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Uri

Eine der vier Waldstätten, vielleicht schon 1291 oder 1309, sicher ab 1315 Ort der alten Eidgenossenschaft. 1798-1801/1803 Teil des helvetischen Kantons Waldstätten. Seit 1803 Kanton der Eidgenossenschaft. Offizielle Bezeichnung Kanton Uri. Französisch, italienisch und romanisch Uri. Amtssprache ist Deutsch, Hauptort ist Altdorf.

Wappen des Kantons Uri
Wappen des Kantons Uri […]
Oro- und hydrografische Karte des Kantons Uri mit den wichtigsten Ortschaften
Oro- und hydrografische Karte des Kantons Uri mit den wichtigsten Ortschaften […]

Uri umfasste im Hoch- und Spätmittelalter das Reusstal vom Urnersee, dem südöstlichen Arm des Vierwaldstättersees, bis zur Schöllenen. Zu ihm zählten auch der Bergrücken westlich des Urnersees sowie verschiedene Seitentäler, östlich der Reuss das Schächental und das Maderanertal, westlich derselben das Erstfeldertal, das Meiental und das Göschenertal. Im 15. Jahrhundert erwarb Uri die Leventina, die bis 1798 als Untertanengebiet urnerisch blieb, und gewährte dem Land Ursern ein Landrecht; damit wurde es zum eigentlichen Passstaat, der die Nord- wie der Südseite des Gotthardpasses kontrollierte. Die zahlreichen inneralpinen Übergänge in Ost-West-Richtung spielten dagegen stets eine nur untergeordnete Rolle (Surenenpass, Sustenpass, Furkapass, Klausenpass, Oberalppass).

Struktur der Bodennutzung im Kanton Uri

Fläche (2011)1 076,4 km2 
Wald / bestockte Fläche196,3 km218,2%
Landwirtschaftliche Nutzfläche262,9 km224,4%
Siedlungsfläche18,3 km21,7%
Unproduktive Fläche598,9 km255,6%
 Struktur der Bodennutzung im Kanton Uri -  Arealstatistik der Schweiz

Der Alpenkanton umfasst zu Beginn des 21. Jahrhunderts 20 Gemeinden, die sich in Bezug auf die Höhenlage sowie die topografischen und klimatischen Verhältnisse (Föhn) erheblich voneinander unterscheiden. Die Ertragsfähigkeit der Böden ist unterschiedlich. Nur knapp die Hälfte der Gesamtfläche von 1076,4 km2 ist produktiv, von der wiederum 80% nur extensiv als Weide bewirtschaftet werden können.

Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur des Kantons Uri

Jahr 18501880a1900195019702000
Einwohner 14 50523 74419 70028 55634 09134 777
Anteil an Gesamtbevölkerung der Schweiz0,6%0,8%0,6%0,6%0,5%0,5%
Sprache       
Deutsch  18 02418 68527 63931 54632 518
Italienisch  5 3139476931 900462
Französisch  282241209767
Rätoromanisch  23389114251
Andere  526134061 679
Religion, Konfession       
Katholischb 14 49323 14918 92426 43931 73229 846
Protestantisch 125247732 0732 2362 074
Christkatholisch    201022
Andere  213241132 835
davon jüdischen Glaubens  71007
davon islamischen Glaubens     64683
davon ohne Zugehörigkeitc     31818
Nationalität       
Schweizer 14 46517 37618 26727 74331 39331 706
Ausländer 406 3681 4338132 6983 071
Jahr  19051939196519952005
Beschäftigte im Kanton1. Sektor 6 3115 9391 7602 220d1 821
 2. Sektor 2 0173 4556 6706 2245 121
 3. Sektor 3 1992 8434 9718 7468 717
Jahr  19651975198519952005
Anteil am schweiz. Volkseinkommen 0,4%0,4%0,4%0,4%0,4%

a Einwohner, Nationalität: Wohnbevölkerung; Sprache, Religion: ortsanwesende Bevölkerung

b 1880 und 1900 einschliesslich der Christkatholiken; ab 1950 römisch-katholisch

c zu keiner Konfession oder religiösen Gruppe gehörig

d gemäss landwirtschaftl. Betriebszählung 1996

Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur des Kantons Uri -  Historische Statistik der Schweiz; eidgenössische Volkszählungen; Bundesamt für Statistik

Das Kantonsgebiet von der Urzeit bis ins Hochmittelalter

Ur- und Frühgeschichte

Die ältesten bis heute nachgewiesenen menschlichen Zeugnisse in Uri reichen bis 2200 v.Chr. zurück (Bergkristallabschlagplatz und Silexpfeilspitze bei Rossplatten und dem Gotthardmätteli auf über 1500 m, beide Hospental). Aus der Bronzezeit stammen die Gräberfunde in Bürglen und möglicherweise auch solche in der Jagdmatt (1300-900 v.Chr.) sowie verschiedene Streufunde. Die frühesten Siedlungsspuren wurden in Amsteg auf dem Flüelihügel entdeckt; sie datieren aus der Mittelbronzezeit (1450-1200 v.Chr.). Dieser geschützte, an der Einmündung des Maderanertals und damit der Route über den Chrüzlipass in das Reusstal gelegene Ort mit nahen Kristall-, Kupfer- und Eisenvorkommen war auch in der Eisenzeit um 500-450 v.Chr. besiedelt. Keramikfunde weisen für die Bronzezeit auf einen kulturellen Austausch zwischen Amsteg und dem Mittelland einerseits sowie der Siedlung auf dem Padnal in Savognin andererseits hin. Keramiken aus der Eisenzeit belegen für diese Epoche auch Verbindungen in den südalpinen Raum (Quinto) und ins Alpenrheintal. Auch der keltische Goldschatz von Erstfeld, ein Fund von europäischer Bedeutung, weist auf die Begehung der Zentralalpen im 4. Jahrhundert v.Chr. hin; er wird heute zumeist als Weihegabe an eine Berggottheit interpretiert. Hinweise auf eine vorrömische Bevölkerung geben zudem ein Fund von Eisenwerkzeugen oberhalb von Altdorf aus dem 2. Jahrhundert v.Chr. und ferner das Orts- und Flurnamengut (Silenen, Surenen usw.). Zu vermuten ist, dass die Lepontier das Urserntal, wenn auch vielleicht noch nicht besiedelt, so doch in irgendeiner Form extensiv genutzt haben.

Gallorömische Epoche

Die wenigen Streufunde (v.a. Münzen, Keramikfragmente von 50-150 n.Chr. in Schattdorf) reichen nicht aus, um Rückschlüsse auf die römerzeitlichen Siedlungsverhältnisse in Uri zu ziehen. Die Analyse der Orts-, Flur- und Talnamen scheint einen galloromanischen Einfluss in den Seegemeinden nahezulegen, während die sprachlichen Verwandtschaften in den reussaufwärts gelegenen Gebieten – insbesondere auf der Urnerseite des Oberalp- und des Chrüzlipasses – eher auf rätoromanische Wurzeln verweisen. In der frühen Kaiserzeit war vielleicht das ganze Kantonsgebiet, vielleicht aber auch nur das Urserntal mit Rätien und dem Wallis in einem Verwaltungsbezirk unter einem Präfekten zusammengefasst; später lag das Gebiet in der Grenzzone zwischen den Provinzen Raetia und Germania Superior, wobei der genaue Verlauf der Grenzen im Alpengebiet nicht mehr zu eruieren ist (da die Schöllenen später die Grenze zwischen den Bistümern Chur und Konstanz bildete, erscheint allerdings die Annahme plausibel, dass dort schon in römischer Zeit eine Verwaltungsgrenze bestanden hatte). Der Gotthardpass dürfte bekannt gewesen sein, aber nur eine unbedeutende Rolle gespielt haben; er ist nicht in den römischen Itinerarien verzeichnet und Verkehrsstrukturen (Strassenbauten, mansiones) sind bis heute weder im alten Kantonsteil noch im Urserntal archäologisch nachgewiesen. Nach dem Zusammenbruch der römischen Herrschaft im zentralen Alpenraum orientierte sich das Unterland wohl nach Norden hin, während das Urserntal bei den aus der Raetia Prima hervorgehenden staatlichen Gebilden verblieb.

Frühmittelalter

Silbertauschierter Sporn. Grabbeigabe aus der Pfarrkirche St. Martin in Altdorf, um 670 (Historisches Museum Uri, Altdorf).
Silbertauschierter Sporn. Grabbeigabe aus der Pfarrkirche St. Martin in Altdorf, um 670 (Historisches Museum Uri, Altdorf). […]

Die alemannische Besiedlung Uris erfolgte ab dem 7. Jahrhundert im politischen Rahmen des Frankenreichs, wobei die Zentralschweiz zum austrasischen, von den Merowingern eingerichteten ducatus alamannorum gehörte, dessen Herzöge bis ins zweite Viertel des 8. Jahrhunderts relativ selbstständig waren. Die Ausdehnung von ins 7. bis 10. Jahrhundert zu datierenden Namen mit der Endung -ingen umfasste das ganze Land bis nach Wassen. Das Nebeneinander von romanischen und deutschen Orts- und Flurnamen lässt eine friedliche Koexistenz von Romanen und Alemannen vermuten. Das alemannische Grab der Kirche St. Martin in Altdorf (660-680) weist auf die politische und kirchliche Führungsrolle der Alemannen im Reusstal hin. Die Verbannung des frankenfreundlichen Abts Heddo von der Reichenau ins abgelegene Uri 732 – in diesem Zusammenhang wird der Name Uri erstmals erwähnt – ist ein Indiz für die geopolitische Belanglosigkeit des zentralschweizerischen Gebiets. Auch die Tatsache, dass sich die Grenze zwischen dem um 600 geschaffenen Bistum Konstanz und dem Bistum Chur in der Schöllenen herausbildete, weist auf die Randlage des Reusstals im Frühmittelalter hin. Der fränkische König verfügte im Reusstal ab dem 8. Jahrhundert über umfangreiches Königsgut, das wohl aus konfiszierten alemannischen Besitzungen stammte; seine gerichtlichen Kompetenzen scheint in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts ein iudex publicus oder ein comes wahrgenommen zu haben. Dies geht aus der Urkunde von 853 hervor, mit welcher der ostfränkische König Ludwig der Deutsche seine Güter sowie seine Herrschaftsrechte im pagellus Uroniae dem Fraumünster vermachte. Unklar bleibt, ob das ganze Tal damals in den Besitz des Zürcher Klosters überging; es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es im 9. Jahrhundert Freie mit Eigengut in Uri gab oder dass neben dem König noch andere weltliche oder geistliche Herren im Tal begütert waren. Ein Vogt (advocatus) sollte die Herrschaftsrechte des Klosters ausüben; er übernahm auch die Aufgaben des öffentlichen Richters bzw. Grafen, die allerdings nicht näher umschrieben werden können. Der König hatte 853 auch seine Kirchen dem Fraumünster geschenkt, neben den 857 bezeugten Gotteshäusern in Silenen und Bürglen vermutlich auch die archäologisch dokumentierte Kirche in Altdorf.

Ursern dürfte auch im Frühmittelalter von der Leventina aus bestossen worden sein. Das Hochtal, das wohl schon zur Gründungsausstattung des Klosters Disentis gezählt und zur Diözese Chur gehört hatte, wurde spätestens im 10. Jahrhundert durch rätoromanische Klosterleute besiedelt.

Herrschaft, Politik und Verfassung vom Hochmittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts

Herrschaftsstrukturen vom Hoch- bis ins beginnende Spätmittelalter

Die Herrschafts- und Besitzstrukturen im Hochmittelalter sind mangels Quellen schwierig zu eruieren; sie müssen zum Teil von spätmittelalterlichen Verhältnissen abgeleitet werden. Die älteste Grundherrschaft war die des Fraumünsters, dessen Grundbesitz im 14. Jahrhundert etwa 80 Hofstätten und 160 Güter umfasste. Verwaltet wurde er ab dem 13. Jahrhundert durch Meierämter, die in den drei Landespfarreien Bürglen, Altdorf/Erstfeld und Silenen eingerichtet wurden. Die Meier entstammten dem einheimischen Ministerialadel; als die eigentlichen Sozialaufsteiger spielten sie bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts in der Urner Geschichte eine wichtige Rolle.

Die verschiedenen Geschlechter von Rapperswil geboten im 12. Jahrhundert über umfangreichen Besitz in Uri; sie übertrugen ihn nach 1227 und 1290 dem Zisterzienserkloster Wettingen, dessen Verwaltungszentren die Türme in Schattdorf und Göschenen waren. Die Zisterzienserinnen und Zisterzienser von Rathausen, Frauenthal und Kappel sowie das Lazariterhaus Seedorf hatten Güter inne, die sie von Kleinadelsfamilien geschenkt erhalten oder erworben hatten. Die Attinghausen, ein hochfreies Geschlecht, besassen Güter am See, in der Reussebene und im Oberland. Sie verfügten über Eigenleute und ausserdem über Eigenleute und Besitzungen des Fraumünsters und solche, die – wenigstens vom Anspruch her – dem Kloster Wettingen gehörten. Ihre Herrschaftspraxis ist nirgends konkret fassbar. Ausserdem besassen die Attinghausen ab 1336 den Reichszoll von Flüelen. Bäuerliches Eigengut ist in Uri ab dem 13. Jahrhundert bezeugt. Ursern zählte grundherrschaftlich zum Kloster Disentis.

Das Fraumünster in Zürich unterstand Reichsvögten, die über Unfreie wie Freie in Uri herrschten. Als Reichsvögte amtierten von ca. 920 bis 976 die Herzöge von Schwaben, von ca. 976 bis 1173 die Lenzburger, dann bis 1218 die Zähringer. Danach sind die Herrschaftsverhältnisse bis zum Ende des 13. Jahrhunderts unsicher. Ursern unterstand dem Disentiser Klostervogt. 1239/1240 richtete Kaiser Friedrich II. auch in Ursern eine Reichsvogtei ein, die er einem Grafen Rudolf von Rapperswil übertrug (vielleicht Rudolf III. von Rapperswil?). Mit dem Aussterben dieses Geschlechts im Mannesstamm 1283 fiel sie an die Habsburger.

Die Entstehung des Landes Uri und die Eidgenossenschaft im Spätmittelalter

Umzeichnung des ältesten Landessiegels von 1249 aus der Reihe Die Staedte- und Landes-Siegel der Schweiz von Emil Schulthess, 1853-1856 (Zentralbibliothek Zürich).
Umzeichnung des ältesten Landessiegels von 1249 aus der Reihe Die Staedte- und Landes-Siegel der Schweiz von Emil Schulthess, 1853-1856 (Zentralbibliothek Zürich). […]

Im 13. Jahrhundert beschleunigte sich der soziale und wirtschaftliche Wandel. Die Klöster intensivierten die herrschaftliche Erfassung und führten neue Nutzungsformen in der Weidewirtschaft ein. Sie legten Schweighöfe an und förderten die bäuerliche Oberschicht, in deren Besitz die Schweigen fielen. Eine Vielzahl von vorstaatlichen Organisationsformen entstand. Die Durchsetzung von herrschaftlicher Organisation (Ausübung von Schutz und Gewalt) und die Verfestigung der verschiedenen lokalen Genossenschaften liefen im 13. Jahrhundert und bis Mitte des 14. Jahrhunderts nebeneinander her. Parallel dazu entwickelte sich Uri infolge der Eröffnung des Gotthards von einem Randgebiet zu einem Durchgangsland; neue Gewerbe kamen auf, und die wirtschaftlichen, aber auch die politischen überregionalen Verbindungen und Beziehungen vervielfachten sich. So begannen Pächter aus der Oberschicht, die Weidewirtschaft mit städtischem Geld zu finanzieren.

"Blaken in der Sureneralp". Bleistiftskizze aus dem grossen Skizzenbuch von Karl Franz Lusser, 1818 (Staatsarchiv Uri).
"Blaken in der Sureneralp". Bleistiftskizze aus dem grossen Skizzenbuch von Karl Franz Lusser, 1818 (Staatsarchiv Uri). […]

Bei vielen Rechtsgeschäften traten Leute aus Uri als Personenverband kollektiv handelnd auf, so schon 955, als sie (nos inhabitantes Uroniam) Zehntrechte beurkunden liessen, im Alpnutzungskonflikt mit Glarus 1196, im Streit um Surenen seit 1273 (homines universi vallis Uranie), in der Grenzregelung mit Schwyz 1348 bis 1358 (die lantluit gemeinlich ze Ure). Gemäss einer von Aegidius Tschudi kopial überlieferten Urkunde, deren Echtheit von der neueren Forschung zum Teil angefochten wird, verlieh König Heinrich (VII.), der Sohn Kaiser Friedrichs II., den in Uri lebenden Leuten die Reichsunmittelbarkeit. Er löste sie durch Kauf aus dem Besitz des Grafen Rudolf von Habsburg und versprach, sie in Zukunft beim Reich zu behalten. Die Urner hätten dafür eine Vogteisteuer zu entrichten. 1243 wird das Siegel des Tals Uri mit Stierkopf erwähnt. Die Ammänner (ministri) des 13. und des frühen 14. Jahrhunderts waren auch Beauftragte des Königs. Es ist nicht bekannt, von wem und wie sie eingesetzt bzw. gewählt wurden. Sie dürften die obersten Richter der Reichsvogtei Uri gewesen sein; die Verhandlungen wurden im 13. Jahrhundert wohl bei der Gerichtslinde in Altdorf abgehalten. Während des Interregnums sprach Graf Rudolf IV. von Habsburg (der spätere König Rudolf I.) in der Izzeli-Gruoba-Fehde (1257-1258) Recht.

Zur Friedenssicherung durch Herrschaftssicherung schlossen die homines vallis uraniae vielleicht schon 1291, vielleicht aber auch erst 1309 mit Schwyz und Unterwalden ein unbefristetes Bündnis. Ende 1291 verband sich Uri mit Schwyz und Zürich auf drei Jahre zur gegenseitigen Unterstützung im Krieg. 1309 vereinigte König Heinrich VII. von Luxemburg die drei Länder Uri, Schwyz und Unterwalden zur Reichsvogtei der Waldstätte, die er Graf Werner von Homberg unterstellte. In den Morgartenkrieg – frühe Chroniken ab ca. 1340 überliefern die Teilnahme der Urner an der Schlacht – traten die involvierten Parteien aus unterschiedlichen Gründen ein; Habsburg stritt wohl gegen Homberg um das Rapperswiler Erbe, mit Schwyz um Weideland, das auch das Kloster Einsiedeln beanspruchte,  m die Durchsetzung der Königsherrschaft Friedrichs des Schönen gegenüber dem Gegenkönig Ludwig dem Bayern. Uri ergriff in dem Konflikt für den Bayern Partei. Nach der Schlacht von 1315 verbündeten sich die Landleute von Uri mit Schwyz und Unterwalden, wobei die Initiative von Schwyz ausging. Der Morgartenbrief galt dem Landfrieden in den drei Orten, er garantierte die Rechte der Leib- und Grundherren, hob diese aber auf, sofern die Herren die verbündeten Orte angriffen (Bundesbriefe). Mehrere Königsbriefe von König Heinrich VII. von Luxemburg und dessen Nachfolger Ludwig des Bayern von 1316 an Uri sind nur indirekt überliefert, weshalb ihre Bedeutung angezweifelt wird; als unbestritten gelten dagegen die Briefe, mit denen Ludwig dann 1327/1328 Uri, Schwyz und Unterwalden gemeinsam – diesbezüglich stellten diese Briefe eine Neuheit dar – ihre Privilegien bestätigte. 1327 wurde Uri zusammen mit Schwyz und Unterwalden von Zürich und Bern in den grossen Städtebund aufgenommen; zu diesem Zeitpunkt wurden die Waldstätte offenbar von den Reichsstädten als Verhandlungspartner anerkannt. Bei den nach 1315 folgenden eidgenössischen Bünden, durch die bis 1513 die dreizehnörtige Eidgenossenschaft entstand, gehörte Uri immer zu den Bündnispartnern.

