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Libyen

Ab Ende des 19. Jahrhunderts lebten ständig einige Schweizer Geschäftsleute in Libyen. Wenige Tage nach der Unabhängigkeit anerkannte die Schweiz am 28. Dezember 1951 den jungen Staat. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich ungefähr zehn Schweizer im Land auf, deren Zahl mit dem Einzug der Erdölgesellschaften anstieg (Geologen, Techniker, UNO-Experten). Schweizer Juristen wie Eduard Zellweger waren als Regierungsberater tätig. In den 1970er und 1980er Jahren wohnten hundert bis zweihundert Schweizerinnen und Schweizer in Libyen, meist nur für eine kurze, von einem Arbeitsvertrag bestimmte Dauer (2006 waren es nur noch 42).

Situationskarte Libyen © 2004 HLS und Kohli Kartografie, Bern.
Situationskarte Libyen © 2004 HLS und Kohli Kartografie, Bern.

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Libyen entschied der Bundesrat 1962, die Interessen der Schweiz durch seine Botschaft in Tunesien wahrnehmen zu lassen. 1965 eröffnete die Schweiz in Tripolis ein Konsulat, 1968 eine Botschaft. Die bilateralen Beziehungen wurden durch gegensätzliche Faktoren beeinflusst: einerseits durch die Spannungen zwischen der arabischen und der westlichen Welt, andererseits durch die gegensätzlichen wirtschaftlichen Stärken der beiden Länder (Erdölvorkommen, Schweizer Finanzplatz und schweizerisches Know-how). Am 11. Juni 1971 wurde ein bilaterales Luftfahrtabkommen geschlossen. Die Schweiz exportiert Uhren, Edelmetalle, chemische Produkte und Maschinen. Libyen ist einer der fünf wichtigsten Exportmärkte der Eidgenossenschaft auf dem afrikanischen Kontinent. 2006 betrug der Export 239,6 Mio. Franken. Ferner beteiligen sich Schweizer Unternehmen an Infrastruktur- und Einrichtungsarbeiten. Libyen zählt zu den wichtigsten schweizerischen Handelspartnern der Dritten Welt, hauptsächlich dank dem Rohöl (2007 Hauptlieferant), das fast die gesamten Ausfuhren Libyens in die Schweiz ausmacht. 2006 beliefen sich die Importe aus Libyen auf 1677,1 Mio. Franken In den 1980er Jahren begaben sich zahlreiche Libyer in Schweizer Kliniken. Die ideologische Ausrichtung der libyschen Regierung hemmte jedoch die Handelsbeziehungen. Diese litten in den 1980er Jahren auch unter den Zahlungsrückständen Libyens, das wegen des Zusammenbruchs des Ölpreises und der Blockade durch die USA in finanzielle Schwierigkeiten geraten war.

1969-1970 kritisierten Schweizer Journalisten und die öffentliche Meinung Libyen scharf, weil das Land den internationalen Terrorismus unterstützte, von dem auch die Schweiz betroffen war. Trotz Forderungen, Libyen diplomatisch und wirtschaftlich zu isolieren, hielt der Bundesrat an seiner Neutralitätspolitik fest. Zwar untersagte er die Ausfuhr von Kriegsmaterial, verurteilte die Anschläge und auferlegte sich eine gewisse Zurückhaltung, wollte aber die diplomatischen Beziehungen nicht abbrechen lassen und lehnte Boykottmassnahmen ab. 1992 änderte die Schweizer Regierung ihre Haltung und schloss sich von sich aus den Sanktionen des UNO-Sicherheitsrats gegenüber Libyen an. Sie wurden 1999 ausgesetzt und 2003 aufgehoben.

Quellen und Literatur

  • EDA, Dok.

Zitiervorschlag

Marc Perrenoud: "Libyen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 28.01.2008, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003452/2008-01-28/, konsultiert am 15.09.2024.