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Boudry

Plan von Boudry, gezeichnet von Josué Perret-Gentil-dit-Maillard, um 1630 (Archives de l'Etat de Neuchâtel, P 718; Fotografie Atelier P. Eismann).
Plan von Boudry, gezeichnet von Josué Perret-Gentil-dit-Maillard, um 1630 (Archives de l'Etat de Neuchâtel, P 718; Fotografie Atelier P. Eismann).

Politische Gemeinde des Kantons Neuenburg, Hauptort des gleichnamigen Bezirks. Die Gemeinde umfasst den kleinen, zweizeiligen Marktflecken Boudry auf einer Erhebung über der Areuse und die Siedlungen Areuse, Trois-Rods, Perreux sowie, in der Areuseschlucht, Champ-du-Moulin. 1278 Baudri. 1870 schlossen sich die Gemeinden Boudry und Areuse zusammen. Das kleine Städtchen am Fuss des Schlosses kontrolliert die Strasse Yverdon-Neuenburg beim Übergang über die Areuse. 1750 638 Einwohner; 1850 1378; 1900 2190 (mit Areuse); 1950 2625; 2000 5311.

Unter den zahlreichen archäologischen Fundstätten hervorzuheben sind neolithische Pfahlbauten am Ufer des Neuenburgersees, der Abri Baume du Four (belegt vom Neolithikum bis zur Latènezeit), Hügelgräber aus der Hallstattzeit im Vallon de Vers, zwei keltische Dörfer in Les Buchilles, verschiedene Spuren aus der Römerzeit sowie ein burgundisches Gräberfeld in Bel-Air bei der Areuse. Zur mittelalterlichen Herrschaft Boudry gehörten vor dem 14. Jahrhundert auch die Weiler Pontareuse in der Nähe der Brücke, auf welcher die Römerstrasse Vy d'Etraz die Areuse überquerte, sowie Vermondins auf dem Plateau in der Nähe des heutigen Boudry. Die Vogtei über diese beiden Orte besass Pierre de Vaumarcus, der sie 1282 Gerhard von Stäffis verkaufte. 1313 trat sie dessen Sohn Rollin Graf Rudolf IV. von Neuenburg ab, der sich zwei Jahre zuvor zum Nachteil von Peter von Stäffis der Vogtei über Areuse bemächtigt hatte. Es gelang dem Grafen von Neuenburg damit, die Ländereien in der Nähe seiner Burg Boudry (1278 erstmals erwähnt), die vermutlich von seiner Familie erbaut worden war, unter seiner Herrschaft zu vereinen. Das Burglehen wurde häufig Töchtern oder Frauen des Hauses Neuenburg als Pfand ausgegeben. Am 12. September 1343 gab Graf Ludwig Boudry ein Stadtrecht nach dem Vorbild der Stadt Neuenburg, wenn auch mit einigen Einschränkungen. Die Gemeinde erwarb 1369 das Recht, das Ungeld in den heutigen Ortschaften Boudry und Cortaillod zu erheben. 1373 hielt Marguerite de Vufflens, die Witwe Ludwigs von Neuenburg, das Nutzungsrecht über die Kastlanei. Ihre vielfach getrübte Beziehung zur Bürgerschaft von Boudry erlaubte es Isabella von Neuenburg 1379, ihrer Stiefmutter die Kastlanei abzunehmen. 1394-1413 fiel diese vorübergehend an Girard von Neuenburg, Herrn von Vaumarcus. Danach war sie stets im Besitz der Herren von Neuenburg. Der Kastlanei stand auch die Schirmvogtei über das benachbarte Priorat Bevaix zu. Sie umfasste Boudry sowie einen Teil von Bôle und besass einen Gerichtshof mit 14 Richtern unter dem Vorsitz des Kastlans oder seines Statthalters. Zu ihr gehörig waren bis 1832 auch die drei Zivilgerichte Rochefort, Bevaix und Cortaillod (ab 1564), die danach aufgelöst und in das Gericht von Boudry integriert wurden. 1848 wurde Boudry Bezirkshauptort.