Überblickt man diese Entwicklung, so ist ein Kollektiv in Uri ca. ab dem 13. Jahrhundert nachweisbar; offen bleibt aber, ob bzw. inwieweit es sich dabei um eine Talgemeinde aus allmendgenossenschaftlichen Wurzeln oder einen herrschaftlich bestimmten Personenverband handelte. Eine gefestigte kommunale Organisation – solche entstanden nun auch in anderen Gebieten des Reichs – stellte keineswegs eine unabdingbare Voraussetzung für das Bündnis von 1291 oder 1309 dar, wie das die ältere Forschung in der Regel annahm. Die Wurzeln für das spätere Zusammengehen der drei Innerschweizer Orte lagen auch in der obrigkeitlichen Zusammenfassung zu einer Reichsvogtei. Nach dem Ausscheiden Werner von Hombergs als politischer Faktor begann Uri mit seinen Partnern, eine eigenständige Bündnispolitik mit König und Reichsstädten zu führen.

Im 14. Jahrhundert machte die – von der Verselbstständigung im Bündnishandeln zu differenzierende – institutionelle Verfestigung von kommunalen Organisationsformen in Uri rasche Fortschritte, wobei dieser Prozess nicht als Befreiung von Herrschaft, sondern als Ersatz der hochmittelalterlichen durch eine von einer neuen Führungsschicht getragenen Ordnung gedeutet werden muss. Das Ammannamt umfasste bald auch die Beurteilung und Entscheidung von Gemeinmarchangelegenheiten. Bei richterlichen wie politischen Geschäften wurde der Landammann von einer Vielzahl angesehener Landleute begleitet und unterstützt. Die Kontrolle über Gewalt und wirtschaftliche Ressourcen konzentrierte sich in den Händen dieser sich neu formierenden Führungsgruppe, zu der etwa das alte Hochfreiengeschlecht Attinghausen, verschiedene Ministerialenfamilien, die klösterlichen Meier von Erstfeld und Silenen, aber auch reich gewordene Bauerngeschlechter zählten. Dadurch wurde die Gesellschaft befriedet, und es entstand Rechtssicherheit.

In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erscheint die Urner Verfassung mit Landsgemeinde, Landammann, Einteilung des Landes in zehn Genosssamen (Wahlkreise), Rat der Sechzig und Fünfzehnergericht vollständig ausgebildet. Das Land übernahm nach 1360 schrittweise den Flüeler Reichszoll, der fortan die wichtigste Einkommensquelle der Landesverwaltung darstellte. 1359 erfolgte der Auskauf von Wettingen, Kappel, Rathausen und Frauenthal, 1426-1428 die Ablösung der Fraumünster Rechte durch das Land Uri. Die Kirchengenosssamen betreuten fortan die Sakralbauten und wählten den Pfarrer, der von der Zürcher Äbtissin in der Regel bestätigt und dem Bischof zur Ernennung präsentiert wurde. Kirchenvögte lösten die klösterlichen Meier ab. Die Familie von Attinghausen, die von 1294 bis 1358/1359 den Landammann stellte, erlosch kurze Zeit später. Ihre Macht ging auf Ministeriale des Fraumünsters über, denen ab 1374 begüterte Familien aus dem Stand der Grossbauern und Kaufleute folgten. 1389 bestätigte König Wenzel Uri den Besitz des Reichszolls sowie die Ausübung der Hochgerichtsbarkeit. Schon 1382 hatte er dieselbe auch an Ursern übertragen.

Das Urner Territorium im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit

Schon im Hochmittelalter hatten die Urner am Klausen und am Surenen ihre Alpwirtschaftsgebiete über die Passhöhe hinaus ausgeweitet, was zu langen Grenzstreitigkeiten mit Glarus und dem Kloster Engelberg führte. Am Klausen wurde der Grenzverlauf 1196, am Surenen erst 1513 definitiv geregelt. Im 14. Jahrhundert erfolgten auch Alpvergrösserungen auf Kosten von Schwyz und der Leventina.

Das Kriegslager der Truppen von Uri, Luzern, Unterwalden und Zug bei Arbedo im Jahr 1422. Kolorierte Federzeichnung in der Berner Chronik von Benedikt Tschachtlan, 1470 (Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, Ms. A 120, S. 570).
Das Kriegslager der Truppen von Uri, Luzern, Unterwalden und Zug bei Arbedo im Jahr 1422. Kolorierte Federzeichnung in der Berner Chronik von Benedikt Tschachtlan, 1470 (Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, Ms. A 120, S. 570). […]

Zentrales Motiv der Urner Territorialpolitik im Spätmittelalter war das Bestreben, die Gotthardroute bis in die Lombardei unter Kontrolle zu bringen (Ennetbirgische Feldzüge). 1403 schlossen Uri und Obwalden mit der Leventina (Livinen) einen Schutzvertrag, was zum Konflikt mit Mailand führte. 1410 wurde Ursern ein Landrecht gewährt; der Vertrag, der das mächtigere Uri gegenüber dem Hochtal privilegierte, war der Ursprung von Vorbehalten der Ursner gegenüber Uri, zumal dieses seine Oberhoheit immer stärker zur Geltung brachte. 1410-1418 wurde auch das Eschental (Val d' Ossola) unter Beteiligung Uris eine gemeineidgenössische Vogtei (Ennetbirgische Vogteien). Die Niederlage in der Schlacht bei Arbedo 1422 brachte die Urner wie die eidgenössische Expansion gegen Süden für Jahrzehnte zum Stillstand; die Leventina unterstand danach wieder Mailand, bis Uri sie 1439/1441 wiedererwerben konnte. Erst der Sieg in der Schlacht bei Giornico 1478 bzw. der Friede mit Mailand von 1480 sicherten Uri die Leventina langfristig und ermöglichten der Eidgenossenschaft unter seiner Führung das weitere Ausgreifen bis ins Sottoceneri. 1487 gab auch das Mailänder Domkapitel seine Rechte an der Leventina auf. Diese behielt ihre eigentümliche Verfassung, ihre Statuten waren geltendes Recht. Uri stellte den Landvogt. Die Leventiner akzeptierten ihre Unterwerfung weitgehend, da sie die Herrschaft der Mailänder Herzöge abgelehnt hatten; nur selten kam es zu Spannungen. Die Leventiner beteiligten sich mit militärischen Aufgeboten regelmässig auf Urner Seite an den Ennetbirgischen Feldzügen und trugen diese auch finanziell mit. Erst nach dem Livineraufstand von 1755 hob Uri die meisten Rechte und Gewohnheiten der Vogtei auf.

Uri hatte von 1503 an mit Schwyz und Nidwalden die Vogteien Blenio, Riviera und Bellinzona inne und war an der Verwaltung der meisten gemeinen Herrschaften beteiligt (1441-1712 Baden, 1460-1798 Thurgau, 1482-1798 Sargans, 1491-1798 Rheintal, 1512-1798 Locarno, Maggiatal, Lugano und Mendrisio, 1532-1712 Freie Ämter bzw. 1712-1798 Oberes Freiamt). Zudem gehörte Uri 1464-1712 zu den Schirmorten von Rapperswil. Da der Ämterkauf nicht in den Griff zu bekommen war, versuchte Uri mit einer 1646 eingeführten offiziellen Abgabe, die zukünftige Amtsinhaber zu leisten hatten, die Gelder dem Staatshaushalt zuzuführen.

Karte von Uri und der Leventina von Gabriel Walser, 1756 (Bibliothèque de Genève, Archives A. & G. Zimmermann).
Karte von Uri und der Leventina von Gabriel Walser, 1756 (Bibliothèque de Genève, Archives A. & G. Zimmermann). […]

Staatsbildung, Regieren und Verwalten im Ancien Régime

Landesebene

Landtbuoch des alten loblichen eydtgnossisch-catholischen Orts Ury, Kopie von 1667 (Staatsarchiv Uri).
Landtbuoch des alten loblichen eydtgnossisch-catholischen Orts Ury, Kopie von 1667 (Staatsarchiv Uri). […]

Die wichtigsten Quellen über die Verfassungsverhältnisse sind das Satzungsbuch und das Landbuch (Landrechte). Das Satzungsbuch wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts angelegt. Das 1525 erstmals fassbare Urner Landbuch wurde nach 1600 neu redigiert. Beide Bücher enthalten Rechtsregeln aus der Zeit vor 1500 – es erscheint daher legitim, auch von den in den beiden Sammlungen überlieferten Bestimmungen über die Institutionen auf die Verhältnisse im 15. Jahrhundert zurückzuschliessen.

Die oberste Gewalt des Landes war die Landsgemeinde (die deutsche Bezeichnung ist in einer Originalurkunde von 1329 als Gemainde zu Ura fassbar), zu der alle männlichen Landleute zusammenkamen, die das 14. Lebensjahr vollendet hatten. Sie nahm die Wahlen der Landeshäupter, der vier Ammannrichter des Fünfzehnergerichts, der Siebnerrichter, der Gesandten, der Landvögte sowie der meisten Amtsleute vor, hatte gesetzgebende, allmendgenossenschaftliche, administrative sowie ursprünglich auch richterliche Kompetenzen und entschied über Krieg und Frieden sowie die Aufnahme von neuen Landleuten. Sie tagte jährlich am ersten Maisonntag in Bötzlingen an der Gand in Schattdorf. Sie oblag einem gleich bleibenden Zeremoniell mit Aufzug, Aufstellung und Geschäftsabfolge. Eröffnet wurden die Verhandlungen kniend, mit der Anrufung Gottes in Gebeten und der gemeinsamen Eidesleistung. Unerledigte Geschäfte wurden auf die Nach- und Auffahrtsgemeinde übertragen. Ausserordentlich kam die Landsgemeinde nach Bedarf an beliebigen Orten zusammen. Untergeordnete Geschäfte erledigten auch Räte und Landleute. Das Siebengeschlechtsbegehren – sieben Familien konnten gemeinsam einen Antrag stellen – dürfte ebenfalls auf das Spätmittelalter zurückgehen.

Der ab 1373 nachweisbare Rat zählte 60 Mitglieder, die sogenannten Sechziger, von denen jede der zehn Genosssamen je sechs wählte. Mit Sitz und Stimme dazu gehörten die Vorgesetzten Herren und die Alt-Landammänner. Bis ins 18. Jahrhundert entwickelten sich dann neben dem Landrat, der ordentlicherweise viermal im Jahr zusammentrat, mehrere weitere Ratsformen. Der zwei- und der dreifache Rat, zu dem jeder Ratsherr einen oder zwei ehrenhafte Männer mitnahm, wurden jeweils bei besonders wichtigen Geschäften einberufen. Der Boden- und Wochenrat, zu dem die Ratsherren der Bodengemeinden obligatorisch zu erscheinen hatten und die Aussengemeinden ebenfalls Ratsherrn entsenden konnten, tagte wöchentlich und entschied vor allem Exekutivgeschäfte. Welcher Rat einberufen wurde, war nicht genau reglementiert, sondern hing von der Wichtigkeit der Geschäfte und bisweilen wohl auch vom Zufall ab. Das Landbuch untersagte den Räten die Aneignung von Kompetenzen der Landsgemeinde, unterdrückte aber anderseits auch den Weiterzug von Ratsbeschlüssen und Gerichtsurteilen an die Landsgemeinde. Für die Kontrolle der Wuhren waren die 1493 erstmals erwähnten Siebner zu Reuss und Schächen zuständig. Von der Mitte des 16. Jahrhunderts an übte der Geheime Rat die Aufsicht über die Staatsfinanzen aus und entschied über weitere geheime Geschäfte. 1554 wurde der Geheime Kriegsrat eingesetzt, dessen Zuständigkeiten sich bisweilen mit den Kompetenzen des Geheimen Rats überschnitten.

Politisches System Uris im 18. Jahrhundert
Politisches System Uris im 18. Jahrhundert […]

Nach dem Abgang der reichsrechtlichen Gerichtsinstanzen entwickelte sich eine neue Gerichtsverfassung. Sie bestand in der frühen Neuzeit aus dem Malefizlandrat für schwere Verbrechen, dem 1366 bezeugten Fünfzehnergericht, das Ehr-, Erb- und Besitzstreitigkeiten sowie grosse Forderungen und Bussen nach sich ziehende Händel und Vergehen beurteilte, dem Siebnergericht, das für kleinere Forderungen und Bussen zuständig war, sowie dem Ortsgericht für fremde Händler.

Der älteste belegte und bedeutendste Amtsträger im Land Uri war der Landammann; die deutsche Bezeichnung wird 1294 in einer kopial überlieferten und 1301 in einer Originalurkunde erwähnt. Der Landammann führte den Vorsitz an der Landsgemeinde, in den Räten und im Fünfzehnergericht. Zu ihm gesellten sich noch im Spätmittelalter Statthalter, Säckelmeister, Landeshauptmann, Pannerherr und Landesfähnriche sowie im 16. Jahrhundert der Zeugherr. Die höheren Landesbeamten bildeten in den Räten die Gruppe der Vorgesetzten Herren. Unterstützt wurden sie von Landschreibern, Weibeln, Läufern sowie den Landesfürsprechern, die bei Rats- und Gerichtsverhandlungen als Berater mitwirkten. Daneben hatte Uri eine Vielzahl weiterer, untergeordneter Beamter. Am dichtesten war die Verwaltung in Gewerbe, Handel, Verkehr und Lebensmittelpolizei.

Die Urner Magistratenfamilien vom 17. bis 19. Jahrhundert
Die Urner Magistratenfamilien vom 17. bis 19. Jahrhundert […]

Die Inhaber der höheren Landesämter konzentrierten sich mehr und mehr in Altdorf. Es bildeten sich vom ausgehenden Mittelalter an miteinander verschwägerte Häupterfamilien mit aristokratischem Lebensstil, die vielfach Generationen lang in den obersten Ämtern vertreten waren. Die Staatsführung wurde ab 1600 zunehmend absolutistisch. Gegen die Oligarchisierung entstand im 18. Jahrhundert eine Gegenbewegung, die 1764 in der sogenannten Geschlechterordnung kulminierte. Diese verbot die Übervertretung einer einzigen Familie in Räten und Gerichten und regelte Ausstandspflichten und Inkompatibilitäten restriktiver.

Für den Finanzhaushalt erliess die Landsgemeinde 1665 die Hausordnung, die bis 1798 gültig war. Der Staatshaushalt war noch im 18. Jahrhundert mit Einnahmen von unter 30'000 Gulden nur von bescheidener Grösse; er erzielte aber laufend Überschüsse, obwohl nach 1656 keine direkten Steuern mehr erhoben wurden. Die Haupteinnahmen bestanden aus Zollerträgen, ausserdem wurde ab 1663 ein Teil der Pensionengelder einbehalten. 1798 erreichte der Staatsschatz 229'000 Gulden.

Das Land beschickte die eidgenössischen Tagsatzungen; vor diese brachte es mehrfach Probleme des Warenverkehrs über den Gotthard, wie zum Beispiel 1471 den sogenannten Ferriser Handel, der sich um den Diebstahl von Pferden des Ursners Heini Wolleb auf dem Markt von Varese drehte, eine Affäre, die sich bis 1482 hinzog. Uri schickte auch Gesandte zu den Sondertagsatzungen der katholischen Orte. Trotz den gesamteidgenössischen Verträgen mit Frankreich und Österreich stand Uri – im Gegensatz zu den reformierten Ständen – auch im Bund mit Savoyen (1560), dem Kirchenstaat (1565) und Spanien-Mailand (1582, Spanien). 1586 schloss Uri mit den vier anderen inneren Orten sowie Freiburg und Solothurn den Goldenen Bund zum Schutz der katholischen Religion. Bei der Ausrottung des neuen Glaubens 1602-1608 im Wallis und der Erneuerung des Landrechts zwischen den katholischen Ständen und dem Wallis spielte der Urner Gesandte Peter Gisler eine führende Rolle. Während des Ersten Villmergerkriegs kommandierte der Urner Sebastian Peregrin Zwyer von Evibach die Rapperswil verteidigenden Truppen. Seine Beschränkung auf die Defensive sowie ein von den Bernern für sein Schloss Hilfikon ausgestellter Schutzbrief erweckten unter den übrigen katholischen Orten den Verdacht zu grosser Kompromissbereitschaft; daraus entstand der Zwyerhandel, der 1656-1661 die katholische Eidgenossenschaft spaltete.

Uri bejahte 1668 zunächst auch das Defensionale von Baden und die dazugehörende Kriegsordnung, die vorsah, dass Uri und Bern abwechselnd den Kommandanten eines eidgenössischen Regiments stellten. 1678 kündigte es unter Schwyzer Einfluss die gesamteidgenössischen Vereinbarungen wieder auf (Defensionalordnungen). Während der Toggenburger Wirren im frühen 18. Jahrhundert suchte der Urner Landammann Josef Anton Püntener den Ausgleich mit Zürich und Bern, unterlag aber der Kriegspartei und der katholischen Geistlichkeit in der entscheidenden Landsgemeinde. Die Niederlage im Zweiten Villmergerkrieg beraubte die katholischen Stände 1712 ihrer führenden Rolle in der Eidgenossenschaft; ausserdem verlor Uri die Mitherrschaft über die Grafschaft Baden, über Rapperswil und teilweise auch über die Freien Ämter. Insgesamt hielt Uri in den innereidgenössischen Auseinandersetzungen im 17. und 18. Jahrhundert seinen katholischen Bündnispartnern stets die Treue; dabei erwies es sich in konfessionellen Fragen als nicht ganz so rigide wie Schwyz, dem meistens die Vorkämpferrolle unter den katholischen Orten zukam.

Dienstpflichtig waren Männer ab dem 16. Altersjahr. Die Kriegsordnung von 1600 sah zwei Auszugskontingente vor, das kleinere des Fähnleins und das grössere des Panners. Die periodischen Landesmusterungen wurden nach dem Zweiten Villmergerkrieg intensiviert. Ausrüstung und Bewaffnung, ursprünglich von den Liegenschaftsbesitzern beschafft, waren ab dem 16. Jahrhundert Landesaufgaben. Bei der militärischen Ausbildung profitierte Uri von den Erfahrungen aus fremden Diensten.

Die Verwaltung der Wälder und der Gross- und Kleinviehhirtenen oblag den Dorfschaften, für die Alpen waren die Alp- und Stafelgenossenschaften zuständig. Einzig die nördlich des Schächentals gelegene Ruosalp wurde vom Land selbst verwaltet. Die Gemeinmarch (Allmend) war für den gemeinen Nutzen der Landleute bestimmt. Andere Nutzniesser wurden benachteiligt; der gewinnorientierte Handel mit nicht im Land gewintertem Vieh war verboten.

Gemeindeebene

Die im 14. Jahrhundert geschaffenen zehn Genosssamen wählten die Sechziger und zehn Mitglieder des Fünfzehnergerichts, in dem auch die vier Ammannrichter und der Landammann einsassen. Die Genosssamen nahmen Verwaltungsaufgaben im Vormundschafts- und Waisenwesen, bei der Militärrekrutierung, der Harnischkontrolle sowie der Kontrolle der Gemeinmarch wahr. Verantwortlich für den Vollzug waren meistens die Ratsherren.

