Stadt im Departement Vaucluse (F). Als Sitz des Papstes 1309-1376 und zum Teil während des Grossen Schismas 1378-1403 war Avignon Anziehungspunkt für Zuwanderer aus Frankreich, Italien, England, der Iberischen Halbinsel und des deutschsprachigen Raums. 1378 zählte man 3830 Neuankömmlinge, davon 103 aus der Diözese Genf, zwölf aus Lausanne, neun aus Konstanz und drei aus Basel. Diese Zuwanderung aus dem Raum der Schweizer Bistümer sollte sich im Lauf des 15. Jahrhunderts verstärken. Mit ein Grund für die Attraktivität Avignons war die 1303 durch Papst Bonifaz VIII. gegründete Universität, deren Schwerpunkt zunächst auf dem kanonischen Recht, später auf dem Zivilrecht lag. Die theologische Fakultät wurde erst 1413 gegründet: 1393 wurden acht Studenten aus der Diözese Genf und sieben aus Konstanz erwähnt, 1394 waren es 35 aus Genf, sechs aus Konstanz und zwei aus Lausanne, 1403 zählte man nur noch drei aus Genf sowie je einen aus Lausanne und Sitten. Diese Abnahme der Studentenzahlen widerspiegelt den Prestigeverlust der Stadt im Verlauf des Grossen Schismas. Aufgrund der Anwesenheit der päpstlichen Verwaltung hielten sich öfters schweizerische Geistliche kurzzeitig in Avignon auf. Anstellungen am päpstlichen Hof waren ebenfalls ein Grund, in Avignon zu bleiben. 1573-1790 hatten die päpstlichen Vize-Legate eine 20 Mann starke Schweizergarde in ihren Diensten, die sich mit ihren Familien in Avignon niederliessen. Im 18. und 19. Jahrhundert existierte in Avignon eine recht stattliche Schweizerkolonie (Stoffdrucker, Uhrmacher, Wirte und Hoteliers).
Quellen und Literatur
- B. Guillemain, La cour pontificale d'Avignon, 1966
- J. Verger, «Recrutement géographique des universités françaises au début du XVe siècle», in Mélanges d'archéologie et d'histoire 82, 1970, 855-902
- J. Michel, Avignon et ses Suisses, 1993