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Saint-Victor

Von einer burgund. Prinzessin Ende des 5. Jh. vor den Stadtmauern von Genf gegr. Kirche, die dem hl. Victor, einem der Märtyrer der Thebäischen Legion, geweiht war. Um 1000 wurde S. in ein Kloster umgewandelt und Cluny unterstellt. Die Schirmvogtei übten die Gf. von Genf aus. Ab Ende des 11. Jh. besass das Priorat Rechte an einigen Pfarrkirchen der Region, von einigen die Kollatur. Ab der 2. Hälfte des 14. Jh. war der Prior häufig Kommendatar und nicht vor Ort. Um die Kirche entwickelten sich eine Pfarrei und eine Vorstadt. Der weltl. Herrschaftsbereich war ausgedehnt, insbesondere rund um Cartigny, und das Priorat hielt in diesem Gebiet teilweise das Niedergericht. Trotz dieser Güter war das Priorat während der 1. Hälfte des 14. Jh. hoch verschuldet. Nachdem das Haus Savoyen die Rechte und Besitztümer den Nachfahren der Gf. von Genf 1402 abgekauft hatte, geriet das Priorat verschiedentlich unter Druck; so musste es dem Herzog z.B. mehrfach Zahlungen als Spenden ausrichten (sog. Donativgelder). Die Spannungen erreichten ihren Höhepunkt in der Amtszeit von Prior François Bonivard, als Karl II. von Savoyen die Untwerfung Genfs in Angriff nahm. Ab 1530 wollte die Stadt Genf S., das dem Herzog im Fall einer Belagerung als Sitz hätte dienen können, zerstören. 1531 wurde S. teilweise, 1534 ganz abgerissen, weshalb heute wenig über die Klostergebäude bekannt ist. Mit der Reformation 1536 wurde die Pfarrei aufgelöst, die Vorstadt geschleift und Genf errichtete an ihrer Stelle Befestigungsanlagen. Die weltl. Herrschaft S.s ging wie diejenige des Domkapitels Saint-Pierre an die Stadt Genf, die hohe Gerichtsbarkeit durch Eroberungsrecht an Bern. Die Besitz- und Rechtsverhältnisse in dem Gebiet von S. und des Kapitels waren bis zum Turiner Vertrag von 1754 überaus komplex. Einige Mönche flüchteten 1534 nach Reignier (Savoyen). Die Einkünfte des Priorats gingen 1573 an eine Kommende des St.-Mauritius-und-Lazarus-Ordens.

Quellen und Literatur

  • S. Coram-Mekkey et al., S. et Chapitre, [CD-ROM], 2008
  • HS III/2, 239-324
  • Terres et pouvoirs partagés entre Genève et Savoye, hg. von C. Guilleré, C. Santschi, 2008
  • S. Coram-Mekkey, «S. et Chapitre», in Les registres du Conseil de la République de Genève sous l'Ancien Régime, 2009, 211-225
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Lucienne Hubler: "Saint-Victor", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.02.2011, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007760/2011-02-24/, konsultiert am 19.03.2024.