In den Siedlungen entfaltete sich autochthon um kirchliche und dörfliche Einrichtungen (v.a. Kapellen, Kirchen, Pfarreien, Wege und Stege) herum ein Gemeindewesen. Kirchliche und dorfschaftliche Entwicklungen verliefen nicht synchron. Die Versammlung der Kirchen- oder Dorfgenossen war das oberste Organ. Leitung und Vollzug lagen bei den Vorgesetzten des Dorfs, zu denen die Ratsherren, der Kirchen- und der Dorfvogt sowie weitere Amtsträger gehörten.

Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur vom Hochmittelalter bis ins 18. Jahrhundert

Bevölkerung und Siedlung

Die intensive Rodungstätigkeit, die konfliktreiche territoriale Expansion über die Wasserscheiden hinweg sowie die rasch fortschreitende Ausdifferenzierung der kirchgenossenschaftlichen Organisationsformen verweisen auf ein deutliches Bevölkerungswachstum im Hochmittelalter. In diese Epoche fällt auch die Besiedlung des vormals nur spärlich von Romanen bevölkerten Urserntals vom Wallis her, die rechts- und sprachgeschichtlich sowie namenkundlich fassbar ist (Walser). Wichtige siedlungsgeschichtliche Impulse gingen ferner von der Erschliessung der Schöllenen um 1200 aus. Der einsetzende internationale Güter- und Personenverkehr über den Gotthardpass machte eine komplexe Transportorganisation mit Zollstätten, Susten, Hafenanlagen, Herbergen (Hospize) und Gewerbebetrieben (Hufschmiede, Küfer, Sattler, Hafner) erforderlich. Entlang der Gotthardroute bildeten sich nun typische Passwegdörfer mit klarer Ausrichtung auf die Transitachse aus, während in den Seitentälern die Streusiedlung weiter dominierte.

Ein weiterer Bevölkerungsanstieg ist auch für das Spätmittelalter und die frühe Neuzeit trotz demografischen Krisen infolge von Pestzügen – solche sind 1348-1349, 1517-1518, 1574-1575 und 1629 nachgewiesen – anzunehmen. In den 1690er Jahren und dann gehäuft im 18. Jahrhundert führten verheerende Missernten zu Hungersnöten. Die schlimmsten Folgen für die Bevölkerungsentwicklung zeitigten die Hungerereignisse von 1742-1743 und 1770-1771, die, verstärkt noch durch Viehseuchen, den Viehhandel massiv beeinträchtigten. 1743 hatte Uri (ohne Ursern) 9828 Einwohner gezählt; am Ende des 18. Jahrhunderts waren es noch 9464 (mit Ursern 10'607).

Wirtschaft

Alpwirtschaft und Viehzucht waren die wichtigsten Standbeine der Urner Wirtschaft (Alpen). Die Ausweitung der Alpwirtschaft wurde im Hoch- und Spätmittelalter durch vorteilhafte klimatische Verhältnisse begünstigt. Die Bewirtschaftung bäuerlicher Güter erfolgte subsistenzorientiert, erzeugt wurden in erster Linie Getreide, Wein, Obst, Nüsse, Wolle, Fleisch, Milch und Milchprodukte für die Selbstversorgung. Ab dem 14. Jahrhundert verloren Acker- und Weinbau allmählich an Bedeutung und es kam zu einer Spezialisierung auf die Viehwirtschaft. Grössere Viehwirtschaftsbetriebe bestanden im Rahmen der klösterlichen Grundherrschaft bereits im Hochmittelalter (Schweighöfe). Sie bildeten den Kern grossbäuerlicher Liegenschaftskomplexe, deren Überproduktion auf den regionalen und überregionalen Märkten in Altdorf, Luzern, Bellinzona, Lugano, Como und Mailand abgesetzt wurde. Bei der Umstellung von der Subsistenz- auf die marktorientierte Viehwirtschaft übten Kaufleute aus Städten im Norden und im Süden Einfluss aus. Der bäuerliche Besitz war seit dem Spätmittelalter durch grosse Dynamik gekennzeichnet und widerspiegelte die erhebliche soziale Mobilität. Die Blütezeit der Urner Landwirtschaft fiel ins 16. und 17. Jahrhundert, unter anderem mit dem einträglichen Viehtrieb auf die oberitalienischen Märkte, den sogenannten Welschlandfahrten (Viehhandel). Danach stagnierte deren Leistungsfähigkeit. Strukturprobleme der nach wie vor kleinbäuerlich geprägten Landwirtschaft behinderten den Übergang zur exportorientierten Herstellung von haltbarem Hartkäse (Sbrinz, Spalenkäse). Gleichzeitig entwickelte sich das Verhältnis zwischen der Nahrungsmittelbasis und der Bevölkerungszahl gegen Ende des 18. Jahrhunderts ungünstig und der relative Wohlstand der Urner Bevölkerung schmolz rasch dahin.

Neben der Landwirtschaft bildete der Güterverkehr über den Gotthard die zweite Säule des Urner Wirtschaftsgefüges. Der Warentransport auf dem schmalen Saumpfad erfolgte auf Pferden oder Maultieren, im Winter auch auf Schlitten (Säumerei). Anfänglich wurde der Warentransport hauptsächlich in Etappen von einer Sust zur nächsten (sogenannte Strus- oder Teilfuhr) abgewickelt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde der direkte Transport über den Pass, die Strackfuhr, von der Obrigkeit aus wirtschaftlichen Gründen stärker forciert. Die Verkehrsfrequenzen lagen weit hinter denen der Bündner Pässe und vor allem hinter dem Brenner zurück. Allerdings stieg das Transitaufkommen am Gotthard im 18. Jahrhundert stark an und erreichte 1795 einen Höchststand (37'000 Saum), nicht zuletzt aufgrund erheblicher Investitionen in die Strasseninfrastruktur (1649 Häderlisbrücke in der Schöllenen, 1707-1709 Urnerloch, 1764 Weg bei Flüeli in der Gemeinde Amsteg, 1773 Schönibrücke in der Gemeinde Wassen). Vom Aufschwung profitierten in erster Linie die vorab in Altdorf und Andermatt ansässigen Faktoren, Speditoren und Handelsleute, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu grossem Wohlstand gelangten. Der Warentransport und der Personenverkehr – im 18. Jahrhundert jährlich immerhin rund 15'000 Reisende – brachten auch indirekt Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten (Strassenunterhalt, Schneebruch, Heuverkauf, Herbergswesen). Von der gesteigerten Binnennachfrage profitierte ferner das lokale Gewerbe, das sich ab dem 16. Jahrhundert in zunftähnlichen Gesellschaften und Bruderschaften zu organisieren begann. Daneben spielten vom 16. bis zum 18. Jahrhundert der Bergbau (Abbau von Eisenerz bei Isleten in Isenthal sowie im Maderanertal, Silber und Alaun im sogenannten Graggental in Gurtnellen, Quarzkristalle auf der Göscheneralp, im Maderanertal und im Gotthardgebiet) und im 18. Jahrhundert das protoindustrielle Verlagswesen (Schappe, Baumwolle) mit den Zentren Altdorf und Andermatt eine Rolle (Verlagssystem).

Einen wichtigen Wirtschaftsfaktor stellte schliesslich der Solddienst dar. Entsprechende Aktivitäten des regionalen Adels in Oberitalien sind bereits im 13. Jahrhundert fassbar. Daraus entwickelte sich eine lange Tradition des selbstständigen Militärunternehmertums, anfänglich vor allem für italienische Fürsten und Städte. Ab dem 16. Jahrhundert gewann die Beteiligung an Schweizer Regimentern in spanischen, französischen und savoyischen Diensten sowie in den päpstlichen Garden in Bologna und Ravenna, denen stets Urner Hauptleute vorstanden, an Bedeutung. Für die lokale Oberschicht blieben die Fremden Dienste bis zum Ende des Ancien Régime die wichtigste Existenzgrundlage, während die Solddienstaktivitäten der gewöhnlichen Landleute stark rückläufig waren. Mit den Pensionszahlungen floss nicht nur sehr viel Geld nach Uri, sondern auch Kulturgut und Lebensweise europäischer Fürstenhöfe.

Zwischen 1520 und 1648 wurden in Bellinzona (bis 1548) und Altdorf eigene Münzen geprägt, grösstenteils auch im Auftrag der Stände Schwyz und Nidwalden; später wurden die Urner Münzen in Bern und Luzern hergestellt, letztmals 1811 (Stücke zu 4, 2 und 1/2 Batzen sowie zu 1 Rappen). Trotz eigener Münzen war in Uri stets viel fremdes Geld im Umlauf, insbesondere Münzen von hohem Wert (florentinische Gulden, spanische Dublonen, venezianische Zecchinen/Dukaten, französische Sonnenkronen, Louis d'or).

Gesellschaft

Die Führungsgruppe im hochmittelalterlichen Uri war unterschiedlicher sozialer Herkunft und herrschaftlicher Zugehörigkeit. Strukturprägend wirkte der ausgedehnte klösterliche Grundbesitz: Herrschaft wurde in erster Linie von den Amtsleuten des zürcherischen Fraumünsters und des Klosters Wettingen ausgeübt. Im Gegensatz zur Herrschaftsposition der Klöster war die Stellung des weltlichen Adels relativ schwach, unzweifelhaft das Resultat der späten und unvollständigen Feudalisierung im 11. und 12. Jahrhundert. Trotz dieser für die klösterlichen Grundherrschaften und den lokalen Adel unvorteilhaften Bedingungen gingen von den feudalen und adligen Kräften gesellschaftliche Stabilisierungsbestrebungen aus, die auch bei den ersten eidgenössischen Bündnisschlüssen zum Tragen kamen. Ab dem späten 13. Jahrhundert lösten sich die alten Adelsstrukturen auf. Neben den ritterlichen Dienstleuten (Ministerialadel) und den einzelnen Hochfreien gewannen auch Vertreter der ländlichen, nichtadligen Oberschicht an Einfluss. Als der Ministerialadel gegen Ende des 14. Jahrhunderts seine führende Stellung verlor, rückten Familien aus dem Bauern- und Handelsstand nach. Die soziale Mobilität nach unten und nach oben war in der frühen Neuzeit erheblich. Erst im Lauf des 16. Jahrhunderts bildeten sich eigentliche Familiendynastien, die über Jahrhunderte hinweg Reichtum, Macht und Einfluss auf sich vereinigten. Wirtschaftliche Grundlage dieser Elite war die Verbindung von Grundbesitz, fremdem Kriegsdienst und lukrativer Ämtertätigkeit.

Grossen gesellschaftlichen Einfluss hatte die mit den politischen und wirtschaftlichen Eliten personell eng verflochtene Welt- und Ordensgeistlichkeit. Die Zahl der Geistlichen nahm bis ins 18. Jahrhundert stark zu. 1762 zählte Uri 119 Ordens- und Weltgeistliche, das ergab pro Geistlichen weniger als 100 Gläubige.

Die Ablösung feudaler Rechte setzte in Uri im grösseren Stil erst nach 1350 ein und dauerte bis weit ins 15. Jahrhundert. Anstelle der ständischen Unterschiede vom unfreien Bauern bis zum hochfreien Adelsmann trat die soziale Differenzierung in Kleinbauern, Mittelstand (Bauern, Handwerker, Gewerbetreibende) und Oberschicht. Zusätzlich schuf das Urner Landrecht eine scharfe Trennlinie zwischen den vollberechtigten Landleuten und den Bei- und Hintersassen, denen die politische Partizipation verwehrt blieb und die auch weitgehend von der Nutzung der kollektiven Ressourcen (Alpen, Allmenden, Säumerei) ausgeschlossen waren (Bürgerrecht). Das Urner Landrecht konnte nach 1600 nur noch gegen Bezahlung enormer Einkaufsgebühren erworben werden.

Sandsteinrelief an der Eingangspforte zum Innenhof des Fremdenspitals in Altdorf, 17. Jahrhundert (Historisches Museum Uri, Altdorf).
Sandsteinrelief an der Eingangspforte zum Innenhof des Fremdenspitals in Altdorf, 17. Jahrhundert (Historisches Museum Uri, Altdorf). […]

Armen-, Arbeits- oder Waisenhäuser existierten im Ancien Régime nicht. Verbreitet war die traditionelle mittelalterliche Almosenpraxis; die Unterstützungsleistungen basierten auf kirchlicher und privater Caritas. Viele Jahrzeit- und Gedächtnisspenden waren mit der Austeilung von Brot, Salz und Mehl verbunden. Hinzu kamen wohltätige (Familien-)Stiftungen, Vermächtnisse und private Stipendienfonds. Unterstützung fanden Bedürftige auch in den Klöstern und in den Fremdenspitälern, wo zum Teil auch einheimische Arme verpflegt wurden. Die einzige direkte staatliche Beteiligung an der Armenfürsorge stellten die Beiträge dar, die der Wochenrat auf Bittgesuche nach Gutdünken sprach. Mit dem Instrument der Verwandtschaftssteuer wurde der grösste Teil der Armenlasten gleichsam von den Armen selbst getragen.

Kirchliches und religiöses Leben

Ursern zählte zum Bistum Chur, Uri bildete das südlichste Gebiet des Bistums Konstanz. Wegen der grossen Entfernung blieb die Verbindung zum Bischof lose – im späteren Mittelalter ist die Anwesenheit des Bischofs einzig bei der Neuweihe der Lazariterkirche in Seedorf 1254 bezeugt –, um so mehr als die auf Eigenständigkeit bedachten Urner sich nicht um deren Festigung bemühten. Die im Auftrag des Bischofs durchgeführten Visitationen von Klerus und Kirchengebäuden erfolgten im späteren Mittelalter nur spärlich. Erst nach der Katholischen Reform, ca. ab 1608, fanden solche in regelmässigeren Abständen statt. In Uri wachte der um 1500 fassbare bischöfliche Kommissar, fast immer der Pfarrer von Altdorf, über Verstösse gegen Sittlichkeit und liturgische Vorschriften. Eine alte Verbindung zum Bischof bestand im Vierwaldstätterkapitel, dem als Sextar oder als Dekan stets ein Pfarrer aus Uri (meist der von Altdorf) angehörte.

Mit der Ablösung der Zehntrechte der Abtei Fraumünster erlangten die Pfarreien im Spätmittelalter weitgehende Unabhängigkeit. Als Eigentümer der Kirchen besorgten sie deren Unterhalt, verwalteten ihre Einkünfte und Ausgaben. Die Pfarrer der drei Landespfarreien Altdorf, Bürglen und Silenen hatten an den Landsgemeinden das freie Wort, selbst wenn sie nicht Landsleute waren. Aus dem 1513 von Papst Julius II. bestätigten Präsentationsrecht entwickelte sich ein umfassendes Recht auf Wahl und Bestätigung der Pfrundinhaber (Patronatsrecht). Dieses Gemeinde- oder Volkspatronat bildete die Basis des frühneuzeitlichen Landeskirchentums in Uri, in dem die weltliche Obrigkeit eine Aufsichtsfunktion über die Kirche ausübte. In Streitigkeiten zwischen weltlicher und kirchlicher Obrigkeit setzten sich meistens die Magistraten durch, wie zum Beispiel im Dr.-Stadler-Handel 1692-1693.

Morea-Messgewand, 1695 (Pfarrkirche St. Martin, Altdorf; Fotografie Staatsarchiv Uri).
Morea-Messgewand, 1695 (Pfarrkirche St. Martin, Altdorf; Fotografie Staatsarchiv Uri). […]

Ab dem 14. Jahrhundert kurten sich zunächst vor allem die entfernt gelegenen Gebiete von den drei Landespfarreien ab wie etwa 1387 Sisikon von Altdorf. Dieser Prozess intensivierte sich im späten 15. und im 16. Jahrhundert. Gleichzeitig nahm die Zahl der Kirchenpfründen zu. Neben dem Pfarrer verfügten die wohlhabenderen Kirchgemeinden im 17. oder spätestens im 18. Jahrhundert über einen Helfer. Altdorf wies im 18. Jahrhundert neben vier von der Pfarrei besoldeten Vikaren noch neun von Geschlechtern gestiftete Pfründen auf.

Uris ältestes und lange einziges Kloster war das vor 1215 gestiftete Lazariterhaus in Seedorf, das ab 1559 auf Wunsch der Obrigkeit von Benediktinerinnen aus Claro weitergeführt wurde und sich in der Barockzeit zu einem blühenden Konvent entwickelte. Das 1581 gegründete Kapuzinerkloster Altdorf, das erste nördlich der Alpen, war auf die Bedürfnisse der Bevölkerung ausgerichtet; die Kapuziner, die ab 1688 Ursern seelsorgerisch betreuten, prägten über Jahrhunderte das religiöse Leben Uris mit. Das dritte Kloster, das 1608 gegründete Frauenkloster in Attinghausen, war lange kaum lebensfähig; es entschied sich unter dem Einfluss des nach Altdorf versetzten Pater Antonius Gallerani, einem Initianten der sogenannten Pfanneregger Reform, dem kapuzinischen Reformorden beizutreten. Nach einem Brand übersiedelte die Gemeinschaft 1676 nach Altdorf. Die Klöster waren 1638 im Grund- und Gültenbesitz eingeschränkt worden.

Als Durchgangsland blieb Uri von der Reformation nicht unberührt. Doch setzten sich alter Glaube und Verbundenheit mit dem Papst durch. Wohl veranlasst durch Landammann Josue von Beroldingen, verfasste Landschreiber Valentin Compar 1524/1525 eine Streitschrift gegen Huldrych Zwingli, die der Landsgemeinde vorgelesen und von dieser gutgeheissen wurde. Später verschafften Persönlichkeiten aus der Führungsschicht wie Johannes Zumbrunnen, Ambros Püntener oder Walter Roll, angespornt durch den Aufenthalt von Karl Borromäus in Uri im Jahr 1570, den Weisungen des Konzils von Trient den nötigen Nachdruck. Insgesamt bestanden in der frühen Neuzeit vorzügliche Beziehungen zu den Päpsten, welche die Urner Söldner schätzen gelernt hatten. Die Verbindungen mit dem Papsttum intensivierten sich noch nach der Einrichtung der Nuntiatur im nahen Luzern, zumal ja der Weg von und nach Rom durch Uri führte. Vom 16. bis ins 18. Jahrhundert verlegten acht Nuntien ihre Residenz vorübergehend nach Altdorf.

Die Religiosität prägte alle Bereiche des öffentlichen Lebens; Magistraten war der Kirchenbesuch an gewissen Tagen vorgeschrieben. Die Anrufung Gottes stand als Ritual am Beginn jeder politischen Handlung. Im Gedenken an bedeutende Ereignisse der Vergangenheit wurde in den Kirchen des Landes im November am Freitag nach Martini der Schlacht am Morgarten gedacht sowie ab 1489 im Juni das Schlachtjahrzeit am Zehntausend-Ritter-Tag begangen. Die Landeswallfahrten galten der Jagdmattkapelle in Erstfeld als Vorlandsgemeinde am Markustag, der Kapelle St. Jakob am Riedweg bei Altdorf und der Tellskapelle am See. Eine Urserner Wallfahrt führte am Placidustag nach Disentis, eine weitere am 30. Juni zur Kapelle des heiligen Gotthard. Gemeindewallfahrten führten zu den Gnadenkapellen im Riedertal (Bürglen), Jagdmatt und Maria Sonnenberg (Seelisberg) und der Kirche Schattdorf. Bittprozessionen fanden in jeder Pfarrkirche statt, besonders häufig in der Woche von Christi Himmelfahrt. Umgänge führten entlang des engeren Dorfbereichs oder von der Kirche zu den Dorfkapellen.

