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VaduzGemeinde

Politische Gemeinde und Hauptort des Fürstentums Liechtenstein, Sitz des Fürsten und des Erzbischofs von Vaduz. Der Ort, der nie das Stadtrecht erhielt, liegt am Südwesthang eines Rüfeschuttkegels unterhalb des Drei-Schwestern-Massivs im Rheintal, überragt von Schloss Vaduz. Die Gemeinde umfasst das Dorf Vaduz, die Exklaven Riet und Forst im Rheintal, Dachsegg und Rüttistein oberhalb von Planken und die Genossenschaftsalpen Pradamee, Hahnenspiel und Hintervalorsch. 1175 Faduzzes. 1584 197 Einwohner; 1812 717; 1930 1632; 1945 2415; 1960 3398; 2000 4927.

Ansicht des Dorfes mit dem Schloss und der Rheinebene im Hintergrund. Gouache von Johann Ludwig Bleuler, um 1830 (Liechtensteinisches Landesmuseum, Vaduz, Sammlung Adulf Peter Goop; Fotografie Sven Beham).
Ansicht des Dorfes mit dem Schloss und der Rheinebene im Hintergrund. Gouache von Johann Ludwig Bleuler, um 1830 (Liechtensteinisches Landesmuseum, Vaduz, Sammlung Adulf Peter Goop; Fotografie Sven Beham).

Ein Hockergrab, zwei Brandgräber sowie Fundmaterial vom Schlossplateau belegen eine Besiedlung von der frühen bis in die späte Bronzezeit. 1992-1993 förderten Grabungen auf dem Areal der Kathedrale St. Florin römische Objekte zutage, etwa eine Gemme aus dem 1. Jahrhundert n.Chr. 1957 stiess man auf einen bedeutenden mittelalterlichen Münzschatz.

Der Ort an der Transitstrasse Bregenz-Chur entwickelte sich aus dem Dorf am Hang und dem unter dem Schlossfelsen gelegenen Amtsquartier bei der Kirche. In Vaduz wurde stets ein Wochenmarkt abgehalten. Bis Ende des 18. Jahrhunderts bildete Vaduz mit Schaan und Planken eine Markgenossenschaft mit gemeinsamer Güternutzung. Grundherren waren neben den Landesherren die Feldkircher Patrizierfamilien Bock und Stöckli, die Weingüter besassen, sowie die Vaistli, die 1525 das sogenannte Rote Haus mit Weinberg dem Kloster St. Johann im Thurtal verkauften, welches das Gut bis zur Klosteraufhebung 1806 behielt. Die 1992-1993 gesicherte Burgruine Schalun stammt vermutlich aus dem 12. Jahrhundert. Das Geschlecht der von Schalun ist erstmals im 13. Jahrhundert bezeugt, 1314 wird ein Ammann zu Vaduz erwähnt. Aus dem Gerichtsbezirk Vaduz entstand 1342 durch Teilung der Grafschaft Sargans die Grafschaft Vaduz. Das aus dem 12. Jahrhundert stammende, 1322 erstmals erwähnte Schloss Vaduz wurde Herrschaftssitz, das Dorf Verwaltungszentrum, Landsgemeindeplatz, Sitz des Landvogts, Gerichts-, Richt- und Zollstätte. 1499 wurde das Schloss von den Eidgenossen gebrandschatzt, im 16. Jahrhundert wiederaufgebaut; es zerfiel nach 1730. Im 19. Jahrhundert diente es als Militärkaserne, Gefängnis und Gasthof, 1904-1914 erfolgte eine Restaurierung. Seit 1939 ist das Schloss Sitz der Fürsten von Liechtenstein. Die zur Burg Vaduz gehörende, im 10. Jahrhundert erbaute Kapelle St. Florin war stets eigenständig und verzeichnete im Spätmittelalter drei Kaplaneien. Vaduz gehörte kirchlich zur Pfarrei Schaan, 1842 wurde es zur Kuratie erhoben. 1869-1873 wurde die Kirche St. Florin erbaut und die Kapelle 1872-1874 abgebrochen. Ab 1873 war Vaduz eine selbstständige Pfarrei. Mit der Errichtung des Erzbistums Vaduz 1997 wurde die Pfarrkirche zur Kathedrale erhoben. Im neuen Dorfteil Ebenholz entstand 1930-1931 die St. Josefskapelle und 1962-1963 die Kirche der evangelischen Gemeinde des Fürstentums Liechtenstein.

Vom 15. bis ins 18. Jahrhundert herrschte oft Streit um Marken, Wuhrpflichten und Nutzungsrechte an den Gemeingütern innerhalb der Markgenossenschaft bzw. mit angrenzenden Gemeinden. 1355 führte die Markgenossenschaft die Alpgebietsabgabe als Erblehen an eingewanderte Walser ein, 1615 verkaufte sie die Alp Gaflei (1952-1955 Rückkauf durch Vaduz), 1652 den Grosssteg und das Malbuner Erblehen. 1643 und nach 1652 wurde der restliche Alpbesitz zwischen Vaduz und Schaan aufgeteilt. 1797-1811 erfolgte die Aufteilung der gemeinsamen Güter im Rheintal zwischen Vaduz, Schaan und Planken. 1808 entstand die politische Gemeinde Vaduz und die Gemeindegüter wurden Schritt für Schritt privatisiert. Vom beginnenden 18. Jahrhundert bis 1850 verkehrte die Rheinfähre von Burgerau (Gemeinde Buchs SG) nach Mühleholz, 1850-1871 die Fähre nach Sevelen. 1871 erfolgte der Bau der Holzbrücke und 1975 jener der Betonbrücke. Die Bevölkerung lebte von der Viehzucht, der Landwirtschaft, dem Weinbau und dem Rodfuhrverkehr. Um 1800 gab es zwei Wirtshäuser, wenige Handwerker, im abgelegenen Dorfteil Mühleholz Pulver-, Gips- und Herrschaftsmühlen, eine Wasserschmiede, zwei Brettsägen und eine Hanfreibe. 1861 verzeichnete Vaduz 35 Gewerbebetriebe. Im 19. Jahrhundert arbeiteten zahlreiche Vaduzer im Ausland. Nach der Hinwendung des Fürstentums Liechtenstein zur Schweiz ab 1919 erfuhr Vaduz einen wirtschaftlichen Aufschwung, der eine starke Zuwanderung nach sich zog und die Erschliessung neuer Baugebiete nötig machte. Zudem entwickelte sich Vaduz Ende des 20. Jahrhunderts zum internationalen Finanzplatz.

Quellen und Literatur

  • O. Seger, Vaduz, 1956 (21989)
  • 100 Jahre Pfarrkirche Vaduz 1873-1973, 1973
  • E. Castellani Zahir, Die Wiederherstellung von Schloss Vaduz, 1904 bis 1914, 2 Bde., 1993
  • M. Bugg et al., Vaduz und Schellenberg im MA, 1999
  • Kdm FL NF 2, 2007, 217-326
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Arthur Brunhart: "Vaduz (Gemeinde)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.02.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007133/2013-02-20/, konsultiert am 14.11.2024.