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AdolfDeucher

Adolf Deucher, fotografiert um 1885 (Schweizerische Nationalbibliothek).
Adolf Deucher, fotografiert um 1885 (Schweizerische Nationalbibliothek).

15.2.1831 Wipkingen (heute Gemeinde Zürich), 10.7.1912 Bern, katholisch, von Steckborn. Sohn des Guntram Arbogast, Arztes, und der Katharina geborene Huber. 1860 Paulina Schnebli, Tochter des Franz Adam, von Baden. 1847-1851 Studium der Medizin in Heidelberg, Prag, Wien und Zürich, 1851 Dr. med. in Zürich. 1851-1862 Arzt in Steckborn, 1862-1879 in Frauenfeld. 1858 stieg Adolf Deucher als Gegner Eduard Häberlins in die thurgauische Politik ein. Im Grossen Rat (1858-1879, Präsidialjahr 1871-1872) trat er 1859 für die Zivilehe und die Beibehaltung konfessionell gemischter Schulen ein, wandte sich aber 1869 gegen die Aufhebung des Klosters St. Katharinental. Als Befürworter der Lukmanierbahn sympathisierte er ― gegen Häberlin ― mit dem thurgauischen Seetalbahnkomitee. 1868 war er Mitinitiant der Verfassungsrevision. Im Verfassungsrat machte er sich für den sogenannten Häberlin-Artikel (Verbot der Ämterkumulation), die Initiative, das obligatorische Referendum, die Volkswahl der Regierung und eine thurgauische Kantonalbank stark. Als freisinniger Nationalrat (1869-1872) kämpfte er mit zentralistischen und demokratischen Postulaten für die Totalrevision der Bundesverfassung. 1872 trat er wegen fraktionsinterner Differenzen zurück. Deucher war Mitbegründer des Schweizerischen Freisinnigen Volksvereins und 1873 Präsident der thurgauischen Sektion. 1879 wurde er in den thurgauischen Regierungsrat (Erziehung, Sanität, Kirchen) und erneut in den Nationalrat (Präsidialjahr 1882-1883) gewählt, 1883 folgte die Wahl zum Bundesrat (1883 Justiz- und Polizeidepartement; 1884 Post- und Eisenbahndepartement; 1885 Departement des Innern; 1887-1912 Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement; 1886, 1897, 1903, 1909 Politisches Departement und Bundespräsident). Als Volkswirtschaftsminister erwarb sich Deucher grosse Verdienste um den Ausbau des schweizerischen Sozialstaats (Unfallversicherung und Subventionierung der Krankenkassen 1911). Den Arbeiterschutz trieb er durch das Phosphorverbot in der Zündholzindustrie (1898) und die Revision des Fabrikgesetzes (1904-1912) voran. Durch Abschluss günstiger Handelsverträge leitete er eine Blütezeit des schweizerischen Aussenhandels ein. Den Übergang vom Freihandel zur gemässigten Schutzzollpolitik markierten seine Neuregelungen der Zolltarife von 1884, 1887, 1892 und 1902. Unter Deucher wurden 1893 das erste Landwirtschaftsgesetz erlassen und 1898 die Schweizerische landwirtschaftliche Versuchs- und Untersuchungsanstalten Liebefeld (heute Eidgenössische Forschungsanstalt für Milchwirtschaft) bei Bern gegründet. Ehrenbürger von Frauenfeld (1886) und Genf (1896).

Quellen und Literatur

  • Altermatt, Bundesräte, 238-243
  • E. Fischer, Bundesrat Dr. med. Adolf Deucher, 1831-1912, 1996
Weblinks
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Zitiervorschlag

André Salathé: "Deucher, Adolf", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 07.01.2005. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/004056/2005-01-07/, konsultiert am 01.11.2024.