Wichtige, durch den Nationalpark führende Ost-West-Verbindung (2149 m) von Zernez im bündnerischen Inntal nach Tschierv im Val Müstair. Der Ofenpass schliesst direkt vom Unterengadin aus an die alte Via Claudia Augusta (Reschenpass) und damit an die klassische Route nach Venedig an. Romanisch Pass dal Fuorn oder auch Süsom Give (zuoberst auf dem Joch). Der Name Ofenpass geht auf den Begriff fundaria (Schmelzofen, Schmelzhütte) zurück und ist wie der Ortsname Fuldera Ausdruck davon, dass im Spätmittelalter in diesem Gebiet intensiv Bergbau betrieben wurde. Zur Zeit der Schlacht an der Calven 1499, bei der die Drei Bünde die kaiserlichen Truppen schlugen, wurde der Ofenpass pass uff Faldieren genannt.
Der Ofenpass wurde schon in prähistorischer Zeit begangen. Der strategische Wert dieses Zugangs nach Churrätien dürfte ein wichtiger Grund für die Gründung des Klosters Müstair um 800 gewesen sein. Einfache Unterkünfte bestanden ab 1490 bzw. 1539 an den Rampen des Ofenpasses in Il Fuorn, in Buffalora und in Sassalb. Eine erste bekannte Regelung der Strassenorganisation stammt aus dem Jahre 1544. Zu Beginn der frühen Neuzeit gab es nebst dem Saum- auch schon einen Fuhrwagenverkehr. Nach Norden wurden unter anderem Korn, Wein, Eisen, Kupfer und Salz transportiert. Im Abkommen zwischen der Gerichtsgemeinde Oberengadin, welche die Verkehrsverhältnisse bestimmte, und der Nachbarschaft Zernez verpflichtete sich Letztere, den Weg über den Ofenpass jährlich bis zu ihrer Gebietsgrenze zu unterhalten und im Winter offen zu halten. Zernez wurde das Recht zugestanden, von den passierenden Gütern ein Weggeld zu erheben. 1563 schloss die Gerichtsgemeinde Oberengadin einen ähnlichen, auf zwanzig Jahre angelegten Vertrag mit der Münstertaler Nachbarschaft Tschierv ab, der die Tschierver verpflichtete, die Waren von Santa Maria bis zum Ofenpass zu transportieren. Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert fristete der Ofenpass im Vergleich zu den klassischen Nord-Süd-Pässen (Julier, Septimer, Splügen) ein Schattendasein.
Der Verkehr über den Ofenpass wickelte sich bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts über eine einfache Landstrasse ab, teils als Saumverkehr, teils auf zweirädrigen Karren. Eine erste Ausbesserung der Strasse gestattete ab 1864 die Einrichtung eines regelmässigen Postfahrplans für die Personenbeförderung mit schmalen Postkutschen, die während des Sommers dreimal in der Woche von Müstair nach Zernez und zurück verkehrten. Nachdem sich der Bund bereit erklärt hatte, den Bau einer Reihe von Alpenstrassen aus militärischen Gründen zu unterstützen, wurde der Ofenpass 1870-1872 von Zernez bis zur Landesgrenze östlich von Müstair ausgebaut. 1922 nahm die Post den Betrieb mit Postautos auf, zunächst nur im Dreimonatsbetrieb, 1927 im Halbjahresbetrieb, ab 1934 ganzjährig.
Ab 1906 verfolgte ein Komitee das Projekt einer Schmalspureisenbahn von Zernez über den Ofenpass mit Anschluss an die Vinschgaubahn; 1909 erteilte der Bund die Konzession, doch das Vorhaben scheiterte in den darauf folgenden Kriegs- und Krisenjahren an der Finanzierung.