Der Begriff Wanderarbeit ist eine moderne Wortschöpfung zur Bezeichnung von Berufen, die migrierend ausgeübt werden, die aber nicht zur Saisonarbeit in der Landwirtschaft oder im Baugewerbe zählen, da ihre Ausübung nicht von saisonalen Aufträgen abhängt. Die Wanderarbeit betrifft Berufe des regulären Berufslebens in unterschiedlichen Positionen ebenso wie temporäre Arbeitsformen von Jugendlichen. Mehrheitlich gehörten diese Berufe dem Handwerk an, einige dem Handel und ab dem 19. Jahrhundert auch der Fabrikindustrie.
Im Handwerksbereich zählen vor allem die vom Mittelalter an belegten Wanderberufe im Baugewerbe zur Wanderarbeit: Werkmeister, die im Auftrag Kloster-, Kirchen- und Schlossbauten konzipierten und leiteten sowie Maurer, Steinmetze, Zimmerleute und Ziegelbrenner, die einzeln oder als wandernde Bautrupps Bauaufträge übernahmen und bei Grossaufträgen in Bauhütten organisiert waren. Berühmte Baumeister, Steinmetze und Bildhauer stammten aus verzweigten, international tätigen Familien. Die Ensinger beispielsweise leiteten im 15. Jahrhundert unter anderem die Münsterbauten in Strassburg, Bern und Ulm. Vorarlberger Architekten, Baumeister und Stuckateure, unter anderem die Purtschert im Kanton Luzern, wirkten im 17.-19. Jahrhundert im katholischen Kirchenbau. Ähnlich emigrierten vom 16. Jahrhundert an Bauleute und Stuckateure aus dem Tessin und aus Südbünden. Sie übernahmen vor allem in Osteuropa Aufträge, waren aber auch in Russland tätig (Maestranze).
Zu den spätmittelalterlichen Wanderberufen gehörten Hafner und Sattler, bis in die Frühneuzeit wegen schwer transportierbarer Artefakte Turmuhrmacher, Orgelbauer, Glocken- und Geschützgiesser. Die Wanderarbeit oder Störarbeit der Landmeister war auf ein lokales Gebiet beschränkt, wogegen die temporäre Wanderarbeit der Gesellen diese über weite Distanzen führen konnte. So arbeiteten im 15. Jahrhundert viele Gesellen aus Osteuropa in Schweizer Städten. Wandernde Berufsleute organisierten sich vom Spätmittelalter an in überregionalen zunftähnlichen Verbänden, in Königreichen, Abteien und Bruderschaften.
Vom Hochmittelalter an dem Wandergewerbe verpflichtet waren Kaufleute und Krämer, Tuch-, Leder- und Pelzhändler, die an bestimmten Terminen die internationalen Messen besuchten. Einheimische Marktfahrer, die ländliche und städtische Märkte bedienten, waren ab dem 15. Jahrhundert auch in marktfernen Dörfern und im Einzelhofgebiet als Hausierer anzutreffen, versehen mit Tragkorb, Bauchladen und einem vielfältigen Warenangebot. Trotz wiederkehrender Hausierverbote nahm im 16. Jahrhundert die Zahl der «welschen» savoyardischen und italienischen Kessler zu, die Pfannen und Kessel flickten, Altes aufkauften und Neues verkauften. Im 17. und 18. Jahrhundert kamen deutsche und jüdische Wanderhändler hinzu. Hausierer mit Patent, Besenbinder und Korbmacher vertrieben ihre Ware vor allem in ländlichen Gebieten bis ins 20. Jahrhundert. Erst die allgemeine Motorisierung und ab 1950 die Einkaufszentren entzogen ihnen die Kundschaft.

Die Fabrikindustrie der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte neue Formen der Wanderarbeit: Vertreter, Handelsreisende und Agenten begaben sich mit Musterkoffern und Katalogen als Mittler zwischen der Massenfertigung und den Ladengeschäften zum Kunden. Anfänglich musste der 1878 gegründete Verband reisender Kaufleute der Schweiz den neuen Berufsstand gegen die patentpflichtigen Hausierer abgrenzen. In derselben Zeit begannen Ingenieure und Monteure mit den in Auftrag gegebenen Montagen von Turbinen, Webmaschinen, Berg- und Seilbahnen den Ruf der Schweizer Industrieproduktion in alle Welt zu tragen.