Totenrodel der St. Peter- und St. Antoniusbruderschaft der Metzger und Gerber in Altdorf, 1667 (Staatsarchiv Uri).
Totenrodel der St. Peter- und St. Antoniusbruderschaft der Metzger und Gerber in Altdorf, 1667 (Staatsarchiv Uri). […]

Die älteste bekannte Bruderschaft war jene des Lazariterklosters Seedorf (14.-15. Jh.). Im 16. Jahrhundert folgten die St.-Jakobs-, die Heiliggrab- sowie die Liebfrauenbruderschaft in Altdorf, wobei die beiden ersten als besonders exklusiv galten. Ab dem 17. Jahrhundert verfügte jede Pfarrkirche über eine Rosenkranzbruderschaft. Im 18. Jahrhundert wiesen die Dorfkirchen etwa vier mit Fahne ausgestattete Bruderschaften auf, darunter auch seltenere wie die Gürtelbruderschaften von Erstfeld und Isenthal. Im 18. Jahrhundert setzten, aus Italien kommend, die Bruderschaft zur Beförderung barmherziger Werke (Altdorf) und die Offizibruderschaft (Hospental) mit ihren eindrucksvollen Gewändern einen besonderen Akzent. Vom 14. Jahrhundert sind daneben kleinste, keinem Orden inkorporierte Schwesterngemeinschaften zu fassen. In Altdorf, Attinghausen und Schattdorf wurden diese bis ins 16. Jahrhundert von Terminierbrüdern des Predigerklosters Zürich betreut, in Silenen von Brüdern des Franziskanerklosters Luzern. Vorab im Reusstal sind Einsiedler bezeugt. Eremitinnen lassen sich bis ins späte 16. Jahrhundert nachweisen, Waldbrüder bis ins 18. Jahrhundert (Eremiten).

Sakralarchitektur und Kunst

Die sakrale Baukultur Uris weist mit der alten Kirche von Andermatt und den einst frei stehenden Kirchtürmen von Attinghausen, Seedorf und Bürglen einige Zeugnisse der späten Romanik auf. Geprägt wird die Sakrallandschaft aber von barocken Kirchenbauten mit hellen Saalräumen und Ausstattungen von grosser Qualität. An erster Stelle steht die Kirche Altdorf (1602-1607), der erste Frühbarockbau der Deutschschweiz, der an Arbeiten des in Rom tätigen Tessiners Domenico Fontana anknüpft.

An der wichtigen Durchgangsroute von Nord nach Süd ergab sich auch im kulturellen Bereich ein reger Austausch. In den einzelnen Epochen gestalteten sich die Einflüsse unterschiedlich; oftmals überwogen jene von Süden, manchmal jene von Norden. Ab etwa 1500 lassen sich für künstlerische Werke drei verschiedene Entstehungsweisen feststellen, nämlich Importkunst, Kunst von temporär sich in Uri aufhaltenden Meistern sowie Werke von Künstlern, die als Beisässen oder Landleute dauernd in Uri tätig waren.

Um 1500 wurden Altarwerke aus Schaffhausen und Süddeutschland hergeschafft, kurz nach 1500 auch Malerei aus Mailand. 1510 wurde bei Goldschmied Niklaus Müller in Zürich eine grosse Monstranz bestellt. Wenig später treten kontinuierlich in Uri sesshafte Goldschmiede auf, im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts mit Martin Troger der erste Meister aus einem Landleutegeschlecht. Er und die nachfolgenden Urner Künstler entstammten Familien der lokalen Oberschicht.

Jüngstes Gericht auf der Rückwand eines Retabels aus der Pfarrkirche St. Ägidius in Sisikon. Tempera auf Kreidegrund und Holz, um 1510 (Schweizerisches Nationalmuseum, LM-3405.58).
Jüngstes Gericht auf der Rückwand eines Retabels aus der Pfarrkirche St. Ägidius in Sisikon. Tempera auf Kreidegrund und Holz, um 1510 (Schweizerisches Nationalmuseum, LM-3405.58). […]

Das Bauhandwerk wurde im 16. und früheren 17. Jahrhundert von oberitalienischen Baumeistern und Maurern aus dem Maggia- und Sesiatal sowie aus Bosco/Gurin dominiert, die teils in Uri niedergelassen, teils temporär beschäftigt waren. Überdies wurde Malerei von internationalem Rang aus Bologna importiert. Gleichzeitig arbeiteten aus dem Norden kommende Künstler in Uri als Niedergelassene. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts tritt die in Uri sesshafte Baumeisterfamilie Butscher – die Beziehungen zwischen diesem Geschlecht und der auch in der Innerschweiz tätigen Baumeisterfamilie Purtschert sind nicht klar – aus Vorarlberg hervor. Im letzten Viertel des 17., Anfang des 18. Jahrhunderts beherrschten Künstlerpersönlichkeiten aus dem Urner Patriziat das Feld, wie Johann Jakob Scolar mit den Kuppelkirchen von Bürglen und Seedorf, Bartholomäus Schmid mit den Gotteshäusern in Hospental und Andermatt, sodann der Maler Karl Leonz Püntener und verschiedene Angehörige der Goldschmiededynastie Imhof. In oberitalienischen Händen verblieben die Stuckaturen. Im Altarbau überwog dagegen mit Ausnahme von Altdorf die alpenländische Stilrichtung mit bildschnitzerisch üppigen Umrahmungen und reichem, in lebhafter Farbigkeit gefasstem Bilderschmuck. Als deren hervorragende Exponenten gelten die Walliser Johann Jodok und Johann Ritz, die zeitweise Beisassen in Uri waren.

Im 18. Jahrhundert wurden dann Baumeister, Monumentalmaler und Stuckateure aus dem Norden bevorzugt. Caspar Moosbrugger baute mit seinen Neffen den Gästeflügel des Klosters Seedorf, der Bregenzer Josef von Brüel leitete 1729-1733 den Bau der Kirche Schattdorf und der Luzerner Jakob Singer zeichnete 1754-1756 für die Kirche Silenen verantwortlich.

In der Malerei treten Ende des 18. Jahrhunderts stärker weltliche Themen hervor. Beispiele dafür sind unter anderem die Ansichten von Urner Bauwerken in ihrer landschaftlichen Umgebung von Franz Xaver Triner aus Arth und die herausragenden Porträts von Felix Maria Diogg aus Ursern.

Aristokratische und bäuerliche Wohn- und Lebensformen

In den Bauten der führenden Familien wird im 13. und 14. Jahrhundert in den nicht aus fortifikatorischen Gründen angelegten Türmen im unteren Reuss- und Schächental die Bevorzugung von Stein als Material fassbar. Ab dem späten 15. Jahrhundert konzentrierten sich die gehobenen Wohnhäuser auf Altdorf und seine Umgebung. Als Vorbilder dienten von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhundert an vor allem südliche Palazzi. Das Umgelände dieser gross dimensionierten, im Gegensatz zu städtischen Patrizierhäusern frei stehenden Gebäude war jeweils von hohen Mauern umgeben. Die Hausausstattungen widerspiegelten die vielfachen Bezüge zu Italien.

Das Material für den Bau von Bauernhäusern stammte aus der nahen Umgebung. Auch der Zimmermeister war in der Regel einheimisch, die Bauweise stand in herkömmlicher Tradition. Oft in Hanglage erstellt, erhob sich über einem Steinsockel (mit Keller) der Wohnteil in Blockbau; nur dessen Rückseite mit dem Küchen- oder Herdbereich war aufgemauert. Das bis ins 18. Jahrhundert flachwinklige Dach war mit Schindeln bedeckt und wegen der Winde mit Steinen beschwert. Bezeichnend für das Urner Haus sind die auf den Kubus beschränkte Strenge und die Sparsamkeit der Verzierungen. In den ausschliesslich von der Landwirtschaft abhängigen Gebieten umgab das Haus die eigene Hofstatt. Hier überwogen die Streusiedlungen.

Geissmattriedhaus in Erstfeld. Lithografie von Godefroy Engelmann in Mülhausen nach einer Zeichnung von Jacques Rothmüller, um 1830 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Geissmattriedhaus in Erstfeld. Lithografie von Godefroy Engelmann in Mülhausen nach einer Zeichnung von Jacques Rothmüller, um 1830 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Schulen

1472 wird Johann Bürgler als weltlicher Lehrer einer Grund- und Lateinschule in Altdorf genannt. Diese Schule wurde vom Land Uri unterhalten, auch Mädchen konnten sie besuchen. 1579 wurde eine ausführliche Schulordnung erlassen. Der zumeist weltliche Schulmeister hatte auch kirchliche Funktionen wahrzunehmen, den Chorgesang zu leiten und Orgel zu schlagen. Ab 1697 übernahmen die Kapuzinerinnen die Schulung der Mädchen. Auch in den anderen Gemeinden sind vom frühen 17. Jahrhundert an Schulmeister belegt, oft geistlichen Stands. Das Volksschulwesen war in der frühen Neuzeit dem Klerus überantwortet. Die Lehrer wurden wiederum von der Obrigkeit kontrolliert, die der Aufklärung mehrheitlich feindlich gegenüberstand.

Der Fächerkanon der Lateinschule in Altdorf vermittelte auch Rhetorik. Nach der Beendigung der Lateinschule mussten die Schüler, die eine höhere Bildung anstrebten, an auswärtige Institute wechseln. Dabei wurden Orte im französischen oder im italienischen Sprachraum bevorzugt. Urner studierten am Kollegium St. Michael in Freiburg, am Kollegium der Benediktiner in Bellinzona oder Jesuitenkollegium in Luzern. Angehende Priester wurden am Collegium Helveticum in Mailand ausgebildet. Die wenigen Doktoranden besuchten meist oberitalienischen Universitäten.

Brauchtum, Befreiungstradition und konfessionelles Denken

Das Brauchtum prägten sowohl Bauernstand wie Kirchenjahr; alte Anlässe sind das Sternsingen an Dreikönigen, die Fastnacht mit Küchlein und Tanz (belegt seit dem 14. Jh.) und die Kirchweihtage mit Küchenschmaus und Tanz. Jede Gemeinde verfügte über einen Tanzplatz oder ein Tanzhaus. Zu den besonderen Jahresereignissen zählten auch die Schützenfeste mit Gabenschiessen. In von Alpwirtschaft geprägten Regionen entstand der Betruf, in welchem Maria mit dem Kind im goldenen Ring um Schutz angefleht wird (Alpsegen). Im Schächental und in Isenthal kam den Sennenbruderschaften und der Sennenchilbi ein wichtiger Stellenwert zu.

Das 1512 vermutlich von Valentin Compar verfasste, schriftlich überlieferte Urner Tellenspiel wurde zu einer verbreiteten Spieltradition. Kulturelle Ereignisse bildeten weiter Theaterstücke religiösen Inhalts, die sogenannten Geistlichen Spiele, die von Geistlichen geschrieben worden waren, von Geistlichen und Schülern aufgeführt wurden und eine Gelegenheit zur religiösen Belehrung darstellten. Wieweit das offizielle Urner Geschichtsbild in der frühen Neuzeit auf der Befreiungstradition fusste, zeigen auch der 1583 in Altdorf errichtete Tellsbrunnen, die 1694 angefertigten Fresken auf dem Türmli in Altdorf, in denen Episoden aus der Tellsgeschichte und der Schlacht bei Morgarten dargestellt werden, oder die bereits im 16. Jahrhundert mit Tellzyklen ausgestatteten Tellskapellen. 1760 verurteilten Landrat und Landammann in einem Brief an Luzern die ersten Darstellungen scharf, in denen die Tellgeschichte als dänisches Märchen dargestellt wurde.

Im geistesgeschichtlich stark in der Tradition verhafteten und vom konfessionellen Denken geprägten Uri machten sich Strömungen der Aufklärung, die von Obrigkeit und Klerus als von aussen an den Kanton herangetragene Gefahr begriffen wurde, im späteren 18. Jahrhundert kaum bemerkbar. Nur wenige Urner waren Mitglied einer Sozietät. Einige Urner gehörten der 1768 gegründeten Helvetischen Concordia-Gesellschaft an, die als katholisch-innerschweizerisches Gegenmodell zu der überkonfessionellen und gesamteidgenössischen Helvetischen Gesellschaft konzipiert worden war, wie der Bürgler Pfarrer Sebastian Anton Wipfli oder der Altdorfer Arzt Anton Imfeld. Eine Ausnahme diesbezüglich war der Pfarrer Karl Joseph Ringold, der als ein Hauptvertreter der katholischen Aufklärung in der Schweiz der Helvetischen Gesellschaft angehörte und enge Freundschaften mit reformierten Aufklärern pflegte. Auf Karl Josef Epp, der Mitglied von mehreren naturwissenschaftlichen Gesellschaften war, gehen Meliorationsversuche in der Reussebene zurück.

Der Staat im 19. und 20. Jahrhundert

Verfassungsgeschichte und politische Geschichte

Helvetik und Mediation

Die Urner Obrigkeit verurteilte die Französische Revolution und wandte sich auch gegen Neuerungen in der Schweiz, indem sie sich zum Beispiel gegen die Forderungen, wie sie etwa die ländliche Oberschicht während des Stäfnerhandels 1794-1795 erhob, aussprach. 1797 liess sie aus Frankreich zugeschicktes Propagandamaterial durch den Scharfrichter verbrennen.

Nach dem Franzoseneinfall im Januar 1798 hatte Uri seinen Auszug auf die Mahnung Berns hin am 29.1.1798 aufgeboten. In den entscheidenden Tagen im Kampf um Bern Anfang März riet es der Berner Obrigkeit aber, den Franzosen bezüglich der Regierungsform Konzessionen zu machen; die Urner Truppen verweigerten am 4. und 5. März den Kampf und zogen sich nach Uri zurück. Auf der Konferenz in Brunnen am 11. März beschlossen Uri, Schwyz und Nidwalden sowie Zug und Glarus, mit General Guillaume Brune über eine Sonderlösung für die Innerschweiz im Rahmen des auch von diesem angestrebten Tellgaus zu verhandeln; zur Vorbereitung dieser Gespräche entliess die Landsgemeinde am 14. März die Leventina aus dem Untertanenverhältnis. Die Verhandlungen zerschlugen sich aber, weil das französische Direktorium auf der Zusammenfassung der Schweiz in einer unteilbaren Republik bestand. Am 11. April setzten Regierungskommissär François-Philibert Le Carlier und General Alexis Balthasar Henri Antoine von Schauenburg, der Nachfolger von Brune, den noch opponierenden Kantonen eine Frist von zwölf Tagen für die Annahme der helvetischen Verfassung; Uri entschied sich daraufhin nach einigem Zögern an der Landsgemeinde vom 20. April, die überkommene Verfassung zu verteidigen und sich dem Aufstand von Schwyz, Nidwalden, Zug und Glarus anzuschliessen. Die Urner Obrigkeit schien im Gegensatz zur Bevölkerung nicht an einen militärischen Erfolg zu glauben, denn sie war bemüht, die eigenen Truppen möglichst aus Gefechten mit französischen Truppen herauszuhalten. Nach der Niederschlagung des Aufstands Anfang Mai kapitulierte Uri am 5. Mai und nahm die helvetische Verfassung an. Die Leistung des Bürgereids erfolgte Ende August und im September, die Entwaffnung im September und schliesslich die militärische Besetzung durch französische Truppen im Oktober.

In der Helvetischen Republik bildete Uri mit Zug, Ob- und Nidwalden sowie den inneren Teilen von Schwyz den Kanton Waldstätten. Sein Gebiet war aufgeteilt in die Distrikte Altdorf und Andermatt. Die Landvogtei Leventina wurde dem Kanton Tessin zugeschlagen. In jedem Distrikt überwachte ein Unterstatthalter, unterstützt von Agenten in den Dorfschaften, den Vollzug der helvetischen Gesetze. Unterste Verwaltungseinheit war die Bürger- und die Einwohnergemeinde. Zu Ersteren zählten nur die Landleute, denen allein das Nutzniessungsrecht an den Genossengütern zukam. Sie wählten als Exekutivorgane die Verwaltungskammern. Die Einwohnergemeinden bestanden aus allen Einwohnern. Sie wählten als ausführende Organe die Munizipalitäten. Der Distrikt Altdorf umfasste 14 bzw. nach der Verselbstständigung von Gurtnellen im Jahr 1800 15 Gemeinden, der Distrikt Andermatt vier. Altdorf, die wichtigste Munizipalität, führte zeitweise auch für den Distrikt die meisten Geschäfte. Der Distrikt Andermatt, in dem Statthalter Franz Josef Julius Meyer amtierte, stand der Helvetik positiv gegenüber. Im Distrikt Altdorf stiess die neue Republik dagegen sowohl bei der Oberschicht wie auch beim Volk auf Ablehnung. Im April und Mai 1799 erhob sich Uri unter der Führung Franz Vinzenz Schmids gegen die Besatzer; der Aufstand, an dem sich in Uri auch Leventiner und Walliser beteiligten, wurde aber rasch niedergeschlagen, wohl auch, weil eine Koordination mit zeitgleichen Erhebungen in den übrigen Alpenkantonen fast völlig unterblieb. Der siegreiche General Jean-de-Dieu Soult liess gegenüber der Urner Bevölkerung Milde walten.

Während des Zweiten Koalitionskriegs war Uri vom Juni bis Ende September 1799 Kriegsschauplatz: In den letzten Mai- und den ersten Junitagen eroberten österreichische Truppen vom Oberalp her Ursern und das Reusstal. Danach versuchte die österreichische Führung mit Hilfe des Kapuzinerpaters Paul Styger, die Landsgemeindeordnung zu restaurieren. Aber schon im August setzte die Rückeroberung durch die Franzosen ein, an der schliesslich auch die Gotthardüberquerung des russischen Generals Alexander Suworows nichts mehr zu ändern vermochte. Einquartierungen von Soldaten, Requisitionen von Vieh und Viehfutter, Plünderungen, zu leistende Fahr- und Transportdienste, Schäden durch Kriegshandlungen sowie Katastrophen (z.B. 1799 Brand von Altdorf) brachten Uri und Ursern eine Hungersnot. Obwohl die von Regierungskommissär Heinrich Zschokke organisierten Hilfsmassnahmen (Spendensammlungen in der Eidgenossenschaft, Aufnahme von Kindern in den Kantonen Luzern, Solothurn und Bern) erfolgreich waren, sollte die Beseitigung der Kriegsschäden noch viele Jahre in Anspruch nehmen. Die Überwindung der durch den Umsturz entstandenen Armut gelang erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts.

Durch den Staatsstreich von Ende Oktober 1801 an die Macht gelangt, hoben die Föderalisten Anfang November den Kanton Waldstätten auf und stellten die Innerschweizer Kantone wieder her; Regierungsstatthalter für Uri wurde Josef Anton von Beroldingen, der – allerdings vergeblich – sofort seine Hände wieder nach der Leventina ausstreckte. Noch vor Beendigung der Vorarbeiten für eine neue Kantonsverfassung gewannen die Unitarier in der Helvetischen Republik die Macht mit dem vierten Staatsstreich am 17.4.1802 zurück. Anfang Juni verwarf das alte Land Uri die neu überarbeitete helvetische Verfassung, während Ursern derselben ebenso deutlich zustimmte. Nach dem Abzug der französischen Truppen aus der Schweiz beteiligte sich Uri im Sommer und Herbst 1802 zögerlich am Feldzug der Altgesinnten gegen die Zentralregierung (Stecklikrieg); am 30. August löste der nach alter Form von den zehn Genosssamen gewählte provisorische Landrat die helvetischen Behörden auf; Ursern wurde mit der Androhung von Waffengewalt am 21. September dazu gezwungen, diesen Schritt nachzuvollziehen.

