Unter Rechtsschulen werden im Folgenden erstens Unterrichtsstätten und zweitens Gruppen von Juristen verstanden, die in der Behandlung des Rechts der gleichen Methode folgen.
Unterrichtsstätten
Während des Konzils von Basel (1431-1449) wurde dort ein Studium generale angeboten, in dem kanonisches (Kirchenrecht) und römisches Recht gelehrt und die Doktorwürde verliehen wurde. Als 1460 die Universität Basel gegründet wurde, richtete man an der juristischen Fakultät Lehrstühle für römisches und – bis zur Reformation – kanonisches Recht ein. Das Recht wurde von Beginn an gemäss der Kommentatorenschule als mos italicus vorgetragen. Der Humanismus setzte – im Sinne des mos gallicus – eine stärkere Bindung an die Quellen durch; als Professoren wirkten Peter von Andlau, Johann Mathias Gengenbach, Sebastian Brant, Ulrich Zasius, Ulrich Krafft, Claudius Cantiuncula, Bonifacius Amerbach, Basilius Amerbach der Jüngere sowie Ludwig Iselin. Von 1798 bis nach der Mitte des 19. Jahrhunderts allerdings ging die Bedeutung der juristischen Fakultät zurück.
In Bern wurde ab dem 16. Jahrhundert an der Hohen Schule ein eigener juristischer Lehrstuhl geschaffen, der stark auf die Stadtrepublik ausgerichtet war. Ein bedeutender Lehrstuhlinhaber war im 18. Jahrhundert Sigmund Ludwig Lerber. In dem 1787 errichteten Politischen Institut war eine Rechtsschule untergebracht, die bis 1798 bestand. Auch in der 1805 eröffneten Akademie, der früheren Hohen Schule, war die Jurisprudenz vertreten, die ab 1834 an der juristischen Fakultät der neu gegründeten Universität Bern gelehrt wurde.
In Zürich wurde nach der Reformation an der Höheren Schule am Grossmünster, dem Carolinum, für die Vorbereitung auf den Staatsdienst in bescheidenem Umfang Rechtsunterricht erteilt, vor allem Völker-, Verfassungs- und Naturrecht, während das Privatrecht abseits blieb. Josias Simmler lehrte Verfassungsgeschichte. Ab 1715 bestand eine Professur für vaterländische Geschichte und Politik. 1807 wurde das Politische Institut eröffnet, das vor allem der Ausbildung angehender Juristen und Staatsmänner dienen sollte und mit Friedrich Ludwig Keller und Johann Caspar Bluntschli bedeutende Lehrer aufwies. Mit der Gründung der Universität 1833 trat die juristische Fakultät an die Stelle der drei juristischen Dozenturen. Am 1855 gegründeten Eidgenössischen Polytechnikum Zürich wurde Recht in der Abteilung für Geistes- und Sozialwissenschaften (heute an der ETH am Departement für Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften) unterrichtet.
An der 1559 von Johannes Calvin eröffneten Akademie in Genf wurde ab 1565 – in calvinistischem Geist und unter französischem Einfluss – auch juristischer Unterricht erteilt. Die Schule erlangte internationale Ausstrahlung und hatte bedeutende Rechtslehrer wie Denys und Jacques Godefroy, Jacques Lect und Jean-Jacques Burlamaqui. Die Rechtsschule des 18. Jahrhunderts stand im Zeichen des jüngeren Naturrechts in der Ausprägung von Hugo Grotius und Samuel Pufendorf. Mit der Französischen Revolution und der napoleonischen Ära erlitt die Schule einen Niedergang, doch die Restaurationszeit führte zu einer neuen Blüte. Pellegrino Rossi und Pierre-François Bellot reorganisierten die Schule, die bis zur Universitätsgründung 1872 bestand.
