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Breisgau

Landschaft rechts des Oberrheins im heutigen Bundesland Baden-Württemberg. Sie trägt ihren Namen von dem am Rhein gelegenen Ort Breisach (Brisachgowe). Demzufolge ist der Breisgau im 4. Jahrhundert n.Chr. als ein auf dieses spätrömische Grenzkastell orientierter Bezirk im damaligen, von Alemannen besiedelten Dekumatland entstanden, vielleicht identisch mit dem zur selben Zeit bezeugten Pagus des alemannischen Königs Vadomar. Nach dem endgültigen Sieg des fränkischen Königs Chlodwig I. über die Alemannen 506 bildete der Breisgau die Westgrenze des von den Merowingern eingerichteten alemannischen Herzogtums. Nach dessen Beseitigung durch die Karolinger 746 sind im Zuge der Neuorganisation des Frankenreichs kurz nach 750 die ersten Grafen im Breisgau bezeugt. Deren Zuständigkeitsbereich lässt die Grenzen des Breisgaus im frühen Mittelalter sichtbar werden: im Süden und Westen der Rhein, im Norden gegen die Ortenau die Bleich, im Südosten gegen den Alpgau die bei Laufenburg in den Rhein fliessende Murg.

Infolge der karolingischen Teilungen des 9. Jahrhunderts fiel das Elsass 870 an das ostfränkische Reich Ludwigs des Deutschen. Der Breisgau rückte stärker ins Zentrum der Politik, insbesondere in der Alemannien, das Elsass und Churrätien umfassenden Herrschaft seines Sohnes Karl III. Dieser übte im Breisgau (Sasbach, Kirchen) mehrfach Regierungstätigkeiten aus. Die politische Verklammerung des Breisgaus mit dem Elsass scheint die naturräumlich ohnehin gegebene Nähe verstärkt zu haben.

In ottonischer Zeit bildete der Breisgau den westlichen Teil des wieder entstandenen schwäbischen Herzogtums. Die in Breisach belegte königlich-herzogliche Münzprägung und die Gründung des Frauenklosters St. Margarethen in Waldkirch durch Herzog Burchard I. zeugen von der Bedeutung des Breisgaus für das Herzogtum trotz seiner Randlage. Die Schenkung umfänglichen Reichsguts im nördlichen Breisgau (v.a. Riegel) an das Kloster Einsiedeln und die Wahrnehmung der Grafenrechte durch den schwäbischen Herzog Liudolf, Sohn Ottos I., weisen in dieselbe Richtung. Bereits vor der Jahrtausendwende waren im Schwarzwald Silberadern (Sulzburg, Badenweiler) erschlossen worden. Hieraus erklärt sich wohl das gestiegene Interesse Ottos III. am Breisgau. Allerdings räumten seine Nachfolger, die Salier Heinrich II. und Konrad II., mit Blick auf ihre Burgundpolitik dem Bischof von Basel wichtige Besitz- und Rechtspositionen im Breisgau ein, darunter die Verfügung über den zentralen Ort Breisach und die Einkünfte aus den Silbergruben.

Im 11. Jahrhundert gelang es dem Geschlecht der Berchtolde, durch die erbliche Verfügung über die Grafschaft eine bedeutende Machtstellung im Breisgau aufzubauen. Ihre Nachkommen, die Herzöge von Zähringen, stärkten mit der Anlage Freiburgs im Breisgau (1091-1120) als Gegengründung zum bischöflichen Breisach, mit der Stiftung des Klosters St. Peter (1093) und mit intensivem Burgenbau ihre Position im Breisgau in einem Ausmass, dass um die Mitte des 12. Jahrhunderts in einem Diplom Friedrichs I. sogar einmal von Berchtold IV. von Zähringen als Herzog des Breisgaus die Rede ist. Diese Herrschaftskonzeption, die auf Kosten des Bischofs von Basel ging, spiegelt sich auch in der regional begriffenen Institution des Breisgauer Pfennigs. Allerdings meldeten auch die Staufer ihr territorialpolitisches Interesse (Badenweiler) am Breisgau an, und neben den Zähringern spielten die ihnen eng verwandten Markgrafen von Baden als Inhaber der Grafschaftsrechte eine Rolle.

