Das Gebiet des südamerikanischen Staates wurde nach 1537 von Spanien erobert und dem Vize-Königreich Peru zugeschlagen. 1776 wurde das Vizekönigreich Rio de la Plata mit der Hauptstadt Buenos Aires gebildet. Die Vereinigten Provinzen des Rio de la Plata, zu denen auch die späteren Nationalstaaten Paraguay, Uruguay und Bolivien gehörten, erlangten 1816 die Unabhängigkeit. 1833 eroberte Grossbritannien die Falklandinseln. Die militärische Rückeroberung scheiterte 1982. 1879-1883 wurde der Süden Patagoniens von Argentinien kolonisiert. Die angesiedelten Europäer verdrängten die indigenen Völker. Nach jahrzehntelangen Kämpfen zwischen den konservativen Föderalisten und den liberalen Unitariern wurde Argentinien 1880 ein Bundesstaat. Mit dem politischen Umsturz von 1930 gewannen die konservativen Kräfte und das Militär die Oberhand. 1946-1955 und 1973-1976 waren die Peronisten an der Macht. Nach zahlreichen Putschen und diktatorischen Regimes kehrte Argentinien 1983 zur Demokratie zurück.
Politische Beziehungen

Die diplomatischen Beziehungen der Schweiz zu Argentinien nahmen ihren Anfang mit der Eröffnung eines Konsulats 1834 in Buenos Aires (Exequatur 1858). Aus finanziellen Gründen verzichtete Argentinien vorerst auf eine Vertretung in der Schweiz. Während der Diktatur von Juan Manuel de Rosas (1835-1852) war das schweizerische Konsulat, das in der Ausübung seiner Geschäfte oft behindert wurde, vor allem für Angelegenheiten des Handels zuständig. Während der Sezession der Provinz Buenos Aires von der Argentinischen Konföderation (1853-1862) war das Konsulat für beide Gebiete zuständig. Angesichts der grossen Zahl schweizerischer Einwanderer in Argentinien wurde die Vertretung 1876 zum Generalkonsulat (ab 1891 Gesandtschaft) erhoben. In den 1880er Jahren wurden mehrere Konsulate eröffnet. Bis 1887 errichtete Argentinien in verschiedenen Schweizer Städten Vizekonsulate. Ab 1885 stand ein Ministerresident der argentinischen Vertretung in Bern vor. Der Bürgerkrieg in Santa Fe (1893), in dem schweizerische Einwanderer mit den Aufständischen gegen die Bundestruppen kämpften, trübte für einige Zeit das zwischenstaatliche Verhältnis. Bevor sich die beiden Regierungen 1896 wieder versöhnten, hatte der Bundesrat gar kurz den Abbruch der Beziehungen erwogen. 1911 nahm mit dem Gesandten Alphonse Dunant erstmals ein bevollmächtigter Minister seinen Dienst auf. Argentinien wertete 1906 sein Berner Vizekonsulat zum Generalkonsulat auf. Heute ist Argentinien in der Schweiz mit der Botschaft in Bern (seit 1957) und dem Generalkonsulat in Zürich vertreten, während die Schweiz in Argentinien eine Botschaft in Buenos Aires und ein Konsulat in Rosario unterhält.
Während des Zweiten Weltkriegs übte die Schweiz in Argentinien für Deutschland, Japan und das Vichy-Regime Schutzmachtmandate aus. Nach 1945 vertrat sie die diplomatischen Interessen Argentiniens in Kuba (1962-1974) sowie diejenigen Venezuelas (1966-1969) und Grossbritanniens (1982-1990, als Folge des Falklandkrieges) in Argentinien.
