Im 17. und 18. Jahrhundert führten die vielfältigere Bewaffnung und die kompliziertere Gefechtstechnik in vielen Armeen zur Bildung von Stabsorganisationen (Militärwesen). Diesen oblagen die Kriegsvorbereitung und die Unterstützung der Heerführer im Felde. In der Schweiz entstanden erste Stabsorganisationen während der Mediationszeit (Armee).
Generalstabsdienste als Teil der Armeeleitung in Friedenszeiten
Das Militärreglement von 1817 (Militärorganisationen, MO) schuf eine nebenamtliche Militäraufsichtsbehörde unter dem Vorsitz des eidgenössischen Vorortes. Sie setzte sich hauptsächlich aus drei Generalsoffizieren zusammen: Der Oberstquartiermeister verband seine Rolle als Waffenchef Genie und Leiter der topografischen Arbeiten mit der Aufsicht über die Ausbildung und der Verantwortung für die Aufmarschvorbereitungen; der Oberstartillerieinspektor hatte die Pflichten eines Waffenchefs und wachte über Beschaffung und Unterhalt der Waffen durch die Kantone; der Oberstkriegskommissär besorgte Sold und Verpflegung, Sanitäts- und Veterinärdienst. Im Kriegsfall konstituierte sich die Militäraufsichtsbehörde als Kriegsrat.
Generalstabschefsa
1866-1879 | Hermann Siegfried |
1879-1882 | Johann Rudolf von Sinner |
1883-1890 | Max Alphons Pfyffer von Altishofen |
1890-1905 | Arnold Keller |
1905-1919 | Theophil Sprecher von Bernegg |
1920-1923 | Emil Sonderegger |
1923-1936 | Heinrich Roost |
1936-1940/45 | Jakob Labhartb |
1940-1945 | Jakob Huberb |
1945-1957 | Louis de Montmollin |
1958-1964 | Jakob Annasohn |
1965-1971 | Paul Gygli |
1972-1976 | Johann Jakob Vischer |
1977-1980 | Hans Senn |
1981-1985 | Jörg Zumstein |
1986-1989 | Eugen Lüthy |
1990-1992 | Heinz Häsler |
1993-1997 | Arthur Liener |
1998-2002 | Hans-Ulrich Scherrer |
2003-2007 | Christophe Keckeis |
2008 | Roland Nef |
2008-2016 | André Blattmann |
2017-2019 | Philippe Rebord |
2020- | Thomas Süssli |
a Seit 1.1.2004 Chef der Armee
b 1940-1945 blieb Labhart Chef der Generalstabsabteilung und formal weiterhin Generalstabschef. Faktisch war dies aber Huber als Chef des Generalstabs der Armee.
Mit der Verfassung von 1848 und der MO von 1850 wurde die Militäraufsichtsbehörde in ein ständiges Eidgenössisches Militärdepartement (EMD) umgebildet, dessen Chef vorerst noch kein Stab zugeordnet war. 1857 wurde die Stelle eines Oberinstruktors der Infanterie geschaffen, der den höheren Unterricht leitete und als Adjunkt des Personellen den sogenannten Eidgenössischen Stab betreute und Kriegsvorbereitungen traf. 1865 wurde ein Eidgenössisches Stabsbüro eingerichtet, dem die Aufbereitung der Dokumentation und die Erstellung von Plänen zur militärischen Landesverteidigung sowie die Leitung des topografischen Büros oblag. Die MO von 1874 fasste alle Generalstabsdienste, zu denen jetzt auch eine Eisenbahnabteilung gehörte, in der Hand des Chefs des Stabsbüros zusammen. Dieses erhielt 1901 die Bezeichnung Generalstabsabteilung. Deren Chef wurde durch die MO von 1907 die volle Verantwortung für die Kriegsbereitschaft der Armee mitsamt der Ausbildung übertragen. Die Dienstordnung EMD von 1948 fasste einen grossen Teil der verschiedenen Dienstabteilungen in den beiden Gruppen Generalstab und Ausbildung zusammen. Die Dienstordnung von 1968 fügte als dritte Gruppe im EMD die Rüstung hinzu. Der Generalstabschef wurde als Primus inter Pares mit der Leitung der militärischen Gesamtplanung und der Koordination der drei Gruppen betraut und erhielt zudem eine Untergruppe Planung zugewiesen. Die Steuerungsfunktion des Generalstabschefs wurde mit der Reorganisation des EMD 1995 noch verstärkt: Der Generalstabschef setzte die politischen Vorgaben für das Heer, die Luftwaffe und die Gruppe Rüstung in militärische um, überprüfte das Erreichen der gesetzten Ziele und übernahm die Führungsverantwortung bis zur Wahl eines Oberbefehlshabers. In der Armee XXI ersetzt der für alle Armeebereiche allein verantwortliche Chef der Armee den Generalstabschef. Unterstützt wird er durch einen Planungs- sowie einen Führungsstab.