An der 1537 vom Berner Rat in Lausanne errichteten Akademie wurde zu Beginn des 16. Jahrhunderts wohl römisches Recht gelehrt. 1708 wurde ein Lehrstuhl für die Ausbildung der Waadtländer Advokaten errichtet, an dem vor allem Natur- und Völkerrecht – unter anderem von Jean Barbeyrac – gelesen wurde. 1806 bedachte man die Jurisprudenz mit zwei, 1823 mit einem dritten Lehrstuhl, bereits 1837 mit einem vierten. 1890 ging die Rechtsschule als Fakultät in die Universität über.
Im Wallis, wo im 16. Jahrhundert in Brig, Grengiols und Ernen und im 18. Jahrhundert in Naters bescheidene Notariatsschulen geführt und ab 1766 in der Abtei Saint-Maurice Zivilrecht gelehrt wurde, bestand ab 1780 eine Rechtsschule in Sitten, an der zuerst römisches Recht und Walliser Statutarrecht gelehrt wurden. Ebenfalls in Sitten wurde 1808 eine kantonale Rechtsschule eröffnet, die bis 1908 bestand. An ihr dozierte Bernard-Etienne Cropt, der Redaktor des Walliser Zivilgesetzbuches.
Ein – nicht realisiertes – Projekt des Natur- und Völkerrechtlers Emer de Vattel sah in Neuenburg Mitte des 18. Jahrhunderts eine Akademie mit Lehrstühlen für römisches, Zivil-, Natur- und öffentliches Recht vor. An der 1840 eröffneten Akademie erhielt die Jurisprudenz einen Lehrstuhl, den der Jurist und Historiker Georges-Auguste Matile besetzte. An ihre Stelle trat 1909 die Universität mit einer eigenen juristischen Fakultät.
In Freiburg gab es ab 1763 eine Rechtsschule, die 1882 zur selbstständigen Fakultät erhoben wurde. 1889 gliederte man sie der neu gegründeten Universität als juristische Fakultät ein. In Aarau wurde an der 1819 errichteten Schule des Lehrvereins bis 1830 auch Rechtsunterricht erteilt. Die 1811 entstandene Rechtsprofessur der Kantonsschule Chur wurde 1846 mangels Studierender eingestellt. Auch an der Kantonsschule Luzern gab es bis 1824 einen Lehrstuhl für Rechtswissenschaften und vaterländische Geschichte, den Kasimir Pfyffer innehatte. 1829-1834 las Pfyffer Rechts- und Staatslehre an der dem Lyzeum angegliederten Polytechnischen Lehranstalt, die ein liberales Kader heranbilden sollte. In St. Gallen wurde der Rechtsunterricht an der juristischen Abteilung der 1898 gegründeten Schule für Handel, Verkehr und Verwaltung (später HSG, seit 1995 Universität St. Gallen) angeboten. Seit 1990 bildet die Abteilung eine eigentliche rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität.
Kirchenrecht wurde und wird an den theologischen Fakultäten der Universitäten, an den theologischen Hochschulen Chur (1968), Lugano (1992) und Luzern (1928), an den Priesterseminarien von Chur, Freiburg, Luzern und Sitten sowie an der Luzerner Jesuitenschule und an theologischen Ordensschulen unterrichtet.
Strömungen und Methoden
Methode im Recht bedeutet Sicherheit des Rechts. Insofern die Rechtswissenschaft nicht nur die Theorie, sondern auch Kritik der Rechtspraxis ist, unterstützt sie die Rechtsprechung in der Verwirklichung des Rechts durch Sicherheit in der Methode.