Die Vermittlung Napoleons, den man für einen Freund der kleinen Länderorte hielt, wurde begrüsst. Uri entsandte Emanuel Jauch als Vertreter an die Consulta in Paris. Bemühungen um eine Wiedergewinnung der Leventina blieben auch jetzt erfolglos. Am 27.4.1803 akzeptierte die Landsgemeinde die neue Ordnung und besetzte die Ämter mit Altgesinnten. Die neue Kantonsverfassung erhöhte das Wahl- und Stimmrechtsalter vom 14. auf das 20. Lebensjahr. Die Landsgemeinde durfte nur über die Ablehnung oder die Annahme von Gesetzesentwürfen entscheiden, die ihr der Landrat unterbreitete. Auch andere Gegenstände durften nur beraten werden, sofern sie dem Landrat wenigstens einen Monat zuvor vorgelegt worden waren. Die Bundesakte verankerte die Rechtsgleichheit sowie die Niederlassungs-, Gewerbe- und Handelsfreiheit. Uri unterliess es aber, einen neuzeitlichen Behördenapparat mit Gewaltentrennung zu schaffen; vielmehr bestätigte die Landsgemeinde 1803 die alte "Satz und Ordnung" sowie die "alte, gute Gewohnheit". Die vorrevolutionären Behörden- und Verwaltungsstrukturen lebten wieder auf. Allerdings musste das Landrecht von 1410 mit Ursern aufgehoben und das Hochtal als gleichberechtigte elfte Genosssame ins Land aufgenommen werden. Das Gerichtswesen erhielt eine Neuorganisation mit unteren Instanzen in Uri und Ursern und einem kantonalen Appellationsgericht. Für die Belange des Kirchen-, Schul- und Sozialwesens bildete Uri 1804 den Diözesanrat sowie die Zentralschulkommission und 1812 die Zentralarmenpflege. Die Gemeinden wurden vom helvetischen Dualismus befreit und verpflichtet, Dorfgerichte einzuführen.

Restauration und Regeneration

Nach dem Einmarsch der Alliierten in die Schweiz setzte Uri am 29.12.1813 die Mediationsverfassung ausser Kraft. Im Gegensatz zu den Nachbarständen Schwyz und Nidwalden, die den alten Bund von 1315 wieder aufleben lassen wollten, zählte es zu der von Zürich angeführten Gruppe, die eine Neuordnung auf der Grundlage der 19 von der Mediation geschaffenen Kantone anstrebte. Die Wiederangliederung der Leventina, um die sich Uri bemühte, misslang erneut. Dafür erhielt Uri Anspruch auf die Hälfte des Zollertrags vom Monte Piottino in der Leventina. Am 5.5.1815 genehmigte die Landsgemeinde den Bundesvertrag. Anschliessend vermittelte Uri zwischen der Tagsatzung und Nidwalden, das dem Vertragswerk die Anerkennung verweigerte.

Die 1814 vom Heiligen Stuhl verfügte Trennung der Schweizer Quart vom Bistum Konstanz hiess Uri gut, ebenso die Errichtung eines Nationalbistums mit dem katholischen Vorort Luzern als Bischofssitz. Der Bistumsplan scheiterte allerdings, worauf Uri dem Beromünster Propst Franz Bernhard Göldlin von Tiefenau als apostolischen Vikar unterstellt wurde. Seit 1819 ist Uri (ohne Ursern) Administrationsgebiet des Bischofs von Chur.

Erst 1820, nach mehrjährigem Drängen der Tagsatzung, legte Uri seine Verfassung im Eidgenössischen Archiv nieder. Das Dokument umfasste nur sechs Grundsätze, die auf hergebrachter Übung und bestehenden Landesgesetzen beruhten. Im Innern jedoch blühte die Rechtskultur auf. Sie schlug sich in der Neuredaktion des Landbuchs nieder, das 1823 im Druck zu erscheinen begann und bis 1864 sechs Bände füllte.

Die Regeneration fand in Uri keinen nachhaltigen Widerhall; die freie und vielfältige öffentliche Meinungsbildung als Voraussetzung hierfür war – auch wegen der 1813 institutionalisierten Zensur – wenig fortgeschritten. Missmut über die Landesverwaltung sammelte sich zwar 1834 in einem Siebengeschlechtsbegehren, in dem liberale Verfassungselemente wie die Öffentlichkeit der Ratsverhandlungen, die Abschaffung der Lebenslänglichkeit der Ratsherrenmandate sowie die Aufhebung des Geheimen Rats gefordert wurden; die Landsgemeinde lehnte das Begehren aber ebenso ab wie ein Jahr zuvor die Pläne zur Bundesreform. Die ab 1838 erscheinende erste Lokalzeitung, das Wochenblatt von Uri, musste 1848 wieder eingestellt werden.

Nach den liberal-radikalen Freischarenzügen gegen Luzern rüstete Uri ab 1845 militärisch auf. Es zählte zu den Mitgründern des Sonderbunds, in dessen Kriegsrat es ein Regierungsmitglied delegierte. Im Sonderbundskrieg beteiligten sich Urner Kontingente sowohl an den Kampfhandlungen längs der Verteidigungslinie Reuss-Emme wie auch an dem Vorstoss über den Gotthard ins Tessin. Nach der Niederlage der Sonderbundstruppen in Gisikon am 23.11.1847 zog Uri einen Tag später seinen Vertreter aus dem Kriegsrat zurück und kapitulierte am 28.11.1847. Wiederum zwei Tage später rückten eidgenössische Truppen in Uri ein.

Uri im Bundesstaat

Uri beschloss Ende 1847 unter dem Druck der eidgenössischen Besatzungstruppen einige grundsätzliche Neuerungen im liberalen Sinn, unter anderem die Abschaffung der Lebenslänglichkeit der Ratsherrenmandate, des Geheimen Rats und der geheimen Prozesse, ferner die Einsetzung eines provisorischen Regierungsrats als Exekutive. Die Mai-Landsgemeinde 1848 besetzte die Regierung neu; sie wählte durchwegs Konservative. Die am 6.5.1849 eingesetzte Gesetzesrevisionskommission erarbeitete erstmals eine systematisch kodifizierte Kantonsverfassung, die 1850 von der Landsgemeinde angenommen wurde und 1851 in Kraft trat. Die Bundesverfassung lehnte Uri an der Extralandsgemeinde vom 27.8.1848 grossmehrheitlich ab; sein auf der Tagsatzung vorgebrachtes Argument, dass ein Inkrafttreten der neuen Verfassung die Einstimmigkeit der Tagsatzungsgesandten bedinge, drang aber nicht mehr durch.

Die Landsgemeinde blieb die oberste souveräne Gewalt. Der Landrat, zu dem nebst den vorsitzenden Regierungsräten und dem Kantonsgerichtspräsidenten die von den Gemeinden gewählten Mitglieder (pro 300 Einwohner ein Mandat) zählten, und der elfköpfige Regierungsrat bildeten die Legislative und Exekutive. In kirchlichen und schulischen Angelegenheiten behielten neben der Regierung der Diözesan- und der Erziehungsrat Kompetenzen. Die Vorberatung der Geschäfte erfolgte in einer Vielzahl von Verwaltungskommissionen. Das Alte Land Uri und Ursern gehörten als Bezirke immer noch zum Staatsorganismus und nahmen allmendgenossenschaftliche wie staatliche Aufgaben wahr. Die Gerichtsorganisation wurde durch die Einführung des ratsunabhängigen Kriminalgerichts wesentlich verändert. Der bisherige Malefizlandrat blieb zwar bis 1880 bestehen, jedoch nur als Begnadigungsinstanz. Die katholische Kirche genoss weiterhin Vorrechte; die Kultusfreiheit galt nun aber auch für andere Bekenntnisse. Neben indirekten waren auch direkte Steuern vorgesehen. Auf Gemeindeebene amtierte nebst dem Gemeinderat für die Belange der Einwohner und Bürger neu ein Kirchenrat für kirchliche Angelegenheiten. Der Staatsaufbau blieb insgesamt schwerfällig, der Geschäftsgang wegen der zahlreichen Kommissionen umständlich und die Gewaltentrennung mangelhaft.

Die neue Bundesverfassung von 1874, welche die Stimmbürger von Uri abgelehnt hatten, die ab 1882 verkehrende Gotthardbahn und die gestiegenen Ansprüche an den Staat führten 1888 zur Totalrevision der Kantonsverfassung, deren Vater Gustav Muheim war. Landsgemeinde, Land- und Regierungsrat bildeten weiterhin den Kern der Behördenstruktur; allerdings gehörten die Regierungsräte jetzt nicht mehr dem Landrat an. Das Antragsrecht des Einzelnen ersetzte das alte Antragsrecht von sieben Geschlechtern, doch waren für Verfassungsinitiativen 50, für Verordnungsreferenden 20 und die Einberufung einer Extralandsgemeinde 150 Unterschriften beizubringen. Die Bezirke Uri und Ursern wurden aus dem Staatsverband ausgeschieden und erhielten den Status öffentlich-rechtlicher Allmendkorporationen. Ihre bisherigen staatlichen Aufgaben gingen an die Gemeinden über, die gestärkt wurden. In Ursern allerdings versahen die Behörden der Korporation weiterhin das Armenwesen, erst 1974 verteilte die Korporation das Armengut auf die drei Einwohnergemeinden. In den Korporationen Uri und Ursern erhielten sich die Formen der Landsgemeindeverfassung bis ins 21. Jahrhundert. Das 1888 eingeführte Direktorialsystem auf Regierungsebene ermöglichte eine Straffung der staatlichen Tätigkeit. Die Gerichtsverfassung mit Kriminal- und Obergericht auf kantonaler Ebene und den Landgerichten Uri und Ursern setzte Bestehendes fort.

Die Verfassung von 1888 erwies sich in ihrer Grundstruktur als dauerhaft. Das Staatsrecht erlebte eine fruchtbare Fortentwicklung, die sich im neuen Landbuch niederschlug, das 1892-1962 in 13 chronologisch geordneten Bänden erschien. 1976 löste das systematisch aufgebaute und in Ordnerform angelegte Urner Rechtsbuch schliesslich das Landbuch ab.

Ab Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten sich Parteien. 1876 gründete Gustav Muheim das Urner Wochenblatt, um das herum sich die konservativen Kräfte bündelten. 1899 riefen diese die Konservative Volkspartei ins Leben. 1893 schuf Martin Gamma die freisinnige Gotthard-Post, deren Anhänger 1896 sich zum Fortschrittlich-demokratischen Gemeindeverein Altdorf, der Keimzelle der Freisinnigen Partei Uris, zusammenschlossen. 1907 formierte sich im Industriearbeiter- und Eisenbahnermilieu von Altdorf und Erstfeld die Sozialdemokratische Partei Uris. Auch die ab der Jahrhundertwende tätige Christlichsoziale Bewegung vertrat die Interessen der Arbeiterschaft. 1973 entstand die Zeitung Alternative, deren rot-grüne Trägerschaft 1983 sich als Kritisches Forum Uri parteimässig konstituierte. Nach seiner Auflösung 1993 bildete 1994 ein Teil seiner Mitglieder die Grüne Bewegung Uri. 1998 schliesslich erfolgte die Gründung der Schweizerischen Volkspartei (SVP). Die Urner Vertretung in den eidgenössischen Räten (zwei Ständeräte, ein Nationalrat) wurde bis 1914 immer von den Konservativen gestellt. 1914 ging das Nationalratsmandat an die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) über. Der 2010 von Regierungsrat Markus Stadler eroberte Ständeratssitz (Grünliberale Partei) fiel 2015 an die FDP, die allerdings gleichzeitig ihren Nationalratssitz an die SVP abgeben musste.

Sitze des Kantons Uri in der Bundesversammlung 1919-2015

 19191939195919671971197919831991199519992003200720112015
Ständerat
CVP22222222222211
Grünliberale            1 
FDP             1
Nationalrat
FDP1111111111111 
SVP             1
Sitze des Kantons Uri in der Bundesversammlung 1919-2015 -  Historische Statistik der Schweiz; Bundesamt für Statistik

Zusammensetzung des Regierungsrats im Kanton Uri 1980-2016

 19801984198819921996200020042008201020122016
CVP44444433333
FDP22222222223
SP11111 11111
SVP        11 
Parteilos     111   
Total Sitze77777777777
Zusammensetzung des Regierungsrats im Kanton Uri 1980-2016 -  Bundesamt für Statistik; Standeskanzlei

Zusammensetzung des Landrats im Kanton Uri 1968-2016

  1968197219761980198419881992199620002004200820122016
CVP 41434140414136372929242322
FDP 16161819171717192115111518
SP 4555667898798
Grüne         12321
SVP         49181415
Andere       4  111 
Total Sitze 61646464646464646464646464
Zusammensetzung des Landrats im Kanton Uri 1968-2016 -  Historische Statistik der Schweiz; Bundesamt für Statistik; Standeskanzlei
Abstimmungsplakat des Komitees zur Erhaltung der Volksrechte. Grafisch gestaltet von Tino Steinemann und gedruckt in der Offsetdruckerei V.B. Sicher-Dittli in Gurtnellen, 1976 (Staatsarchiv Uri).
Abstimmungsplakat des Komitees zur Erhaltung der Volksrechte. Grafisch gestaltet von Tino Steinemann und gedruckt in der Offsetdruckerei V.B. Sicher-Dittli in Gurtnellen, 1976 (Staatsarchiv Uri). […]

1888-1984 wurden in 24 Abstimmungen insgesamt 105 Änderungen der kantonalen Verfassung beschlossen. So entschied sich die Landsgemeinde 1915 anlässlich einer Krise der Ersparniskasse für die Verankerung eines Volksrechts auf Abberufung der Regierung. 1924 wurde das Kriminalgericht aufgehoben und die Landgerichte Uri und Ursern als erstinstanzliche Strafbehörden eingesetzt. 1928 stimmte der Souverän der Abschaffung der Landsgemeinde zu; Motive dafür waren einerseits die öffentliche Stimmabgabe, die Lohnabhängigen Nachteile bringen konnte, und andererseits der lange Weg der Ursner nach Altdorf. Das Prinzip der direkten Demokratie bedingte zugleich die Einführung der Volksinitiative – notwendig dazu waren 150 Unterschriften – zur Verfassungs- oder Gesetzesänderung oder zur Abberufung einer Behörde, eines obligatorischen Gesetzes- und Finanzreferendums sowie eines fakultativen Referendums gegenüber landrätlichen Verordnungen. 1968 unterstellten die Stimmbürger den Erziehungs- dem Regierungsrat und bejahten die Einrichtung der Erziehungsdirektion. 1972 wurde das Frauenstimm- und -wahlrecht eingeführt. Auf Gemeindeebene erfolgte sukzessive überall die Aufteilung der Einheitsgemeinde in eine Einwohner-, eine Kirch- und eine Korporationsbürgergemeinde.

Ab 1966 wurde die Forderung nach einer weiteren Totalrevision des Grundgesetzes laut. Ein Verfassungsrat, der aus Land- und Regierungsrat bestand, erarbeitete 1981-1984 eine neue Verfassung, die das Volk 1984 guthiess. Die neue Verfassung zeichnete sich durch die Streichung von Überholtem, eine verbesserte Systematik und eine sprachliche Modernisierung aus. Zwecke und Aufgaben des Staats wurden offen formuliert. Die verschiedenen Gemeindeformen wurden klarer definiert und ihre Zuständigkeiten, unter anderem im Einbürgerungs- und Sozialwesen, neu umschrieben.

Die Verfassung von 1984 erfuhr seither mehrere Änderungen. 1989 wurden das Stimmrechtsalter 18 und der Proporz für die Wahl des Landrats eingeführt. 1992 war eine Reorganisation der Gerichtsorganisation (zivil- und strafrechtliche Abteilungen der Landgerichte, Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Obergerichtes) mehrheitsfähig. 1993 wurden die Grenzen für das obligatorische Finanzreferendum bei einmaligen Ausgaben auf 1 Mio. Fr. und bei wiederkehrenden Ausgaben auf 100'000 Fr. und diejenigen für das fakultative Finanzreferendum bei einmaligen Ausgaben auf 500'000 Fr. und bei wiederkehrenden Ausgaben auf 50'000 Fr. neu festgesetzt. 1997 erfolgte die Erhöhung der seit 1984 geltenden Unterschriftenzahlen für die Volksinitiative von 300 auf 600 und für das Referendum von 300 auf 450. 2001 wurde die Bestandesgarantie der Kantonalbank abgeschafft.

Staatliche Tätigkeit und Staatsverwaltung seit 1798

Verwaltungsstrukturen im Allgemeinen

Nach der Helvetik bestand noch keine klare Aufgabenteilung zwischen Kanton und den beiden Distrikten bzw. Bezirken. Bis 1850 war der Wochen- oder Bodenrat die wichtigste vollziehende Behörde. Die Zentralschulkommission sowie die Zentralarmenpflege nahmen ebenfalls Exekutivaufgaben wahr. Kantonale Vollzugsgremien mit besonderen Zuständigkeiten waren der geheime oder Verwaltungs-Rat (Verwaltung des Staatsguts, Salzregie) und der Kriegsrat. Daneben existierten rund ein Dutzend Kommissionen, denen für ihre Aufgabenbereiche Beamte und Amtsdiener zur Verfügung standen (Kanzleibeamte, Polizeidiener, Post-, Zoll- und Sustbeamte sowie ein Schiffsmeister). Für Verhör und Strafverfolgung wurden 1842 das Verhöramt und 1850 die Staatsanwaltschaft geschaffen. Die Kantonsverfassung von 1850 legte neben den Kantons- und Bezirksbehörden auch die Gemeindebehörden genau fest. Die oberste vollziehende Gewalt hatte der Regierungsrat. Die Erledigung und Vorberatung der Geschäfte oblagen sechs untergeordneten Verwaltungskommissionen (Standes-, Militär-, Finanz-, Polizei-, Baukommission sowie Kommission des Innern), die aus drei bis sechs Regierungs- und Landräten bestanden. Durch die eidgenössische Handels- und Gewerbefreiheit, das eidgenössische Postregal und die Aufhebung der Zölle wurden viele Kommissionen und Beamte überflüssig. Andererseits verlangten Bundesgesetze neue Ämter (Kreiskommando mit den Sektionschefs, die Zivilstandsämter, Kantonsforstamt). 1886 erfolgte die Aufteilung der Kantonskanzlei in eine Standes-, Hypothekar- und Gerichtskanzlei, 1906 die Anstellung eines Staatsarchivars. Mit dem Ausscheiden der Bezirke aus dem Staatsverband 1888 wuchsen die Aufgaben der Exekutive. Die Geschäfte, die der jetzt siebenköpfige Regierungsrat nicht direkt erledigte, wurden nach dem Direktorialsystem unter die Mitglieder verteilt und die untergeordneten Verwaltungskommissionen aufgehoben. Als beigeordnete Verwaltungsbehörde blieb nur mehr der Erziehungsrat bis 1968 bestehen (ab dann Aufsichtskommission über das gesamte Schul- und Erziehungswesen).

