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PellegrinoRossi

Porträt von Pellegrino Rossi. Lithografie nach einem Porträt von Amélie Munier-Romilly, um 1830 (Bibliothèque de Genève).
Porträt von Pellegrino Rossi. Lithografie nach einem Porträt von Amélie Munier-Romilly, um 1830 (Bibliothèque de Genève).

3.7.1787 Carrara, 15.11.1848 Rom, katholisch, Italiener, ab 1820 von Genf, ab 1838 Franzose. Sohn des Dominique und der Marie Bernacca. 1820 Jeanne-Charlotte Melly, Tochter des Henry, Uhrmachers. Pellegrino Rossi besuchte die Schulen in Correggio (Emilia-Romagna) und studierte Recht in Pisa und Bologna, wo er 1806 promovierte. Ab 1809 war er in Bologna als Anwalt, ab 1814 als Professor für Zivilprozessrecht, später für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität tätig. Als Generalkommissar des Königs von Neapel, Joachim Murat, musste er 1815 vor den Österreichern aus Bologna fliehen und fand 1816 schliesslich in Genf Asyl. Er wurde 1819 als erster Katholik Professor für römisches Recht und Strafrecht an der Akademie Genf, an der er ab 1826 auch Verfassungsrecht und ab 1827 politische Ökonomie unterrichtete. Mit Etienne Dumont und Jean Charles Léonard Simonde de Sismondi gründete er 1820 die "Annales de législation et de jurisprudence", die sich ab 1823 "Annales de législation et d'économie politique" nannten. Ab 1820 gehörte er dem Genfer Repräsentierenden Rat an und wurde 1831 wiedergewählt.

1832 vertrat Rossi Genf an der Tagsatzung, an der er als Berichterstatter der mit der Revision des Bundesvertrags von 1815 betrauten Kommission wirkte. In diesem Zusammenhang veröffentlichte er einen Entwurf für eine "Bundesurkunde", der den Namen Rossi-Plan erhielt. Das Scheitern dieses Vorhabens sowie finanzielle Probleme bewogen ihn, von allen Ämtern in der Schweiz zurückzutreten und 1833 den Lehrstuhl für politische Ökonomie am Collège de France anzunehmen. 1834 wechselte er an den neuen Lehrstuhl für Verfassungsrecht an der juristischen Fakultät von Paris. Ab 1836 war er Mitglied der Académie des sciences morales et politiques und wurde 1839 zum Pair de France ernannt. Als bevollmächtigter Minister bei Papst Gregor XVI. hatte er 1845 den Auftrag, über die in Frankreich verstreut lebenden Jesuiten zu verhandeln. Aufgrund des Erfolgs seiner Mission wurde er 1846 vom französischen König Louis-Philippe in den Adelsstand erhoben und zum Botschafter am Heiligen Stuhl ernannt. Nach dem Sturz der Julimonarchie 1848 enthob man ihn sämtlicher Ämter. Mitte September 1848 kam er dem Wunsch von Papst Pius IX. nach und half bei der Bildung einer päpstlichen Regierung, indem er das Ministerium für Inneres und dasjenige für Finanzen ad interim übernahm. Zwei Monate später wurde er im Palast der apostolischen Kanzlei von einem Republikaner ermordet.

Rossis Werk zeichnet ihn als eklektischen Denker aus, der innerhalb der Rechtstheorie die Thesen der historischen Rechtsschule eines Friedrich Carl von Savigny mit jener der exegetischen Schule verband. Im Strafrecht vermittelte er zwischen dem Utilitarismus eines Jeremy Bentham und dem klassischen Spiritualismus. In Fragen des öffentlichen Rechts verteidigte er die Grundrechte und kritisierte die Auffassungen des Kontraktualismus im modernen Naturrecht. Im Bereich des schweizerischen Verfassungsrechts verfocht er einen gemässigten Liberalismus, der an einen "allmählichen Fortschritt" glaubte, und setzte sich entschieden für eine Stärkung der Bundeseinrichtungen ein. Der politische Ökonom propagierte die klassische Nationalökonomie englischer Prägung und stand für eine liberale Sicht, die der Produktion den Vorrang vor der Güterverteilung gab. Deshalb tritt er als einer der ersten Theoretiker des kapitalistischen Wachstums in Erscheinung. Schliesslich machte er sich in seiner politischen Theorie für eine fast metaphysische Konzeption des Staatszwecks stark, was ihn nicht daran hinderte, für ein nach dem Bildungsgrad abgestuftes Wahlrecht und die konstitutionelle Monarchie zu kämpfen.

Quellen und Literatur

  • Traité de droit pénal, 3 Bde., 1829
  • Cours d'économie politique, 4 Bde., 1840-54
  • Mélanges d'économie politique, d'histoire et de philosophie, 2 Bde., 1857
  • Cours d'histoire suisse, hg. von A. Dufour, 2000
  • Des libertés et des peines, 1980
  • A. Dufour, Hommage à Pellegrino Rossi (1787-1848), Genevois et Suisse à vocation européenne, 1998
  • A. Dufour, «Pellegrino Rossi, 1787-1848», in Citoyens de Genève, citoyens suisses, 1998, 27-35
  • Un liberale europeo: Pellegrino Rossi (1787-1848), hg. von L. Lacchè, 2001
Weblinks
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VIAF

Zitiervorschlag

Alfred Dufour: "Rossi, Pellegrino", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 16.11.2010, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007230/2010-11-16/, konsultiert am 19.03.2024.