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Johann KonradKern

11.6.1808 Berlingen, 14.4.1888 Zürich, reformiert, von Berlingen, Ehrenbürger ab 1852 von Frauenfeld und ab 1857 von La Chaux-de-Fonds. Sohn des Christian, Landwirts und Weinhändlers. 1834 Aline Kern-Freyenmuth (->). Lateinschule in Diessenhofen, Carolinum in Zürich. 1826 Studium der Theologie in Basel, 1827-1830 der Rechte in Basel, Berlin und Heidelberg; 1830 Dr. iur. in Heidelberg. 1831 Eröffnung einer Anwaltspraxis in Berlingen, 1834 in Frauenfeld. Die Heirat mit der begüterten Aline Freyenmuth und eine glückliche Hand in eigenen geschäftlichen Angelegenheiten verschafften Johann Konrad Kern finanzielle Unabhängigkeit, so dass er sich fast uneingeschränkt dem politischen Leben widmen konnte. Kern begann seine Laufbahn als Thurgauer Kantonsrat (1832-1853), wobei er neunmal Präsident war. 1832-1852 sass er im Erziehungsrat (1835-1852 Präsident). 1853 war er Hauptinitiant und Mitbegründer der thurgauischen Kantonsschule. Als Oberrichter und Präsident der kantonalen Justizkommission, dem sogenannten Triumvirat, beherrschte Kern 1837-1850 zusammen mit Johann Baptist von Streng und Johann Melchior Gräflein das politische Geschehen im Thurgau fast gänzlich. 1849-1853 amtierte er als thurgauischer Regierungsrat. 1850-1858 gründete und präsidierte er die Thurgauische Hypothekenbank. 1837-1840 und 1850-1853 war er Präsident der Thurgauischen Gemeinnützigen Gesellschaft.

Neben dem politischen Aufstieg in den kantonalen Gremien setzte Kern seine Karriere auf der nationalen Ebene fort: 1833-1838, 1840-1842, 1845-1848 vertrat er seinen Kanton in den eidgenössischen Tagsatzungen. In dieser Funktion trat er 1838 entschieden gegen die von Frankreich verlangte Ausweisung des späteren Kaisers Napoleon III. ein. Kern spielte fortan neben Jonas Furrer eine zentrale Rolle als Führer der liberalen Tagsatzungsmehrheit. 1847 gehörte er der sogenannten Siebnerkommission an, die sich mit der Lösung des Sonderbundskonflikts befasste. Als Berichterstatter dieser Kommission stellte er am 4. November 1847 den Antrag auf ein bewaffnetes Vorgehen gegen den Sonderbund. Ausserordentliche Verdienste kamen Kern als Redaktor bei der Ausarbeitung der Bundesverfassung von 1848 zu. 1848 wurde Kern in den Nationalrat gewählt, dem er bis 1854 angehörte (Präsident 1850-1851). 1848-1854 wirkte er auch als Bundesrichter (Präsident 1848-1850). 1855-1857 sass er im Ständerat. 1854 wurde Kern zum ersten Präsidenten des eidgenössischen Schulrates (bis 1857) berufen. Er machte sich um die Schaffung und den Ausbau der Eidgenössischen Polytechnischen Schule (1855 gegründet) verdient. Kern gelang es, hervorragende Lehrkräfte heranzuziehen und so die wissenschaftliche Bedeutung der späteren Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) zu begründen. 1853-1857 war er Direktor und Verwaltungsratsmitglied der Schweizerischen Nordostbahn-Gesellschaft. Bereits 1848 machte Kern in Wien als ausserordentlicher Gesandter der Schweiz die ersten Schritte auf dem internationalen Parkett. Anlässlich des Neuenburgerhandels 1856-1857 bewies Kern grosses Verhandlungsgeschick als diplomatischer Sondervertreter der Schweiz bei den Vermittlungsbemühungen in Paris. In der Folge wurde er 1857 vom Bundesrat zum ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Schweiz in Paris ernannt. Kern leitete diesen wichtigen diplomatischen Aussenposten bis 1883.

Johann Konrad Kern ist der bedeutendste Thurgauer Politiker der Regenerationszeit. Auf nationaler Ebene gehörte er neben Alfred Escher zu den hervorragendsten Mitgliedern der Bundesversammlung von 1848. Eine Wahl in den Bundesrat lehnte er ab. Kern gilt als Begründer der schweizerischen Berufsdiplomatie.

Quellen und Literatur

  • Polit. Erinnerungen 1833 bis 1883, 1887
  • StATG, Nachlass
  • Gruner, Bundesversammlung 1, 705
  • A. Schoop, Johann Konrad Kern, 2 Bde., 1968-76
  • B. von Tscharner, Johann Konrad Kern (1808-1888), Staatsmann, Diplomat, 2005
Weblinks
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VIAF

Zitiervorschlag

Verena Rothenbühler: "Kern, Johann Konrad", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.10.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/004072/2008-10-14/, konsultiert am 19.03.2024.