Wanderungsbewegungen
Innerschweizer Patres, zusammen mit einem guten Dutzend Söldnern in spanischen Diensten, waren Mitte des 17. Jahrhunderts die ersten Schweizer, die ins Gebiet des späteren Argentinien einwanderten. Einige der Geistlichen liessen sich in den Jesuitenreduktionen der späteren Provinz Misiones nieder. Die schweizerische Auswanderung mit Massencharakter setzte im Vergleich zu denjenigen in die USA oder nach Brasilien relativ spät ein. Zwischen 1857 und 1939 wählten fast 40'000 Schweizer Argentinien als Auswanderungsziel, was die argentinische Kolonie zur zweitgrössten hinter den USA, aber vor Kanada, Brasilien und Chile werden liess. Die Einwanderer stammten grösstenteils aus den Kantonen Wallis, Bern, Aargau, Zürich und St. Gallen. Auch wenn die Weiterwanderung insbesondere in Krisenjahren Argentiniens (1890-1891, 1928-1930, 1989-1991) verbreitet war, waren 2001 immer noch 14'752 Schweizer Staatsangehörige in Argentinien niedergelassen. Damit ist die dortige Schweizerkolonie die grösste in Lateinamerika. Die Zahl der Argentinier in der Schweiz ist stark rückläufig. Ende 2000 lebten noch 1118 argentinische Staatsangehörige in der Schweiz.
Nachdem sich eine kleine Gruppe von Schweizern bereits um 1820 in Buenos Aires niedergelassen hatte, setzte 1856 mit der Gründung von Esperanza (Provinz Santa Fe) die eigentliche Siedlungskolonisation ein. Dessen Bewohner waren zum Grossteil verarmte Bauern aus den Bergtälern des Wallis, die als Opfer des Strukturwandels in der Landwirtschaft von der Protoindustrie kaum profitiert hatten. Weitere "schweizerische" Siedlungskolonien entstanden in Baradero (Provinz Buenos Aires, 1856), San José (Provinz Entre Ríos, 1857), San Carlos und San Jerónimo Norte (Provinz Santa Fe, 1857). Bis 1896 erhöhte sich deren Zahl auf über 20; fünf davon waren durch die 1858 gegründete Auswanderungsagentur Beck & Herzog sowie deren Kolonisationsgesellschaft Santa Fe initiiert worden. Bis zur 1873 einsetzenden Weltwirtschaftskrise blieb die schweizerische Auswanderung nach Argentinien eine kollektive Emigration bäuerlicher Unterschichten, die sich vor allem in ländlichen Gebieten mit bescheidener Infrastruktur niederliessen. Der Bau des argentinischen Eisenbahnnetzes führte ab 1870 zu einer verstärkten Immigration schweizerischer Handwerker und Industriearbeiter. Die individuelle Elite-Auswanderung (Unternehmer, Gewerbetreibende, Intellektuelle), die hauptsächlich die argentinischen Städte (v.a. Buenos Aires) zum Ziel hatte, setzte um 1900 ein, erreichte aber nie das Ausmass der Massenauswanderung in die ländlichen Provinzen. Zahlenmässig von grosser Bedeutung war nach dem Ersten Weltkrieg die durch innere soziale Verwerfungen (Landesstreik 1918) ausgelöste und durch die Wirtschaftskrisen der 1920er und 1930er Jahre verstärkte Auswanderung von Mittelschichten (Handwerker, mittlere Bauern, qualifizierte Industriearbeiter), die sich vor allem auf Buenos Aires und die spätere Provinz Misiones konzentrierte. Dort liessen sich in der Zwischenkriegszeit rund 6000 Schweizer nieder. Zu den Begründern der privaten Siedlungskolonisation zählte der Schweizer Jules-Ulysse Martin. Er gründete 1924 Oro Verde. Weitere "schweizerische" Siedlungen waren Santo Pipó (1925), Eldorado (1930) und Línea Cuchilla (1936), dessen Siedler mit einem Darlehen des Bundes ausgewandert waren. Die Gründung einer staatlichen Siedlungskolonie lehnte der Bundesrat ab. Die Schweizer Regierung hegte zudem staatspolitische Bedenken und wollte Argentinien, das geschlossene ausländische Siedlungskolonien auf seinem Territorium nicht länger duldete, nicht verstimmen. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 kam die Auswanderung aus der Schweiz nach Argentinien zum Stillstand und blieb seither völlig unbedeutend.
