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GuglielmoCanevascini

2.5.1886 Tenero-Contra, 20.7.1965 Lugano, von Contra. Sohn des Landwirts Ferdinando, eines überzeugten Liberalen, und der Giovannina geborene Piantoni. 1) Maria Rosa Olinda Alich, Tochter der Rosa, mit der er sechs Kinder hatte, 2) Miranda Amneris Corti, Tochter des Enrico. Guglielmo Canevascini, ein Autodidakt, arbeitete zunächst auf dem väterlichen Hof und wanderte mit 19 Jahren in die Welschschweiz und später nach Frankreich aus.

Guglielmo Canevascini spricht am Radio, um 1962 (Archivio di Stato del Cantone Ticino, Bellinzona, Fondazione Pellegrini-Canevascini).
Guglielmo Canevascini spricht am Radio, um 1962 (Archivio di Stato del Cantone Ticino, Bellinzona, Fondazione Pellegrini-Canevascini).

1904 trat er in die sozialistische Partei des Tessins ein und arbeitete bei der Tageszeitung «L'Aurora», danach war er Sekretär der Arbeitskammer (1907-1922). Italienische Flüchtlinge wie der Mazzini-Republikaner Paolo Bardazzi und der revolutionäre Gewerkschafter Giulio Barni beeinflussten Canevascinis politisches Bewusstsein. 1913 verursachte Canevascini die Spaltung der Partei und gründete die «Libera Stampa», deren Leitung er bis 1922 innehatte. Nach der Wiedervereinigung der Partei 1917 war er der unbestrittene Führer der Tessiner Sozialisten. Im Juni 1918 leitete er den Generalstreik in Lugano. 1913-1917, 1921-1922 und nochmals am Ende seiner politischen Karriere 1959-1963 Grossrat. 1919-1922 Nationalrat. 1922-1959 erster sozialistischer Staatsrat des Tessins. Bis 1935 arbeitete er mit den Konservativen im dadurch ins Leben gerufenen sogenannten Governo di paese zusammen. 1935-1942 durch die bürgerliche Allianz ins Abseits gedrängt, konnte er sich danach als Vorsteher wichtiger Departemente auf die Comunità dei partiti, eine Allparteien-Allianz der Kriegsjahre, stützen, ab 1947 vor allem auf das «linke» Bündnis zwischen Freisinn und Sozialisten. Als Leiter des Departements für Arbeit, Industrie und Handel schuf er eine Reihe von Sozialgesetzen, unter denen das kantonale Arbeitsgesetz (1953) herausragt. In seinen letzten Jahren als Staatsrat legte er die Grundlagen für das neu geschaffene Fürsorge- und Gesundheitsdepartement, das zu einem wichtigen Pfeiler des Tessiner Wohlfahrtsstaates wurde.

Eine Publikation des Tessiner Politikers über die organisatorischen Probleme der Arbeiter- und Genossenschaftsbewegung, mit Illustrationen von Felice Filippini, 1942 (Schweizerische Nationalbibliothek).
Eine Publikation des Tessiner Politikers über die organisatorischen Probleme der Arbeiter- und Genossenschaftsbewegung, mit Illustrationen von Felice Filippini, 1942 (Schweizerische Nationalbibliothek).

Mit allen legalen Mitteln, die ihm sein Amt zur Verfügung stellte, organisierte Canevascini im Tessin den Kampf gegen den Faschismus, doch wirkte er auch bei der Gründung von im Verborgenen arbeitenden Gruppen wie den «Sturmabteilungen» der Liberi e Svizzeri mit. Canevascini war einer der Gründungsväter von Radio Monte Ceneri, das zu einer Stimme der Freiheit und des Antifaschismus werden sollte. Um den Flüchtlingen zu helfen, gründete er in Lugano eine Sektion der Schweizer Arbeiterhilfe. Der padreterno (Gottvater) genannte Canevascini war eine starke Persönlichkeit und das unbestrittene Haupt der Tessiner Sozialisten. Bekannt als bissiger Redner und Polemiker, hatte er einen genauen Blick für das Machbare, so dass er auf rein ideologische Auseinandersetzungen verzichten konnte, wenn es um die Verwirklichung konkreter Vorhaben ging.

Quellen und Literatur

  • La crisi socialista nel cantone Ticino, 1913
  • (zusammen mit G. Barni) L'industria del granito e lo sviluppo economico del cantone Ticino, 1913
  • I liberali contro il liberalesimo, 1923
  • Il villaggio modello, 1943
  • Problemi sociali del dopoguerra, 1945
  • Autobiografia, hg. von D. Baratti et al., 1986
  • ASTI, Fondazione Pellegrini-Canevascini, Nachlass
  • G. Perdoli, Il socialismo nella Svizzera italiana, 1963 (21976)
  • P. Genasci, Il Partito socialista nel Ticino degli anni '40, 1985
  • N. Valsangiacomo Comolli, Storia di un leader, 2001
Weblinks
Normdateien
GND
VIAF

Zitiervorschlag

Gabriele Rossi: "Canevascini, Guglielmo", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 28.08.2003, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003499/2003-08-28/, konsultiert am 24.01.2025.