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Uniformen

Uniformen sind in Schnitt, Farbe und Stoff einheitliche Dienstbekleidungen für Repräsentanten staatlicher Institutionen (wie Armee, Polizei, Grenz- und Zollorgane), Regiebetriebe (wie Bahn und Post) und privater Organisationen (wie Musikvereine, Heilsarmee, Pfadfinder und Kadetten). Sie signalisieren die Zugehörigkeit der Träger zu einer Organisation, bewirken den gleichartigen Auftritt derselben nach aussen und verdeutlichen je nach Ausgestaltung die hierarchische Stellung des Trägers im Innern (Kleidung). Die Uniformkunde als historische Hilfswissenschaft erforscht die Geschichte der Uniformen, ihre Ausführung sowie ihre Bedeutung und Stellung in der Gesellschaft in den verschiedenen Epochen (Rechtsaltertümer).

Die Entwicklung bis 1848

Kriegsknechte und Knappen trugen im Mittelalter Trachten in den Wappenfarben ihres Dienstherrn und die Leibgarden der französischen Könige und später auch des Papstes waren einheitlich gekleidet. Andere Herrscher sowie Städte folgten diesem Beispiel mit ihren Leibgarden bzw. Stadtknechten. Mit dem Dreissigjährigen Krieg setzte der Wandel von der uneinheitlichen Kriegstracht zur einheitlichen Uniform ein, zuerst bei einzelnen Regimentern, später bei ganzen Armeen.

Die Uniformen der selbstständigen kantonalen Truppen in der Eidgenossenschaft vor 1798 waren vor allem durch die fremden Dienste in Frankreich, Holland, Neapel oder im Kirchenstaat beeinflusst. Die Städte verfügten über einheitlich gekleidete Korps, die auch zu Repräsentationszwecken dienten. Die Ausrüstung solcher Truppen war kostspielig, weshalb als Alternative Volkstrachten verwendet und bestimmte Abzeichen wie Kokarden oder Armbinden hinzugefügt wurden. Um 1800 setzte das napoleonische Frankreich bei den europäischen Uniformen neue Massstäbe: Ein hoher Tschako aus Filz und Leder zum Schutz vor Säbelhieben ersetzte den Dreispitz und die weisse, gepuderte Perücke. Der weite Rock wich dem am Körper anliegenden Frack und die Kniebundhosen mit hohen Gamaschen den langen Hosen mit kurzen Gamaschen.

Nach dem Abzug der Franzosen 1803 rüsteten die Kantone ihre Milizen neu aus. Sie richteten sich weitgehend nach der französischen Uniform, ergänzt durch Ausrüstungsstücke anderer Staaten. Der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt und die kantonalen Truppen boten eine bunte Vielfalt. Die Versuche zur Vereinheitlichung der Ausrüstung der kantonalen Kontingente, die mit dem Militärreglement von 1817 einsetzten, beschränkten sich auf Empfehlungen für Neuanschaffungen. Ab 1842 waren wenigstens die einzelnen Waffengattungen einigermassen einheitlich oder zumindest gleichfarbig gekleidet und ausgerüstet (Waffen). Die Sonderbundskrise der 1840er Jahre liess diese Bestrebungen vorübergehend stocken.

Die Uniformen der Bundesarmee ab 1848

Als Folge der Bundesverfassung von 1848 wurde auch die Ausrüstung des Militärs neu geregelt. Die Kantone blieben für ihre Truppen zuständig, mussten sich aber zumindest bei Neuanschaffungen an die eidgenössischen Reglemente halten. Die neuen Uniformen orientierten sich weitgehend an französischen, für die Kavallerie auch an deutschen Vorbildern. 1861 wurde diese dekorative, aber unpraktische Uniform erneut nach französischem Vorbild den Bedürfnissen und der Mode der Zeit angepasst. Nur bei den Kopfbedeckungen flossen auch Elemente italienischer oder österreichischer Uniformen ein. 1868, 1875 und 1898 wurden die Uniformen weiter modernisiert. Seit 1874 ist die Armee zudem Bundessache, was die Vereinheitlichung vorantrieb.

Um 1900 erkannte man die stetig wachsende Bedeutung der Tarnung. Trotz ausgiebiger Versuche gelang es der Schweizer Armee aber nicht, eine weniger farbige Uniform einzuführen, weshalb sie bei Kriegsausbruch 1914 mit grauen Überzügen für Rock und Tschako improvisierte. Erst während des Krieges wurden neue, feldgraue (grüne) Uniformen und Stahlhelme eingeführt, die das Erscheinungsbild der Soldaten bis im Zweiten Weltkrieg prägten. Neue Bedürfnisse infolge neuer Kampfmethoden und die Erfahrungen aus den Weltkriegen führten im Zweiten Weltkrieg zu ersten Versuchen mit Tarnanzügen. In den 1960er und 1970er Jahren wurden schliesslich moderne Kampfanzüge mit Tarnmustern eingeführt.

