Nördlichste der drei baltischen Republiken. Nach dem Nordischen Krieg (1700-1721) Ablösung der schwedischen Herrschaft durch die russische, 1918 Proklamation der unabhängigen Republik Estland, 1940 sowjetische und 1941-1944 deutsche Besatzung, ab 1945 Unionsrepublik der Sowjetunion, seit 1991 wieder unabhängige Republik mit parlamentarischer Verfassung (seit 1992). Seit Mai 2004 Mitglied der Europäischen Union.
Beziehungen zwischen der Schweiz und Estland sind spätestens seit dem 17. Jahrhundert nachweisbar, als Tessiner Architekten in der Hauptstadt Reval (heute Tallinn) tätig waren. Vom 18. bis ins 20. Jahrhundert wanderten Kaufleute, Landwirte, Käser, Zuckerbäcker und Lehrer aus der Schweiz in die russischen Ostseeprovinzen Estland und Livland aus. Für viele war das Baltikum nur erste Station der weiteren Migration ins Innere Russlands. Die in den 1890er Jahren an den Schulen durchgesetzte Russifizierung Estlands zwang die Lehrer zur Rückkehr. Von Estland in die Schweiz kamen ab den 1860er Jahren vor allem Studenten und politische Flüchtlinge, unter Letzteren der spätere estnische Minister- und Staatspräsident Konstantin Päts. Eine besondere Rolle spielte die renommierte, 1632 vom schwedischen König gegründete Universität Dorpat (estnisch und russisch Tartu), an der unter anderem auch die Söhne der Russlandschweizer ausgebildet wurden. Schweizer wie Rudolf Henzi, Wilhelm Wiget und Alfred Fleisch lehrten an der Universität, umgekehrt wurden Gelehrte wie Gustav von Bunge von Dorpat in die Schweiz berufen.
Der Bundesrat erkannte die Unabhängigkeit Estlands 1921 an; konsularische Beziehungen bestanden bereits ab 1919. 1925 wurde eine Handelsübereinkunft zwischen der Schweiz und Estland geschlossen. Die durch die sowjetische Annexion Estlands 1940 unterbrochenen bilateralen Beziehungen wurden nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit 1991 erneuert. Für Estland zuständig ist die Schweizer Botschaft in Helsinki, für die Schweiz seit 1995 die estnische Botschaft in Wien. Die diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Estland entwickelten sich unter anderem in gegenseitigen Arbeitsbesuchen von Ministern und Parlamentariern; 2001 besuchte der schweizerische Bundespräsident Moritz Leuenberger Tallinn, 2004 der estnische Bundespräsident Arnold Rüütel die Schweiz. Die Handelsübereinkunft von 1925 wurde durch ein Investitionsschutzabkommen (1993), das Freihandelsabkommen Efta (seit 1996 provisorisch angewendet), ein Transportabkommen (1997) und ein Doppelbesteuerungsabkommen (2002) ausgebaut. Im Rahmen der schweizerischen Osthilfe wurde Estland von 1992 bis 2000 eine Finanzhilfe von rund 22 Mio. Franken zugesprochen. Der Handelsverkehr entwickelte sich in beiden Richtungen positiv. Aus der Schweiz werden vor allem Maschinen exportiert, aus Estland landwirtschaftliche Produkte. Der Export belief sich 2003 auf 43 Mio. Franken, der Import auf 33 Mio. Franken. In der Schweiz lebten 2003 118 Esten und Estinnen, die Schweizer Kolonie in Estland zählte 26 Personen.