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HansSchaffner

Bundesrat Hans Schaffner mit seiner Frau bei sich zu Hause, Anfang der 1960er Jahre. Fotografie von Walter Studer © Peter Studer, Bern.
Bundesrat Hans Schaffner mit seiner Frau bei sich zu Hause, Anfang der 1960er Jahre. Fotografie von Walter Studer © Peter Studer, Bern.

16.12.1908 Interlaken, 26.11.2004 Bern, konfessionslos, von Gränichen und Unterseen. Sohn des Robert Schaffner, Gerichtspräsidenten in Interlaken, und der Margaretha geborene Abplanalp, Lehrerin. 1937 Ruth Rudolf, Fürsprecherin, Tochter des Alfred Rudolf. Nach dem Gymnasium in Burgdorf absolvierte Hans Schaffner ein Rechtsstudium an der Universität Bern. Im Besitz des Fürsprecherpatents wurde er 1934 Kammerschreiber am Berner Obergericht, dann Adjunkt beim Bernischen Handels- und Industrieverein, 1938 Beamter des damaligen Bundesamts für Industrie, Gewerbe und Arbeit (heute SECO). Er war massgeblich am Aufbau der Kriegswirtschaft beteiligt. Im Mai 1941 ernannte ihn der Bundesrat zum Chef der Zentralstelle für Kriegswirtschaft. 1946 trat Schaffner in die Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartements über und wurde schon nach wenigen Monaten zum Delegierten für Handelsverträge (zuständig für Westeuropa und die Vereinigten Staaten von Amerika) befördert, ab 1952 mit Ministertitel. Zwei Jahre später wählte ihn der Bundesrat zum Direktor der Handelsabteilung. Als die grosse europäische Freihandelszone am Nein Charles de Gaulles scheiterte, Europa die Spaltung und der Schweiz die handelspolitische Diskriminierung drohte, lud Schaffner seine Kollegen aus Staaten, die nicht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft angehörten, zu einer Besprechung nach Genf ein: Mit dieser sogenannten Beamtenverschwörung legte er den Grundstein für die kleine Freihandelszone, die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA), zu deren massgeblichsten Initianten er sich zählen durfte.

In der Bunderatswahl 1959 unterlag der freisinnige Schaffner als wilder Kandidat nur knapp dem Sozialdemokraten Hans Peter Tschudi. Im Juni 1961 wurde Schaffner dann als offizieller Kandidat der Freisinnig-Demokratischen Partei im ersten Wahlgang mit 175 Stimmen zum Nachfolger von Max Petitpierre gewählt. Er war einer der wenigen Spitzenbeamten der Bundesverwaltung, der Bundesrat wurde. 1966 war er Bundespräsident. Zu den wichtigsten Erfolgen seiner Regierungszeit gehören der dritte Landwirtschaftsbericht, die Bundesbeschlüsse zur Konjunkturdämpfung und vor allem die schweizerische Politik in der Efta. Schaffner verhalf dem wirtschaftspolitischen Konzept einer weltweiten Interdependenz mit westeuropäischem Schwergewicht in der Praxis zum Durchbruch. Er festigte die Efta, normalisierte die Wirtschaftsbeziehungen zu den osteuropäischen Staatshandelsländern und baute die Kontakte der Schweiz zur sogenannten Dritten Welt aus. Unter seiner Ägide wurde die Schweiz Mitglied des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens. 1969 trat er aus Gesundheitsgründen aus der Landesregierung zurück. Später übernahm er Verwaltungsratsmandate der Sandoz AG (als Vizepräsident), der Alusuisse, der Textilmaschinenfabrik Rieter AG und der Kabelwerke Cossonay. Von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wurde er in eine Eminent Persons Group berufen, die den Auftrag hatte, eine neue Handelspolitik zu definieren. Den Vereinten Nationen diente er als Mitglied einer Expertengruppe, welche die Rolle der internationalen Konzerne und deren Auswirkungen auf den Süden untersuchte. Ende der 1970er Jahre verzichtete Schaffner auf weitere Funktionen und Ämter.

Quellen und Literatur

  • Neue Zürcher Zeitung, 30.11.2004 (Nachruf).
  • Stamm, Konrad: «Hans Schaffner, 1908-2004», in: Altermatt, Urs (Hg.): Das Bundesratslexikon, 2019, S. 478-484.
Weblinks
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Zitiervorschlag

Konrad Stamm: "Schaffner, Hans", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.02.2020. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/004722/2020-02-14/, konsultiert am 16.01.2025.