Uniformen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts standen stets im Spannungsfeld zwischen Repräsentation und praktischer Kampfbekleidung, wie sie von neuen Kampftechniken verlangt wurde. Einige Armeen hatten deshalb unterschiedliche Kriegs- und Friedensuniformen. Für die schweizerische Milizarmee kamen solche kostspieligen Lösungen nicht in Frage, weshalb sie bis zur Einführung der Kampfanzüge Uniformen entwickelte, die beiden Anforderungen genügten. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts tragen Schweizer Armeeangehörige nur noch im Ausgang oder bei Repräsentationsanlässen modische Uniformen (Ausgangsanzug), während die tägliche Bekleidung aus tarnfarbigen Dienst- oder Arbeitsanzügen besteht.

Herstellung von Militäruniformen in Heimarbeit. Fotografie für die erste Schweizerische Heimarbeitausstellung in Zürich, 1909 (Schweizerisches Sozialarchiv, Zürich).
Herstellung von Militäruniformen in Heimarbeit. Fotografie für die erste Schweizerische Heimarbeitausstellung in Zürich, 1909 (Schweizerisches Sozialarchiv, Zürich). […]

Die Herstellung von Uniformen war zu jeder Zeit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, sowohl die Herstellung der Tücher als auch das Nähen und die Konfektionierung in Heimarbeit. Noch im 20. Jahrhundert wurden viele Mannschaftsuniformen in der Schweiz in Heimarbeit hergestellt, was in den wirtschaftlichen Randgebieten eine wichtige Verdienstmöglichkeit bildete. Anerkannte Offizierschneidereien und Uniformfabriken fertigten Offiziersuniformen nach Mass an. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts werden die meisten Uniformen nach WTO-Ausschreibungen auf dem Weltmarkt eingekauft.

Uniformen im Zivilbereich

Auch zivile Uniformen sind im öffentlichen Bereich stark verbreitet. Sie sind Zeichen sozialer Distinktion, tragen zur inneren Festigung einer sozialen Gruppe bei und fördern die Gruppenzugehörigkeit. Den Repräsentanten von Staat und öffentlichen Betrieben verschaffen sie den Respekt und die Legitimation, die sie für ihre Arbeit benötigen, zum Beispiel im Fall von Polizisten, Grenzbeamten, Feuerwehrleuten, Postbeamten, Wachpersonen und Angehörigen von Verkehrsbetrieben. Der Höhepunkt staatlicher ziviler Uniformen lag im 19. Jahrhundert; fast alle Staaten schafften nach dem Ersten Weltkrieg die Uniformen für mittlere und höhere Beamte ab und behielten nur noch diejenigen für Funktionsträger im Aussendienst bei, zum Beispiel für Bahn- und Postangestellte. Auch Jugendorganisationen wie Pfadfinder, Kadetten oder Jungwacht verwenden Uniformen oder uniformähnliche Kleidung, ebenso zum Beispiel die Heilsarmee, Musikkorps, Hotels oder Gas- und Elektrizitätsbetriebe. Vor allem im Tessin verfügten Schulen teilweise über Schuluniformen, die aber kaum Elemente klassischer Uniformen aufweisen.

Ende des 20. Jahrhunderts zeichnete sich der Wandel von der klassischen Uniform zur praktischen Dienstbekleidung ab, die sich an der zivilen Arbeits- und Freizeitbekleidung orientiert. Der Uniformrock machte einer Jacke oder einem Anorak Platz, Gürtel verschwanden und anstelle von Schirmmützen werden Bérets oder Filzhüte getragen oder es wird ganz auf Kopfbedeckungen verzichtet. Die Vorstösse (farbige Streifen an den seitlichen Hosennähten) wurden durch Beintaschen ersetzt. Uniformträger sind oft nur noch anhand von Abzeichen oder Logos zu erkennen und einer Organisation zuzuordnen.

Militär- und Zivilmode beeinflussten sich zu jeder Zeit gegenseitig mehr oder weniger stark. Trends in der Zivilkleidung (z.B. der Schnitt) fanden sich mit Verzögerung auch in den Uniformen wieder und typische Merkmale der Militärmode wurden von Modemachern aufgenommen. So war alte Militärbekleidung in den 1960er Jahren bei Jugendlichen sehr beliebt und seit den 1990er Jahren sind Hosen und Westen mit Tarnmustern in Mode.

Quellen und Literatur

  • A. Pochon, Schweizer Militär vom Jahr 1700 bis auf die Neuzeit, 1906
  • R. Petitmermet, Schweizer Uniformen, 1700-1850, [1977]
  • J. Burlet, Gesch. der eidg. Militäruniformen, 1852 bis 1992, 1992
  • Die zivile Uniform als symbol. Kommunikation, hg. von E. Hackspiel-Mikosch, S. Haas, 2006
Weblinks

Zitiervorschlag

Jürg Burlet: "Uniformen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.01.2014. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008586/2014-01-14/, konsultiert am 29.03.2024.