zürich und promovierte an der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät. 1908 übernahm der linksfreisinnige sozialkritische Stampfli die Redaktion des Oltner Tagblatts (bis 1918). Stampfli focht mit den politischen Gegnern der Katholisch-Konservativen heftige Zeitungsfehden aus. Nach dem Landesstreik von 1918 wandte er sich von den Sozialdemokraten ab, mit denen er sympathisiert hatte. 1918-1921 wirkte er als Sekretär bei der Solothurner Handelskammer. 1921 trat Stampfli in die Von Roll'schen Eisenwerke in Gerlafingen ein. Zuerst war er Direktionssekretär, 1929-1940 Direktor. Ab 1935 präsidierte er die Solothurner Kantonalbank. Neben seiner beruflichen Tätigkeit amtierte er 1912-1937 als freisinniger Solothurner Kantonsrat (1922 Präsident) und wurde 1931 in den Nationalrat gewählt. Hier verteidigte Stampfli die Interessen der Industrie gegen eine sozialdemokratische und gegen die von mittelständisch-gewerblichen Kreisen geforderte korporative Wirtschaftsordnung. Als Gegner des Nationalsozialismus rettete er einen jüdischen Verwandten aus einem deutschen Gefängnis.

Am 18. Juli 1940 wurde Stampfli in den Bundesrat gewählt. Sieben Jahre lang stand er dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement vor, das im Krieg wegen der prekären wirtschaftlichen Landesversorgung ein Schlüsseldepartement darstellte; 1944 war er Bundespräsident. Während Stampflis Amtszeit sicherte das Departement durch Rationierung, Kriegswirtschaft und geschickte Handelsverträge mit Deutschland und Italien der Bevölkerung Nahrung, Arbeit und Energie. Gleichzeitig versuchte Stampfli die Unabhängigkeit der Schweiz gegenüber dem übermächtigen totalitären Ausland so weit als möglich zu bewahren. Nach Kriegsende baute er die staatlichen Eingriffe in die Wirtschaft ab, doch begünstigten die Wirtschaftsartikel von 1947 den von den Wirtschaftsverbänden (vor allem von den Bauern) geforderten Staatsprotektionismus. Als sich das Kriegsende abzeichnete, forderte Stampfli die rasche Verwirklichung der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV). Deren Annahme 1947 bezeichnete er als grössten Triumph seiner politischen Karriere. Ende 1947 trat Stampfli aus dem Bundesrat zurück. 1948 wurde er Verwaltungsratspräsident der von Roll'schen Eisenwerke (bis 1960) und der Papierfabrik Biberist, ausserdem übernahm er das Präsidium der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft zur Eingliederung Behinderter in die Volkswirtschaft. Dank seiner Initiative entstand in Zürich das Zentrum Brunau für die Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderung, dem er 1952-1963 als Präsident vorstand. Mitglied der Wengia Solothurn und der Helvetia. 1944 Ehrendoktor der Universität Basel.

Quellen und Literatur

  • G. Hafner, Bundesrat Walther Stampfli (1884-1965), 1986
  • Die Schweizer Bundesräte, hg. von U. Altermatt, 1991, 409-414
Weblinks
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Zitiervorschlag

Georg Hafner: "Stampfli, Walther", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 09.01.2020. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003082/2020-01-09/, konsultiert am 16.03.2025.