29.8.1933 St. Gallen, katholisch, von Gossau (SG) und Oberbüren. Professor für europäisches und internationales Wirtschafts- und Sozialrecht, Innerrhoder Nationalrat, christlichdemokratischer Bundesrat.
Arnold Koller ist das älteste von fünf Kindern des Primarlehrers und Organisten Alois Arnold Koller und der Hausfrau Genoveva geborene Brülisauer. Er besuchte die Primarschule und das Kollegium in Appenzell, studierte anschliessend bis 1957 Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule St. Gallen und bis 1959 Rechtswissenschaften an der Universität Freiburg. Beide Fächer schloss er mit dem Lizenziat ab. 1960 legte er das Staatsexamen als Rechtsanwalt in Appenzell Innerrhoden ab. Er war 1962-1964 in der Rechtsabteilung der Generaldirektion der Post-, Telefon- und Telegrafenbetriebe (PTT) sowie 1964-1966 im Sekretariat der Schweizerischen Kartellkommission tätig. Daneben arbeitete er an der Universität Freiburg an seiner Doktorarbeit und seiner Habilitation, die 1966 bzw. 1971 angenommen wurden. Nach einem einjährigen Forschungsaufenthalt an der School of Law der University of California in Berkeley lehrte er ab 1972 an der Hochschule St. Gallen, zunächst als ausserordentlicher und ab 1980 als ordentlicher Professor am Institut für europäisches und internationales Wirtschafts- und Sozialrecht, dem er 1972-1986 als Direktor vorstand. 1972 heiratete Koller die Appenzeller Swissair-Flugbegleiterin Erica Brander, Tochter des Kupferschmieds Adolf Paul Brander und der Hausfrau Maria Josefina geborene Sutter, mit der er zwei Töchter hatte.
Koller präsidierte 1973-1986 das Kantonsgericht von Appenzell Innerrhoden, dem er ab 1970 angehörte. Die Wahl zum Nationalrat erfolgte 1971 als Kandidat der sogenannten Jungbürger AI (später «Gruppe für Innerrhoden»). Als Vertreter der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), deren Fraktion er sich in Bern anschloss, übte Koller das Amt bis 1986 aus, wobei er 1980-1984 der Fraktion und 1984-1985 dem Nationalrat (Bundesversammlung) vorstand. Er engagierte sich unter anderem in den Bereichen Konsumentenschutz, Agrarpolitik, Aktien- und Kartellrecht und profilierte sich als Sachpolitiker, Kompromisseschmied sowie als Verfechter ordoliberaler und rechtsstaatlicher Prinzipien.
Am 10. Dezember 1986 erfolgte seine Wahl zum Bundesrat als erster Vertreter des Kantons Appenzell Innerrhoden. Koller setzte sich im ersten Wahlgang mit 180 Stimmen gegen die Luzerner Nationalrätin Judith Stamm als Nachfolger von Kurt Furgler durch; Stamm hatte sich aus Protest zur Wahl gestellt, nachdem ihre Partei mit Flavio Cotti und Koller eine rein männliche Kandidatenauswahl für die Nachfolge der zurückgetretenen CVP-Bundesräte Furgler und Alphons Egli getroffen hatte. Zunächst stand Koller dem Eidgenössischen Militärdepartement vor, wo er sich mit lauter werdenden kritischen Stimmen zur Armee auseinanderzusetzen hatte. Im Rahmen des Rüstungsprogramms 87 beaufsichtigte er die Aufgleisung des Typenentscheids F/A-18. Die von ihm vorangetriebene Auflösung des Arbeitsausschusses für Atomfragen 1988 zog einen Schlussstrich unter das Thema einer schweizerischen Nuklearbewaffnung. Koller trat für eine behutsame internationale Öffnung der schweizerischen Sicherheitspolitik ein; unter seiner Ägide wurde 1989 mit der Swiss Medical Unit, die für die medizinische Betreuung der Unterstützungseinheit der Vereinten Nationen für die Übergangszeit (Untag) in Namibia zuständig war, erstmals ein Kontingent unbewaffneter Armeeangehöriger ins Ausland geschickt.
Wegen des Rücktritts von Elisabeth Kopp übernahm Koller am 13. Januar 1989 – zunächst interimistisch – das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement. Das Militärdepartement gab er nach der Wahl von Kaspar Villiger einige Wochen später ab. Im neuen Departement setzte sich Koller unter anderem für Sofortmassnahmen im zunehmend unter Druck geratenen Asylbereich ein, was schliesslich zu einer Totalrevision des Asylgesetzes führte (1999). Als grösste Belastungsprobe für Koller erwies sich die sogenannte Fichenaffäre: 1989 kam ans Licht, dass die Bundespolizei eine Aktenablage zu über 900'000 «politisch verdächtigen» Personen und Organisationen angelegt hatte. Der Departementsvorsteher setzte einen Ombudsmann zur Dossiereinsicht ein und legte eine Liste mit politischen Tätigkeiten vor, die fortan nicht mehr präventiv überwacht werden durften. In der Folge wurde 1997 ein neues Gesetz über den Staatsschutz angenommen.
Zu den wichtigen unter Kollers Federführung verabschiedeten Gesetzeserlassen gehörten die erste Geldwäschereistrafnorm 1990, der Verfassungsartikel 119 zur Fortpflanzungsmedizin und zur Gentechnologie 1992, die Revision des Aktienrechts 1992 sowie das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann 1996. Er war Namensgeber für die «Lex Koller» von 1997, einer Weiterführung früherer Gesetze, die den Grundstückserwerb durch Ausländer einschränken. Neben 16 Strafrechtsrevisionen setzte Koller das ambitionierte Projekt einer Totalrevision der Bundesverfassung von 1874 um; sie wurde 1999 durch Volk und Stände angenommen.
1990 sowie 1997 amtierte Koller als Bundespräsident. Als solcher setzte er sich 1997 in der Debatte um die nachrichtenlosen Vermögen für die Schaffung einer Solidaritätsstiftung ein, die aus den überschüssigen Goldreserven der Nationalbank gespiesen worden wäre. Deren Einrichtung wurde 2002 von Volk und Ständen verworfen.
Kollers Rücktritt aus dem Bundesrat erfolgte auf den 30. April 1999. Von 2005 bis 2009 war er Chairman des Forum of Federations in Ottawa. Im Militär diente er zuletzt als Oberstleutnant im Generalstab. Arnold Koller ist seit 1987 Ehrenbürger von Gossau (SG), erhielt 2002 die Ehrendoktorwürde der Universität Bern und wurde 2014 mit dem Föderalismuspreis der ch-Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit ausgezeichnet.