Wirtschaftliche Beziehungen
Vor der Unabhängigkeit Argentiniens waren die schweizerischen Handelsbeziehungen zum argentinischen Raum nahezu bedeutungslos. Die wenigen Güter, die den Rio de la Plata erreichten oder von dort in die Eidgenossenschaft gelangten, unterstanden der Kontrolle Spaniens, das den direkten Handel der Vizekönigreiche mit Drittstaaten verboten hatte. Die Eröffnung eines Zweigunternehmens in Buenos Aires in den 1820er Jahren durch eine Gruppe schweizerischer Textilfabrikanten markiert den Beginn schweizerisch-argentinischer Handelsbeziehungen. Als Folge der Auswanderung und aufgrund des wirtschaftlichen Entwicklungspotenzials des Landes äusserte die Schweiz in den 1860er Jahren erstmals den Wunsch nach engeren wirtschaftlichen Beziehungen. Der Abschluss des ersten Handels- und Niederlassungsvertrags mit Zollerleichterungen erfolgte 1896, doch wurde er durch das argentinische Parlament nicht ratifiziert. 1906 schlossen die beiden Staaten ein Auslieferungsabkommen, 1924 einen Schiedsvertrag. Trotz seiner ab 1930 protektionistischen Aussenhandelspolitik schloss Argentinien 1934 ein Handels- und Devisenabkommen mit der Schweiz (mit Meistbegünstigung beim Warenzoll). 1937 folgte ein Immigrations- und Kolonisationsabkommen, das den jährlichen Export eines Kontingents schweizerischer Arbeitskräfte nach Argentinien bezweckte. 1938 wurde die schweizerisch-argentinische Handelskammer in Buenos Aires gegründet, 1947 das Handelsabkommen verlängert. Argentinien eröffnete seinerseits eine Handelskammer in Zürich. 1957 wurde ein neues Handelsabkommen geschlossen. Anlässlich des Staatsbesuchs von Präsident Carlos Menem 1993 wurde die Schuldentilgung, 1995 die Doppelbesteuerung vertraglich geregelt.
Handel
Vor dem Zweiten Weltkrieg fiel der Saldo der Handelsbilanz stets zugunsten von Argentinien aus. 1934 betrug das schweizerische Importvolumen 53,4 Mio. Franken; der Umfang der Exporte erreichte wertmässig 13 Mio. Franken. In jüngerer Zeit fiel der Saldo eindeutig zugunsten der Schweiz aus (2000: Import 76,5 Mio. Franken, Export 405,3 Mio. Franken). Vor dem Zweiten Weltkrieg exportierte die Schweiz vor allem Lebensmittel (Schokolade, Käse usw.) und Textilien. Heute sind es Investitionsgüter (Maschinen, Apparate, Spezialwerkzeuge) und Qualitätsprodukte (Uhren, Chemikalien). Argentinien exportiert vor allem Fleisch, Getreide und Früchte in die Schweiz, seit dem Zweiten Weltkrieg zudem Textilien. Argentinien ist nach Brasilien der zweitwichtigste lateinamerikanische Handelspartner der Schweiz.
Investitionen
Bis zum Zweiten Weltkrieg betrugen die schweizerischen Direktinvestitionen in Argentinien ca. 400 Mio. Franken. Seit 1977 gehört die Schweiz zu den sieben wichtigsten Direktinvestoren (2000 205,7 Mio. Franken). Hauptinvestoren waren vor dem Krieg die Elektrobranche (Motor-Columbus AG besass damals einen Kapitalanteil von 20% bei der staatlichen argentinischen Elektrizitätsgesellschaft), die Nahrungsmittelindustrie (Nestlé SA seit 1927) sowie Banken. Die Schweizerische Kreditanstalt (SKA, heute CS Group) besass mit dem Banco Hípotecario Suizo-Argentino ab 1910 bis in die 1930er Jahre eine Tochtergesellschaft in Argentinien. Heute sind die chemische Industrie (Novartis, Roche) sowie Maschinenfabriken (Sulzer, Escher-Wyss & Cie., ABB) die Hauptinvestoren. BBC (heute ABB) und Escher-Wyss waren in den 1950er Jahren am Bau argentinischer Atomanlagen beteiligt. Die Sulzer AG lieferte 1980 eine Schwerwasserproduktionsanlage.
