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Ravensburg

Grosse Kreisstadt im gleichnamigen Landkreis, etwa 15 km nördlich des Bodensees im deutschen Bundesland Baden-Württemberg gelegen. 2007 49'327 Einwohner.

Die von den Welfen errichtete und 1080 erstmals erwähnte Burg fiel um 1191 an die Staufer. Die Burgsiedlung, ab 1152 mit Markt, wurde 1276 Reichsstadt. Ravensburg stand 1331-1436 mit Zürich, Schaffhausen und St. Gallen im Bündnis, kam 1802 an Bayern, 1810 an Württemberg.

Ab dem 14. Jahrhundert bis zum Dreissigjährigen Krieg war sie eine der führenden Fernhandelsstädte im Bodenseeraum. Hier wirkte die durch den St. Galler Rudolf Mötteli mitgegründete Ravensburger Gesellschaft. Ab dem 14./15. Jahrhundert wanderten Weber aus St. Gallen und Wil zu. Der Schwabenkrieg trübte die engen Beziehungen, doch nahmen 1504 an dem der Aussöhnung dienenden eidgenössischen Schützenfest in Zürich ca. 260 Ravensburger teil. Die im Dreissigjährigen Krieg verarmte Stadt, die ihr Territorium zum Teil verkaufen musste, erhielt 1677 durch das Heilig-Geist-Spital in St. Gallen eine bedeutende Anleihe. Schweizer Händler kauften in Ravensburg Garn für ihre Webereiproduktion auf. Ravensburg lieferte bis 1870 Korn nach Rorschach, aus der Schweiz wurden Zuchtstiere und Käse eingeführt. In den Fremdenlisten 1809-1837 liegen die Schweizer mit 375 Personen an der Spitze; 1910 wohnten 133 Schweizer in Ravensburg.

In den 1830er Jahren begann mit Hilfe schweizerischer Fachkräfte und Arbeiter der Aufbau einer Baumwollindustrie, darunter die Bleicherei und Appreturanstalt der Gebrüder Erpf. Der seit 1840 bestehende Pferdemarkt lockte viele schweizerische Käufer an. Die 1847 eröffnete Bahnlinie von Ravensburg nach Friedrichshafen belebte den Besuch des Ravensburger Kornhauses durch Rorschacher Kornhändler, führte aber auch nach dem Anschluss der Linie an das deutsche Streckennetz 1850-1853 zu einer Niederlassung der Zürcher Maschinenfabrik Escher-Wyss & Cie. in Ravensburg, die aus währungs- und zollpolitischen Erwägungen erfolgte. 1856-1859 wurde die Fabrik durch Walter Zuppinger eingerichtet, in den 1930er Jahren war sie der grösste Arbeitgeber der Region und wurde "Nationalsozialistischer Musterbetrieb". Nach dem Ersten Weltkrieg organisierte vor allem das St. Galler Hilfskomitee für deutsche Not Hilfe für das gebeutelte Ravensburg. Noch vor Kriegsende 1945 wurde Ravensburg Verteilerort für die vom IKRK in Genf organisierten Liebesgaben aus der Schweiz und den USA. 1947 kam Ravensburg auch die Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes zugute. Heute gehen grenzüberschreitende Besuche von Ravensburg eher nach St. Gallen (Kantonsspital, Stadttheater, Olma) als in die umgekehrte Richtung.

Quellen und Literatur

  • A. Schulte, Gesch. der grossen Ravensburger Handelsgesellschaft 1380-1530, 3 Bde., 1923, (Nachdr. 1964)
  • A. Dreher, Gesch. der Reichsstadt Ravensburg und ihrer Landschaft von den Anfängen bis zur Mediatisierung 1802, 2 Bde., 1972
  • Die Zeit der Händler, hg. von A. Schmauder, 2002
  • P. Eitel, Ravensburg im 19. und 20. Jh., 2004
Weblinks
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GND

Zitiervorschlag

Karl Heinz Burmeister: "Ravensburg", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.12.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007102/2011-12-20/, konsultiert am 04.10.2024.