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Guillaume HenriDufour

Porträt von Guillaume Henri Dufour. Öl auf Holz von seiner Tochter Anne Octavie L'Hardy-Dufour, 1840 (Bibliothèque de Genève).
Porträt von Guillaume Henri Dufour. Öl auf Holz von seiner Tochter Anne Octavie L'Hardy-Dufour, 1840 (Bibliothèque de Genève).

15.9.1787 Konstanz, 14.7.1875 Les Eaux-Vives (heute Gemeinde Genf), reformiert, von Genf. Sohn des Bénédict, Uhrmachers, Abgeordneten in der Genfer Nationalversammlung, und der Pernette Valentin. Suzanne Bonneton, Tochter des Théodore, Graveurs. Guillaume Henri Dufour war zwei Jahre alt, als seine Eltern nach Genf zurückkehrten, das sie anlässlich der Wirren von 1782 verlassen hatten. Er besuchte das Collège in Genf und studierte dann Geisteswissenschaft und Physik an der Akademie. 1807-1809 besuchte er die Ecole polytechnique in Paris, 1809-1810 die Ecole supérieure d'application du génie in Metz. Ab 1811 leistete Dufour Dienst in der französischen Armee. Als er auf Korfu in einer Militärgarnison stationiert war – er beteiligte sich dort am Bau von Befestigungsanlagen –, wurde er im Juni 1813 auf See bei einer Konfrontation mit den Engländern verletzt. Er wurde zum Hauptmann im Generalstab befördert und nahm 1814 am Frankreichfeldzug teil. Nach seiner Rückkehr nach Genf quittierte er 1817 den Dienst in der französischen Armee. 1817-1850 (ab 1828 in offizieller Funktion) war er Kantonsingenieur in Genf. Ab 1821 gab er an der Genfer Akademie sporadisch Unterricht in Mathematik, Geometrie, Vermessungskunde und Hydraulik. Ab 1823 baute er in der Stadt mehrere Hängebrücken, darunter den Pont des Bergues (1833-1834), und gestaltete ab 1827 die Uferpromenade und einen Teil des Seebeckens; 1845-1856 überwachte er die Erstellung des kantonalen Katasters. Zwischen 1829 und 1850 reiste er mehrmals nach Frankreich, um dort die Realisierung von Industrie- und Eisenbahnprojekten zu verfolgen. Er setzte sich 1851 aktiv für die Errichtung einer Eisenbahnlinie Lyon-Genf ein.

Die Region um den Zugersee. Ausschnitt aus der Tafel VIII der topografischen Karte der Schweiz im Massstab 1:100'000, Ausgabe von 1866 (Privatsammlung; Fotografie A. & G. Zimmermann, Genf).
Die Region um den Zugersee. Ausschnitt aus der Tafel VIII der topografischen Karte der Schweiz im Massstab 1:100'000, Ausgabe von 1866 (Privatsammlung; Fotografie A. & G. Zimmermann, Genf).

1817 wurde Dufour im Grad eines Hauptmanns in das neu geschaffene Bundesheer integriert; 1820 erfolgte die Ernennung zum Oberstleutnant, 1827 zum Oberst. 1819 war er Mitbegründer der Militärschule von Thun. Hier amtierte er bis 1831 als Genie-Instruktor und Lehrer von Louis-Napoleon Bonaparte, dem künftigen Napoleon III., mit dem er sein Leben lang befreundet blieb. 1831 wurde er zum Chef der Generalstabsabteilung ernannt. Er hatte somit den Auftrag, im Falle eines Krieges in Europa die Verteidigung der Schweiz zu organisieren. Im folgenden Jahr wurde er zum Oberstquartiermeister der Eidgenossenschaft (Generalstabschef) ernannt. In dieser Eigenschaft nahm er an den Tagsatzungen teil und leitete die Triangulationen für die Erstellung einer Karte der Schweiz im Massstab 1:100'000. Die Arbeiten für die sogenannte Dufour-Karte begannen 1832 und wurden 1864 beendet (Kartografie). 1833 beauftragte ihn die Tagsatzung aufgrund von Unruhen, mit einer Division Basel zu besetzen. 1838 versetzte Dufour Genf in Verteidigungsbereitschaft, um in der Affäre um Prinz Louis-Napoleon Bonaparte einen französischen Angriff zu verhindern. 1843 kommandierte er die Truppen, die Konfrontationen zwischen Genfer Konservativen und Radikalen unterdrücken sollten. Am 21. Oktober 1847 ernannte ihn die Tagsatzung zum General, zum Befehlshaber der eidgenössischen Truppen. Er erhielt einen Auftrag, den er trotz gewisser Bedenken annahm: Er sollte den Sonderbund auflösen. Am 4. und 5. November 1847 richtete er zuerst an seine Divisionäre, dann an seine Truppen eine Empfehlung und eine Proklamation, die Ausschreitungen vermeiden sollte. Nach einem geschickt geführten und fast unblutigen dreiwöchigen Feldzug kapitulierten die abtrünnigen Kantone. Dufour verpflichtete seine Truppen stets dazu, sich an strenge humanitäre Grundsätze zu halten. Als Anerkennung sprach ihm die Tagsatzung eine Ehrengabe von 40'000 Franken zu. Während der Revolution im Grossherzogtum Baden im August 1849 ernannte ihn die Bundesversammlung erneut zum Oberbefehlshaber, um allfällige Übergriffe auf die Schweiz zu verhindern. Auch während des Neuenburgerhandels erteilte ihm die Bundesversammlung den Oberbefehl über die Truppen (27. Dezember 1856). 1859 befehligte er erneut die Schweizer Armee, als diese anlässlich des sardinisch-französischen Krieges gegen Österreich mobilisiert wurde.