Urner Nauen. Bleistiftzeichnung von Ludwig Vogel, 1813 (Schweizerisches Nationalmuseum).
Urner Nauen. Bleistiftzeichnung von Ludwig Vogel, 1813 (Schweizerisches Nationalmuseum). […]

Die eigentliche Staatsverwaltung war ab 1888 einfach und klar strukturiert. Die meisten Geschäfte wurden von den Direktionsvorstehern erledigt oder zuhanden des Regierungsrats bearbeitet. Jeder Direktion war ein Landschreiber aus der Standeskanzlei zugeteilt. Die elf Direktionen wiesen eine unterschiedliche Entwicklung und Geschäftslast auf. Als Stabsstellen entstanden 1960 der Rechtsdienst und die ersten Direktionssekretariate. 1983 legte ein Organisationsreglement die Sach- und Finanzkompetenzen fest. Neben dem Landammannamt bestanden zehn Direktionen, die mit der Verwaltungsreform 1996 bzw. 2000 auf sieben reduziert wurden, so dass fortan jedem Regierungsrat eine Direktion zugeteilt war (Departemente). Aufgaben, vor allem im Bereich der Planung und Projektierung, wurden vom Kanton mitunter an Institutionen wie das Didaktische Zentrum oder die Lisag, die für Geoinformation und Vermessung zuständig ist, delegiert oder privaten Einrichtungen wie der Kantonsbibliothek oder dem Historische Museum Uri überantwortet. 1971 führte die Verwaltung das erste elektronische Datenverarbeitungssystem ein (Steuerverwaltung, Motorfahrzeugkontrolle, Ausgleichskasse). Das neue Personalrecht ersetzte 2001 den Beamtenstatus durch ein öffentlich-rechtliches Anstellungsverhältnis. Das Öffentlichkeitsprinzip wurde 2008 in der Verwaltung eingeführt. 2009 waren in der kantonalen Verwaltung 485 Personen beschäftigt (380 Vollzeit-, 105 Teilzeitstellen).

Aufgabenschwerpunkte

Steinschlag- und Lawinengalerie in der Schöllenen. Aquatinta von Friedrich Hirchenhein nach einer Zeichnung von Anton Winterlin, koloriert und herausgegeben vom Verlag Krüsi in Basel, um 1850 (Staatsarchiv Uri).
Steinschlag- und Lawinengalerie in der Schöllenen. Aquatinta von Friedrich Hirchenhein nach einer Zeichnung von Anton Winterlin, koloriert und herausgegeben vom Verlag Krüsi in Basel, um 1850 (Staatsarchiv Uri). […]

Im Bergkanton, der seit jeher mit Naturgefahren und Problemen des internationalen Transitverkehrs konfrontiert ist, kamen dem Bau-, dem Verkehrs- und dem Polizeiwesen grosse Bedeutung zu. Vorerst teilten sich Kanton und Bezirke die Aufgaben. 1836 wurde das gesamte Bauwesen, das bis dahin zum Kompetenzbereich des Landessäckelmeisters gehört hatte, dem neu geschaffenen Amt des Bauherrn zugewiesen. Nach Inbetriebnahme der Axenstrasse sowie der neuen Passstrassen über die Furka und den Oberalp wurde 1866 der Bauinspektor als vollamtlicher Beamter angestellt. Rund 40 Strassenakkordanten und Wegknechte sorgten für den Unterhalt des kantonalen Strassennetzes. Bei aussergewöhnlichen Ereignissen wie der Hochwasserkatastrophe von 1910 stellten die Behörden zusätzliches Personal an. 1917 wurde die Stelle des Motorlastwagenführers und 1921 die des kantonalen Strassenaufsehers eingerichtet. Der durch den zunehmenden Automobilverkehr nötige Ausbau der Axen- sowie der Passstrassen führte zu einer weiteren Zunahme von Aufgaben und Personal. Im Zusammenhang mit dem vom Bund zu 97% finanzierten Bau der Nationalstrassen wurde ab 1961 eine eigene Abteilung unter Oberaufsicht von Baudirektion und Kantonsingenieur geschaffen, die 1977 34 Personen zählte. Die Eröffnung der Gotthardautobahn A2 1980 hatte einerseits einen Stellenabbau zur Folge, andererseits boten die dazugehörenden Werkhöfe in Göschenen und Flüelen neue Arbeitsplätze. Mit der Umsetzung der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung (NFA) wurden Bau und Betrieb der Nationalstrasse ab 2008 zur Bundessache (Leistungsvereinbarung mit Uri).

Für den Bereich Wuhren und Wasserbau waren die Bezirke und Wuhrgenossenschaften zuständig. Die Kantonsverfassung von 1888 erklärte Flüsse und Seen zum Staatsgut. In der Wuhrpflicht trat der Kanton neben die bestehenden Genossenschaften. Wichtige Verbauungen wie 1910-1913 am Schächen entstanden. Die Unwetterkatastrophe von 1977 führte zur Erarbeitung des Wasserbaugesetzes von 1980 und eines zeitgemässen Hochwasserschutzprogramms. Damit ging die Ablösung der bisherigen Träger der Wuhrpflicht durch Kanton und Gemeinden einher. Die Hochwasser von 1987 und 2005 zwangen den Kanton zur Errichtung weiterer grosser Schutzanlagen.

Aufnahme des unkorrigierten Reusslaufs. Der geplante Reusskanal ist rot eingezeichnet, von Karl Emanuel Müller, 1845 (Staatsarchiv Uri).
Aufnahme des unkorrigierten Reusslaufs. Der geplante Reusskanal ist rot eingezeichnet, von Karl Emanuel Müller, 1845 (Staatsarchiv Uri). […]

Die Einführung einer selbstständigen Landespolizei stand im Zusammenhang mit der zunehmenden Landstreicherei. Nebst dem Ausbau der Alpen- und Passstrassen prägte der Bau der Gotthardbahn die Entwicklung des Polizeiwesens. Nach dem Streik in Göschenen von 1875, der von der Urner Polizeimannschaft und der Göschener Bürgerwehr mit Gewalt niedergeschlagen wurde, forderte der Bundesrat eine angemessene Organisation der Polizei. Während des Baus des zweiten Bahngeleises (1887-1896), der Anlage der Klausenstrasse (1893-1899) sowie der Errichtung der Befestigungen am Gotthard (ab 1890) überstieg das wegen der Angst vor Streiks aufgestockte Polizeikorps zeitweise den reglementarischen Maximalbestand von zwölf Mann. Nach der Eröffnung der Nationalstrasse 1980 umfasste die Polizei um die 80 Mann (1981 54 Polizeibeamte, 8 Auszubildende, 19 Zivilbeamte). 2009 nahm das grösste Schwerverkehrszentrum der Schweiz in Erstfeld den Betrieb auf.

Der Kanton förderte die Viehzucht durch eine alljährliche Prämierung und war für Schutzmassnahmen gegen Seuchen besorgt. Im 20. Jahrhundert versuchte er, dem Rückgang der Landwirtschaft durch Ausbildung (ab 1938 Land- und Alpwirtschaftliche Winterschule), Bodenverbesserungen und Betriebsberatungen entgegenzuwirken.

Der Kanton stand auf einer schwachen finanziellen Grundlage; Zölle, Sustgebühren, Ohmgeld und der Pachtzins für das Postregal bildeten bis 1850 seine Haupteinnahmen. Grössere Ausgaben, etwa für den Hochbau, wurden durch die Aufnahme von Hintersässen ins Urner Landrecht finanziert. Die Steigerung der Einnahmen beschränkte sich vorerst vor allem auf den Sektor der indirekten Steuern und der Gebühren. Für den Ausfall der Zölle erhielt der Kanton 1850 eine feste eidgenössische Entschädigung. Die Konsumgebühr (Ohmgeld) durfte beibehalten werden und entwickelte sich zu einer bedeutenden Einnahmequelle. 1875 wurde eine direkte Staatssteuer auf Vermögen und Einkommen eingeführt. Einträglich waren sodann die Wasserkonzessionen. Der Zusammenbruch der Ersparniskasse Uri 1915 erschütterte wegen deren verfassungsmässig verankerten Staatsgarantie die Finanzen des Kantons in nie gekanntem Masse. Die Durchgangsgebühren für Motorfahrzeuge wurden in den 1920er Jahren dank des wachsenden Reiseverkehrs zum guten Geschäft. Die Ablösung derselben 1929 entschädigte der Bund mit der Verdopplung seines Anteils am Unterhalt der Alpenstrassen sowie mit dem Benzinzollanteil. Mit seinen grossen Verkehrsanlagen war Uri fortan auf die finanzielle Unterstützung des Bundes angewiesen; der Anteil der Bundesgelder am Gesamtertrag des Kantons lag 1984 bei knapp 47% und 2010 bei gut 39%. Als finanzschwacher Kanton profitierte Uri von der Neugestaltung des Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen 2008. Den neuen finanziellen Spielraum nützte der Kanton zur Einführung der Besteuerung von natürlichen Personen nach einem linearen Tarif (Flat-Rate-Tax, seit 2009 in Kraft).

Eine Reihe von Aufgaben erfüllte Uri in Zusammenarbeit mit den Nachbarkantonen. Konkordate regelten die Anlage der Fahrstrasse über den Gotthard (1827), den Abfluss des Vierwaldstättersees (1849), die Fischerei (1891) und die Schifffahrt (1898) auf dem See, den Strafvollzug in der Luzerner Anstalt Sedel (1892), die Zusammenarbeit bei der Lebensmittelpolizei im Urschweizer Labor in Brunnen (1909) und die polizeiliche Zusammenarbeit in der Zentralschweiz (1995). Auch diversen sozialen oder schulischen Einrichtungen wie dem Zentralschweizer Technikum (1957), dem Lehrerseminar Rickenbach (1958), der Regionalstelle für die Eingliederung Invalider ins Erwerbsleben (1959), der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule in Luzern (1980), der Psychiatrischen Klinik in Oberwil bei Zug, der Reallehrerausbildung in Luzern (1983), der Zentralschweizer Fachhochschule (1999), der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz (2001) und der Interkantonalen Polizeischule Hitzkirch (2004) lagen Konkordate zugrunde, wobei Uri solche Verträge vor allem mit den Innerschweizer Kantonen abschloss, aber nur ausnahmsweise mit den anderen Nachbarkantonen Glarus, Graubünden, Tessin und Wallis.

Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur im 19. und 20. Jahrhundert

Bevölkerung und Siedlung seit 1798

Die steigende Lebenserwartung schlug sich bis 1850 in einem durchschnittlichen jährlichen Bevölkerungswachstum von 0,4% nieder. 1850 zählte der Kanton 14'505 Einwohner. Die Bevölkerungsdichte stieg in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von 21 auf 26 Personen pro produktiven Quadratkilometer. Altdorf erlitt bis 1811 erhöhte Verluste, Erstfeld wuchs in dieser Zeit um 10%. 1811-1850 lag der jährliche Bevölkerungszuwachs im Hauptort vor allem wegen der Binnenwanderung mit 0,77% über dem Bezirksschnitt von 0,66%. Ähnlich verhielt es sich mit den anderen Gemeinden im Talboden (Schattdorf, Attinghausen, Seedorf und Flüelen). Der Bevölkerungsanstieg ging mit einer Verarmung weiter Bevölkerungsteile einher, weil sich das Beschäftigungsangebot nicht erhöhte.

1850-1888 lag das durchschnittliche Bevölkerungswachstum bei 0,56%. Wegen der Grossbaustellen (v.a. Gotthardbahntunnel 1872-1882) schwankte die Einwohnerzahl zwischen 1860 und 1888 aber erheblich: 1870 zählte der Kanton 16'095, zwei Jahre vor der Eröffnung des Gotthardtunnels 23'744 und 1888 dann wieder nur 17'249 Einwohner. 1880 lebten in Uri 6318 ausländische Arbeitskräfte, die vor allem aus Italien, zu geringeren Teilen aus Österreich-Ungarn, Deutschland und Frankreich stammten. Der Ausländeranteil in Göschenen lag über 80%. 1880 wies Göschenen mit 2'992 Personen mehr Einwohner als Altdorf auf. 1888 lebten dann in Göschenen nur noch 703 Personen. Die kurzzeitig starke Bevölkerungszunahme bei schwachem Industrialisierungsgrad und unveränderter Ernährungsgrundlage veranlasste viele Einheimische zur Auswanderung nach Übersee oder in industrialisierte Kantone, beispielsweise nach Zürich, Glarus oder St. Gallen. Dies verschärfte die rückläufige Bevölkerungsentwicklung nach dem Wegzug der Fremdarbeiter. Andererseits schuf die Bahn neue Erwerbsmöglichkeiten, was den Zuzug qualifizierter, meist reformierter Arbeitskräfte zur Folge hatte; 1880-1900 verdoppelte sich die Bevölkerungszahl im Eisenbahnerdorf Erstfeld auf 2416 Einwohner.

1888-1910 lag das Bevölkerungswachstum in Uri nur wenig unter dem gesamtschweizerischen Mittel von 1,2%. Die Reussebene erlebte wegen der Niederlassung von Grossbetrieben mit 2% ein doppelt so hohes Bevölkerungswachstum wie das obere Reusstal mit 1,1%. Ernährten sich 1888 erst 17,5% der Einwohner von Handwerk und Industrie, waren es 1910 bereits 30,1%. Die Industrialisierung verhalf vor allem den grösseren Gemeinden im Reusstal zu mehr Wachstum; Altdorf, Erstfeld und Flüelen wiesen Wachstumsraten von bis zu 2,71% im Jahr auf, während Seelisberg, Unterschächen und Hospental Einwohnereinbussen verzeichneten. Andermatt wuchs wegen des Fremdenverkehrs und des Ausbaus der Gotthardfestung relativ stark, ebenso Gurtnellen. Die Bevölkerungsdichte nahm im Bezirk Uri bis 1910 auf 44,2 Einwohner pro km2 zu. In Altdorf und Flüelen lag sie 1910 bei über 100 Personen pro km2.

Heuernte bei Erstfeld. Fotografie von Emil Goetz, um 1920 (Staatsarchiv Uri).
Heuernte bei Erstfeld. Fotografie von Emil Goetz, um 1920 (Staatsarchiv Uri). […]

1910-1941 stieg die Bevölkerungszahl in allen Gemeinden ausser in Wassen und Spiringen an. 1941 zählte der Kanton 27'302 Einwohner. Bis 1970 wuchsen vor allem die Gemeinden Seedorf, Schattdorf, Erstfeld und Attinghausen. In Ursern und im oberen Reusstal nahm die Bevölkerung 1970-1980 um 7,4% bzw. 14,5% ab, wobei der Wegzug ausländischer Arbeitskräfte nach Fertigstellung der A2 ca. einen Drittel des Bevölkerungsrückgangs ausmachte. In den letzten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts verlangsamte sich das Bevölkerungswachstum auf knapp 0,1%. 2010 lebten 35'500 Personen in Uri.

Die Zunahme der Einwohnerzahl schlug sich in der Siedlungsstruktur nieder. Kleine Weiler stiegen zu Ganzjahressiedlungen (Urnerboden) und selbstbewussten Dorfschaften (Meien) auf. Göschenen wurde 1875 selbstständige Gemeinde.

Bevölkerungsentwicklung des Kantons Uri 1850-2000

JahrEinwohnerAusländer-anteilAnteil KatholikenAnteil ProtestantenAlters-struktur (Anteil >59)ZeitraumGesamt-zunahmeaGeburten-überschussaWanderungs-saldoa
185014 5050,3%99,9%0,1% 1850-18601,5‰20,7‰-19.2‰
186014 7410,6%99,8%0,2%7,9%1860-18708,9‰19,2‰-10.3‰
187016 0950,7%99,5%0,5%8,6%1870-188039,4‰7,2‰32.2‰
188023 74426,6%97,5%2,2%6,4%1880-1888-39,2‰7,4‰-46.6‰
188817 2493,1%97,8%2,1%9,7%1888-190011,1‰11,3‰-0.2‰
190019 7007,3%96,1%3,9%9,8%1900-191011,6‰15,2‰-3.6‰
191022 1137,0%94,2%5,7%8,3%1910-19208,1‰11,0‰-2.9‰
192023 9736,7%91,9%7,7%7,2%1920-1930-4,3‰13,2‰-17.5‰
193022 9684,5%94,1%5,4%8,5%1930-194115,8‰10,9‰4.9‰
194127 3022,7%91,4%8,3%9,5%1941-19505,0‰16,0‰-11,0‰
195028 5562,8%92,6%7,3%10,3%1950-196011,5‰15,1‰-3.6‰
196032 0215,4%92,6%7,3%11,5%1960-19706,3‰13,9‰-7.6‰
197034 0917,9%93,1%6,6%14,3%1970-1980-0,6‰8,2‰-8.8‰
198033 8836,5%91,0%6,3%17,2%1980-19901,0‰5,4‰-4.4‰
199034 2087,6%89,1%6,4%19,8%1990-20000,7‰3,5‰-2.8‰
200034 7778,8%85,8%6,0%20,9%    

a mittlere jährliche Zuwachsrate

Bevölkerungsentwicklung des Kantons Uri 1850-2000 -  Historische Statistik der Schweiz; eidgenössische Volkszählungen; Bundesamt für Statistik

Wirtschaft

Der Rückgang des Solddienstwesens nach 1798 beeinflusste die Beschäftigungslage in Uri in doppelter Hinsicht: Einerseits entfiel eine für weite Kreise wichtige Erwerbsquelle, andererseits reduzierte sich die Abwanderungsquote stark. Die vorherrschende Landwirtschaft vermochte die zahlreichen verfügbaren Arbeitskräfte nicht zu absorbieren, was viele Familien in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Not brachte. Klimatisch bedingte Ernteeinbussen verschärften die Situation. Charakteristisch für die Urner Landwirtschaft war und ist ihre ausgesprochen einseitige Ausrichtung auf die Viehwirtschaft, die bis heute meist im Stufenbetrieb auf zwei bis drei Weidestufen betrieben wird. Das Alpland befindet sich beinahe vollständig im Eigentum der beiden Korporationen Uri und Ursern.

Die Sprengstofffabrik Dynamit Nobel auf der Halbinsel Isleten am Urnersee. Fotografie von Adolphe Braun, 1875 (Staatsarchiv Uri).
Die Sprengstofffabrik Dynamit Nobel auf der Halbinsel Isleten am Urnersee. Fotografie von Adolphe Braun, 1875 (Staatsarchiv Uri). […]

Im 19. Jahrhundert blühte der Verkauf von Vieh und Milchprodukten nach Oberitalien, der jedoch nur einem Teil der Bevölkerung ein ausreichendes Einkommen bescherte. Gewerbe war kaum vorhanden. Im Bereich der Heimarbeit erreichten die Seidenkämmelei (Verlagsort Gersau) und die Baumwollspinnerei (Zürich) eine gewisse Bedeutung. Eine nennenswerte Anzahl von Arbeitsplätzen bot damals einzig die Ziegelhütte in Flüelen. Als Reaktion auf die schlechte Beschäftigungssituation und auf Strassenbauprojekte auf konkurrierenden Passrouten trieb Uri ab 1820 die Anlage einer Fahrstrasse über den Gotthard voran. Parallel dazu etablierten sich verschiedene Speditions- und Transportunternehmen im Gotthardverkehr. 1850-1863 schaffte die Korrektion der Reuss im Urner Talboden zusätzliche Beschäftigung. Insgesamt entwickelte sich das Gewerbe aber auch in der zweiten Jahrhunderthälfte nur langsam. Ab 1851 errichtete der Ingenieur Karl Emanuel Müller in Isleten (Gemeinde Bauen) eine Papierfabrik. 1873 übernahm die Dynamit Nobel das Gelände und begann mit der Sprengstofffabrikation im Hinblick auf den Bau der Gotthardbahn. Noch 1883 beschäftigten die vier im Kanton angesiedelten Fabriken zusammen weniger als 100 Personen. Der Bau der Gotthardbahn 1872-1882 sowie deren Betrieb schufen viele Stellen, was zu einer beachtlichen Zuwanderung zuerst von Mineuren aus Italien und später von Eisenbahnern aus dem Inland führte. Die Gotthardbahn bewirkte Ende des 19. Jahrhunderts einen raschen wirtschaftlichen Wandel in den Bereichen Tourismus, Industrie und Militär (ab ca. 1886 Investitionen in den Bau der Gotthardbefestigung). Die Aufbruchstimmung erfasste auch die Urner Gewerbetreibenden, welche sich 1886 im – vorerst noch wenig erfolgreichen – Handwerker- und Gewerbeverein zusammenschlossen. Noch um die Jahrhundertwende waren die Gotthardbahn mit 626 und die Granitsteinbrüche Gurtnellen, Wassen und Göschenen mit 900 Beschäftigten die grössten Arbeitgeber im Kanton.