Nach dem Tode des letzten Zähringerherzogs Berchtold V. (1218) prägte die Konkurrenz dreier grosser Adelshäuser die Geschichte des Breisgaus bis zum Ende des 15. Jahrhunderts: diejenige der Grafen von Urach-Freiburg, Allodialerben der Zähringer, jene der Markgrafen von Baden, die ihre Rechte auf die Grafschaft Breisgau behaupteten und deren Burg Hachberg im nördlichen Breisgau das Zentrum einer zeitweiligen Nebenlinie war, sowie jene der Habsburger, die vor allem mit dem Aufstieg Rudolfs und Albrechts zur Königswürde intensive Territorialpolitik im Breisgau zu betreiben begannen. Trotz günstiger Startbedingungen, unter anderem 1234 der Zuerkennung des Silberbergbau-Regals im Breisgau durch König Heinrich (VII.), vermochten die Grafen von Urach-Freiburg ihre Herrschaft nicht dauerhaft zu festigen. Sie verschuldeten sich vielmehr gegenüber der wirtschaftlich immer stärker werdenden Stadt Freiburg (Bergwerksanteile in der Hand des Stadtadels) so sehr, dass diese sich 1368 von ihren Herren loskaufen konnte und an das Haus Österreich tradierte. Demgegenüber bewahrten die Markgrafen von Baden-Hachberg ihre herrschaftliche Stellung als Landgrafen im Breisgau (belegt seit 1276). Wegen des Übergangs von Freiburg an die Habsburger erhoben diese Anspruch auf die angeblich am Freiburger Schloss haftende Landgrafschaft. Ein darüber ausgebrochener Rechtsstreit zwischen Habsburg und Baden erledigte sich erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Im 15. Jahrhundert wurde der Breisgau – gegenüber dem alten Gau verkleinert, doch später um andere Territorien (u.a. Grafschaft Hauenstein, Villingen und Bräunlingen) wiederum erweitert – Teil der Vorderen Lande (später Vorderösterreich). Er blieb habsburgisches Territorium bis zum Übergang dieser Gebiete an das Grossherzogtum Baden 1805.

Für die politische Strukturierung des Breisgaus waren von der Mitte des 15. Jahrhunderts an die in drei Kurien (Prälaten, Ritterschaft, Städte) geteilten vorderösterreichischen Landstände massgeblich. Als Landesherr im spätmittelalterlichen Breisgau profilierte sich Erzherzog Albrecht VI., der 1457 mit der Gründung der Universität in Freiburg für das Land am Oberrhein einen geistigen, vom Frühhumanismus (Johannes Reuchlin, Jacob Wimpfeling) geprägten Mittelpunkt ins Leben rief. 1469-1474 war der Breisgau mit dem Elsass an den burgundischen Herzog Karl den Kühnen verpfändet. Gegen die von Landvogt Peter von Hagenbach damals ausgeübte Gewaltherrschaft setzte sich die 1474 von oberrheinischen Städten, den Bischöfen von Basel und Strassburg sowie dem österreichischen Herzog Sigismund von Habsburg gebildete Niedere Vereinigung erfolgreich zur Wehr. 1487 vereitelten die Stände den Plan Sigismunds, die Vorderen Lande an Bayern zu verkaufen. Unter Kaiser Maximilian I., der 1498 einen Reichstag in Freiburg veranstaltete, wurde der Breisgau endgültig an Habsburg gebunden.

Im Zeitalter von Reformation und Bauernkrieg (1525), der vom Südostrand des Schwarzwalds seinen Ausgang nahm und im Breisgau im Bundschuh (Jos Fritz) organisiert war, wurde mit dem Übertritt der Markgrafen von Baden-Durlach zur Lehre Luthers die folgenreiche konfessionelle Zersplitterung im Breisgau geschaffen. Nach der Abtretung des Elsasses an Frankreich im Westfälischen Frieden (1648) kam dem Breisgau eine besondere politisch-militärische Funktion zu. Er wurde zu einer wichtigen Bastion Habsburg-Österreichs und damit auch des Reichs gegenüber Frankreich und den Ansprüchen Ludwigs XIV. Unter französischer Herrschaft (1679-1697) wurde Freiburg durch Vauban zur Festung ausgebaut, und Ludwig XIV. hielt hier 1681 feierlich Einzug. Freiburg hatte 1651 das elsässische Ensisheim als Sitz der Vorderösterreichischen Regierung und Kammer abgelöst und behielt diese Funktion bis 1803.

Im 18. Jahrhundert kam die Reformpolitik Maria Theresias und Josephs II. (Toleranzgesetz 1781, Aufhebung der Leibeigenschaft 1782) auch dem Breisgau zugute; Benediktinerklöster wie St. Blasien erlebten eine neue Blütezeit. Die Französische Revolution brachte nach 1792 sowohl kriegerische Auseinandersetzungen als auch republikanische Gesinnung in den Breisgau. Im Frieden von Campoformio (1797) wurden Freiburg und der Breisgau dem Herzog von Modena zugesprochen, fielen jedoch mit dem Frieden von Pressburg (1805) an das Grossherzogtum Baden. Unter der neuen Herrschaft verschwand der an die habsburgische Vergangenheit erinnernde Name Breisgau aus der Verwaltungssprache. Mit der Einrichtung des modernen Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald ist er 1973 wieder in amtlichen Gebrauch gekommen.

Quellen und Literatur

  • E. Gothein, Der Breisgau unter Maria Theresia und Joseph II., 1907
  • LexMA 2, 601 f.
  • T. Scott, Freiburg and the Breisgau, 1986
  • Römer und Alamannen im Breisgau, 1994
  • Der Kaiser in seiner Stadt, hg. von H. Schadek, 1998
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Thomas Zotz: "Breisgau", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.08.2004. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007033/2004-08-19/, konsultiert am 28.03.2024.