Ancien Régime
Beurteilt man unter diesen Gesichtspunkten das Rechtsbewusstsein in der alten Eidgenossenschaft, so lässt sich weder von einer eigenständigen noch richtungsweisenden juristischen Methodik für die Zeit zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert sprechen. Hierfür fehlte es sowohl an einer einheitlichen Rechtslehre auf wissenschaftlichem Niveau als auch an einem gesamteidgenössischen Gericht (Gerichtswesen). Die einheimische Rechtsprechung entwickelte das lokale Statutarrecht vielmehr durch pragmatische Interpretation und nach Billigkeitskriterien. Mit der Ablehnung der Reichsreform des Kaisers Maximilian I. von 1495 entzog sich die unabhängiger werdende Eidgenossenschaft der Kontrolle des neu geschaffenen Reichskammergerichts (Reichsgerichte), das die Rechtsprechung professionalisierte und die Auseinandersetzung mit dem gemeinen Recht der Universität förderte. Man befasste sich zwar an den Rechtsschulen von Bern, Lausanne und Zürich mit Rechtsfragen, doch war dieser Rechtsunterricht noch Teil des Trivialunterrichts (mit Rhetorik, Grammatik und Dialektik) und durch die Moraltheologie beherrscht.
In Basel und Genf hingegen wurde die humanistische Jurisprudenz Europas mitgestaltet. Die dortigen Rechtsschulen boten eine Methode an, die das autonome und historisch-kritische Rechtsdenken ins Zentrum stellte. Doch diese Methode zeitigte im eidgenössischen Raum kaum Wirkung. Erst im 18. Jahrhundert wurden das Vernunftrecht und der usus modernus pandectarum zögerlich rezipiert, also eine säkulare und rationale Methodik mit gemeinrechtlichen Elementen. Johann Jacob Leu, Sigmund Ludwig Lerber, Jean-Jacques Burlamaqui und Jean Barbeyrac versuchten, diese Ansätze voranzutreiben und dadurch das Methodenbewusstsein in der Rechtsausbildung zu heben. Sie selbst waren allerdings keine Neuerer, sondern bestenfalls Rezeptoren ihrer Vorbilder Hugo Grotius und Samuel Pufendorf.
Moderne Schweiz
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzten vor allem die privatrechtlichen Kodifikationen Frankreichs und Österreichs neue Massstäbe, indem die Methode nun allein auf die richtige Gesetzesanwendung beschränkt wurde. Dagegen folgten die Zürcher Friedrich Ludwig Keller und Johann Caspar Bluntschli noch der historisch-systematischen Methode der konservativen Historischen Rechtsschule des Friedrich Carl von Savigny in Berlin. Ziel dieser Methode war es, überregional geltende Rechtsgrundsätze für die bürgerliche Gesellschaft des 19. Jahrhunderts zu entwickeln. Dieses Professorenrecht wurde aus dem Geist und der Geschichte des eigenen Volkes heraus legitimiert.
In Bezug auf die Schweiz kann daher erst seit Errichtung des modernen Rechtsstaats von 1848 mit eigenem Bundesgericht und professioneller Juristenausbildung durch die neuen Rechtsfakultäten von einem juristischen Methodenbewusstsein gesprochen werden. Dabei kam der Kodifikation des Zivilgesetzbuches von 1907 eine Leitbildfunktion für die wissenschaftliche Behandlung des Privatrechts zu. Freilich war und ist diese Methode den grundsätzlichen Problemen des Gesetzespositivismus (Positivismus) unterworfen, denn Methoden folgen allgemeinen und nicht nationalen Kriterien.
Quellen und Literatur
- F. Elsener, Die Schweizer Rechtsschulen vom 16. bis zum 19. Jh., 1975
- P. Caroni, «L'educazione giuridica in Isvizzera dal XVI al XIX secolo», in Quaderni fiorentini per la storia del pensiero giuridico moderno, Bd. 5/6, Tl. 2, 1976-77, 1009-1030
- L. Carlen et al., Hundert Jahre Rechts- und Wirtschaftsgesch. an der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftl. Fakultät der Univ. Freiburg, 1982
- Die Rolle der Juristen bei der Entstehung des modernen Staates, hg. von R. Schnur, 1986
- R. Pahud de Mortanges, Schweiz. Rechtsgesch., 2007, 133-151