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Straubenzell

Ehem. polit. Gem. SG, Region St. Gallen, 1918 in die Stadt St. Gallen eingemeindet. Sie bestand aus dem Pfarrdorf Bruggen, mehreren Siedlungen (u.a. Lachen, Vonwil, Schönenwegen, Haggen, Kräzern, Winkeln) und Höfen. 1167 de Strubuncello. 1689 1'252 Einw.; 1837 1'769; 1850 2'200; 1900 8'090; 1910 15'305. 1824 wurden bei Bruggen röm. Münzen gefunden. Das Gemeindegebiet wird vom Sittergraben durchzogen, über dessen Brücken sich der Verkehr von Kloster und Stadt St. Gallen in Richtung Westen abwickelte. Von der verkehrspolit. Bedeutung der Sitterbrücken zeugten die Festen Spisegg und Sturzenegg. Im FrühMA dürfte das Kloster St. Gallen das Gebiet von S. selbst urbar gemacht und direkt verwaltet haben. Das äbt. Hofgericht übte die Gerichtsherrschaft aus. Die 1523 erw. Gemeinde S. war innerhalb des fürstäbt. Staats keine Gerichtsgemeinde, sondern eine Hauptmannschaft des Landshofmeisteramts. Die Landshofmeister residierten in der Burg Waldegg. Pfarrkirche war die St. Laurenzenkirche und nach der Reformation das Münster in St. Gallen. Die 1600 im Gemeindeteil Bruggen errichtete Kirche mit Martinspatrozinium wurde erst 1807 zur Pfarrkirche erhoben. 1567-72 entstand in Bruggen ein Siechenhaus für die Alte Landschaft (mit Ausnahme von Wil und Rorschach). Wirtschaftlich herrschte bis in die 2. Hälfte des 19. Jh. die Landwirtschaft vor. Der Textilindustrie dienten die Sitterwalke, Bleichen und ein Tröckneturm. Daneben existierten u.a. Mühlen, eine äbt. Papiermühle, Ziegelhütten, ein Kalkofen und eine Brauerei.

Die polit. Gemeinde wurde 1803 gegründet und dem Bez. Rorschach, 1831 dem Bez. Gossau zugeordnet. 1918 kam sie zum Bez. St. Gallen. Unter dem Einfluss der St. Galler Textilindustrie entwickelten sich der Sittergraben und weitere Teile des Gemeindegebiets im 19. Jh. zu wichtigen Industriestandorten. Mehrere Stickfabriken liessen sich nieder, z.B. die in den Anfängen der Maschinenstickerei führende Firma Rittmeyer. Über den Sittergraben wurden im 19. und 20. Jh. neue Brücken gebaut, u.a. für die Eisenbahn, an deren Netz S. 1856 (Linie Winterthur-St. Gallen-Rorschach) und 1910 (Bodensee-Toggenburg-Bahn) angeschlossen wurde. 1924-31 bestand auf dem Breitfeld ein Flugplatz mit regelmässigen Flugverbindungen. 1900 nahm das Kraftwerk Kubel den Betrieb auf, später auch ein privates Elektrizitätswerk. Die Industrialisierung führte um 1900 zu einem massiven Bevölkerungswachstum, zu einer Zunahme des Ausländeranteils (1910 27%) und zum baul. Zusammenwachsen mit der Stadt St. Gallen. Ab der 2. Hälfte des 20. Jh. erlebte das ehem. Gemeindegebiet von S. als Stadtkreis West einen Bauboom. Industriebetriebe, Einkaufszentren und Freizeitanlagen (Fussballstadion 2008) führten in Winkeln zur Agglomerationsbildung mit Gossau.

Quellen und Literatur

  • J. Staehelin, S. in seiner Gesch., 1943
  • Straubenzeller Buch, 1986
  • S., 2006

Zitiervorschlag

Marcel Mayer: "Straubenzell", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.07.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003344/2012-07-02/, konsultiert am 04.10.2024.