Im Mittelalter befand sich die Kirche von Boudry in Pontareuse, etwas nördlich von Boudry. Die Pfarrei umfasste damals einen Teil von Cortaillod, Boudry, Bôle, Rochefort und Brot und reichte im Norden bis an die Grenze zur Freigrafschaft Burgund. Das Präsentationsrecht hatte das Domkapitel von Lausanne. Dem Priester von Pontareuse, Claude Gauthier, Bürger von Boudry, gelang es, die Stadt mindestens bis 1534 beim alten Glauben zu halten, während die übrigen Pfarreien zum reformierten Glauben wechselten. Die Kirche Pontareuse diente somit für einige Jahre beiden Konfessionen. Überreste dieser Kirche waren noch um 1815 sichtbar. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts erhielten die Einwohner von Bôle und Rochefort einen Diakon, der speziell ihre Kirchen betreute. 1645-1647 wurde im Zentrum des alten Städtchens Boudry eine reformierte Kirche errichtet, deren Pfarrei einzig die Einwohner des Städtchens umfasste. Areuse gliederte sich ihr 1832 an.

Die Bürgergemeinde von Boudry weitete ihre Rechte im 16. Jahrhundert bedeutend aus. 1510 konnte sie ein Rathaus errichten. 1513 wurde ihr die Bannmühle verliehen. 1523 erhielt sie die Genehmigung, ihre Gemeindegüter zu verpachten, 1526 das Recht, ausserhalb der Mauern Häuser zu bauen. 1540 war eines ihrer Privilegien, dass sie von zwei selbstbestimmten Bürgermeistern regiert werden durfte. 1548 erhielt sie einen Turm verliehen, an dem sie eine Uhr anbrachte. Durch diverse Käufe erwarb sie bedeutende Rechte in Champ-du-Moulin. Der Unterhalt der Mauern und Tore, der Brücke und des Rathauses wurde aus einer Kasse bestritten, die von Boudry und Cortaillod gemeinsam verwaltet wurde. Die Mittel stammten aus einer Sondersteuer (émine de la porte), die allein die Einwohner von Cortaillod zu entrichten hatten, was bis zur Abschaffung 1813 zu zahlreichen Konflikten zwischen den beiden Gemeinden führte. Im Lauf des 18. Jahrhunderts schloss sich die Bürgergemeinde ab: Einzig das Bürgerrecht auf Lebenszeit oder der Status als ständige Einwohner, sogenannte bourgeois non-communiers, wurden noch gewährt. Im 18. Jahrhundert begann auch die Industrialisierung Boudrys mit der Gründung der drei Indienne-Manufakturen von Vauvilliers (vor 1742-1874), Les Iles (1727-1844) und Grandchamp (1761-1841). Die Fabrikgebäude wurden später von verschiedenen Industrien genutzt, in Vauvilliers zum Beispiel von einer Strohhutfabrik. Eine Uhrenfabrik wurde 1944 durch eine Akkumulatorenfabrik abgelöst. Seit 1958 ergänzt ein Werkzeugmaschinen-Unternehmen die örtliche Industrie. Das Verlagshaus La Baconnière erlebte seinen Höhepunkt während des Zweiten Weltkriegs. In Perreux wurde 1894 ein kantonales Spital für Chronischkranke eingerichtet, später in eine psychiatrische Klinik umgewandelt. Die Landwirtschaft und vor allem der Weinbau florieren nach wie vor: Es gibt mehrere Winzer mit eigenen Weinkellern, einen Degustationskeller (1980) und ein Weinmuseum (1986).

Quellen und Literatur

  • Kdm NE 2, 1963, 355-380
  • P. Allanfranchini, Le château de Boudry, 1993
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Germain Hausmann: "Boudry", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 03.08.2009, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007614/2009-08-03/, konsultiert am 08.04.2024.