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Lukmanierpass

Alpenpass auf 1915 m, der das Bleniotal (TI) mit dem Medelsertal (GR) verbindet; die Passhöhe liegt 20 km von Disentis und 19 km von Olivone entfernt. 1136 Loco Magno; romanisch Cuolm Sontga Maria.

Ein Saurer-Postauto auf der Linie von Olivone nach Disentis/Mustér am Ausgang des Val Medel. Fotografie von Albert Steiner, 1928 (Fotostiftung Schweiz, Winterthur) © 2020 Bruno Bischofberger, Meilen.
Ein Saurer-Postauto auf der Linie von Olivone nach Disentis/Mustér am Ausgang des Val Medel. Fotografie von Albert Steiner, 1928 (Fotostiftung Schweiz, Winterthur) © 2020 Bruno Bischofberger, Meilen. […]

Der schon im Frühmittelalter begangene Lukmanierpass gewann im Hoch- und Spätmittelalter an Bedeutung, weil die deutschen Kaiser ihre Anstrengungen zur Sicherung der Alpenübergänge intensivierten – das Bleniotal war im 12. und 13. Jahrhundert für kurze Zeit ihrer direkten Herrschaft unterstellt – und gleichzeitig der Handel, wahrscheinlich auch derjenige mit Vieh nach Norditalien, zunahm. Im Mittelalter benutzten auch Pilger den Pass häufig. Ab dem 15. Jahrhundert geriet der Lukmanier gegenüber Splügen, San Bernardino und Gotthard immer mehr ins Hintertreffen; er diente fortan nur noch als lokale Verbindung und als Ausweichroute. Im Hoch- und Spätmittelalter entstanden längs der Passstrasse Hospize mit Kapellen, auf der Südseite jene der Humiliaten von Casaccia (schon 1104 erwähnt), das auch als Sust fungierte, und Camperio (1254), auf der Nordseite jene von Sogn Gions, Sogn Gagl (1261) und Sontga Maria. Letzteres wurde 1374 vom Abt von Disentis errichtet, 1582 restauriert und 1928 erweitert.

Die Strasse auf der Nordseite des Passes stand unter der Kontrolle des Klosters Disentis, das dank Schenkungen Güter bis in die Lombardei hinunter besass; auf der Südseite fielen die Organisation des Verkehrs und der Unterhalt der Strasse in die Kompetenz der Steuer- und Verwaltungskreise des Bleniotals, der sogenannten fagie. Auf der Passstrecke wurden Weg- und Transportgebühren erhoben. 1333 schlossen das Bleniotal und Como ein Abkommen über die Sicherheit der Route über den Lukmanier ab; 1376 garantierten sich das Tal und die Cadi von Disentis gegenseitig freien Warentransport. Im Spätmittelalter verpachtete das Kloster Disentis die Weiden und die Alpen, die noch heute grosse Bedeutung haben, an die Nachbarschaften des Bleniotals und der Leventina. Mitte des 19. Jahrhunderts bestanden Projekte für den Bau einer Eisenbahnlinie am Lukmanierpass, doch entschied sich der Bund 1869 für die Gotthardbahn. 1872 wurde auf der Bündner Seite die neue Fahrstrasse mit den eindrücklichen Galerien des Mompe Medel eröffnet; die Strasse auf der Tessiner Seite entstand 1874-1877. Die ab 1878 bzw. 1911 unterhaltenen Postkutschen- bzw. Postautokurse brachten Touristen in die Region. In den 1960er und 1970er Jahren wurde die Strasse verbreitert und durch den Bau einzelner neuer Abschnitte (Tunnel des Scopì im Norden und Tunnel von Campra nach Pian Segno im Süden) verbessert. Seit 2001 wird der Pass zur Tourismusförderung auch im Winter offen gehalten (der auf fünf Jahre befristete Versuch wurde noch einmal um fünf Jahre verlängert).

Quellen und Literatur

  • G. Bolla, Il valico del Lucomagno, 1929
  • I. Müller, Gesch. der Abtei Disentis, 1971, 28-32
  • B. Biucchi, Blenio, una valle ambrosiana nel Medioevo, 1981
  • I. Müller, «Zum ma. Lukmanierweg», in BM, 1984, 155-161
  • L. Deplazes, Grenzen, Pässe im Gebiet Lukmanier-Piora 13.-16. Jh., 1986
  • HS IX/1, 196-223
  • L. Condrau, Der Lukmanierpass, 1998
  • HbGR 1-2
Weblinks
Weitere Links
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Systematik
Verkehr / Pass

Zitiervorschlag

Sonia Fiorini: "Lukmanierpass", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 31.05.2012, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008812/2012-05-31/, konsultiert am 18.03.2024.