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Gottesfrieden

Ab der Antike bekannte zeitweilige Einstellung von Feindseligkeiten oder krieger. Auseinandersetzungen. Die ma. G.-Bewegung (pax/pactum Dei) entstand im ausgehenden 10. Jh. in Südfrankreich aus religiösen und sozialen Motiven zur Durchsetzung und Sicherung des Friedens, verbreitete sich im 11. Jh. über weite Teile des westl. Europa und lebte mancherorts bis ins 13. Jh. fort. Ihre Anfänge fallen mit dem Niedergang der staatl. Institutionen unter den letzten Karolingern zusammen. An deren Stelle waren als Träger der Macht lokale Burgherren mit ihrem bewaffneten Gefolge getreten. Um deren Willkür und Unrechtstaten einzudämmen und die Kriminalität zu bekämpfen, fanden unter dem Vorsitz von Bischöfen und weltl. Herrschaftsträgern Friedenskonzilien statt (erstmals 989 in Charroux, Poitou-Charentes), die, anknüpfend an die Konzilstradition der Karolingerzeit, Bestimmungen zur Friedenssicherung erliessen. An solchen zumeist unter freiem Himmel abgehaltenen Versammlungen nahmen grosse Menschenmengen teil. Wallfahrten, Reliquientranslationen, Prozessionen und Wunder im Umfeld der Konzilien machten die G.-Bewegung zu einer der ersten religiösen Volksbewegungen des MA. Die Anwesenden gelobten Frieden, und waffenlose Bevölkerungsgruppen (Klerus, Bauern, Kaufleute, Pilger, Witwen) sowie bestimmte Güter wurden unter besonderen Schutz gestellt. In einer zweiten Phase ab 1040 traten unter der Initiative des Hochadels Bestimmungen zur Einschränkung der Fehde sowie zum Friedensgebot an bestimmten Wochentagen und Zeiten des Kirchenjahrs (treuga/treva Dei) hinzu. Letzteres trug wesentlich zur Ausbildung des christl. Ritterideals bei (Rittertum). Für das Gebiet der Schweiz bezeugt Cono von Stäffis ein Friedenskonzil um 1036-37 in Montriond bei Lausanne, das von Hugo von Burgund, Bf. von Lausanne und natürl. Sohn des letzten burgundischen Kg. Rudolf III., einberufen wurde und an dem die Ebf. von Vienne und Besançon mit ihren Suffraganen teilnahmen. Im 12. und 13. Jh. lösten die Reichs- und Landfrieden als territoriale Formen der Friedenswahrung den G. ab.

Quellen und Literatur

  • B. Meyer, Die Sorge für den Landfrieden im Gebiet der werdenden Eidgenossenschaft, 1250-1350, 1935
  • LexMA 4, 1587-1592
  • Le Pays de Vaud aux sources de son histoire, hg. von V. Durussel, J.-D. Morerod, 1990, 101-103, 208
  • Dictionnaire encyclopédique du Moyen Age 2, 1997, 1135-1137, (mit Bibl.)
  • D. Barthélemy, L'an mil et la paix de Dieu, 1999
Weblinks

Zitiervorschlag

Ernst Tremp: "Gottesfrieden", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.03.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008952/2015-03-05/, konsultiert am 18.04.2024.