C. hiessen die Bürger, die von den röm. Behörden in einer Colonia angesiedelt wurden und die Oberschicht der betreffenden Stadt bildeten. Bei ihrer Ansiedlung erhielten sie gewöhnlich ein Landlos. Die Inschriften von Avenches nennen gleichzeitig die coloni Aventicenses und die incolae Aventicenses. Die Bedeutung dieser Ausdrücke bzw. die Zusammensetzung der beiden Personengruppen werden in der Forschung bis heute diskutiert. Zwei Inschriften aus Avenches, die aus der 2. Hälfte des 2. Jh. n.Chr. datieren, tragen die abgekürzte Formel curato col. (oder colon.), die man bisher in curator colonorum, "Kurator der Kolonisten", aufgelöst hat. Jean Krier hat aber gezeigt, dass man curator colon(iae) lesen muss, "Kurator der Kolonie". Der Ausdruck C. ist nicht nachgewiesen für Nyon und Augst; es ist deshalb umstritten, ob in diesen beiden Städten C. angesiedelt wurden. Der Grossteil der inschriftlich überlieferten Namen der Führungsschichten in den im Gebiet der heutigen Schweiz gelegenen Kolonien gehörte zudem romanisierten Helvetiern und nicht röm. Bürgern aus Italien oder anderen Teilen des Reiches.
Bereits in der frühen Kaiserzeit wurden die C. Pächter, die ein Stück Land bewirtschafteten und dem Eigentümer einen Geld- oder Naturalzins zahlten. Quellen bezeugen diese Art der Bewirtschaftung besonders für Italien und Nordafrika; sie fehlen jedoch für die Schweiz. In der späten Kaiserzeit verschlechterte sich die Lage dieser C.: Sie waren nun an die Scholle gebunden und arbeiteten auf den Domänen von Grossgrundbesitzern. Eindeutige Zeugnisse liegen für das Gebiet der Schweiz bis heute nicht vor; archäolog. Spuren wie z.B. die grosse Villa in Orbe-Boscéaz lassen freilich darauf schliessen, dass es auch im Mittelland Latifundien gegeben hat (Römischer Gutshof).