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HeinrichZschokke

Porträt von Heinrich Zschokke. Öl auf Leinwand von Julius Schrader, 1842 (Stadtmuseum Aarau).
Porträt von Heinrich Zschokke. Öl auf Leinwand von Julius Schrader, 1842 (Stadtmuseum Aarau).

22.3.1771 Magdeburg, 27.6.1848 Aarau, lutherisch, aus Magdeburg, ab 1798 Landesbürgerrecht der Drei Bünde, ab 1801 von Malans, ab 1804 von Ueken, ab 1816 von Beromünster, ab 1823 von Aarau sowie 1830 Ehrenbürger von Magdeburg und 1833 von Lausen. Sohn des Johann Gottfried, Tuchmachers, und der Dorothea Elisabeth Jordan. 1805 Anna Elisabeth Nüsperli, Tochter des Jakob, Pfarrers. Schwager des Ernst August Evers. Heinrich Zschokke ist der Stammvater aller schweizerischen Zschokke. Er wuchs als Waise auf. 1788 verliess er Magdeburg und schloss sich unter anderem als Theaterdichter einer Schauspieltruppe an. Ab 1790 studierte er Theologie in Frankfurt an der Oder. Nach der Promotion und Ordination 1792 reiste er durch die Schweiz und Frankreich, übernahm 1796 die Führung der Erziehungsanstalt in Reichenau, musste aber im August 1798 als Anhänger der revolutionär gesinnten Patrioten Graubünden verlassen. Philipp Albert Stapfer berief ihn zum Leiter des helvetischen Büros für Nationalkultur. Im Oktober 1798 gründete Zschokke die Zeitschrift «Aufrichtiger und wohlerfahrener Schweizerbote». 1799 wurde er als Regierungskommissär in den aufständischen Distrikt Stans entsandt, im September 1799 erneut in den Kanton Waldstätten nach Uri und Schwyz sowie 1800 in den Kanton Tessin. Danach war er 1800-1801 Regierungsstatthalter des Kantons Basel. Zschokke übersiedelte 1802 nach Biberstein, wurde 1804 Oberforst- und Bergrat des neuen Kantons Aargau und war 1809-1829 Oberforst- und Bergwerkinspektor. 1815-1843 sass er im Aargauer Grossen Rat, vermittelte als Grossrat in den Basler Wirren 1831-1833, war ein Architekt des aargauischen Schulgesetzes von 1835 und vertrat den Aargau an den Tagsatzungen von 1833, 1834 und 1837. Zschokke gründete 1811 den Verein für vaterländische Kultur im Kanton Aargau mit, dessen Mitglieder die Errichtung unter anderem 1812 einer Ersparniskasse, 1819 des Bürgerlichen Lehrvereins, 1826 eines Versicherungsvereins gegen Hagelschaden und 1836 einer Lehr- und Erziehungsanstalt für taubstumme Knaben anregten.

Titelblatt der französischen Ausgabe von Zschokkes Werk Des Schweizerlands Geschichte für das Schweizervolk, übersetzt von Charles Monnard, 1832 (Privatsammlung).
Titelblatt der französischen Ausgabe von Zschokkes Werk Des Schweizerlands Geschichte für das Schweizervolk, übersetzt von Charles Monnard, 1832 (Privatsammlung). […]

Zschokke war eine zentrale Figur des Übergangs von der alten Eidgenossenschaft zum Bundesstaat. In der Helvetik profilierte er sich als Vermittler zwischen Volk und helvetischer Regierung. Sein «Schweizerbote» (1798-1802, 1804-1878) bahnte der Pressefreiheit in der Schweiz den Weg und beeinflusste die kommende liberale Generation. Sein 1822 erstmals erschienenes Werk «Des Schweizerlands Geschichte für das Schweizervolk» prägte das liberale Geschichtsbild, diente als Lehrmittel, gab patriotischen Feiern Auftrieb und inspirierte Volkslieder sowie Historiengemälde. Als führender Vertreter einer Volksaufklärung, die Volksbildung als Volksbefreiung verstand, beriet er Volkskalender und schrieb Romane, unter anderem zur Branntweinpest und den auf Johann Heinrich Pestalozzis «Lienhard und Gertrud» fussenden Dorfroman «Das Goldmacher-Dorf» (1817). Bei seinem Tod war er einer der meist gelesenen Autoren im deutschen Sprachraum.

Quellen und Literatur

  • StAAG, Nachlass
  • C. Günther, Heinrich Zschokkes Jugend- und Bildungsjahre bis 1798, 1918
  • H. Böning, Heinrich Zschokke und sein Aufrichtiger und wohlerfahrener Schweizerbote, 1983
  • Heinrich Zschokke, hg. von H. Dainat, 2012
  • W. Ort, Heinrich Zschokke (1771-1848), 2013 (mit Bibl. und Werkverz.)
Weblinks
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GND
VIAF

Zitiervorschlag

Ruedi Graf: "Zschokke, Heinrich", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.02.2014. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/005532/2014-02-24/, konsultiert am 19.03.2024.