Ab ca. 1900 siedelten sich mehrere Industriebetriebe an, die zum Teil das wirtschaftliche Gesicht des Kantons auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch prägen, so 1896 die Eidgenössische Munitionsfabrik in Altdorf (Rüstungsbetriebe), damals noch als Eidgenössische Laborierwerkstätte, 1901 die Elektrochemische Fabrik in Gurtnellen und 1909 die Imperial Kunstholzfabrik in Flüelen sowie die Schweizerischen Draht- und Gummiwerke (heute Dätwyler Holding AG) in Altdorf. Deren Direktor Adolf Dätwyler war in der Weltkriegszeit die herausragende Unternehmerfigur im Kanton Uri. 1891 begann die Firma Arnold und Co. mit dem Abbau von Sand und Kies im Urnersee.

Die Kraftwerkbaustelle Arni in der Gemeinde Gurtnellen auf 1370 m. Fotografie von Tscheslaus Krupski, um 1909 (Staatsarchiv Uri).
Die Kraftwerkbaustelle Arni in der Gemeinde Gurtnellen auf 1370 m. Fotografie von Tscheslaus Krupski, um 1909 (Staatsarchiv Uri). […]

1895 wurde das Elektrizitätswerk Altdorf gegründet. Mit der Nutzung der Wasserkraft des Schächenbachs setzte die Elektrifizierung von Altdorf, Flüelen und Bürglen ein. In regelmässiger Folge, unterbrochen durch die beiden Weltkriege, wurden nun auf Kantonsgebiet Wasserkraftwerke gebaut; das Kraftwerk Amsteg der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) ging zum Beispiel 1922, das Kraftwerk Wassen 1948, das Grosskraftwerk Göscheneralp 1963 und das Kraftwerk Gurtnellen 2007 ans Netz. In Ursern betrieb die Korporation, welche die Wassernutzungsrechte behielt, eigene Kraftwerke. 1906-1951 verkehrte zwischen Altdorf und Flüelen eine elektrische Strassenbahn. Die Einnahmen aus den Wasserzinsen sind für den Kantonshaushalt bis heute von grösster Bedeutung.

Banknote der Ersparniskasse Uri, 1878 (Staatsarchiv Uri).
Banknote der Ersparniskasse Uri, 1878 (Staatsarchiv Uri). […]

Unwetter führten im Kanton Uri wiederholt zu schweren Schäden an Kulturland und Infrastruktur. Die Wiederinstandsetzungsarbeiten sowie präventive bauliche Massnahmen brachten jeweils grössere Aufträge für die lokale Bauwirtschaft, so zum Beispiel die Verbauung des Schächenbachs nach dem Unwetter von 1910. Die auf Initiative der Gemeinnützigen Gesellschaft 1837 eingerichtete Ersparniskasse Uri ging 1849 in staatlichen Besitz über. Im Frühling 1914 geriet das Institut in eine schwere Krise, nachdem verschiedene Gläubiger wie die Schöllenenbahn und einige Gewerbebetriebe grosse Verluste geschrieben hatten. Nur mit Hilfe von Geldern des Kantons, der Eidgenossenschaft und der Nationalbank konnte die Kasse gerettet und 1915 in eine Kantonalbank umgewandelt werden.

Pension Sonnenberg in Seelisberg von Norden. Kolorierte Lithografie nach einer Zeichnung von Friedrich Herchenhein, erschienen bei Gottlieb Hasler in Basel, 1859 (Staatsarchiv Uri).
Pension Sonnenberg in Seelisberg von Norden. Kolorierte Lithografie nach einer Zeichnung von Friedrich Herchenhein, erschienen bei Gottlieb Hasler in Basel, 1859 (Staatsarchiv Uri). […]

Um 1850 begann mit der Eröffnung des Kurhauses Sonnenberg auf dem Seelisberg die Ära des Urner Tourismus; die neu gebaute, ab 1864/65 befahrbare Axenstrasse verbesserte die verkehrsmässige Anbindung des Kantons an das Mittelland wesentlich. Naturschönheiten und eine geschickte Vermarktung der Gedenkstätten der eidgenössischen Befreiungstradition zogen viele Reisende an. Der Tourismus entwickelte sich zum bedeutenden Wirtschaftsfaktor (1900 145'000 Übernachtungen; 1925 223'100; 1945 181'981; 1962 279'878; 2000 248'528). In der Belle Epoque kam im Urserntal der Wintersport auf. Nach Einbrüchen während der Weltkriege löste der Bau von Seilbahnen und Skiliften ab den 1950er Jahren einen Tourismusboom aus, vor allem in Andermatt, wo auch viele Ferienwohnungen gebaut wurden. In jüngster Vergangenheit weist das seit 2008 entstehende Ferienressort der Orascom Development Holding AG des Ägypters Samih Sawiris den Weg in die touristische Zukunft.

Die Armee erwies sich durch das ganze 20. Jahrhundert hindurch als wichtiger Arbeitgeber; von den Festungstruppen profitierte das lokale (Gast-)Gewerbe erheblich. Während des Zweiten Weltkriegs erlebte Uri einen eigentlichen Wirtschaftsboom; der Rückzug der Armee ins Réduit 1940 löste bis 1944 grosse Investitionen aus. Die Munitionsfabrik lief auf Hochtouren und wurde stetig ausgebaut. Vor allem aus militärischen Gründen wurde die Furka-Oberalp-Bahn 1940-1942 wintersicher gemacht und der Bau der Passstrasse über den Susten als Teil einer inneralpinen Ost-West-Verbindung 1939-1946 verwirklicht. Die Armeereformen von 1995 und 2004 (Armee XXI) führten zu einem massiven Abbau der Militärpräsenz und von Arbeitsplätzen, vor allem bei der Festungswacht. Seit 1967 dient der Waffenplatz Andermatt als nationales und internationales Zentrum für die militärische Gebirgsausbildung.

Durchstich im Gotthard-Basistunnel am 15. Oktober 2010. Fotografie von Arno Balzarini © KEYSTONE.
Durchstich im Gotthard-Basistunnel am 15. Oktober 2010. Fotografie von Arno Balzarini © KEYSTONE. […]

Die Arbeiten an der heutigen Nationalstrasse A2 wurden 1965 begonnen, der Gotthard- und der Seelisbergtunnel 1980 eröffnet. Bau und Unterhalt der A2 werden bis heute in erster Linie von national tätigen Bauunternehmergemeinschaften ausgeführt, an denen sich Urner Unternehmen beteiligen. Der 1999 in Angriff genommene Bau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale, deren Kernstück der 57 km lange Basistunnel zwischen Erstfeld und Bodio bildet, liegt dagegen in den Händen internationaler Konsortien.

Erwerbsstruktur des Kantons Uri 1860-2000a

Jahr1. Sektor2. Sektor3. SektorbTotal
18602 15446,8%98821,5%1 46431,8%4 606
1870c4 52763,8%1 60322,6%97113,7%7 101
1880c4 55937,7%1 69214,0%5 84548,3%12 096
18884 05756,1%1 26617,5%1 90826,4%7 231
19003 80843,7%2 45528,1%2 46028,2%8 723
19103 47636,8%2 83530,0%3 12433,1%9 435
19203 66233,6%3 91035,9%3 32330,5%10 895
19303 21134,2%2 87130,6%3 30435,2%9 386
19413 04624,4%5 94447,5%3 51728,1%12 507
19502 85624,8%5 01543,6%3 62731,5%11 498
19602 26617,5%6 44249,8%4 23432,7%12 942
19701 82012,8%7 10950,2%5 23837,0%14 167
19801 60110,8%6 98747,2%6 22842,0%14 816
19901 3708,5%6 36739,6%8 33151,8%16 068
2000d1 5188,8%4 67227,2%10 96763,9%17 157

a bis 1960 ohne Teilzeitangestellte

b Residualgrösse einschliesslich "unbekannt"

c ortsanwesende Bevölkerung

d Die Beschäftigtenzahlen der Volkszählung 2000 sind wegen der grossen Zahl "ohne Angabe" (2 061) nur begrenzt mit den vorhergehenden Daten vergleichbar.

Erwerbsstruktur des Kantons Uri 1860-2000 -  Historische Statistik der Schweiz; eidgenössische Volkszählungen

Gesellschaft

Zwischen Abschottung ...

An der Schwelle zum 19. Jahrhundert erlebte Uri empfindliche politische und wirtschaftliche Rückschläge. Der Verlust der Untertanengebiete, die sich zuspitzende Konkurrenzsituation im Transitverkehr und nicht zuletzt die lange nachwirkenden Belastungen aus der sogenannten Franzosenzeit beeinträchtigten die Existenzgrundlage aller Bevölkerungsschichten.

Nach wie vor waren Urner Wirtschaft und Gesellschaft von der – im Vergleich zu den Nachbarkantonen rückständigen – Berglandwirtschaft geprägt. 1837 erreichte der Gesamtviehbestand in Uri einen absoluten Tiefpunkt. Eine zentrale Rolle spielten dabei die einengenden genossenschaftlichen Produktionsformen und die daraus resultierende, weit verbreitete Abneigung gegen Neuerungen. Die Landfragmentierung, eine Folge des beschleunigten Bevölkerungswachstums und des Erbrechts, trieb die Bodenpreise in die Höhe, was wiederum die hypothekarische Verschuldung bei Kauf oder Erbgang wachsen liess. Zwar vermochten die Einführung der Kartoffel und die sich vielerorts durchsetzende Sondernutzung von Allmendparzellen als Gärten oder Schmalviehweiden die Notlage vieler Familien vorübergehend zu mildern. Die Armut zwang aber trotzdem weite Bevölkerungsteile zur Auswanderung.

Die Eliten des Ancien Régime behaupteten ihre führende Stellung in der Urner Gesellschaft bis weit ins 19. Jahrhundert, auch wenn der wirtschaftliche und politische Strukturwandel Aufstiegschancen eröffnete, die einzelne Bürgerfamilien vor allem in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts nutzten. Die bemerkenswert schnell in die traditionelle Oberschicht integrierten Aufsteiger übernahmen konsequent deren Wertmuster von der defensiven, zum Teil Innovationen gegenüber sehr zurückhaltenden Wirtschaftsgesinnung bis zum politischen Konservatismus. Für die Zusammensetzung der gesellschaftlichen Elite stellte die Kantonsverfassung von 1850, die zu einer neuen geografischen und damit auch personellen Verteilung der politischen Gewichte führte, eine erste wichtige Zäsur dar.

... und Öffnung

Die Gotthardbahn und die einsetzende Industrialisierung führten dann ab dem späten 19. Jahrhundert zu einer Öffnung der zuvor stark abgeschotteten Urner Gesellschaft. Eisenbahn, Fabriken, Fremdenverkehr sowie militärischer Festungsbau und -betrieb benötigten gut ausgebildete Arbeitskräfte. Viele der neu geschaffenen Stellen wurden von Zuzügern aus andern Kantonen besetzt, da einheimische Fachkräfte fehlten. Diese Zuzüger – Industrie- und Militärkader, qualifizierte Facharbeiter, sprachkundige Serviceangestellte – brachten neue Denkweisen und Bedürfnisse mit. Indem sie die Gründung industrieller Unternehmungen, die Entwicklung des Schul- und Berufsbildungswesens, die Schaffung von Konsumvereinen und Wohnbaugenossenschaften, Neuerungen im Arbeitsrecht und generell staatliche Leistungen initiierten oder beschleunigten, spielten sie bei der Modernisierung der Urner Gesellschaft eine zentrale Rolle. Gleichzeitig ging der Einfluss der Konservativen und der mächtigen Familien bis zum Ende des Ersten Weltkriegs deutlich zurück.

Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter der Eidgenössischen Munitionsfabrik Altdorf. Fotografie, um 1915 (Staatsarchiv Uri).
Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter der Eidgenössischen Munitionsfabrik Altdorf. Fotografie, um 1915 (Staatsarchiv Uri). […]

Parallel zur Industrialisierung erfolgte die Selbstorganisation der Arbeiterschaft in der sozialdemokratischen und der christlichsozialen Bewegung. Während die Letztere stark im katholischen Milieu verankert blieb, entwickelte die sozialdemokratische Arbeiterschaft in ihren Hochburgen Erstfeld und Altdorf gesonderte Lebensformen mit eigener Freizeit- und Festkultur sowie eigenen Vereinen und Institutionen. Die Arbeiter der grösseren Industriebetriebe und die Erstfelder Eisenbahner, die unter der Lebensmittelteuerung und der ungenügenden Versorgungslage litten, beteiligten sich 1918 auch am Landesstreik. Mit der Integration der politischen Arbeiterbewegung in die bürgerliche Gesellschaft vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg verlor diese Gegenkultur dann an Bedeutung.

Die Industrialisierung hob den Lebensstandard markant an, auch jenen der Bauern, die zwar den technischen Fortschritt aufgrund der topografischen Gegebenheiten weniger nutzen konnten, dafür aber vom erweiterten Nebenbeschäftigungsangebot sowie in besonderem Mass von staatlichen und nichtstaatlichen Unterstützungsleistungen profitierten. Dennoch sind in Uri konservative, binnengerichtete Einstellungen und Werthaltungen vorherrschend geblieben. Einzig der Hauptort Altdorf zeichnet sich bis zu einem gewissen Grad durch eine urbane Mentalität aus.

Der Kanton Uri hatte 1888 einen Ausländeranteil von 3,1%. Dabei handelte es sich vor allem um Italiener, die im Festungsbau und in den Granitsteinbrüchen arbeiteten. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung kontinuierlich an. 2008 betrug er 9,1%, d.h. weniger als die Hälfte des schweizerischen Durchschnitts. Die grösste Gruppe bildeten jetzt die Deutschen, was die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt bzw. die gewachsene Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften widerspiegelt.

Bildung, Kultur, Kirchen und religiöses Leben

Schulen

Katholische Ordensleute und Weltpriester prägten das Urner Schulwesen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein; die Säkularisierung der Schule erfolgte erst spät. Die Einhaltung der 1805 erlassenen Schulordnung wurde von der im Jahr zuvor geschaffenen Zentralschulkommission überwacht. Erst 1849 erlebte das Schulwesen mit der Einsetzung des kantonalen Schulinspektors und des Erziehungsrats einen Entwicklungsschub. Unter der Federführung des Kapuzinerpaters Theodosius Florentini nahmen zur selben Zeit Lehrschwestern aus Menzingen, Cham und Ingenbohl sowie Brüder der Kongregation der Marianisten in verschiedenen Urner Gemeinden die Lehrtätigkeit auf. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts belegte der Kanton Uri bei den pädagogischen Rekrutenprüfungen einen der letzten Plätze. Dieser unbefriedigende Zustand führte zu Reformen im Schulbereich, deren Umsetzung sich allerdings lang hinzog. So wurde die obligatorische Schulzeit durch verschiedene Revisionen der Schulordnung bis 1988 auf neun Jahre verlängert. Das Schulgesetz von 1997 löste die bisher geltenden Schulverordnungen ab. 1990 führte Uri als erster Kanton Italienisch als erste Fremdsprache auf der Primarstufe ein, ersetzte dieses allerdings schon 2005 durch das Englisch.

In Uri existierten zeitweise zwei Bundesschulen. In Erstfeld unterhielt die Gotthardbahn bzw. die SBB 1893-1938 eine Sekundarschule. Eine Schule für die Kinder von Festungsangestellten in Andermatt bestand von Beginn des 20. Jahrhunderts bis 1975. Erst 1906 löste die einzige kantonale Gymnasialschule, das Kollegium Karl Borromäus in Altdorf, die nur schlecht funktionierende ältere Cantons-Schule ab, die 1852 als Nachfolgeinstitution der Altdorfer Lateinschule von den kantonalen Behörden geschaffen worden war. Ein Internat ergänzte bis 1994 den Schulbetrieb. In der kantonalen Mittelschule waren ausserdem 1937-1996 eine Handelsschule, 1939-1960 eine gewerbliche Sekundarschule, 1976-2004 eine Weiterbildungsschule und 2004-2009 eine Fachmittelschule integriert. In Altdorf entstanden 1882 die Gewerbeschule, deren Besuch 1903 für Lehrlinge obligatorisch erklärt wurde, sowie 1911 die von einem Verein geführte kaufmännische Berufsschule. 1938 wurde die Land- und Alpwirtschaftliche Winterschule Uri eröffnet. 2009 erfolgte die Zusammenfassung der drei Berufsschulen im kantonalen Berufs- und Weiterbildungszentrum Uri in Altdorf.

Schulstatistik des Kantons Uri 1900-2010

JahrPrimarschuleOberstufeaGymnasiumbUniversitätc
19002 825134--
19103 477180d75-
19203 584217d199e-
19303 398202d185e-
19403 476239144-
19503 622292149-
19604 367690226-
19704 3431 152401122
19803 4511 726452243
19902 6841 206424263
20002 8811 116518311
20102 2601 043464371
     
 - = keine Angabe

a Sekundar-, Real- und Werkschule

b nur Urner Schüler, inkl. Handelsschule

c ohne Fachhochschulen

d Altdorf nur Mädchensekundarschule gerechnet

e inkl. ausserkantonale Schüler, keine Unterscheidung möglich

Schulstatistik des Kantons Uri 1900-2010 -  Rechenschaftsberichte der Verwaltung und des Erziehungsrats des Kantons Uri

Bibliotheken, Archive und Museen

Erste Urner Leihbibliotheken wurden im Umfeld des Grütlivereins im 19. Jahrhundert initiiert. 1917 errichtete der katholische Volksverein Uri in Erstfeld eine Bibliothek. Von Bedeutung war auch die theologische Fachbibliothek des Kapuzinerklosters in Altdorf. 1955 wurde die Kantonsbibliothek Uri ins Leben gerufen. Auch das Benediktinerinnenkloster St. Lazarus in Seedorf verfügt über eine eigene Bibliothek, deren Schriften bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen.

Neben den Gemeinde- und Pfarrarchiven beherbergt Uri drei grössere Archive, das Staatsarchiv Uri, das Talarchiv Ursern und das Archiv der Korporation Uri. Bei den drei Dorfbränden Altdorfs 1400, 1693 und 1799 gingen viele wertvolle Dokumente verloren; die Bestände des Staatsarchivs aus der Zeit vor der Helvetik sind deshalb stark dezimiert. Das Staatsarchiv verfügt aber über ansehnliche Film-, Plakat- und Fotografiesammlungen. Die Bestände des Talarchivs Ursern in Andermatt, die bis ins 14. Jahrhundert zurückgehen, werden seit 2003 durch ein vom Staatsarchiv und der Universität Basel getragenes Forschungsprojekt systematisch gesichert und erforscht. Die Bestände des Archivs der Korporation Uri bieten vor allem Einblicke in die Alp- und Forstwirtschaft des 19. und 20. Jahrhunderts.

