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Alter Zürichkrieg

Toggenburger Erbschaftskrieg

Der Begriff Alter Zürichkrieg bezeichnet eine Abfolge von Konflikten und kriegerischen Auseinandersetzungen, die im Zeitraum 1436-1450 im Wesentlichen zwischen den eidgenössischen Orten Zürich und Schwyz sowie der Herrschaft Österreich ausgetragen wurden. Die im Laufe der Zeit wechselnden Koalitionen und Gegnerschaften, die unterschiedliche Intensität und die zum Teil weit auseinander liegenden Orte des Kriegsgeschehens verlangen nach einer differenzierten Betrachtungsweise.

Nach der Eroberung des Aargaus 1415 war Zürichs Expansion nach Westen abgeschlossen. Mit der Hinwendung gegen Osten geriet die Stadt aber in einen Interessenkonflikt mit dem Länderort Schwyz. Österreich schliesslich war bestrebt, die nach der Reichsacht 1415 verlorenen Gebiete wiederzugewinnen. Bereits in den frühen 1430er Jahren herrschte ein Zerwürfnis zwischen Zürich und Schwyz um die Schirmvogtei über das Kloster Einsiedeln. Unmittelbarer Anlass zum Krieg war der Streit um das Erbe des Grafen Friedrich VII. von Toggenburg, der 1436 kinderlos starb. Da Friedrich VII. unter anderem mit Zürich und Schwyz im Burgrecht bzw. Landrecht stand und zudem österreichischen Pfandschaften besass, trachteten alle drei Parteien sowie Friedrichs adlige Verwandtschaft nach seinem Erbe. Obwohl Zürich rechtlich eine gute Ausgangslage besass, obsiegten im Erbstreit Schwyz und dessen "Juniorpartner" Glarus, die pfandweise in den Besitz der österreichischen Herrschaften Uznach, Windegg (Gaster) und indirekt auch Sargans gelangten. Zürich reagierte 1438 gegenüber Schwyz und Glarus mit einer Kornsperre, die sich mit Missernten rechtfertigen liess und bei Kriegsausbruch in ein Handelsembargo mündete.

Zu ersten Kampfhandlungen kam es im Mai 1439 am Etzel. Im Herbst 1440 standen sich Schwyzer und Zürcher bei Pfäffikon am Zürichsee erneut gegenüber. Die übrigen Eidgenossen – die Urner und Unterwaldner erst in letzter Minute – hatten sich auf die Seite der Schwyzer gestellt. Vor dieser Übermacht räumten die Zürcher praktisch kampflos und fluchtartig das Feld, und die eidgenössischen Truppen fielen in die Zürcher Landschaft ein. Es kam zu ersten Verwüstungen und Plünderungen. Im sogenannten Kilchberger Frieden musste Zürich im November 1440 die Höfe Pfäffikon, Wollerau und Hurden sowie die Ufenau an Schwyz abtreten und die Kornsperre aufheben. Schwyz gab auf Druck der übrigen Eidgenossen die Zürcher Landschaft zurück.

Mit dem Einbezug Österreichs geriet der Konflikt in eine neue Phase. Österreich hatte bislang die Politik der Schwyzer gestützt und mit Zürich ein eher kühles Verhältnis gepflegt. Erst nach grossen diplomatischen Anstrengungen und mit der Zahlung eines hohen Preises (u.a. Rückgabe der Grafschaft Kyburg) konnte Zürich die Gunst des habsburgischen Königs Friedrich III. erlangen und mit ihm am 17. Juni 1442 ein Bündnis schliessen. In der Folge trat Friedrich eine Reise durch das heutige schweizerische Mittelland an, die ganz im Zeichen der österreichischen Restitutionspolitik stand. Im Mai 1443 brachen die Feindseligkeiten erneut aus. Die zürcherisch-österreichische Koalition erlitt eine Reihe von schweren, traumatischen Niederlagen, unter anderem an der Letzi bei Horgen und in der Schlacht bei St. Jakob an der Sihl, wo der Zürcher Bürgermeister Rudolf Stüssi den Tod fand. Wiederum verwüsteten die Eidgenossen die Zürcher Landschaft, doch die Stadt Rapperswil (SG) belagerten sie erfolglos. Der Bischof von Konstanz und der Abt von Einsiedeln vermittelten im August 1443 einen Waffenstillstand (Frieden von Rapperswil, auch sogenannter Elender Frieden), der bis zum April 1444 hielt. Nach erfolglosen Friedensverhandlungen in Baden fielen die Eidgenossen abermals in die Zürcher Landschaft ein, wo sie unter anderem die Festung Greifensee brachen und deren Besatzung hinrichteten (sogenannter Mord von Greifensee). Hingegen vermochten sie mit der Belagerung der Stadt Zürich keine Entscheidung herbeizuzwingen. Die Entlastung für Zürich kam mit dem Aufmarsch der Armagnaken im Westen. In der Schlacht bei St. Jakob an der Birs erlitten die Eidgenossen zwar eine vernichtende Niederlage, doch das von der Zivilbevölkerung gefürchtete französische Söldnerheer war gestoppt.

Der Alte Zürichkrieg geriet damit in seine letzte Phase. König Friedrich III. liess den Reichskrieg gegen die Eidgenossen ausrufen, delegierte den Oberbefehl aber resignierend seinem Bruder Herzog Albrecht VI. Damit griff erstmals ein Habsburger direkt in das Kriegsgeschehen ein, das sich von der Zürcher Landschaft weg nach Osten ins Rheintal verlagerte. Mit einer Koalition deutscher Fürsten konnte Albrecht einige Erfolge gegen die Eidgenossen erzielen, jedoch keine Wende herbeiführen. Wegen Erschöpfung beider Kriegsparteien kam es im Frühjahr 1446 zu einem vorläufigen, 1450 zum definitiven Friedensschluss. Zürich erhielt mit Ausnahme der Höfe seine Landschaft zurück, musste jedoch den Bund mit Österreich lösen. Im Ergebnis führte der Alte Zürichkrieg entgegen mancher ursprünglicher Intentionen zu einer Festigung der politischen Verhältnisse im schweizerischen Raum und insbesondere der Eidgenossenschaft.

Quellen und Literatur

  • A. Niederstätter, Der Alte Zürichkrieg, 1995
  • GKZ 1, 471-496
  • Ein "Bruderkrieg" macht Geschichte, hg. von P. Niederhäuser, C. Sieber, 2006
Weblinks

Zitiervorschlag

Martin Illi: "Alter Zürichkrieg", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 04.05.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008877/2015-05-04/, konsultiert am 19.03.2024.