Kulturelle Bande und geistiger Austausch
Trotz der grossen Zahl schweizerischer Auswanderer war der Kulturaustausch zwischen der Schweiz und Argentinien lange Zeit praktisch inexistent. Die Schweizer konservierten ihre Werte und pflegten in Trachtengruppen, Schützen- oder Gesangsvereinen tradierte Sitten und Brauchtum aus der Heimat. Die erste Vereinigung von Schweizern bildete 1861 die Sociedad Filantrópica Suiza. Die rasche Zunahme schweizerischer Vereine erforderte 1935 die Gründung einer Dachorganisation. 1984 gab es in Argentinien 32 Zusammenschlüsse schweizerischer Provenienz, die heute auch Einheimischen und Einwanderern anderer Herkunft offen stehen. Einige dieser Vereine nehmen soziale Funktionen wahr. Kulturelle Kontakte der Einwanderer mit Argentinien und Einflüsse der Schweiz auf einheimische Lebensformen ergaben sich vor allem durch das Schulwesen. 1861 wurde in Santa Fe die erste Schweizer Schule gegründet, die bald auch argentinischen Schulkindern zugänglich war und im Unterricht neben den schweizerischen Landessprachen Spanisch anbot. Ein wichtiges Zeichen kultureller Verbundenheit bedeutete 1878 die Gründung des "Argentinischen Wochenblatts" (seit 1889 "Argentinisches Tageblatt") durch den Schweizer Johann Allemann (Juan Aleman). Es nimmt bis heute eine Vermittlerfunktion zwischen den beiden Kulturen wahr.
Kunst und Wissenschaft

Rosa Beck, die Frau des Kolonisationsunternehmers Karl Beck, erlangte 1879 mit einem Prosawerk und verschiedenen Gedichten über Argentinien einen gewissen Bekanntheitsgrad. In Argentinien noch populärer war indessen in der Zwischenkriegszeit die Schriftstellerin Alfonsina Storni aus einer Tessiner Einwandererfamilie. In der Schweiz bekannt ist vor allem der argentinische Schriftsteller und Philosoph Jorge Luis Borges (1986), der in Genf seinen Lebensabend verbrachte. In jüngster Zeit fanden mehrere Konzertreisen des Zürcher Tonhalleorchesters nach Argentinien statt. 1989 wurden die Werke Le Corbusiers in Buenos Aires ausgestellt. In der Schweiz fanden vor allem die Konzerte von Tangomusikern wie Astor Piazzolla und Daniel Binelli grosse Beachtung.
Der bekannteste Schweizer Forscher in Argentinien war der Naturwissenschaftler Santiago Roth, 1908-1924 Direktor des Geologisch-Topographischen Instituts in Buenos Aires. 1928-1934 leitete der Lausanner Völkerkundler Alfred Métraux das Ethnologische Seminar der Universität Tucumán. In der Nachkriegszeit erregte der argentinisch-schweizerische Kulturanthropologe Juan Schobinger mit seinen Studien über vorkoloniale Gesellschaften Lateinamerikas Aufsehen. Der Austausch von Wissenschaftlern wurde Ende der 1980er Jahre auf universitärer Ebene verstärkt.
Ideologische Einflüsse, religiöse und konfessionelle Kontakte
Die Bundesverfassung von 1848 mit ihrem föderalistischen Grundgedanken wurde zum Vorbild der ersten argentinischen Verfassung von 1853. Zuvor stiessen bereits die Ideen Jean-Jacques Rousseaus zur Volkssouveränität in Kreisen der argentinischen Unabhängigkeitsbewegung auf grosses Interesse. Die relativ spät einsetzende religiöse Tätigkeit von Schweizern in Argentinien hatte zumeist einen karitativen Zweck. 1940 eröffneten Schwestern des Heiligen Kreuzes aus Menzingen ein religiöses Sozialwerk und eine Schule in Argentinien. Später gründeten sie auch ein Spital für Arme. Zwölf Benediktiner aus Einsiedeln errichteten 1948 ein Kloster in der Provinz Buenos Aires. Das HEKS baute 1961 in Línea Cuchilla eine Kirche und gründete eine landwirtschaftliche Schule.
Quellen und Literatur
- BAR
- EDA, Dok.
- DDS
- 150 años de relaciones suizo-argentinas, 1834-1984, 1984
- M. Glatz, Schweiz. Einwanderer in Misiones, 1997
- O. Bayard, Die Schweiz und das Neue Argentinien Juan Peróns 1946-1951, Liz. Bern, 2000
- I. Fosanelli, Verso l'Argentina, 2000
- O. Bayard, «Nazi-Fluchthelferzentrale Schweiz?», in Traverse, 2001, H. 1, 105-113
- I. Lucas, Un impérialisme électrique: un siècle de relations helvético-argentines (1890-1979), 2021