Der Kanton Uri weist mehrere kleinere, nicht staatliche Museen auf, darunter als wichtigstes das Historische Museum Uri, das vom Historischen Verein Uri geführt wird. 1906 wurde das Museumsgebäude in Altdorf eingeweiht. Das Tellmuseum in Bürglen wurde 1966 eröffnet, das Gotthardmuseum auf der Passhöhe 1986 und das Talmuseum in Andermatt 1994. Zeitgenössische Kunst stellt das vom Kunst- und Kulturverein getragene Haus für Kunst Uri seit 2004 aus.

Kulturelle Ausdrucksformen im 19. und 20. Jahrhundert

Obwohl Uri im Bereich der bildenden Kunst eine beachtliche Vielfalt und Qualität aufweist, ist keine kontinuierliche Entwicklung festzustellen. Die Gründe dafür liegen einerseits in der Begrenztheit des lokalen Markts. Andererseits wurde in Uri bei der Beschaffung von Werken für den öffentlichen Raum oft auf auswärtige Künstler gesetzt, wie auf Ernst Stückelberg für die Fresken in der Tellskapelle am Urnersee (eingeweiht 1883), Richard Kissling für das Telldenkmal in Altdorf (1895), oder Kurt Sigrist für die Skulptur Zeitraum an der Autobahn A2 (1990). Seit 1963 beschäftigt sich der Kunstverein Uri (ehemals Danioth-Ring) systematisch mit der Vermittlung und Förderung der bildenden Künste.

Unter den Urner Künstlern lassen sich zwei Gruppen unterscheiden: Die eine, grössere Gruppe emigrierte früher oder später aus dem Heimatkanton und entfaltete ihr Schaffen ausserhalb, wie zum Beispiel Heinrich Max Imhof oder Adolfo Müller-Ury. Auf die andere Gruppe wirkte gerade die familiäre Kleinheit des Raums besonders anregend; Franz Xaver Triner, Heinrich Danioth oder Erna Schillig realisierten ihre zentralen Werke in Uri selbst. Im Weiteren stellte die Urner Berglandschaft verschiedentlich eine fruchtbare Inspirationsquelle für auswärtige Kunstschaffende wie zum Beispiel den Deutschen August Babberger dar. Im Bereich Architektur ragt im 19. Jahrhundert der Altdorfer Ingenieur Karl Emanuel Müller unter anderem als Planer der Fahrstrasse durch die Schöllenenschlucht hervor. Im 20. Jahrhundert realisierten verschiedene Urner Architekten bemerkenswerte Hochbauprojekte. Als Grafiker erlangte Tino Steinemann internationale Bekanntheit. Der Grafiker, Schriftsteller, Publizist und Kunstvermittler Karl Iten entfaltete in den 1970er und 1980er Jahren eine ausserordentliche Wirksamkeit im Kanton. Die Fotografendynastie Aschwanden erreichte mit ihren Bildern von der Axenstrasse nationale Bedeutung. Seit den 1980er Jahren prägt Christof Hirter mit seinem fotografischen Werk das Bild des Kantons.

Der Göschener Bahnhof-Gastwirt Ernst Zahn erlangte als Verfasser von 28 Romanen und 30 Erzählbüchern in der Belle Epoque europaweit Ruhm. Der Arzt Eduard Renner schuf mit dem vom Denken und Erleben der Bergler handelnden Titel Goldener Ring über Uri (1941) das Urner Kultbuch schlechthin. Seit den 1970er Jahren setzt sich Martin Stadler, der Kolumnen und Reportagen, aber auch Romane, Erzählungen und Theaterstücke veröffentlichte, in seinem Werk mit den Eigenarten seiner Urner Mitmenschen auseinander.

Plakat für den Film Grauzone, Fredi M. Murers ersten Spielfilm aus dem Jahr 1979 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat für den Film Grauzone, Fredi M. Murers ersten Spielfilm aus dem Jahr 1979 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Aushängeschild der Urner Theaterszene sind die seit 1899 regelmässig stattfindenden Altdorfer Tellspiele. In den 1980er Jahren erarbeitete die Jugendtheatergruppe Zeigfinger mehrere Produktionen von überregionaler Ausstrahlung. Seit 1992 tritt die Theatergruppe Momänt & Co. erfolgreich auf, seit 2004 auch die Gruppe Eigägwächs. Als Filmregisseure schufen sich Fredi M. Murer mit Filmen wie Höhenfeuer (1985) oder Vitus (2006) und in jüngster Zeit Claudio Fäh international einen Namen. Das Cinéma Leuzinger, das einzige Urner Kino, führte von 1925 an ausserhalb der Theatersaison im Tellspielhaus in Altdorf Filme vor. Seit 1963 verfügt es über ein eigenes Kinogebäude.

Uri besitzt eine lange Blas- und Volksmusiktradition. Der Urner Pater Alberik Zwyssig komponierte die Schweizer Nationalhymne. Berühmt war der Musiker, Komponist und Dirigent Gustav Arnold. Im Bereich der Volksmusik schufen der Volksliedsänger Ladislaus Krupski alias Hanns In der Gand sowie Berti Jütz Kompositionen, die mittlerweile zum schweizerischen Kanon gehören. Seit 2001 findet in Altdorf das internationale Musikfestival Alpentöne für innovative alpenländische Volksmusik statt.

Die Fasnacht geniesst als alter Brauch einen hohen Stellenwert. In den meisten Urner Gemeinden bestehen noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts Fasnachtsgesellschaften, deren Ursprünge bis ins letzte Viertel des 19. Jahrhunderts zurückreichen. Im Zentrum des fasnächtlichen Treibens steht der Katzenmusikmarsch. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind die als Narrenblätter bezeichneten satirischen Schmähschriften verbreitet. Bekannt sind zudem die besonderen Ausprägungen der Kirchweihfeste in verschiedenen Dörfern, so die Kilbiausstellungen oder die traditionelle Sennenkilbi.

1892 wurde die Gesellschaft für Geschichte und Altertümer gegründet, die Vorgängerin des heutigen Historischen Vereins Uri, die bzw. der seit 1895 die Zeitschrift Historisches Neujahrsblatt herausgibt. Josef Müller sammelte das bedeutende lokale Sagen- und Erzählgut, das unter dem Titel Sagen aus Uri 1926-1945 in drei Bänden veröffentlicht wurde.

Kirchen und religiöses Leben

Bis 1850 wohnten in Uri nur wenige Nichtkatholiken. 2000 waren 89% der Bevölkerung Katholiken, 6% Evangelisch-Reformierte und 4% Anhänger von Freikirchen, christlich-orthodoxer Kirchen oder des Islam. 1% bezeichnete sich als konfessionslos. Das Wachstum der reformierten Glaubensgemeinschaft hatte in den 1880er Jahren eingesetzt. Die Muslime und Orthodoxen waren vor allem ab 1970 aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien eingewandert. Der Anteil der Konfessionslosen und der kleineren freikirchlichen Gruppe widerspiegelt einen zahlenmässig noch nicht ins Gewicht fallenden, aber stetigen Bedeutungsverlust der beiden Landeskirchen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der sich gegen Ende des Jahrhunderts beschleunigte. 2010 war der Anteil der Katholiken auf 84% (29'806 Personen), derjenige der Reformierten auf 5% (1838) gesunken.

Die Verfassungen Uris von 1820 und 1850 bezeichneten die römisch-katholische Religion noch als diejenige des Kantons. Danach lockerte sich die Verflechtung von Kirche und Staat. Nach 1888 entstanden überall von den Einwohnergemeinden getrennte Kirchgemeinden. Aus der 1971 geschaffenen Konferenz der Kirchenräte entstand die Römisch-Katholische Landeskirche Uri, die in der Kantonsverfassung von 1984 verankert wurde. Sie ist im Rahmen der kantonalen Verfassung und Gesetzgebung selbstständig.

Das Bevölkerungswachstum erforderte feinere Seelsorgestrukturen. Neue Pfarreien entstanden 1802 in Bauen, 1875 in Göschenen, 1882 in Realp, 1886 in Hospental, 1903 in Gurtnellen, Amsteg und Bristen, 1916 in Wiler (Gemeinde Gurtnellen) sowie 1969 in Altdorf (Bruder Klaus). Die Abkurungsbestrebungen von Meien um 1829 und 1916 führten nicht zum Ziel. Der Urnerboden erhielt 1901 einen ständigen Kaplan. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden 17 Pfarrkirchen und Pfrundkapellen neu gebaut.

Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an blühten neue Orden und Kongregationen auf. Ab 1850 waren Menzinger und Ingenbohler Schwestern sowie Marianisten im Schul- und Sozialdienst tätig, ab 1906 Benediktiner von Mariastein am Kollegium Altdorf und ab 1927 Mariannhiller am Missionshaus St. Josef in Altdorf. Das Kinder- und Familienhilfswerk Uri wurde 1952-2004 von dem Seraphischen Liebeswerk Solothurn getragen. Personalknappheit zwang die meisten Gemeinschaften im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts zum Wegzug; 2009 verliessen die letzten Brüder das Kapuzinerkloster Altdorf. 2010 bestanden nur mehr das Benediktinerinnenkloster Seedorf und das Missionshaus St. Josef in Altdorf.

Ab dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts intensivierte die katholische Kirche die Seelsorge durch Standesvereine und Organisationen des politischen Katholizismus. Mit dem Zweiten Vatikanum wuchs das Engagement der Laien und die ökumenische Offenheit. Es entstanden vielerorts Pfarreiräte; viele Pfarreien boten periodisch ökumenische Gottesdienste an. In den letzten Jahrzehnten litt die katholische Kirche unter Priestermangel und der Messebesuch ging zurück.

Die reformierte Glaubensgruppe zählte 420 Personen, als sie 1885 die Kirchgemeinde Uri gründete. Um 2000 war sie auf rund 2100 Personen angewachsen; Pfarrämter sind Altdorf und Erstfeld inklusive Urner Oberland und Ursern, Filialgemeinden Altdorf und Erstfeld sowie Andermatt-Göschenen. Die öffentlich-rechtliche Anerkennung erfolgte 1916. Die Gemeinden wurde als Evangelisch-Reformierte Landeskirche 1984 ebenfalls in der Kantonsverfassung verankert.

1932 entstand die Neuapostolische und 1987 die Freie Christliche Gemeinde. Die Freie Evangelische Gemeinde Chrischona wurde 1995 gegründet. Die Muslime besassen ein erstes Gebetshaus in Bürglen, das 2008 nach Altdorf verlegt wurde.

Quellen und Literatur

  • Kantonsbibliothek Uri, Altdorf.
  • Korporationsarchiv Uri.
  • Staatsarchiv Uri, Altdorf.
  • Talarchiv Ursern, Andermatt.
  • Staatskalender (Regierungs-, Kirchen und Schul-Etat) des Kantons Uri, 1818-.
  • Das Landbuch oder offizielle Sammlung der Gesetze, Beschlüsse und Verordnungen des Eidgenössischen Kantons Ury, 6 Bde., 1823-1864.
  • Rechenschaftsbericht von Regierung und Staatsverwaltung des Kantons Uri, 1863-.
  • Urnerisches Amtsblatt, 1849-1860 (seit 1861 Amtsblatt des Kantons Uri).
  • Landbuch des Kantons Uri, 13 Bde., 1892-1962.
  • Quellenwerk zur Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 1933-.
  • Urner Rechtsbuch, 1976-.
Historiografie
  • Die Forschung brachte bis heute nur wenige kantonsgeschichtliche Darstellungen hervor. Das erste Werk, die zweibändige Allgemeine Geschichte des Freystaats Ury (1788-1790) von Franz Vinzenz Schmid, behandelte unkritisch die Ereignisse bis 1481. Ihm folgte 1862 Karl Franz Lussers Geschichte des Kantons Uri. Iso Müllers Geschichte von Ursern (1984) vermittelt einen Überblick über das Hochtal während des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Werner Arnold stellt in seinem Werk Uri und Ursern zur Zeit der Helvetik 1798-1803 (1985) die Entwicklungen und die Spannungen zwischen dem alten Land und dem Hochtal in der Revolutionszeit dar. Grundlegend für die Erforschung der Urner Oberschicht in der frühen Neuzeit ist die 1991 von Urs Kälin vorgelegte Studie Die Urner Magistratenfamilien. 1993 wurde der erste Band der Geschichte des Landes Uri von Hans Stadler-Planzer publiziert, welcher von der Frühzeit bis ins 16. Jahrhundert reicht. Zwei weitere, 2015 erschienene Teilbände decken den Zeitraum vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart ab.
Reihen, BibliografienVon der Urgeschichte bis zum 18. Jahrhundert
  • Wymann, Eduard: Das Schlachtjahrzeit von Uri. Im Auftrage der hohen Landesregierung als Andenken an die sechste Jahrhundertfeier der Schlacht am Morgarten und zur Erinnerung an die 1316 zu Uri ausgefertigten Bundesbriefe, 1916.
  • Kälin, Paul: Die Aufklärung in Uri, Schwyz und Unterwalden, 1946.
  • Bielmann, Jürg: Die Lebensverhältnisse im Urnerland während des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts, 1972.
  • Püntener, August: «Urner Münz- und Geldgeschichte», in: Historisches Neujahrsblatt N.F. 34/35, 1979/1980, S. 3-102.
  • Stadler-Planzer, Hans: «Die Behörden- und Verwaltungsorganisation Uris. Ein Überblick», in: Der Geschichtsfreund. Mitteilungen des Historischen Vereins der Fünf Orte Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden ob und nid dem Wald und Zug, 133, 1980, S. 35-80.
  • Furrer, Benno: Die Bauernhäuser des Kantons Uri, 1985.
  • Hug, Albert; Weibel, Viktor: Urner Namenbuch. Die Orts- und Flurnamen des Kantons Uri, 4 Bde., 1988-1991.
  • Zurfluh, Anselm: Une population alpine dans la Confédération. Uri aux XVIIe-XVIIIe-XIXe siècles, 1988.
  • Historischer Verein der Fünf Orte (Hg.): Innerschweiz und frühe Eidgenossenschaft. Jubiläumsschrift 700 Jahre Eidgenossenschaft, 2 Bde., 1990.
  • Primas, Margarita; Della Casa, Philippe et al.: Archäologie zwischen Vierwaldstättersee und Gotthard. Siedlungen und Funde der ur- und frühgeschichtlichen Epochen, 1992.
  • Stadler, Hans: Geschichte des Landes Uri, Teil 1, Von den Anfängen bis zur frühen Neuzeit, 1993 (20153).
  • Sablonier, Roger: Gründungszeit ohne Eidgenossen. Politik und Gesellschaft in der Innerschweiz um 1300, 2008.
  • Stadler, Pascal; Degler-Spengler, Brigitte: Geschichtes des Landes Uri, Teil 2a, Frühe Neuzeit, 2015.
Der Staat im 19. und 20. Jahrhundert
  • Schaller, Rudolf: Die Abschaffung der Landesgemeinde in Uri und ihre staatsrechtlichen Folgen, 1943.
  • Stadler, Hans: «Die Ausscheidung der Bezirke Uri und Ursern aus dem Staatsverbande anlässlich der KV-Revision 1887/88», in: Der Geschichtsfreund. Mitteilungen des Historischen Vereins der Fünf Orte Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden ob und nid dem Wald und Zug, 124, 1971, S. 358-372.
  • Stadler, Martin P.: Die urnerische Sozialpolitik. Eine historische Skizze, 1974.
  • Aebersold, Rolf: Die Entwicklung des Urner Finanzwesens 1803 bis 1975 mit besonderer Berücksichtigung der kantonalen Finanzverwaltung, der Finanzgesetzgebung und des Staatshaushaltes, 1976.
  • Roubik, Peter: Das Urnerische Bildungs- und Erziehungswesen. Vorarbeiten im Rahmen der Urner Verwaltungsgeschichte, bearbeitet vom Staatsarchiv Uri, Maschinenschrift, 1978 (Kantonsbibliothek Uri).
  • Roubik, Peter: Das Kirchenwesen in Uri, 1979 (Kantonsbibliothek Uri).
  • Aebersold, Rolf: Die Entwicklung der Organisation und Gesetzgebung des Kantons Uri in den Bereichen Bauwesen und Energiewirtschaft 1803 bis ca. 1980, Maschinenschrift, Ordner, 1981 (Kantonsbibliothek Uri).
  • Roubik, Peter: Die Entwicklung des Urner Polizeiwesens unter besonderer Berücksichtigung der Beamtungen und behördlichen Funktionen seit der Schaffung des Polizeikorps 1804 bis zu dessen grundlegender Reorganisation im Hinblick auf die vollständige Inbetriebnahme der N2 1980Maschinenschrift, 1981 (Kantonsbibliothek Uri).
  • Zurfluh, Christoph: «Leidenschaftslos, freimüthig und loyal»: das Urner Pressewesen und seine Bedeutung für die Urner Politik von der Helvetik bis zum Ersten Weltkrieg, 1993.
  • Kälin, Urs: In der SPur: 100 Jahre Sozialdemokratische Partei des Kantons Uri, 2007.
  • Stadler, Pascal; Aschwanden, Romed: Geschichte des Landes Uri, Teil 2b, Von der Helvetischen Umwälzung in die Gegenwart, 2015.
Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur im 19. und 20. Jahrhundert
  • Zurfluh, Paul: Die industrielle Entwicklung des Kantons Uri, 1950.
  • Oechslin, Max; Iten, Karl et al.: Uri. Land am Gotthard, 1965.
  • Fryberg, Stefan: Untersuchungen über die historische Demographie im Kanton Uri im 19. Jahrhundert, Lizenziatsarbeit, Universität Basel, 1977.
  • Arnold, Seraphin: Kapuzinerkloster Altdorf. 1581-1981, 1981.
  • Kaspar, Ernst; Brunner, Hans et al.: 100 Jahre evangelisch reformierte Kirche in Uri. 1885-1985, 1985 (Broschüre).
  • Iten, Karl: Adieu – Altes Uri. Aspekte des Wandels eines Kantons vom 19. ins 20. Jahrhundert, 1990.
  • Zurfluh, Kurt: Steinige Pfade, 160 Jahre Urner Wirtschaftsgeschichte, 1990.
  • Arnold, Seraphin: Vom Abenteuer christlicher Kultur. Die soziale Tätigkeit von Menzingen und Ingenbohl im Kanton Uri 1852 bis 1991, 1992.
  • Iten, Karl: Uri. Die Kunst- und Kulturlandschaft am Weg zum Gotthard, 1992.
  • Arnold, Philipp: Almosen und Allmenden. Verarmung und Rückständigkeit in der Urner Markgenossenschaft, 1798-1848, 1994.
  • Gisler-Jauch, Rolf: Uri und das Automobil – des Teufels späte Rache? Soziale und wirtschaftliche Auswirkungen des Automobils auf das Urnerland, 1994.
  • Zurfluh, Anselm: Uri, Modell einer traditionellen Welt? Eine ethno-geschichtliche Studie über die Urner Mentalität, 17.-20. Jahrhundert, 1994 (aus dem Französischen übersetzt von Paul Zurfluh).
  • Fryberg, Stefan; Baumann, Heinz et al.: Strube Zeiten, Uri 1900-2000, 2003.
  • Gisler-JauchRolf: Fasnächtliches Uri, 2004.
  • KölzAlfred: Neuere schweizerische Verfassungsgeschichte. Ihre Grundlinien in Bund und Kantonen seit 1848Bd. 2, 2004, S. 231-241.
  • Kantonale Mittelschule Uri Kollegium Karl Borromäus: Geschichte und Geschichten der Urner Mittelschule, 2006.
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Ralph Aschwanden; Pascal Stadler; Hans Stadler; Urs Kälin; Helmi Gasser; Rolf Gisler; Hans Jörg Kuhn; Rolf Aebersold: "Uri", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 15.01.2021. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007384/2021-01-15/, konsultiert am 06.10.2024.