Neben seinen Tätigkeiten als Ingenieur und Offizier war Dufour sowohl in Genf als auch auf Bundesebene politisch aktiv. In Genf wurde er 1819 in den Repräsentierenden Rat gewählt, wo er die Liberalen vertrat. 1830 sprach er sich für eine Bundesflagge aus; ausserdem war er der zweite Vertreter seines Kantons an der ausserordentlichen Tagsatzung. Nach der Genfer Revolution vom November 1841 wurde er in den Verfassungsrat und 1842 in den Grossen Rat und in den Gemeinderat (Legislative) gewählt. Nach der Revolution von 1846 war er ein Gegner der Radikalen und ihres Führers James Fazy. Auf nationaler Ebene vertrat er im Nationalrat 1848-1851 das Berner Seeland und 1854-1857 Genf; 1862-1866 sass er für den Kanton Genf im Ständerat. Hier befasste er sich unter anderem mit der Ratifizierung des Abkommens über das Dappental. Im März 1860 intervenierte er im Savoyerhandel vergeblich bei Napoleon III., um die Annexion des Chablais und des Faucigny durch Frankreich zu verhindern. 1863 war er einer der fünf Mitbegründer des Comité international de secours aux militaires blessés, dem späteren IKRK, dem er im ersten Jahr vorstand. Von 1847 bis 1855 hatte Dufour auch einen Sitz in der Genfer Synode inne.

Dufour verfasste ein "Lehrbuch der Taktik" (1842, französisch 1840) sowie Arbeiten über Befestigungen und verschiedene militärhistorische Studien. Seine Tätigkeit als Ingenieur und Wissenschaftler war äusserst vielfältig: Er befasste sich unter anderem mit den Bereichen Geometrie, Kartenprojektion, Brückenstatik, Widerstand von Festkörpern, angewandte Mechanik, Vermessungskunde, Hydraulik, Wasserstandsmessung und gnomonische Projektion. Seine Karte der Schweiz gilt als Pionierwerk. Dufour spielte ferner eine entscheidende Rolle bei der städteplanerischen und baulichen Gestaltung Genfs und bei der Festlegung der Streckenführung der Eisenbahn in der Schweiz. Der von Natur aus konservative Dufour war als "Mann der goldenen Mitte" (juste milieu) stets ein Gegner von Extremen und ein unermüdlicher Vorkämpfer für den nationalen Zusammenhalt. Er war Ritter (1814), Kommandeur (1848), Grossoffizier (1852) und Grosskreuzträger (1866) der Ehrenlegion und erhielt zahlreiche weitere Auszeichnungen aus dem Ausland.

Quellen und Literatur

  • "Aimez-moi comme je vous aime": 190 lettres de G.H. Dufour à A. Pictet, hg. von J.-J. Langendorf, 1987
  • O. Reverdin, La guerre du Sonderbund vue par le général Dufour, 1948 (21987)
  • A. Brulhart, Guillaume Henri Dufour, 1987
  • J.-J. Langendorf, Guillaume-Henri Dufour: General, Kartograph, Humanist, 1987 (franz. 1987)
  • Le général Dufour et Saint-Maurice, Ausstellungskat. Saint-Maurice, 1988
  • Guillaume-Henri Dufour dans son temps, hg. von R. Durand, 1991
Von der Redaktion ergänzt
  • Jung, Joseph (Hg.): Einigkeit, Freiheit, Menschlichkeit. Guillaume Henri Dufour als General, Ingenieur, Kartograf und Politiker, 2022 (Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik, 120).
Weblinks
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GND
VIAF

Zitiervorschlag

Jean-Jacques Langendorf: "Dufour, Guillaume Henri", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.04.2006, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003862/2006-04-20/, konsultiert am 29.03.2024.