Das Korps der Generalstabsoffiziere
Das Korps der Generalstabsoffiziere stellt die Generalisten unter den Führungsgehilfen im Armeestab und in den grossen Verbänden. Das Korps bestand zwischen 1875 und 1914 aus 60 Offizieren; es stieg im Ersten Weltkrieg auf 100, im Zweiten Weltkrieg auf 200, in der Armee 61 auf 700, ging in der Armee 95 auf 600 Offiziere zurück und zählt in der Armee XXI noch 430 Offiziere. Die Funktion der Generalstabsoffiziere hat sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. Bis 1873 bildete der Eidgenössische Stab oder Generalstab ein Sammelbecken, aus dem die Kommandanten der Heereseinheiten und ihre Adjutanten vom General ernannt wurden. Ab 1875 wurden die Gliederung des Heeres und die Stabseinteilung schon im Frieden festgelegt. Generalstabsoffiziere traten neben die Adjutanten.
Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurde das preussische System schrittweise eingeführt. Dieses begriff den Generalstabsoffizier im Gegensatz zum französischen Vorbild nicht bloss als ausführendes Organ, sondern als Berater des Kommandanten, der die Entscheidungsgrundlagen beschafft. Die Generalstabsdienste wurden in die Arbeitsgruppen Operationen, Nachrichten und Logistik (Rückwärtiges und Transporte) aufgegliedert. Die Generalstabsoffiziere Ia, Ib und Ic leiteten als Generalisten diese aus Fachoffizieren zusammengesetzten Arbeitsgruppen. Von den 1960er Jahren an wurde der Führungsprozess systematisiert: Der Kommandant begann an den Stabsrapporten teilzunehmen, stellte Fragen, erteilte Aufträge und wies die Richtung.
Bis 1830 rekrutierte sich der Generalstab aus 12 bis 24 eidgenössischen Obersten und einigen Oberstleutnants, die Erfahrung aus fremden Diensten mitbrachten. Ab 1830 wurden diese hauptsächlich durch Milizoffiziere aus freien Berufen ersetzt, die sich die Abwesenheit finanziell erlauben konnten. Ab 1841 wurden an der Zentralschule Thun besondere Generalstabskurse durchgeführt. Ab 1874 erweiterte sich die Rekrutierungsbasis, die nunmehr aus Berufsmilitärs, Vertretern aus Industrie, Banken, Verbänden und Bildung, aus Kaufleuten, Selbstständigerwerbenden, Magistraten und Rentiers bestand. Eine eigene Generalstabsschule, deren Besuch obligatorisch war, umfasste einen Kandidatenkurs von zehn Wochen und einen Fortbildungskurs von sechs Wochen. Praktische Erfahrung holten sich die Generalstabsoffiziere im Truppendienst. Zwischen den beiden Weltkriegen erfolgte die Generalstabsausbildung in vier Schulen von zusammen 19 Wochen. Generalstabsdienst und Truppenkommando wechselten einander zwingend ab. Allmählich wurde die Generalstabsausbildung zur Voraussetzung für die Übernahme eines Heereseinheitskommandos. Steigende Ansprüche und längere Dienstzeiten schränkten das Rekrutierungsfeld gegen Ende des 20. Jahrhunderts stark ein. Der Anteil der Berufsoffiziere wuchs ab 1900 von etwa 20 auf 40%. 2001 wurde erstmals eine Frau Offizier im Generalstab.
Quellen und Literatur
- Generalstab